Einzelnen Beitrag anzeigen
13. July 2005, 03:55   #145
Ben-99
Ungültige E-Mail Angabe
 
Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
... schön, daß es nun sachlich zugeht und sich die Beiträge auch langsam wieder mit Inhalt füllen. Auch wenn die eine oder andere mit viel Brimborium vorgetragene "Idee" nicht wirklich neu ist.

Denn das, was ich über die Vorschläge von Mexx sage, würde ich auch jedem anderen Member vorhalten: Ich habe da wirklich kaum etwas gefunden, was in den letzten Jahren nicht auch schon von Politikern der unterschiedlichsten Parteien angeregt wurde. Übrigens auch, was die Kritik am Föderalismus betrifft.

Es klingt zwar ganz lustig, wie Mexx zu behaupten, die Siegermächte hätten sich das ausgedacht, damit Deutschland nicht wieder so stark wird *g*. Aber wer geschichtlich ein wenig bewandert ist, weiß, daß die Ursprünge hierzulande auf den "Deutschen Bund" (ab 1815) zurückgehen. Der Föderalismus in Amerika geht sogar bis ins 18. Jahrhundert zurück. Und natürlich weiß jeder, daß auch Clinton stets gebremst wurde und zum Beispiel die Verschärfung der längst überfälligen Waffengesetzte nicht durchbekam, weil auch schon damals die Republikaner (wie bei uns die CDU/CSU im Bundesrat) durch ihre Mehrheit Gesetzentwürfe, die ihnen nicht paßten, zu Fall bringen konnten.

Aber daß die USA trotz Föderalismus dennoch ein ziemlich mächtiger Staat geworden sind, wird Mexx ja wohl hoffentlich nicht bezweifeln ;-)

Etwas mehr hat da schon Akareyon zu bieten. Ich fand vor allem sein Appell gut, sich endlich mal etwas einfallen zu lassen, daß nicht immer alle klugen Köpfe bei uns gleich nach dem Studium auswandern, weil es tatsächlich so ist, daß man in manchen Branchen in Amerika sehr viel bessere Bedingungen zum Start einer Karriere vorfindet. Das gilt übrigens nicht nur für den IT-Bereich, sondern ich habe schon vor 20 Jahren erlebt, daß ein befreundeter Physik-Student nach seinem Examen sofort in die Staaten zog und dort schon nach wenigen Jahren als Kernphysiker einen hochdotierten Traumjob erhielt.

Auch sonst gibt's diesmal nicht viel zu meckern an Akas Gedanken, die er sich gemacht hat. Allerdings sollte man das Ganze vielleicht doch etwas vereinfachen bzw. konkretisieren. Denn es geht ja um die mögliche Wahl im Herbst. Und mit seiner Stimme kann man nicht nur bestimmte Politiker fördern, sondern vor allem auch bestimmte Parteien verhindern oder doch zumindest schwächen. Und wer nicht will, daß die CDU mit Angela Merkel die absolute Mehrheit erhält, braucht nur dasselbe zu tun, was nach aktuellem Stand 11 Prozent aller wahlberechtigten Bürger machen würden, wenn jetzt schon Herbst wäre: das Linksbündnis zu wählen.

Es mag ja bei einigen Leuten zur Zeit Mode sein, Lafontaine anzupinkeln. Aber wer ihn demonstrativ als "Populist" bezeichnet, vergißt anscheinend Leute wie Schröder und Münte, deren Herzen so kurz vor der Wahl nun auch plötzlich "links" schlagen, obwohl man vorher davon jahrelang nichts spürte.

Warum also die abschätzigen Worte gegenüber einem früheren angesehenen SPD-Parteichef, Kanzlerkandidat und jahrelang beliebten und erfolgreichen saarländischen Ministerpräsidenten, der die Wähler wenigstens nie beschissen hat und ihnen keine Lügen auftischte, indem er ihnen "Blühende Landschaften" im Osten wie Kohl oder eine "Halbierung der Arbeitslosenquote" wie der Sprücheklopfer Schröder versprach. Und genauso ehrlich ist Oskar auch, wenn es um den rechten Rand der Wählerschichten geht: Lieber bei uns, wo wir sie unter Kontrolle haben, argumentiert er, als daß sie den rechten Flügel der CDU stärken oder den Neonazi-Parteien zu noch besseren Ergebnissen verhelfen.

