Thema: Wargames.
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29. October 2007, 13:28   #6
Akareyon
 
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Zitat:
Zitat von Ben-99 Beitrag anzeigen
Zitat:
Ich denke, wir können uns so langsam darauf einigen, daß alle beide ein Rad ab haben.
... dann solltest Du aber kein Topic erstellen, in dem es konkret um die Gefahr eines 3. Weltkrieges geht
Bitte begründe das. Warum nicht? Ich will das nächste Mal nichts verkehrt machen...
Zitat:
Trau' Dich doch auch mal konkrete politische Fragen zu beantworten.
Zum Beispiel?
Zitat:
Zum Beispiel die: Wie oft in den letzten Jahrzehnten mußte man Angst vor einem 3. Weltkrieg durch Rußland bzw. vorher durch die Sowjetunion haben?
Ganz einfach: die Antwort lautet...
Zitat:
Die Antwort lautet schlicht und einfach: Nie.
Hey, laß mich auch mal ausreden!

Erstens macht das Spiel keinen Spass, wenn Du nach einer Frage nur Deine Antworten gelten läßt.

Zweitens: laß mich die Frage umkehren. Wie oft in den letzten Jahrzehnten mußte man Angst vor einem 3. Weltkrieg durch die Vereinigten Staaten von Amerika bzw. die NATO haben?

Klatsche in die Hände - hörst Du das Klatschen der einzelnen Hand?

Wir sehen, beim Beispiel handelt es sich nicht um eine "konkrete politische Frage", sondern um eine Frage der persönlichen Weltanschauung. Um die Frage dennoch konkret, belastbar, logisch, systemisch und semantisch zu beantworten, hier ein kleiner Geschichtskurs.

"Die Welt" hatte Angst vor dem Ausbruch des "Kalten Krieges" zwischen dem Westen und dem Osten. Da "die Welt" sowohl den Westen und den Osten einschließt, hatte "die Welt" Angst sowohl vor der NATO als auch der SU. Da jedoch aufgrund der auf beiden Seiten gehorteten Nuklearwaffenarsenale die Militärdoktrin von der "Mutually Assured Destruction" (gegenseitig zugesicherten Vernichtung im Falle eines Erstschlages - egal durch wen - der Threadtitelinspirierende Hackerfilm "Wargames" erklärt den Komplex näher) die Runde gemacht hatte, hatten beide Seiten gleich viel Angst voreinander - und vor jedem Pups.

Mit dem zu lange herausgezögerten Zusammenbruch der Sowjetunion, dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem frühzeitig ausgerufenen Ende des Kalten Krieges und dem darauf folgenden Ausverkauf sowjetischer Arsenale und Militärgeheimnisse blieben die USA als letzte Weltmacht. Als Opfer der Fehl- und Überschätzungen der SU-Schlagkraft durch die eigenen Auslandsgeheimdienste befanden sie sich in der ausserordentlichen Position, auf einem riesigen Haufen teurer Hightech-Waffen (Resultat riesiger, angstgenährter Forschungsetats) zu sitzen und nicht zu wissen, wohin damit. Nicht zuletzt, sondern genau deshalb forderte das PNAC-Kommitee ("Project For The New American Century", newamericancentury.org, New Rumsfeld, Rice, Zelikow et al) im Strategie-Papier "Rebuilding America's Defenses" 2000, diese Machtposition auszubauen und überall auf der Welt strategische Kleinkriege zu führen. Im Wissen, daß man eine solche Aussenpolitik erst der Bevölkerung verkaufen muß, forderte das PNAC wörtlich "ein neues Pearl Harbor". Als dieses an einem wunderschönen Dienstagmorgen im September des Jahres 2001 über die "Westliche Welt" hereinbrach, waren die Pläne bereits fertig. Man braucht keine Verwicklung des Weissen Hauses in die Anschläge vom 11. September zu vermuten; zu wissen, daß sie den Neocons und vielen anderen Gruppierungen ein lange erhofftes Himmelsgeschenk darstellten, reicht vollkommen aus. Mit anderen Worten, nämlich den Deinen:
Zitat:
Umgekehrt werden wohl international von 10 Historikern und Politologen 8 der Meinung sein, daß George W. Bush durch sein rücksichtsloses Großmachtstreben die Welt in den letzten Jahren unsicherer gemacht hat, so daß heute, wie schon in den 80ern bei Ronald Reagan, der bekanntlich die Saat für solche halbfaschistischen Giftpflanzen gelegt hat, ein 3. Weltkrieg wieder vorstellbar ist.
...wenn auch die Saat für faschistische Giftpflanzen schon lange vor Reagan gesät wurde.

