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17. May 2008, 00:04   #11
Akareyon
 
Registriert seit: November 2001
Beiträge: 2.823
Oha! Jetzt geht es hier plötzlich auch um Form und Inhalt... Himmeljesusmaria. Das nimmt virulente Züge an.

Erstmal zum Inhalt: ich gebe Ben recht. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie hat's mir der Dalai Lama nie so richtig angetan. Ich hatte mal eins seiner Bücher in der Hand, hab's hin- und hergedreht und aufgeschlagen und rumgeblättert, und ja, das mit den "Kalenderspruchweisheiten" trifft schon ganz gut und deswegen habe ich mich damals auch nicht dazu durchringen können, das Buch zu kaufen. Zwar würde ich mich als spirituellen/religiösen Menschen bezeichnen und fühle mich als solcher nicht nur der christlichen Tradition, sondern auch vielen buddhistischen und taoistischen Denkweisen verbunden, dennoch hatte ich immer den Eindruck, daß besonders der Buddhismus genausowenig ein religiöses Oberhaupt braucht wie das Christentum seinen Papst. Beide wurden nicht von ihren jeweiligen "Gründern" legitimiert, installiert oder überhaupt nur in ihren Lehren vorgesehen, im Gegentum: sowohl der Nazarener als auch Siddhartha legten großen Wert darauf, daß ihre Schüler eben nicht im Aussen, sondern im Innen nach "Wahrheit" und "Erleuchtung" (oder was auch immer) suchen.

Große Bauchschmerzen hat mir die Parole "Free Tibet" auch immer bereitet, eben wegen ihrer nationalistischen Konnotation. Nicht, weil ich dafür wäre, daß Tibet unbedingt chinesische Provinz bleiben sollte, aber genausogut könnten Helgoland oder Bayern hingehen und die Unabhängigkeit fordern, mit Fug und Recht. Nieder mit der Tyrannei der deutschen Bundesrepublik und dem bürokratischen EU-Diktat! Free Bavaria! Nein, nein, jeder Mensch muß einzeln frei sein von jeglicher Herrschaft, sei es durch das Kollektiv (Demokratie) oder einzelne (Monarchie) oder wie auch immer ermittelter Vertreter Gottes (Theokratie). Free Earth! Alles andere ist wohl gutgemeint, aber gut gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut gemacht.

Daher danke für den Link-Tip zur Jungen Welt, Ben. Ein interessanter Artikel. Von der Tibet-Nazi-Connection hatte ich gelesen, die Berichte allerdings nicht für bare Münze genommen, so wenig wie den Rest, den Jan van Helsing in "Geheimgesellschaften" ausgebreitet hat... angeblich soll in Berlin ja noch '45 ein 1000 Mann starkes Kontingent importierter tibetischer Krieger die Stellung gegen den Einmarsch der Russen gehalten haben.

Trotzdem halte ich manches in dem Artikel für schamlos überzogen; Zitat:
Zitat:
Systematisch werden durch den tibetischen Buddhismus geistes- und seelenverkrüppelte Menschen herangezüchtet. Dazu gehören die »Fünf Arten von Fleisch« (Stier-, Hunde-, Elefanten-, Pferde- und Menschenfleisch) sowie die »Fünf Arten von Nektar« (Kot, Gehirn, Sexualsekret, Blut und Urin). Als tieferer Grund für derlei tantrische Riten gilt die zu erwerbende Erkenntnis, daß »kein Ding an sich rein oder unrein ist und alle Vorstellungen von solchen Gegenständen lediglich auf falscher Begrifflichkeit beruhen«.
Was soll das? Als ob sich in unseren Traditionen und Riten nicht auch immer noch ein Nachhall keltischer, germanischer, jüdischer und römischer Riten finden würde, die mit Fug und Recht aus der Distanz gesehen eklig zu nennen sind ("dies ist das Blut/Fleisch des Herrn..."); als ob nicht in jeder Kultur Dinge, Praktiken und kulinarische Sonderheiten für selbstverständlich gelten, die jedem Aussenstehenden als menschenverachtend erscheinen und den Magen umdrehen lassen. Bregenwurst und Blutwurst sind hierzulande Delikatesse, von Natursekt und Kaviarspielen mal ganz zu schweigen... hier muß dem Schreiber die Xenophobie die Feder geführt haben.
Zitat:
Opfer solch kollektiven Wahngeschehens ist eine ganze Gesellschaft, die seit Jahrhunderten unter dem Joch dieses von Mönchsgeneration zu Mönchsgeneration weitergegebenen Irrsinns steht. Opfer sind letztlich aber auch die Mönche und Lamas selbst, die, abgerichtet seit frühester Kindheit und jeder Chance auf eigenständiges Denken und Handeln beraubt, das psychopathische Wahnsystem, in dem sie sich bewegen, nicht als solches erkennen können; die, ganz im Gegenteil, ihr verbogenes und verkrüppeltes Selbstverständnis, ihre tantrischen Kot- und Blutrituale für einen Ausdruck höheren Bewußtseins halten, unabdingbar auf dem »Weg zur Erleuchtung«.
Der Blick nach innen hätte geoffenbart, daß es in unserer Kultur nicht anders ist; ich sehe auf der Straße nur Opfer eines kollektiven Wahnsystems, das seit Jahrhunderten von der jeweiligen Herrscherklasse weitergegeben wird; die ihr verbogenes und verkrüppeltes Selbstverständnis, ihre übersexualisierten Fernsehguck- und Kommunikationsrituale für einen Ausdruck höheren Bewußtseins über die Geschehnisse in der Welt halten, unabdingbar auf dem Weg zu Geld und Erfolg.

Was sagte Jesus? Bevor Du Deinem Bruder den Dorn aus dem Auge ziehst, sieh zu, daß Du den Balken aus Deinem eigenen Auge ziehst.