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4. September 2002, 09:03   #1
tw_24
 
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Naher Osten: "Und jedes dieser Opfer ist eine Tragödie!" Oder: Wie glaubwürdig ist Ar

Als Ende Juli Michel Friedman den israelischen Staatspräsidenten Arial Scharon auf die ihm eigene Art zu interviewen versuchte, leitete er die Befragung noch mit den Worten ein: "Sehr geehrter Herr Ministerpräsident: keine Woche ohne terroristische Anschläge, keine Woche ohne Selbstmordanschläge."

Heute nun ist ein solcher Gesprächsbeginn schon Makulatur - seit mehr als zwei Wochen herrscht nämlich, was arabisch-fundamentalistische terroristische Aktivitäten angeht, Ruhe, während die Israelische Verteidigungsarmee (IDF) immer wieder dadurch auffällt, daß sie - natürlich irrtümlich - Zivilisten umlegt.

Auf das Bekanntwerden solcher "Unfälle" folgte in dieser Woche die Ankündigung, die "Vorfälle" würden strengstens untersucht, von Versuchen dagegen, eine Verhandlungslösung des mörderischen Konflikts herbeizuführen, war nichts zu vernehmen.

Dabei hatte Ariel Scharon bisher immer zur Bedingung für Verhandlungen gemacht, es müsse für mindestens sieben Tage Ruhe herrschen - es scheint, als versuche gegenwärtig die palästinensische Seite die Probe aufs Exempel zu machen.

Bei Friedman hatte Ariel Scharon - "weil ich zum deutschen Volk spreche" - erklärt: "Sie müssen wissen: sobald es ruhig ist, muß es ruhig bleiben." Gegenwärtig sieht es so aus, als wollte auch Ariel Scharon nichts weniger als Frieden - Frieden und Sicherheit sowohl für Israel, als auch für die Palästinenser. Das ist bedauerlich und zu verurteilen, zumal auf diese Weise die Glaubwürdigkeit der gegenwärtigen israelischen Regierung schweren Schaden nimmt. Und, schlimmer noch, fundamentalistische Terrorbanden könnten daraus schlußfolgern, daß der - wenn auch nur temporäre - Verzicht auf Gewalt an der Situation nichts ändert und deshalb wieder Selbstmord-Attentäter losschicken.

Interessant ist indes auch das Nichtverhalten deutscher wie europäischer Politiker. Nun, da die Gelegenheit bestünde, Ariel Scharon an sein Versprechen, es müsse sieben Tage "Ruhe" herrschen, bevor Verhandlungen beginnen könnten, zu erinnern, schweigen sie so betreten wie die Regierung Scharon.

Bei dieser verwundert das weniger, die Wortlosigkeit der sich sonst so lautstark für eine Konfliktbeilegung auf dem Verhandlungsweg einsetzenden Deutsch-Europäer muß nachdenklich stimmen. Es wäre zwar verfrüht anzunehmen, eine friedliche Lösung stünde unmittelbar bevor, doch gerade das Ausbleiben diplomatischer Aktionen der Deutsch-Europäer macht deutlich, daß der Konflikt zwischen Arabern und Israel von ihnen auch nur instrumentalisiert wird, um - in eben jener Region, die "Naher Osten" genannt wird - nicht an Einfluß zu verlieren.

Würde es nämlich zwischen Israel und Palästinensern zu einem etwas entspannteren Verhältnis kommen, wäre ein us-amerikanischer Militärschlag gegen das Regime des Massenmörders Saddam Hussein vermutlich noch wahrscheinlicher, in dessen Gefolge - einen us-amerikanischen Erfolg freilich vorausgesetzt - Deutsch-Europa, das mit den Nachbarstaaten des Irak beste wirtschaftliche Beziehungen unterhält, mit denen der Irak wiederum über Freihandelsabkommen längst das UN-Embargo umgeht, an Einfluß in der Region verlieren würde, während jener der USA sich vergrößern würde.

Die Aufrechterhaltung des Konflikts zwischen Israel und dessen Kolonialbevölkerung liegt also im Interesse Deutsch-Europas - wie es einst den Irak mit Giftgas hochrüstete, profitiert es heute vom privaten Terrorismus einerseits wie dem der IDF.

So lange nämlich arabische Zivilisten "versehentlich" getötet werden und der arabisch-fundamentalistische Terror in Israel für Unruhe und tote Juden sorgt, ist Saddam Hussein, an dessen Seite sie nun alle stehen wollen, vergleichsweise sicher - und damit ist der deutsch-europäische Einfluß garantiert.

MfG
tw_24