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3. November 2007, 16:17   #5
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Ben-99
... Du greifst mal wieder zu merkwürdigen Vergleichen.
Es ging mir schlicht um das Verhältnis zwischen dem Ausgangsmaterial, das bei einem (mehrstündigen) Interview anfällt, und jenem Inhalt, den dann ein Leser vorgesetzt bekommt. Vanity Fair machte online das ganze Interview zugänglich, Der SPIEGEL verzichtete auf diesen Service. Vanity Fair und Michel Friedman wußten vorher nicht, daß das Interview so laufen würde, wie es dann lief. "Wir ahnten, dass es kein einfaches Gespräch werden würde [..]. Aber ein zweistündiges Wortgefecht hatten wir nicht erwartet." Was sollten sie nun mit dem Material anstellen? Es vergessen?

Geplant war ein Gespräch über den Deutschen Herbst, geworden ist es durchaus eine Auseinandersetzung über ein wenig mehr, ist die Sache ja auch kein Mißerfolg; neun dreispaltige Seiten - das Heft hat insgesamt 156 - lang erfährt der Leser, wie Horst Mahler tickt, und wer halbwegs bei Verstand ist, begreift spätestens nach der Lektüre, daß von dem Mann, der lustigerweise Gerhard Schröder einst seine Wiederzulassung als Anwalt verdankt, so irre auch seine Gedanken sein mögen, durchaus eine Gefahr ausgehen kann, weil er ja doch ein paar Anhänger hat.

Ich halte es für falsch, Michel Friedman zu unterstellen, er kokettiere im Interview damit, daß er Jude ist. Horst Mahler ist es doch, der die große jüdische Weltverschwörung, deren Teil Michel Friedman ja mal gewesen sein könnte oder vielleicht sogar noch ist, ins Gespräch bringt. Sollte man da nicht nachfragen? In Deutschland erschien doch jüngst auch unter großem Jubel das in Eingeborenen-Sprech übersetzte Machwerk The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy im Campus-Verlag - das deutet zumindest auch darauf hin, daß das Thema nicht ganz, hm, unpopulär ist. Warum also nicht auch mal Horst Mahler darüber plaudern lassen?

Und während das Buch von Mearsheimer/Walt für sich nun so steht, wie es gedruckt wurde, gelingt es Michel Friedman, wie ich finde, im Interview tatsächlich recht gut, Horst Mahler "zu demaskieren", wie Vanity Fair meint (Hat der sich jemals maskiert?), jedenfalls vorzuführen. Und das ist nun wieder eben nur in der Interaktion möglich, durch (vielleicht unvorhersehbare) Zwischenfragen, die ja manchmal ein in sich möglicherweise stimmiges Theoriengebäude zum Einsturz bringen können. Das wiederum mag nicht mit zwei, drei Fragen gelingen, sondern könnte ein paar Seiten in Anspruch nehmen.

Mit dem Schinken von Mearsheimer & Walt dagegen haben und werden sich viele Artikel da und hier auseinandersetzen, doch das Buch wird noch immer im Regal stehen, wenn etwa die The New Republic, in der es als antisemitisches Hetzwerk enttarnt wurde, recycled ist. Rede & Gegenrede wie im Interview finden auf diese Weise freilich ohnehin nicht statt, das Publikum wird ganz anders mit den Positionen konfrontiert und dürfte auch schnell das Interesse verlieren, wenn sich eine Debatte über Wochen & Monate hinzieht und in verschiedensten Publikationen stattfindet.

Da ist doch ein Interview, auch wenn es dreißg Seiten umfassen mag, das in dieser Form zumal so nicht geplant war, schöner ;-). Und, wie gesagt, die eine oder andere Erkenntnis über die RAF bietet es ja ...

MfG
tw_24