Thema: Freundschaft
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5. February 2002, 21:25   #17
Akareyon
 
Registriert seit: November 2001
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Es gibt da drei Frauen meines Alters, die mich ihren allerbesten Freund nennen. Sie wollen nichts von mir, und ich nichts (bzw. in einem Falle will ich nichts mehr) von ihnen, das Thema ist seit Jahren geklärt.

Ich bin für diese Frauen eine Art "schwuler Freund", wie es in dem Film "The Hole" treffend heißt.

Sie vertrauen mir Probleme mit ihrem Liebesleben und Familienstreitigkeiten an, die sie sonst niemandem erzählen (nehmen wir mal reine "Frauen"-Themen wie Regel, Pille, Sex etc aus). Wir rufen uns an oder besuchen uns oder treffen uns in einem kleinen, ruhigen Bistro. Ich habe mal überlegt, was ich "verkehrt" gemacht habe.

Ich bin nicht besonders schlau, es gibt so viele Dinge, von denen ich keine Ahnung habe, obwohl sie von unendlichem Interesse sind. Ich gebe keine Tips, ich biete keine Lösungen an, und nur selten werde ich aktiv.

Ich glaube, daß es das absolute Vetrauen ist, das sie in mein unausgesprochenes Versprechen haben, Verschwiegenheit zu wahren. Zu einem großen Teil. Zu einem anderen Teil, daß ich zuhöre, lange zuhöre ohne zu reden (man mag's nicht glauben, aber ich kann auch mal die Klappe stillhalten). Und mich interessiere. Und manchmal Probleme erkenne, bevor sie sie selbst erkennen.

Das ist das RL. Wenn zwei meiner Kumpels oder Freunde sich streiten, beziehe ich keine Stellung und erkläre auch beiden Parteien, warum. Wenn sich ein Freund mit jemandem streitet, den ich nicht kenne, werde ich meinen Freund bedingungslos unterstützen und ihm nicht in den Rücken fallen und ihm gegebenenfalls sagen: "Hör mal, an der Stelle hast du Mist gebaut."

So ähnlich halte ich es in der VR auch. Nur geht hier alles unendlich schneller. Ein Freund muß mir hier nicht ewig Freund sein. Wenn ich mit der Zeit merke, daß er sich zu sehr verändert hat oder zuviel Mist baut, den ich nicht rechtfertigen kann, distanziere ich mich von ihm. Das geht viel einfacher. Und wenn ein Freund von mir angegriffen wird, kann er sich meiner Unterstützung so lange sicher sein, bis ich finde, daß er zuviel Mist gebaut hat. Diese Freundschaft ist ebenfalls bedingungslos. Ich werde mich einer Freundschaft nicht schämen - einer Freundschaft kann man sich allerhöchstens rühmen, heimlich, vor sich selbst. Eine Freundschaft werde ich vertreidigen, auch, wenn es mich Kraft und Anstrengungen kostet.

Sobald ich finde, daß eine Freundschaft auch mit dem besten Willen nichts mehr bringt - für mich nicht und für den anderen nicht - wird sich diese Freundschaft auflösen. Eine Freundschaft ist eine Zweckgemeinschaft - Geben und Nehmen, beides bereitwillig: Trost, Ermunterung, Lob, Rat und Liebe. Eine Freundschaft ist bidirektional. Es geht nicht, daß einer nur nimmt und der andere nur gibt. Wer nur gibt, ist ein schlechter Freund, denn er kann nicht bestehen.