Jetzt aber:
Zitat:
Wenn Du aber wieder einmal vorhast, wie ein Pastor nur abstrakt den friedlichen Umgang miteinander zu predigen, dann solltest Du das lieber gleich betonen.
Nein, das habe ich nicht vor.
Zitat:
Natürlich kann man wie Du daran glauben, daß sich die Leute für philosophische Fragen über Gut und Böse, Frieden und Krieg interessieren.
Ja, ich glaube daran, daß sich manche Leute für Fragen über Frieden und Krieg interessieren :-)

Über Gut und Böse zu entscheiden indes würde ich mir nie anmaßen zu entscheiden, und gerade aus diesem Grunde enthalte ich mich einer Parteiergreifung für oder gegen Westland oder Ostland, weil das kaum ohne ein gerütteltes Maß an Bigotterie vonstatten gehen könnte. Ein Übel kann das andere nicht rechtfertigen, und bei gegenseitiger Aufmesserei, wer den größten Haufen scheißt, werden wir nicht so schnell fertig. Deshalb will ich damit gar nicht erst anfangen und solche Diskussionen denen überlassen, deren mentale Mittel dafür besser geeignet sind als die meinen ;-)
Zitat:
Ich bin da aber viel bescheidener, und deshalb würde es mir schon reichen, die Menschen sensibler für gefährliche Propaganda-Lügen zu machen, auf die sie nach wie vor in Scharen hereinfallen.
Nichts anderes mache ich gerade, vielleicht ist Dir das aufgefallen. Allerdings kneife ich dabei nicht das linke Auge zu, sondern leiste mir den Luxus des dreidimensionalen Sehens - für mehr Tiefenschärfe, breiteren Blickwinkel und besseres Bild, wenn Du die Metapher verstehst. Es bringt doch nichts, auf die Gefahren von Blau hinzuweisen und die Verfehlungen von Rot zu beschönigen, auch, wenn einem Rot insgesamt irgendwie angenehmer ist.
Zitat:
Daher auch mein Hinweis beim Stichwort "Kuba-Krise", daß in Wirklichkeit damals nicht die Russen die bösen Provokateure waren, sondern auf Kuba, also vor der Haustür der Amis, Atomraketen stationieren wollten, nachdem die USA dasselbe vorher in der Türkei gemacht hatten.
Löblich! Das zeugt von Geschichtswissen und Durchdringung der Materie. Wirklich. Das bedeutet also Deiner Logik zufolge, daß Россия heute einfach wahllos Oligarchen wegsperren, Journalisten ermorden lassen, Dissidenten vergiften, das Volk verarmen, unliebsame Nachbarregierungen erpressen, Bürgerkrieg gegen angebliche Terroristen in separatistischen Gebieten führen und die Presse gängeln darf? Alles böse Westland-Propaganda?

So einfach ist das nicht, Ben.
Zitat:
Das würden mir sogar die wackeren "Antideutschen" bestätigen, da ja nicht wenige von ihnen früher auch mal links waren und noch ihren analytischen Verstand nutzen konnten, bevor sie die komplexen, schwierigen Fragen in bezug auf ein friedliches Miteinander der Staaten auf unserem Planet für sich auf einen simplen Nenner brachten: Weil das riesige Israel mit seinem von Gott bekanntlich "auserwähltem" 3-Milliarden-Volk nun mal den Mittelpunkt der Welt darstellt, ist alles gut und richtig, wenn es nur um die Tötung seiner Feinde geht. Da sollte man sich dann nicht so pingelig anstellen, wenn halt dafür auch mal ein 3. Weltkrieg in Kauf genommen werden muß. Ist doch so, tw, nicht wahr? ;-)
Polemik ist in Ordnung, aber ein bissl Geist sollte sie schon haben. Wollen wir diskutieren, um zu einem Konsens zu gelangen oder um uns virtuell den Schädel einzuschlagen?