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2. October 2005, 10:01   #6
tw_24
 
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Mit Wilder Westen ist, meinte ich bisher, ein Zustand bezeichnet, der sich durch das Fehlen beinahe jeglicher staatlicher Autorität auszeichnet. Jeder schafft sich mit seinen Waffen das Recht, das ihm behagt - und geht eventuell drauf, ist seine Existenz inkompatibel mit anderen Vorstellungen. Das Gewaltmonopol des Staates glänzt, ist Gewalt privatisiert, durch Abwesenheit, ist eigentlich aufgehoben.

Mit Faschismus hat ein solcher im Grunde gesetzloser Zustand nun wahrlich nichts zu tun, den der geschätzte Vorredner aufziehen sieht. Der mehr oder weniger autoritäre Staat, und ohne den geht Faschismus gar nicht, verliert doch mit jeder Waffe, die zusätzlich in private Hände gelangt und deren Einsatz er nicht kontrollieren kann, an Einfluß und Macht. Privater Waffenbesitz schützt insofern sogar vor irgendwelchen Totalitarismen.

Andererseits allerdings verhindert er sie freilich trotzdem nicht, denn - verdammte Dialektik - ein staatlicher Repressionsapparat wird nicht tatenlos zusehen, wie die Bürger aufrüsten, und die wiederum werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten - legal oder illegal - darauf reagieren. Während hierzulande der Staat die legalen privaten Reaktionsmöglichkeiten sehr beschränkt, herrschen in den USA weitaus liberalere Zustände.

Wenn also die USA auf dem Weg in einen Faschismus sein sollen, dann ist Deutschland - möglicherweise aber auch schon EUropa - auf diesem Weg schon ein gutes Stück weiter. Mit Paranoia geschlagene Politiker im Rentenalter wittern überall Terroristen und stellen die Bürger unter einen Generalverdacht; es hat der Bürger zu beweisen, daß er kein Bösewicht ist - und kann sich hierzulande praktisch nicht gegen diese staatliche Beweislastumkehr wehren.

In den USA dagegen kann der Bürger im wahrsten Wortsinn zurückschießen, was freilich nicht jeden Waffenbesitzer zum edlen Antifaschisten macht, aber diese bürgerliche Gegenmacht, die auch Ausdruck von Freiheit ist, hält eben durchaus den Staat in Schach, was eigentlich ja recht positiv ist. Selbstverständlich gibt es ein riesengroßes ABER, denn nicht jeder aufgerüstete Bürger ist auch ein guter, womit wieder der Staat als Beschützer Schwächerer ins Spiel kommt.


Und das bestimmt nicht ohne Berechtigung. Doch daran, daß - leider - ziemlich viele Waffen in den USA im Umlauf sind und diese auf die eine oder andere Weise auch verwendet werden, ändert das diskutierte Gesetz letztlich herzlich wenig, es ist daher vielleicht sogar völlig überflüssig. Wer meint, er müsse sich mit Gewalt aus irgendwelchem Ungemach befreien, wird das mit oder ohne Gesetz tun, mit der Faust oder der Schußwaffe. Und er wird sich dafür noch immer rechtfertigen müssen. So what?

MfG
tw_24