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10. September 2005, 07:41   #11
tw_24
 
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Zugegeben, es wäre etwas ungewohnt, am 18. September nicht gegen 22 Uhr oder etwas eher/später ein vorläufiges amtliches Ergebnis zu erfahren, aber machbar wäre es durchaus, die Wahlurnen zu versiegeln und bis zum 1. Oktober nicht anzurühren.

Bis 18 Uhr kann ja schließlich auch jeder warten, obgleich es bestimmt Wahllokale gibt, die vorher geschlossen (und die abgegebenen Stimmen ausgezählt und bekanntgegeben) werden könnten. Außerdem sind die ersten Ergebnisse, die nach 18 Uhr die Medien bringen, ohnehin nicht das Ergebnis von Auszählungen, sondern Schätzungen.

Dennoch würde wahrscheindlich auch eine konsequente Geheimhaltung die Chancen- und Stimmengleichheit nicht gewährleisten können. Denn in den beiden Wochen, die Dresden I zusätzlich für Wahlkampf bleiben, könnten die dort Wohnenden noch mit Themen ganz gezielt 'bearbeitet' werden.

Im Wahlkreis 160 beispielsweise liegt der Campus der Uni, die, glaube ich, um die 50.000 Studierende hat. Viele von ihnen wohnen in der näheren Umgebung und haben dort auch ihren Hauptwohnsitz, sind also wahlberechtigt; vielleicht 10.000, vielleicht auch 15.000 (Nach-)Wähler könnten das sein.

Statt sie nun mit den bundesweit üblichen nichtssagenden Parolen-Plakaten zu nerven, könnte um Themen wahlgekämpft werden, die für Studierende interessant sind: Studiengebühren, Bafög oder die bundesweit eher unwichtige Frage der Öffnungszeiten der lokalen Bibliothek(en) oder des Rechenzentrums.

Wenn das Zweitstimmenergebnis in Dresden I wahlausgangsentscheidend sein sollte, mit der Erststimme geht es ja zunächst nur um ein Mandat, aber auch dieser eine Sitz im Reichstag kann schon wichtig sein, wäre es durchaus möglich, die Studierenden zu denen zu machen, auf deren Votum es ankommt.

Oder eben auch andere Bevölkerungsgruppen mit Ausnahme der Antideutschen, denn die sind zahlenmäßig sowieso unterrepräsentiert und sollten mit einem Wahlverbot belegt werden ;-). Die Überschaubarkeit der Zahl der Wahlberechtigten jedenfalls dürfte Wahlstrategen sehr erfreuen, sie können eben nachgerade maßgeschneidert werben, wenn es sein muß.

Damit allerdings wären meine beiden Stimmen wiederum teurer 'erkauft' als andere, ich wirklich aus Sicht der Parteien wichtiger als jene, die bis zum 18. September sich entscheiden müssen, wollen sie wählen. Oder aber es tritt das Gegenteil ein, wenn gleichgültig ist, wie Dresden I wählt.

Denn wer um seine Unwichtigkeit weiß, geht nicht unbedingt mehr zur Wahl. Die Wahlbeteiligung könnte Tiefstwerte erreichen, was dann beim Ergebnis der Erststimmen vielleicht einen Kandidaten (3) oder eine Kandidatin (4) begünstigen könnte, der bzw. die unter 'normalen' Umständen chancenlos wäre.

Im Extremfall schafft es die NPD in diesem fiktiven Szenario, ihre Anhänger zu mobilisieren, während die Wähler der anderen Parteien ihren Auftrag nicht erfüllen und daheim bleiben, weil der Kanzler oder die Kanzlerin schon bekannt sind, und Altkader Franz Schönhuber so in den Reichstag zu schicken.

(Ich wußte gar nicht, daß der Mann in Dresden lebt, aber etwa Katja Kipping wohnt ja auch auf der anderen Elbseite in Dresden II, kandidiert jedoch trotzdem in Dresden I ...)

Durch zwei Wahl- oder Auszähltermine wird mit Sicherheit einiges durcheinandergebracht, was nicht sein müßte, würde an einem Tag gewählt bzw. gezählt, wobei wir allerdings erst hinterher sehen werden, ob all die schönen und weniger angenehmen Theorien zutreffen.

Die Chancengleichheit für die Kandidaten und Parteien sowie die Gleichwertigkeit der Wählerstimmen sind durch zwei Wahltermine aber ganz bestimmt nicht gewährleistet. Ob Deutschland mit dieser Ungleichheit leben kann, wird erst das amtliche Endergebnis der Bundestagswahl zeigen ...

MfG
tw_24