Ist doch in Ordnung. Und wenn jemand von den Ultrarechten so dumm ist, tatsächlich seine Stimme dem Linksbündnis zu geben, soll es mir nur recht sein. Denn wer Lafontaine und Gysi kennt, wird wohl nicht ernsthaft behaupten wollen, daß die sich von irgendwelchem rechten Gesocks vereinnahmen lassen würden.

Viel wichtiger finde ich, daß sich gerade die Jüngeren unter Euch mal darüber Gedanken machen sollten, was es für sie bedeuten könnte, wenn ein CDU-regiertes Deutschland künftig zu einer weiteren Marionette der USA werden würde. Berührt Euch das Schicksal der amerikanischen Rekruten nicht, die schon wenige Wochen nach ihrer Einmusterung in den Irak oder nach Afghanistan kommandiert wurden und gleich nach ihrem ersten Einsatz in einem Sarg die Heimreise antreten durften?

Und Ihr meint wirklich, daß das deutschen jungen Soldaten nicht passieren könnte? Dann seid ihr naiv. Und auch Leute wie Aka werden mir nicht widersprechen wollen, daß die Gefahr eines 3. Weltkrieges zur Zeit immer mehr wächst. Und dann kann man sich ein Ei darauf backen, ob man Kriegsdienstverweigerer ist oder nicht. Vielleicht werde ich als alter Sack verschont. Aber Du, Aka, darfst dann in den Krieg ziehen. Und letztlich ist es wurscht, ob man als Bomber-Pilot oder Sanitäter an der Front verreckt.

Also, Leute, tut mir den Gefallen und denkt gerade bei dieser Wahl, bei der es immerhin um Angela Merkel als notorische Arschriecherin geht, was die USA betrifft, auch mal mehr an die außenpolitischen Aspekte. Denn vereinfacht könnte man sagen: Wer Merkel wählt, stärkt zugleich auch den durchgeknallten Kriegsverbrecher George Bush. Und der könnte mit seiner imperialistischen Politik, die massiv den Weltfrieden bedroht, dafür sorgen, daß wir alle schon bald ganz andere Probleme haben werden als die in Euren "Ideen"-Katalogen geschilderten.

Ist leider so: Wenn global die Kacke am dampfen ist, sollte man sich nicht übergebührlich lange mit innenpolitischen Erbsenzählereien aufhalten. Denn das wichtigste für uns alle ist, die nächsten Jahre überhaupt zu überleben.

In dem Zusammenhang fiel mir auch ein Satz von Aka auf, den ich sehr bedenklich finde. Denn er schrieb, vielleicht auch nur um Mexx erneut zärtlich die Eier zu kraulen:

Zitat:
Zitat von Akareyon

Darum mache ich mir genau wie Mexx eigentlich nicht mehr viele Gedanken drum - wenn's gar nicht mehr geht und genügend Leute die Schnauze vollhaben, wird es schon rumsen und danach kommt wieder irgendwas neues, supertolles, das dann nach zehn Jahren auch nicht mehr funktioniert.
Gerade Du, Aka, solltest eigentlich klug genug sein, um zu wissen, daß Deutschland schon einmal in einer ähnlichen Situation war, in der es dann auch "gerumst" hatte: Im Parlament herrschte Chaos, weil durch die vielen Parteien in der Weimarer Republik am Ende kaum noch sinnvolle Politik im Reichstag gemacht werden konnte. Dazu klettere die Zahl der Arbeitslosen immer höher. Das Volk litt und hatte genug von den regierenden Politikern. Und dann "rumste" es gehörig, als sich die Deutschen 1933 bei der vorerst letzten demokratischen Wahl für Hitler und die NSDAP entschieden.

Daher meine Bitte an Dich, solche Dinge in Zukunft nicht mehr ganz so lässig zu formulieren. Vor allem, weil es gern von ultrarechten Kreisen aufgegriffen wird, die bekanntlich nur darauf warten, daß das Chaos hierzulande noch schlimmer wird, damit es nach 60 Jahren Frieden und Demokratie in Deutschland endlich mal wieder "rumst".

Gruß Ben