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8. January 2006, 18:19   #2
Maggi
 
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Ob nun einfach zwischen Dimensionen wandeln oder nur die einzelnen Tracks von APP in die theoretische Musikalität aufzudröseln - man kann beides machen, denn Alan Parsons' und Eric Woolfsons Songs sind auch von echtem musikalischen Wert.

Als Beispiel sei das Lied "The Tell-Tale Heart" angetan, eins meiner Favoriten. Es basiert auf der Erzählung "Das verräterische Herz" des US-amerikanischen Dichters Edgar Allan Poe (OT: The Tell-Tale Heart) [ Link ]; für das Verständnis des Liedes ist es vielleicht auch ganz sinnvoll, den Text zu kennen. Es geht um einen Mörder, der so fasziniert ist von dem Blick eines alten Mannes, dass er sich in eine Psychose hereinsteigert und den alten Mann schließlich umbringt. Er versteckt die Leiche des Mannes unter den Dielen seines Schlafzimmers. Ein Nachbar ruft die Polizei wegen des Lärmes, die nach dem Rechten sehen solle; das tun sie und stellen fest, dass nichts vorgefallen sei. Doch der Mann glaubt, den Herzschlag des Mannes zu hören und verrät sich der Polizei ... irre, der Typ.

Jedenfalls passt auch diese Erzählung gut zu anderen EAP-Interpretationen auf der Platte "Tales of Mystery and Imagination". Alan Parsons hat sie vertont. Es singt Arthur Brown, wir fangen an, als Brown gerade erzählt, dass er den alten Mann ermordet:

Ashes to ashes, earth to earth and dust to dust.

Konsequent verfolgt Parsons' Projekt von Anfang an durch den ganzen Track hindurch einen herzschlagartigen Beat. Brown singt anfangs sehr energisch und scheint sich seiner Sache sicher zu sein. Deutlich wird das besonders im Interlude, das stilistisch mit dem ganzen Rest des Songs bricht:

And he won't be found at all Not a trace to mark his fall
Nor a stain upon the wall

Doch das ist nicht das Ende der Geschichte: Louder and louder, lauter und lauter schlägt das Herz des Ermordeten unter den Dielen und auch das Wumps-wumps des Herzschlag-Beats schließt sich dem riesigen Crescendo an; alles wird lauter und mündet in einem kleinen arrangierten Gitarrensolo. Doch auch das kann das tote Herz nicht stoppen, es schlägt und schlägt, bis sich die wieder einsetzende Stimme Browns fast überschlägt und er sich mit einem gekreischten "It's the eye of the devil himself!" der Polizei verrät und die Instrumente wieder auf normale Lautstärke herunterfährt.
Das Ende bildet der fast weinerlich vorgetragene Schlussvers

Take me away now
But let the silence drown the beating of his heart
- und Ruhe ist.

Das Lied gibt gut Stoff her für Musik- und Englischlehrer gleichermaßen, ich spreche da aus Erfahrung. Und in der Tat ist es auch faszinierend, wie durch die Steigerungen und viele kleine Eingriffe in die Parson'sche Studioelektronik - kurz, durch die geniale musikalische Umsetzung die Erzählung Poes hörbar wird.

Nachfolgend noch der Songtext zum Mitsingen:

You should have seen him
Lying alone in helpless silence in the night
You should have seen him
You would have seen his eye reflecting in the light

So for the old man
Ashes to ashes, earth to earth and dust to dust
No one will see me
No one with guilt to share, no secret soul to trust

And he won't be found at all
Not a trace to mark his fall
Nor a stain upon the wall

Louder and louder
Till I could tell the sound was not within my ears
You should have seen me
You would have seen my eyes grow white and cold with fear

Heard all the things in Heaven and Earth
I've seen many things in Hell
But his vulture's eye of a cold pale blue
Is the eye of the Devil himself


Take me away now
But let the silence drown the beating of his heart
I can't go on!


Ciao,
Maggi