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12. July 2002, 02:19   #1
quentin
 
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Querschnittslähmung

Moin,

Querschnittslähmung
Tumor-Zellen flicken Rückenmark

Menschliche Nervenzellen, aus einem Tumor geklont, machten querschnittsgelähmte Ratten in Experimenten wieder mobil.
Forscher hoffen, dass die Neuronen eines Tages auch beim Menschen durchtrenntes Rückenmark flicken können.

Das Rückenmark ist der "Daten-Highway" des zentralen Nervensystems: Durch ihn sendet das Gehirn seine Informationen
an den Körper. Wird der 40 Zentimeter lange und fünf Millimeter dicke Nervenstrang in der Wirbelsäule durchtrennt, ist
eine Querschnittslähmung die Folge. In den Körperteilen unterhalb der Verletzung können weder Muskeln bewegt noch
Sinneseindrücke wahrgenommen werden.

Kurzschluss bleibt irreparabel
Während die Nerven nach Schnitten in der Haut wieder zusammenwachsen, bleibt die Verletzung im Rückenmark
irreparabel. Denn das Wachstum der Zellen in Gehirn und Rückenmark ist nach den ersten Lebensjahren beendet. Dann
bilden sich so genannte Myelinzellen zur Stabilisierung der Neuronen. In den Wänden dieser Stützzellen nistet ein Eiweiß mit
dem bezeichnenden Namen Nogo ("geht nicht"), welches das Wachstum der Nervenzellen stoppt. Wird das Rückenmark
beschädigt, verhindert Nogo die Heilung. Die Nervensignale, die den Körper steuern, sind auf immer blockiert.

Wissenschaftler der University of South Florida wollen die chemische Sperre nun mit Hilfe so genannter hNT-Neuronen
umgehen. hNT-Neuronen ähneln embryonalen Stammzellen in vielerlei Hinsicht, stammen allerdings von einer seltenen
Krebsart ab, die menschliche Hirnstammzellen enthält. Diese unreifen Vorläufer aller Hirnzellen können sich in verschiedene
Nervenzelltypen und Stützzellen verwandeln.

Schon vor einigen Jahren erzielten die Wissenschaftler der University of South Florida auf diese Weise Erfolge in der
Behandlung von Schlaganfall-Patienten. Nun hoffen sie, durch die Einpflanzung von hNT-Neuronen zerstörte Nervenzellen
im Rückenmark ersetzen und die gekappten Verbindungen wiederherstellen zu können.

Ratten bekamen Kraft zurück
"Wir haben auf diese Art bereits Kurzschlüsse im Rückenmark von Ratten geflickt", sagt Samuel Saporta, Professor für
Anatomie an der University of South Florida und Hauptautor der Studie, die im Fachmagazin "Journal of Neurosurgery"
erschienen ist. Die mit hNT-Neuronen behandelten Nager seien in der Lage gewesen, wieder Gewicht auf ihren
Hinterbeinen zu tragen. Ob Ratten mit geflicktem Rückenmark auch das Gehen wieder erlernen können, ist nach Aussage
der Wissenschaftler allerdings noch offen.

Das Forscherteam beobachtete drei Gruppen von Ratten mit schweren Rückenmarksschäden. Eine Gruppe wurde
unmittelbar nach der Verletzung mit hNT-Neuronen behandelt, die zweite nach zwei Wochen und die dritte überhaupt
nicht. Die verzögerte Behandlung, fanden Saporta und seine Kollegen heraus, brachte die besten Ergebnisse.

"Alle sieben Tiere dieser Gruppe erlangten die elektrische Aktivität in den Rückenmarksnerven zurück, die für
Muskelbewegungen zuständig sind", sagt Saporta. Außerdem seien die elektrischen Nervensignale bei den später
behandelten Ratten wesentlich stärker gewesen als bei denen, die direkt nach der Verletzung hNT-Neuronen bekommen
hätten. Die unbehandelten Versuchstiere hätten erwartungsgemäß keinerlei Erholung gezeigt.

Immunreaktion stört Therapie
Dass die Therapie zwei Wochen nach der Verletzung besser anschlägt, führen die Wissenschaftler auf eine langsame
Beruhigung des Immunsystems zurück. "Unmittelbar nach der Verletzung vernichten die Immunzellen jede Art fremden
Materials", erläutert Saporta. "Wahrscheinlich betrifft das auch die hNT-Neuronen."

Spätere Untersuchungen an den Ratten hätten gezeigt, dass die implantierten hNT-Neuronen zu vollständig
funktionierenden Nervenzellen herangewachsen seien und die gesunden Nervenbahnen unter- und oberhalb der Verletzung
miteinander verbunden hätten. "Die transplantierten Zellen scheinen die schadhafte Stelle im Rückenmark zu schließen und
die Nervenverbindung wiederherzustellen", erklärt Saporta.

Hoffnung für Querschnittsgelähmte
Bis zu ersten klinischen Studien mit Menschen sei der Weg zwar noch weit, doch dürften Querschnittsgelähmte zumindest
hoffen. "Dem Rückenmark könnte durch Rehabilitationsmaßnahmen beigebracht werden, wieder Signale zu den Muskeln
zu schicken", glaubt Saporta. "Deshalb könnte es auch irgendwann möglich sein, das Laufen wieder zu lernen."
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das wäre ein riesiger Fortschritt

mfg