Thema: Stichtage
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25. March 2006, 16:05   #111
Jules
 
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21. März 1960: Der schwarze Kanal geht in der DDR auf Sendung

Der schwarze Kanal war eine politisch-agitatorische Sendung des DDR-Fernsehens und ein Symbol des Kalten Krieges. Der Titel der Sendung war in erster Linie Synonym für das "Westdeutsche" Fernsehen.

Im "schwarzen Kanal" wurden Montagabends Ausschnitte aus dem Westfernsehen gezeigt und von Karl-Eduard von Schnitzler kommentiert. Intention der Sendung war es, sog. Multiplikatoren (z.B. Offizieren der NVA, denen der Konsum westlicher Fernsehsendungen untersagt war), den Gehalt westlicher Nachrichten nebst ideologischer Interpretation zu präsentieren. Dabei wurden in propagandistischer Manier die westdeutschen Nachrichten- und Magazinsendungen ihrerseits als Propaganda des Klassenfeindes dargestellt. Von Schnitzler wurde durch historische, wissenschaftliche Untersuchungen im Deutschen Rundfunkarchiv nachgewiesen, dass er Ausschnitte aus dem Zusammenhang riss, in falscher Reihenfolge anordnete oder sogar in ganz früher Zeit mit gefälschtem Ton unterlegt hatte. (Zu sehen unter anderem in der Wanderausstellung "X für U, Bilder, die lügen" der Bundeszentrale für politische Bildung.)

Viele Zuschauer in der DDR empfanden die Darstellung als unerträgliche Propaganda und so war die Zuschauerquote ab den 1970er Jahren nur noch sehr gering. Schnitzler selbst war einer der bekanntesten Propagandisten des SED-Regimes (Spitzname: Sudel-Ede).

Die Sendung wurde zeitweise, vor allem in den 1960er und Anfang der 1970er Jahre in einigen Bereichen als eine Art Pflichtveranstaltung betrachtet. So wurde der Inhalt des "Schwarze Kanals" zum Beispiel im Politunterricht bei der Armee (NVA bzw. Grenztruppen) und für den Staatsbürgerkundeunterricht in der Schule verwendet. Das hing aber von den konkreten Lehrern und Schulen ab und war regional sehr unterschiedlich.

Im Dresdner Bereich (unter DDR-Bürgern bekannt als das "Tal der Ahnungslosen") und anderen Orten, an denen kein Westempfang möglich war, bot der Schwarze Kanal die Möglichkeit, wenigstens Ausschnitte aus Nachrichten von ARD und ZDF zu sehen.

Die Sendung startete am 21. März 1960 und musste am 30. Oktober 1989 zur Zeit der politischen Wende in der DDR von Schnitzler selbst beendet werden.

Als westdeutsches Pendant dazu gilt das ZDF-Magazin mit Gerhard Löwenthal im ZDF, das bis zum 30. März 1988 lief. Die Idee zu dieser Sendeform wurde von der in der Bundesrepublik ausgestrahlten Reihe "Die rote Optik" übernommen, in der sich Thilo Koch mit der DDR-Fernsehpropaganda auseinandersetzte.