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20. October 2005, 23:33   #1
Ben-99
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"Der Untergang": Drittklassig, ärgerlich, deutsch.

... was für ein gotterbärmlich grottenschlechter Film. Und in seiner dreistündigen Fernseh-Fassung sogar noch unerträglicher als das Original-Movie. Aber ich war stark und habe mir gestern und heute abend den völlig zu unrecht schon jetzt weltberühmten Film als TV-Zweiteiler angesehen, den einige Unverbesserliche, um nicht "ewig Gestrige" zu sagen, sogar für den Oscar vorgeschlagen hatten.

Wie konnte auch das wieder passieren?

Zunächst: Die meisten Schauspieler trifft keine Schuld. Es wurden hervorragende Darsteller ausgewählt, wenn auch nur Heino Ferch als Einziger Weltklasse-Format bewies. Alle anderen ließen sich von einem Regie-Stümper aus der zweiten Reihe namens Oliver Hirschbiegel dazu mißbrauchen, ihr Talent für ein Machwerk auf Seifenoper-Niveau zu vergeuden.

Am unerträglichsten: Bruno Ganz in der Hauptrolle, der nur rein äußerlich durch seine frappierende Ähnlichkeit mit Hitler überzeugte. Sobald er jedoch den Mund aufmachte und in seiner unfreiwilligen Komik pathetisch grimassierte wie ein sogar schon von der Dorf-Presse abgeschriebener Provinz-Schauspieler, hatte man das Gefühl, daß da jemand Charly Chaplin in seiner berühmten Hitler-Parodie als "großer Diktator" Konkurrenz machen wollte. Ein ständig in Schweizer Mundart brüllender "Führer" wirkt nun mal lächerlich. Denn: Robert De Niro würde auch niemand als Gangsterboß ernst nehmen, wenn er die Stimme von Micky Mouse hätte ;-)

Ich frage mich auch, wer für die Besetzung von Goebbels zuständig war. Der Mann hatte zwar die rheinländische Stimme des Propaganda-Ministers gut drauf, wirkte aber optisch wie das Produkt eines wahnsinnig gewordenen Comic-Zeichners aus der von 13jährigen beherrschten Gothic-Grufti-Szene. Außerdem stand er die 3 Stunden immer nur dumm in der Gegend herum und durfte nur gegen Schluß mal ein paar wenige zusammenhängende Sätze zu Gehör bringen. So war Joseph Goebbels ganz sicher nicht.

Ein Grund mehr, sich zu fragen, warum der (leider noch immer) international anerkannte Historiker Joachim Fest, nach dessen Büchern der Film gedreht wurde, sein Okay für das blamable Werk gab und sich auch noch im Abspann nennen ließ. Allerdings weiß man ja von ihm, daß er damals auch brav alle Lügen aufschrieb, die ihm Albert Speer diktierte und sich auch nicht traute, in seinen Interviews mit ihm auch nur ein einziges Mal kritisch nachzufragen.

Mein Gott, erst jetzt weiß man, wie anspruchsvoll dagegen "Speer und ER" von Heinrich Breloer war. Und für mich war Tobias Moretti, egal was er vorher gespielt hat, in seiner androgynen, fast schon schwulen Art, der bisher beste "Adolf Hitler", den es weltweit je im Fernsehen oder auf der Kino-Leinwand gegeben hat. Und der Autor und Regisseur hat es verstanden, die "Superstars" des Dritten Reichs auch so dazustellen, wie sie wohl auch wirklich waren. Allerdings hat er sich mit seinem Dreiteiler auch nicht an den deutschen Stammtisch gewendet. Klar, daß sich da so manche "stolzdeutschen" Dumpfbacken gelangweilt haben. Aber die wurden ja schon vorher bei der Lore-Roman-Kino-Fassung der "letzten Tage von Berlin" von dem Gespann Eichinger/Hischbiegel zärtlich an den Eiern gekrault.

Und da wären wir auch schon bei der politischen Beurteilung dieses Films angelangt. Und die kann eben nur verärgert ausfallen, weil der peinliche Film durch und durch "deutsch" war, womit gemeint ist, daß er für Deutsche und deren Freunde in der Welt gemacht wurde, die schon immer ganz genau "wußten", daß nicht das deutsche Volk und nicht einmal die Nazis dieses Unheil über unser Land gebracht haben, sondern nur ein einzelnes Individuum, das auch nicht mal als "Mensch" bezeichnet werden kann und schon gar nicht so dargestellt werden darf.

Daß ein Massenmörder nach Feierabend wieder ein ganz "normaler" Mensch sein kann, der seinen Hund streichelt und mit seiner Fanilie friedlich den Abend verbringt, mag man vielleicht noch bei George Bush glauben. Bei seinem früheren Freund Saddam aber schon nicht mehr. Und bei Hitler darf so etwas natürlich erst recht nicht sein.

