Thema: Castro tot ?
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3. August 2006, 07:48   #8
jupp11
 
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Beiträge: 4.013
Schöner Beitrag Ben - den hab ich gern gelesen. Und auch Sackis Antwort darauf - Hochachtung!

Allerdings sollte man schon etwas genauer hinsehen wenn man Kuba und Castro beurteilt.

Mich würde mal interessieren von wann deine Erfahrungen
Zitat:
...mit denen ich damals als deutscher Journalist auf Kuba in einer auffällig lockeren Atmosphäre Interviews führen durfte..
sind. Ich vermute, sie sind bereits ein viertel Jahrhundert alt.

In dieser Zeit ist die nächste Generation bereits erwachsen geworden und diese elenden Sanktionen haben ein wunderbares Land immer weiter verarmen lassen.

Von dem einst so vorbildlichen Gesundheitssystem ist immer mehr abgebröckelt - einfach weil kein Geld mehr da ist, es zu bezahlen.

Schulbildung - ja, vorbildlich für die Karibik - aber sie (die Schule) wird genauso zur, freundlich ausgedrückt, Prägung, unfreundlich ausgedrückt (Konditionierung/Gehirnwäsche), der Kinder benutzt, wie es in der DDR und in nahezu jedem kommunistischen Land der Fall ist/war.

Bitte, mich nicht mißverstehen, ich gebe die Schuld an der aktuellen Situation in Kuba NICHT Castro, sondern den USA. Castro konnte kaum anders agieren, als er es tat, wenn er nicht jede einzelne seiner Reformen gefährden wollte.

Die Wahl zwischen bescheidenen Verhältnissen mit genug zu essen, guter Bildung, Gesundheitsversorgung und einer nicht weit klaffenden Schere zwischen arm und reich oder dem Rückfall in die Zeiten und Zustände vor Castro, fällt leicht.

Aber ich befürchte, das wird kommen, sobald Castro dauerhaft abtritt. Er allein war der Nagel, der alles noch irgendwie zusammenhielt.

Und selbst in seiner Zeit haben Leute das Land verlassen und versuchen es noch immer unter erheblicher Gefahr für Leib und Leben. Das sind nicht alles kriminelle Wirtschaftsflüchtlinge sondern Menschen wie Du und ich, die einfach ein bisschen mehr an Lebensqualität und Glück suchen - und das in den USA, die sie so willkommen heissen, wie wir nicht mal mit Kriminellen umspringen.

Es ist einfach eine vertrackte Situation. Frag heute mal alleinreisende "Herren", warum Ihnen Kuba als Reiseziel so gut gefällt. Dein Vergleich mit dem Puff Amerikas damals war schon ok - aber Kuba ist auf dem besten Weg das karibische Pendant zu Thailand zu werden. Zugegebenermaßen ohne diesen ekelhaften Touch von Kinderpornographie - obwohl auch dort gilt - je jünger, je lieber.

Es scheint tatsächlich so zu sein, dass man nie etwas ohne Schattenseiten bekommen kann. Wenn selbst eine notwendige und mutige Revolution, wie die in Cuba letztlich ausgedörrt werden kann durch einen Nachbarn wie die USA, was bleibt dann noch?

Vielleicht die Tatsache, dass fast 3 Generationen Kubaner in Frieden gelebt haben. Im Vergleich zu einigen anderen Karibik- und Mittelamerikastaaten ist das eine ganze Menge.

-------schnipp---------
Man sollte allerdings bei der Beurteilung Castros auch nicht verschweigen, dass er einfach ein Riesenidiot war, als er Chrustschow gestattete, direkt vor der Haustür Amerikas Raketen zu positionieren.
Und auch die, in Kuba allgegenwärtige, Heldenverehrung von Che Guevara, ist nichts anderes, als ein politisches Ablenkungsmanöver. Guevara war für Castro nicht mehr, als ein Mittel zum Zweck - als dieser Zweck erfüllt war, wurde Guevara entbehrlich. Sein Tod in Bolivien hat Castro in die Lage versetzt, ihn posthum weiter auszubeuten zu können, statt sich mit ihm auseinandersetzen zu müssen. Ein Glücksfall.


tschao

jupp11