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18. April 2008, 12:17   #34
tommygoler
 
Registriert seit: December 2003
Beiträge: 489
Du schreibst wirr, Ben. Es geht nicht um inhaltliche Veränderungen, nicht um Augstein, nicht um Focus-Leser und - mit Verlaub - doch eigentlich auch nicht um deine eventuell persönlichen Frustrationen bzgl. der Entwicklung des Spiegels, den du fälschlicherweise schon im ersten Satz mit "früher weltweit angesehen" betitelst ... schließlich ist er das nämlich immer noch, also weltweit angesehen.

Sondern es geht um die SPRACHE DES SPIEGEL. Der von dir bzgl. seines Saddam-Essays (übrigens zurecht, aber nochmal, darum geht's nicht) kritisierte Enzensberger schrieb schon 1957 (jetzt muss also doch die Schülerklamottenkiste hervorgeholt werden, ich dachte eigentlich nicht, dass das ausgerechnet bei dir notwendig wäre):
Zitat:
Enzensberger zitiert anschließend ein Beispiel aus einem real erschienenen Spiegel-Artikel:

Bei der Schlußfeier der XVI. Olympischen Spiele schickten die australischen Salutschützen dem Muskelkrieg von Melbourne ein martialisches Echo nach. Die Artilleristen Ihrer Majestät der englischen Königin lieferten den aktuellen kriegerischen Kulissendonner zu jenem olympischen Schauspiel, das inmitten einer sehr unfriedlichen Welt zum schlechten Stück geworden war. Sie kanonierten die wie einen Zylinderhut aufgestülpte Schlußfeier-Stimmung und alle preisenden Reden von der Gleichheit und Brüderlichkeit unter sportsleuten zu eitel Schall und Rauch.

Als Enzensberger versucht, das Zitat ins Deutsche zurückzuübersetzen,

so ergeben sich zwei Sätze, die in der Tat knapp sind: “Bei der Schlußfeier der Olympiade wurde Salut geschossen. Das hat uns mißfallen.” Hätte sich der Verfasser der Passage so ausgedrückt, so wären dem vielbeschäftigten Durchschnittsleser neun Zeilen überflüssiger Lektüre erspart geblieben. Auch die Verständlichkeit der Mitteilung hätte nicht gelitten. Die Vermutung, es wäre dem Schreiber nicht darum zu tun gewesen, daß man ihn verstehe, liegt nahe. In der Spiegel-Fassung ist die bescheidene Nachricht von ihrer Auslegung nicht zu unterscheiden. Information und Kommentar sind derart in die Masche verstrickt, daß sie sich nicht mehr trennen lassen.
Hervorhebungen von mir, beides zitiert von hier SpiegelKritik » Blog Archive » Gastkritik

Wolf Schneider zum Beispiel kritisierte diesen Stil anfang der 80er Jahre nochmal aus anderer Perspektive und bezeichnete den Spiegel als "den obersten Verhunzer der deutschen Sprache", belegt mit einer Vielzahl an Beispielen die genau diese immerwährend wertende Attributierung des Spiegel bemängelt. Und das war alles zu den sogenannten "Hoch-Zeiten" des Spiegels, genau, unter der Ägide von Rudolf Augstein. Also komm doch bitte nicht dauernd mit der abstrusen Behauptung daher, dass dieser Stil erst unter Aust entstanden sei und dann auch noch nur beim Thema "Linkspartei". Sorry, dass ich das so krass ausdrücken muss, aber jedes Germanistik- oder Kommunikationswissenschafts-Erstsemester kann dir das Gegenteil belegen.

Du hast dich da in was verrannt, weil du den Inhalt nicht von der Form trennen willst. Das ist dir zwar wie bereits gesagt unbenommen, verhindert aber leider jede auch nur ansatzweise sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Thema "Wie schreibt der Spiegel". Denn dein
Zitat:
Zitat von Ben-99 Beitrag anzeigen
Träume ruhig weiter und versuche ausgerechnet mir beizubringen, daß sich der "Spiegel" unter Stefan Aust angeblich nicht verändert habe, sondern als Wahlkampf-Helfer für die CDU und Plattform für schreibende Clowns "schon immer so war". Genügend "Belege" für Deine sonderbare Behauptung hast Du ja schon vorgelegt ;-)
"belegt" eigentlich nur, dass du zwar viele schöne Sachen erzählen kannst, was der Spiegel so alles Schlechtes schreibt, was aber nur eben leider zum Thema selbst nichts beiträgt - ganz abgesehen davon, dass halt immer Mist rauskommt, wenn man eine falsche Prämisse aufstellt und aus der dann Schlußfolgerungen zieht, so wie du mit der mir im Quote unterstellten These.

PS: Und, um das auch noch richtig zu stellen, weil ich bin mir ja nicht so sicher, ob wirklich jeder deinen kleinen ich nenn's mal "Kunstgriff" erkennt, wenn du von Aust, Broder, Mohr und anderen sprichst: Der von dir (ebenfalls völlig zurecht kritisierte, aber: darum geht's halt eben nicht) Broder ist kein - ich wiederhole: kein - Spiegel-Redakteur. Er ist Autor dort, also schreibt eben öfters mal was. Ob fest oder frei kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ich vermute aber letzteres, denn er tut das - also schreiben - auch für den Tagesspiegel.

PPS: Und jetzt kann's in der Tat wieder um Israel gehen ;-)