Deshalb war es auch diesmal wieder nötig, Adolf Hitler als Monster zu zeigen, das irgendwann vom Himmel fiel bzw. aus der Hölle aufgestiegen war, um die braven Deutschen zu verteufeln. Nur so kann man sie von ihrer Schuld am Tod von 6 Millionen Juden und über 50 Millionen Kriegstoten auf billige Weise freisprechen. Denn sie hatten sich ja nichts dabei gedacht, wenn ihre Nachbarn mit einem gelben Stern am Mantel herumlaufen mußten, bevor sie später "abgeholt" wurden. Und auch als Bücher und Synagogen lichterloh brannten, dachten sich unsere Großeltern nicht dabei. Schließlich hatten sie ja ein paar Jahre zuvor eben diese Partei demokratisch gewählt, dessen braune Horden vorher prügelnd und mordend durch die Straßen zogen.

Und wie so oft wurde auch in diesem Film gezeigt, daß es eigentlich, bis auf ein einziges dämonisches Ungeheuer mit quadratischem Oberlippenbart, gar keine bösen Nazis gab. Sondern nur redliche Deutsche in Uniform, die sich heldenhaft bis zuletzt für das "Gute" eingesetzt haben. Als auch tw_24 das vor ein paar Tagen in seinem FN-Beitrag behauptete, hielt es zunächst für eine maßlose Übertreibung:

http://www.forennews.de/board/showth...8023#post58023

Doch nach der dreistündigen TV-Fassung sehe ich es inzwischen genauso. Sogar eine Magda Goebbels, in Wirklichkeit ein karrieregeiles Naziluder, das sich bis nach ganz oben durchgefickt hatte und am Ende sogar ihren 6 Kindern eigenhändig die Cyankali-Kapseln in den Mund schob, verlieh der Regisseur, der wohl auch selbst für sein eigenes Wohl über Leichen gehen würde, bis zum Schluß so etwas wie "Würde", wenn er die exzellente Corinna Harfouch die Rolle so spielen ließ, daß man fast Verständnis für die Kindesmörderin aufbringt.

Und vor allem für den heuchlerisch-verlogenen Produzenten Bernd Eichinger, der ansonsten von Politik so unbeleckt ist wie seine niedliche "Momo" oder der herzige Drache in der "Unendlichen Geschichte", ging das Kalkül auf: Man kann sogar Millionen damit verdienen, wenn man Hitler und seine bis zuletzt Getreuen so darstellt, wie "wir" es alle gern hätten.

Danke, Bernd Eichinger, daß die Welt nun endgültig weiß, daß kein Deutscher Verantwortung für das Grauen zwischen 1933 und 1945 trägt, sondern daß das alles nur, quasi in "Eigenregie", von einem einzelnen zugereisten Österreicher angerichtet wurde, der dazu auch noch bei seinen hysterischen Schreianfällen ins niedliche "Schwyzerdütsch" verfiel.

Ja, Bernd, genauso war es. Denn so ein Mann, so ein Tier, so ein Monster, kann überhaupt nichts mit unserer lieben Omi und unserem lieben Opa zu tun gehabt haben. Und daß allein in den letzten Wochen bei der Eroberung von Berlin 300.000 russische Soldaten sterben mußten, weil all die von Dir als "nette" deutsche Generäle Dargestellten bis zuletzt ihre hündische Ergebenheit vor Hitler bewiesen, hast Du freundlicherweise auch nicht erwähnt, aber dafür gezeigt wie "herzig" es im Kreis der Lieben im Führerbunker Ecke Wilhelmstraße / Voßstraße zuging.

Danke, Bernd Eichinger, daß Du der Welt endlich die Augen geöffnet und uns Deutsche gleichzeitig dabei auch wieder mal so schön beruhigt hast.

Gruß Ben
 
21. October 2005, 11:05   #2
Sacki
Dummschwätzer
 
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Ich habe die Fassung auf DVD gesehen und war einfach nur gelangweilt.
Schauspielerisch hat mich keiner überzeugt, obwohl ich schon anfänglich Abstriche gemacht habe.
Das ganze war eine Seifenoper. Am schlimmsten fand ich diesen Goebbels-Darsteller.
Schlimmste Szenen bis hin zur Peinlichkeit: diese Szenen, indem sich die Goebbels Schlampe Onkel Adolf vor die Füße wirft um ihn vom Suicid abzuhalten. Lächerlich !
Und dann die Hochzeit....naja.
Mich verwundert, daß keiner auf die Idee gekommen ist, das ganze als Vorabendserie zu produzieren.
Hätte sich doch gut gemacht:
Der gute alte Onkel Hitler, von den bösen Russen in den Selbstmord getrieben und umgeben von einerseits bedingungslosen Gefolgsleuten, andererseits von feigen Generälen, die sich gegenseitig beharken.

