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7. May 2002, 07:07   #17
tw_24
 
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@ jupp11

... ich stelle fest, das wir beide garnicht soweit auseinander sind.

So ist es ;-).

@ quentin

Der Thread-Titel lautet: "Deutschland ... Antisemitenland?". Willkommen zuhause!

> wenn leute addieren koennen, warum tun sie es nicht.

Weil ihnen so tolle Leute wie Horst Mahler und David Irving das Rechnen abnahmen?

Doch Ermordete sind keine Zahlen, deshalb werde ich mich auch gar nicht auf einen
Streit darüber einlassen, ob es "technisch machbar" war, "nur" eine Million Juden
zu vergasen. Man kann Menschen auch verhungern oder an Krankheiten verrecken las-
sen. Davon abgesehen ist die ganze Rechnerei auch nicht unbedingt ein Beweis für
Menschlichkeit, Menschen sind nämlich keine Zahlen.

Was zählt, ist einfach mal der schon in "Mein Kampf" niedergelegte Wille "die Ju-
denfrage zu lösen". Und das nicht einfach, weil "die Juden" - "Untermenschen" -
Verbrecher waren, nein, für den Feigling Adolf Hitler war es schon ein Verbrechen,
als Kind jüdischer Eltern das Licht der Welt zu erblicken.

Das unterscheidet schon rein qualitativ die nationalsozialistische Ideologie von
der aktuellen Politik Israels, meinetwegen von der Politik "der Juden".

> zwangsarbeiter. das thema kommt erstmals 1990 auf, die willfaerige presse im
> voreilenden gehorsam ' ein lange totgeschwiegenes thema '. totgeschwiegen, von
> wem? von allen!

Ich meine da eine gewisse Hektik im Schreibstil zu bemerken, aber wer würde schon
ernsthaft von einem strammen Deutschen erwarten, daß er die eigene Muttersprache
beherrscht? Nein, das war jetzt ein unprofessioneller Tiefschlag!

Also, zurück zum Thema: Das Thema "Zwangsarbeit" kam mitnichten erst in den 90ern
auf. Als Kind der sich antifaschistisch definierenden DDR war "Zwangsarbeit" auch
von Juden Gegenstand des Geschichtsunterrichts. Das wurde nicht totgeschwiegen.
Und wenn die westdeutsche Presse das Thema bis dahin "totgeschwiegen" haben soll-
te, dann rechtfertigt das ja nachträglich auch noch den "Antifaschistischen
Schutzwall" ...

Was allerdings stimmt, ist, daß es erst nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" Pri-
vatpersonen in den osteuropäischen Staaten möglich wurde, auf ihr Schicksal auf-
merksam zu machen. In der Sowjetunion wurden unter Stalin zum Teil auch heimge-
kehrte Kriegsgefangene getötet, weil ihr Auftrag lautete, bis zum letzten Bluts-
tropfen zu kämpfen - sie galten als Verräter, Kollaborateure. Ähnliches dürfte in
meinen Augen auch für überlebende Zwangsarbeiter gelten, bei denen insgesamt noch
hinzukommt, daß gerade sie als Überlebende sich angesichts zahlloser ermordeter
Leidensgenossen irgendwie dafür rechtfertigen mußten, warum gerade sie überlebten
und nicht durch Schornsteine verheizt wurden - unterschwellig könnte man sie näm-
lich auch der Kollaboration bezichtigen.

> davor gab es die UDSSR, wir waren die nahtstelle. unsere westl. freunde haben
> nicht unsere freiheit verteidigen wollen, sondern ihre und die USA ihre
> einflußphaere als supermacht.
> [..]
> unsere freunde haetten uns in die luft geblasen, es haette kein deutschland mehr
> gegeben.

Hm, was soll ich als Ex-DDR-Bürger dazu nun sagen? Soll ich daraus nun schließen,
daß die DDR das bessere Deutschland war?

Aber da wir momentan ja mal wieder über die allgemeine Jugendbewaffnung in Uniform
wie in ziviler Kluft öffentlich diskutieren, möchte ich doch einmal vorsichtig da-
ran erinnern, daß die Deutsche Bundeswehr personell durchaus in der Kontinuität
der Wehrmacht gegründet wurde. Noch heute verehrt die "starke Truppe" Nazi-Idole
wie Werner Mölders - da nun die westdeutsche Politik bis 1990 sozusagen als "fern-
gesteuert" zu bezeichnen, halte ich doch für falsch. Natürlich, die West-Alliier-
ten mußten zustimmen, aber befehlen mußten sie den Herren Adenauer und Strauß 1956
ganz sicher nicht, daß es Zeit für die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht
sei. Die DDR rief erst nach dem "Mauerbau" zu den Waffen ...

> die politiker wussten es genau, wenn auch nur ein bruchteil bekannt geworden wae-
> re, was bei unserer freien presse auf keinen fall passiert waere, was dann.

