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4. June 2006, 01:26   #3
Ben-99
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... nein, man muß sich nicht zu Hause einschließen, und ich hatte ja auch schon vorsorglich betont, daß ich dieses Argument akzeptiere, um unseren Gegnern die Stirn zu zeigen, damit sie nicht schon dadurch "gewonnen" haben.

Aber das ist in der Theorie leicht dahergesagt, oder kannst Du solche Gedanken per Knopfdruck abschalten? Ich nicht. Und ich denke auch gar nicht daran, hier so zu tun, als ob ich es könnte.

Interessant für mich, der ja möglichst einseitig gefärbte Begriffe wie "Terroristen" vermeidet, ist wieder mal die von Dir verwendete Terminologie, ohne sich dabei etwas zu denken. Du hast geschrieben: "Dann hat der Fanatismus gewonnen". Was Du damit meinst, ist mir natürlich klar, und ich sehe es genauso wie Du. Aber ich bin mir sicher, daß Du den Begriff "Fanatismus" nicht ebenso locker auf die Entscheidungen eines amerikanischen Präsidenten anwenden würdest, der durch seine blutigen Angriffskriege zehntausendmal mehr unschuldige Menschen ins Jenseits befördert hat als die islamischen Selbstmord-Attentäter, auch weil er sich einer umstrittenen fundamental-christlichen Glaubensbewegung, die man hier in Deutschland "Sekte" nennen würde, verpflichtet fühlt.

Das sind so die Feinheiten in unserem Sprachgebrauch, die immer wieder erkennen lassen, wie sehr wir auf die Propaganda hereinfallen, die uns in einem offiziell noch immer mit den USA befreundeten Land von morgens bis abends serviert wird. Noch einmal: Wenn sich die Bewohner eines bedrängten oder gar okkupierten Staates gegen die Besatzer wehren wollen bzw. sich in einem Krieg mit ihnen befinden, aber kein Geld für Panzer und Kampfhubschrauber haben, bleiben ihnen nur primitive Mittel, um sich zu wehren. Und weil es in jedem Krieg vor allem darum geht, möglichst viele Zivilisten zu töten, werden sich auch weiterhin Freiwillige für Selbstmord-Attentate zur Verfügung stellen. Und doch ist die Zahl der von ihnen Getöteten eher lächerlich im Vergleich zu den Resultaten, den der Einsatz modernster amerikanischer oder israelischer Kriegswaffen jedes Mal erzielt. Nur wird über das Schicksal dieser Opfer bei uns nicht so detailliert berichtet.

"Freiheitskämpfer" sind nichts anderes als "Terroristen" und umgekehrt. Es kommt nur darauf an, zu welchem Lager man gehört. Und auch "Fanatismus" ist im Grunde ein bescheuerter Begriff, auch wenn wir uns längst an solche plumpe Propaganda-Terminologie gewöhnt haben und sie auch schon ohne nachzudenken "ganz automatisch" verwenden. Allerdings nur, wenn wir das Böse der "anderen" beschreiben wollen. Dabei gab es, außer Adolf Hitler, in der westlichen Welt noch nie einen von seinem Fanatismus so sehr beherrschten selbsternannten "Führer" wie George Bush.

Und der hatte schon lange vor "9-11-01" den Staaten der "Achse des Bösen" ausdrücklich den "Krieg" erklärt. Insofern war für mich das Attentat auf das WTC auch "nur" Bestandteil eines gewöhnlichen Krieges, indem diesmal auch die Gegenseite überraschend punkten konnte. Ich weiß: Das klingt alles ekelhaft zynisch. Aber Kriege sind nun mal so. Und das waren sie auch schon zu Zeiten, als man bewußt Zehntausende Zivilisten in Dresden, Hamburg und Hiroshima krepieren ließ. Und später noch 2 Millionen in Vietnam. Und nun haben die USA erneut ein Land überfallen und besetzt und wundern sich, daß sich die islamische Welt gegen diesen "Terror"-Akt, und nichts anderes war der mit schäbigen Lügen begründete Irak-Krieg, zur Wehr setzt.

Wenn ich wirklich in den nächsten Wochen auf einer Veranstaltung oder in der Hamburger U-Bahn durch ein Attentat schwer verletzt werden sollte, würde es zwar kein Trost für mich sein, aber ich wüßte zumindest, daß ich nicht das Opfer irgendeines angeblichen "Fanatismus" bin, sondern in Wirklichkeit ein bedauernswerter Zivilist, der planmäßig in einem ganz normalen Krieg verwundet wird, wie es schon seit Jahrhunderten üblich ist. Aber ich weiß eben auch, wer diesen Krieg begonnen hat. Und deshalb würde ich auch nicht den islamischen Attentätern die Schuld dafür geben, die sich im Prinzip nur wehren.

Nicht sie haben die seit Jahrzehnten gewohnten Spannungen in Nah-Ost zu einer weltweiten Bedrohung ausgeweitet, sondern die USA durch ihre verbrecherischen Angriffskriege und ein Präsident, der seine Armee weiterhin nuklear aufrüsten läßt, während er anderen Staaten den Bau von Kernkraftwerken untersagen will. Im Grunde eine lächerliche Posse, wenn es für uns alle nicht so bedrohlich wäre.

Wie es, 60 Jahre nach Hitler und Hiroshima, geschehen konnte, daß im angeblich "modernsten" Staat der Welt erneut wieder ein gefährlicher Faschist "demokratisch" an die Macht gewählt wurde, der andere Länder und somit die ganze Welt mit dem Einsatz von Atomwaffen bedroht, begreife ich bis heute nicht.

Gruß Ben