In der "alten" BRD gab es Ostermarschierer, die rechnen konnten, "Die Grünen" gin-
gen aus dieser Bewegung hervor. Die DDR-Medien informierten bei aller Einseitigkeit
auch über die Gefahren, die von der atomaren Aufrüstung des Westens ausgingen. Auch
da wurde also nichts verschwiegen - wer sich informieren wollte, konnte dies tun.
Auch in der "alten" BRD.

Moment, ich lege gerade mal meine taz-Archiv-CD ein - doch, zumindest die taz mach-
te seit 1986 aufmerksam auf die Gefahren des NATO-Doppelbeschlusses von 1979. Wenn
es sein muß, recherchiere und belege ich das auch gern ausführlicher, aber das ist
in dieser Diskussion wohl eher ein Nebenkriegsschauplatz.

> das ist uebrigens kissinger eingefallen, dessen rolle im vietnamkrieg so prägnant
> war, das er nach ' nürnberger ' maßstäben hingerichtet worden wäre.

Kissinger. Was hat der jetzt mit "Deutschland ... Antisemitenland" zu tun? Ach ja,
der Mann ist Jude, emigrierte jugendlich irgendwann in den 30ern aus Deutschland.
Soll ich nun daraus schließen, daß emigrierte Juden beinahe zwangsläufig zu Kriegs-
verbrechern werden sollten? Oder hätte gar die "Vernichtung" Kissingers durch "an-
ständige" Deutsche den Vietnamkrieg verhindert? Waren wir also doch nicht so
schlimm?

> zahlungen an israel erfolgten schon reichlich, bis 1979 ueber 100 000 000 000 mark.

Wer rechnet das in Euro um?!??

> wie das rauskam? durch die wut von helmut schmidt, der von Begin monatelang als
> nazileutnant betitelt wurde.

Und, war Schmidt ein "Nazileutnant"? Franz Joseph Strauss war SS-Führungsoffizier,
der geheiligte "Marktwirtschaftler" Ludwig Erhard plante die "soziale Marktwirt-
schaft" schon unter Hitler. Ich zitiere den Juden Ralph Giordano: "Die Grundgedanken
[Erhards]: Um sozialen Unruhen vorzubeugen, muß die Staatsschuld auf den Rechtsnach-
folger des Dritten Reiches übertragen, das angehäufte Kapital von Industrie und
Hochfinanz vor der Begehrlichkeit großer, durch Kriegseinwirkung verarmter Volks-
massen bewahrt und in Ruhe demobilisiert werden."

Die CDU meinte in ihrem vergessenen Ahlener Programm dagegen: "Das kapitalistische
Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen
Volkes nicht gerecht geworden."

Klar, wer blind sein wollte, der durfte bunte Schaufenster bewundern, aber Zensur
fand - den Spiegel ausgenommen - wirklich nicht statt; selbst die großen Ari-
sierungsgewinner Deutsche Bank und Dresdener Bank behielten ihre "guten" Namen bei.

> bevor es israel gab, gab es sog. jüdische befreiungbewegungen, von der mandats-
> macht england terrorristen bezeichnet, in palästina, haganah etc. die schlimmste
> aber war die irgun, schlimmer als alles, was die palästinenser haben und wer war
> der chef dieser blutbande, BEGIN.

Das war, auch wenn Du das anders sehen willst, ein durchaus legitimer Kampf gegen
die großbritische Besatzung - das gleiche Recht willst Du ja heute den "Frauenf-
reunden" der Hamaz einräumen, also bohre ich da lieber gar nicht weiter.

> ich bin nch dem krieg geboren, was kann ich fuer hitler, nichts. trotzdem werde
> ich als nazi beschimpft, das amcht sich gut, denn aus einem chlechten gewissen
> kann man mehr herauspressen. also sippenhaft, aber nur fuer deutsche.

In Sippenhaft wirst Du nicht durch Überlebende des Holocaust genommen, sondern durch
Deine nette asoziale Regierung und die jammernden Unternehmen, die dereinst mit der
SS ausgesprochen profitable Deals aushandelte.

Wende Dich an Dresdner Bank, Deutsche Bank, Allianz, BASF, Siemens, wenn Du meinst,
zu Unrecht ausgepreßt zu werden. Es sind diese Arisierungsgewinner, die erst unter
Strafandrohung bereit waren, Peanuts zu "investieren".

> die bombe in duesseldorf. weisung auf druck von schily, nur die rechte scene
> anzuprangern und deutsche neos dafuer verantwortlich zu machen.

Schlimmer noch, unser aller Gerhard rief aus diesem Anlaß den "Aufstand der Anstän-
digen" aus! Aber wenn ich jetzt mal mit "Moelln" kontere, dann müssen die deutschen
"Neos" wohl wieder einpacken, oder?

Die Feindbilder des Otto Schily sind mir ziemlich gleichgültig. Dieser Sozi ist ein
Rassist, was ihn aus meiner linken Sicht sowieso disqualifiziert.

> danach haette jeder jude im durchschnitt 30 000 goldmark haben muessen und das
> kurz nach dem 1. weltkrieg, wo im ruhrgebiet kinder verhungerten. wo hatten die
> das her, oder war das nur eine von vielen luegen.

Der wahre Deutsche kennt das Fragezeichen ...

Aber vermutlich lassen sich auch prächtige Durchschnittsrechnereien anstellen, nach
denen 1919 gar keine Not in Deutschland geherrscht hat. Ohne jetzt groß in der Ge-
schichte zu kramen, würde ich mal behaupten, daß Unternehmen wie Krupp oder Thyssen
auch schon am ersten deutschen Weltkrieg kräftig verdienten - und das ganz ohne
jüdischen Einfluß.

Typisch kapitalistisch dagegen wurde das Volk enteignet nach dem Motto: "Gold gab
ich für Eisen". Beim "Führer" gab es dann vorbildliche Eintopf-Sonntage ...

> ist euch nicht aufgefallen, wenn ein fernsehstueck ueber juden aus dem 3. reich
> kommt, es handelt sich immer um eine wohlhabene familie.

Ach so, es wurden also nur Superreiche erst massenverträglich enteignet und dann er-
mordet?

> arbeiter hat es wohl nicht gegeben.

Ähm, was ist mit "Schindlers Liste"?

@ ChoppersHexe:

> Nur weil Adolf früher Fehler gemacht hat,muß immer noch das nachkommende
> Deutschland die Schuld sühnen.
> Obwohl die Nachkommen damit nichts mehr zu tun haben.
> Soll das für immer unser Erbe sein?
> Ich kann dankend darauf verzichten.

Mir ist durchaus bewußt, wie Du das meinst. Trotzdem ist genau diese Argumentation
gefährlich. Es war nicht nur der "Adolf", der Fehler gemacht hat, es waren ein paar
Millionen Deutsche, die hinterher natürlich keine Ahnung von dem gehabt hatten, was
geschehen war. Oder, noch besser, die Deutschen, die sich auf den Befehlsnotstand
beriefen.

Niemand beschuldigt pauschal alle "Spätgeborenen", zu denen ich auch gehöre, für
das verantwortlich zu sein, was zwischen 1933 und 1945 in und um Deutschland herum
geschah. Allerdings sind manche Folgen dieses wahnsinnigen Rassismus durchaus noch
heute zu sehen - unter anderem in jeder Bilanz der Deutschen Bank, der Allianz,
der umstrukturierten Bayer AG etc.

> Ich denke das wird auch noch ne Weile so weiter ausgeschlachtet.

Und da wiederhole ich mich: Nicht "die Juden" haben die "Endlösung" erfunden und re-
alisiert, sondern Deutsche.

@ Dr.Best

> will meinen, das dieser Antisemitismus seine Wurzeln nicht im 3.Reich sondern in
> der neueren Zeitrechnung hat.
> Geht man aber von dieser These aus, muss man sich natürlich fragen, woher diese
> Einstellung kommt.

Das ist natürlich ein interessanter Punkt, den Du da ansprichst. Allerdings kann ich
da nur mit einer Gegenfrage antworten: Sind die heutigen Juden etwa dafür verant-
wortlich, daß es Antisemitismus gibt? Haben sie es gar verdient, Gegenstand einer
neuen "Endlösung" zu werden?

> Aber zurück zu den Ursprüngen des "modernen" Antisemitismus. Ist jeder kurzgescho-
> rene junge Mensch in de. der auch noch typische Erkennungsmerkmale der braunen
> Szene trägt und ruft, zeitgleich Antisemit?

Jain. Zunächst unterstelle ich zwar jedem, der bei einer rechten Demo erscheint, daß
er (oder sie) weiß, für oder gegen was marschiert wird. Zugleich bin ich mir aber
bewußt, daß die meisten Jünglinge von "ihrer" Weltanschauung herzlich wenig Ah-
nung haben, also eigentlich "unpolitisch" sind. Gleiches gilt auch für eventuelle
Gegendemonstranten, die nur wissen, wogegen sie sind, aber ein "Für" nicht bieten kön-
nen.

Wer aber heute einfach opportunistisch gegen Israel hetzt und Palästinenser zu Helden
erklärt, der muß mit dem Vorwurf des Antisemitismus leben.

> Bin ich selber, wenn ich mich z.b. über einen Türken ärgere und ihn wenn auch nur
> gedanklich als Scheiss-Türken tituliere, gleich rechtsradikal?

Nicht unbedingt. Aber die Nationalität gleichzusetzen mit individuellem Fehlverhalten,
ist schon ein Schritt in die falsche Richtung. Unsere schöne Sprache kennt, um beim
Beispiel zu bleiben, den Begriff "getürkt". Unbewußt wird über dieses Wort dann doch
eine gewisse Botschaft vermittelt, die mindestens rassistisch ist.

MfG
tw_24