Der als guter, alter, verzweifelter und kranker Herr Hitler dargestellte war in Wirklichkeit ein bestialischer und irrer Massenmörder. Und alle Bunkerinsassen waren Mittäter, Mitwisser und Sympatisanten dieses Irren und keinen Deut besser als dieser Verbrecher.
 
21. October 2005, 12:59   #3
Jules
 
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Hm. Ich meine mich zu erinnern das diese Verfilmung auf den Interviews mit Traudel Junge basieren.
Und ich nehme an genau das ist verfilmt worden. Ihre Eindrücke - ihr Empfinden - ihr Bewusstsein dieser Zeit gegenüber.


So schlecht wie der Zweiteiler hier gemacht wird fand ich den gar nicht.
Allerdings fand auch ich die Verflilmung Speer & Er incl. der beiden Hauptdarsteller Moretti/Koch besser.
 
21. October 2005, 13:11   #4
Ben-99
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Zitat:
Zitat von Jules

Ich meine mich zu erinnern das diese Verfilmung auf den Interviews mit Traudel Junge basieren.
... ja, aber nur als zusätzliche Quelle. Und diesmal habe ich bei Wiki nachgeschaut ;-)

Zitat:
Fests Darstellung der letzten Tage von Adolf Hitler, "Der Untergang", die die entsprechende Schilderung in der Hitler-Biographie detaillierter wieder aufnimmt und neue Quellen einarbeitet (erschienen 2002), bildet den Grundstock für den gleichnamigen Film ("Der Untergang") von Bernd Eichinger (2004).

http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Fest
Gruß Ben
 
21. October 2005, 13:51   #5
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wers braucht...

@ ben-99
wenn du den film so schlecht fantest dann verstehe ich nicht warum du ihn bis zum ende gesehen hast ich meine wenn einem normalen menschen etwas nicht gefällt dann konfrontiert er sich doch nicht absichtlich damit?

ich muss auch sagen das der film nicht im geringsten so schlecht ist wie ihr ihn hier hinstellt...
was ist den in deinen augen ein guter film?

mfg 13
 
21. October 2005, 14:01   #6
Jules
 
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Das es nur eine zusätzliche Quelle sein sollte empfinde ich als unlogisch. Denn warum gibt es die beiden Filmsequenzen nur mit ihr am Anfang und am Ende des Zweiteilers ?
Wenn es mehr Quellen gibt/gäbe, warum gibt es mit denen keine Interview-Sequenz ?
Z.B. mit dem Funker Rochus Misch der bereits von Knopp (?) interviewt wurde. Das Interview wurde bereits vor der Verfilmung vom "Untergang" ausgestrahlt und wäre somit verwendbar gewesen. Oder falls dort Copyright-Rechte drauf liegen die man nicht bezahlen möchte, warum kein neues Interview mit Herrn Misch und anderen ?
 
21. October 2005, 14:11   #7
Ben-99
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Zitat:
Zitat von 13

verstehe ich nicht warum du ihn bis zum ende gesehen hast
... gerade was man kritisiert, muß man auch kennen. Schließlich geht es nicht um irgendeine läppische Voarabend-Serie, sondern um einen Film, der uns Deutsche weltweit in einer wichtigen politischen Angelegenheit repräsentiert.

Gruß Ben

@ Jules

Tja, warum und weshalb weiß ich auch nicht. Aber es hieß offiziell immer, daß das gleichnamige Buch von Joachim Fest die Grundlage war. Als der Film im Kino anlief, hatte zum Beispiel auch BILD in einer Serie Teile aus dem 2002 aktualisierten Buch abgedruckt.
 
21. October 2005, 14:22   #8
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das stimmt schon so aber der film hat fast überall gute kreticken bekommen desweiteren glaube ich nicht das ein film etwas gegen die unwissenheit vieler leute ausrichten kann den es gibt leute die haben nicht mal den film in seinem grund verstanden wie sollen solche leute dann erst die geschichte verstehen? der film soll ein teil der geschichte der öffentlichkeit auf einem einfachem weg etwas näher bringen. bekämpfung der allgemeinen dummheit sollte man immer unterstützen..

aber don´t panik für deine ansicht habe ich auch einen funken verständnis ich weiß zu mindest was du meinst..
aber es gibt mehr als genug filme auf die die kritk besser wäre da kriegt man nämlich dann voll das
 
21. October 2005, 14:35   #9
Jules
 
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Gut das man noch weiter suchen kann.

Zitat:
Der Untergang ist ein Spielfilm des deutschen Regisseurs Oliver Hirschbiegel aus dem Jahr 2004. Der Film zeigt die Geschehnisse im Berliner Führerbunker während der letzten Tage des Dritten Reiches. Der Film basiert vor allem auf dem gleichnamigen Werk des Historikers Joachim Fest, der auch eine umfangreiche Hitler-Biografie verfasste, und den Erinnerungen von Hitlers damals 25-jähriger Privatsekretärin Traudl Junge (beide 2002). Letztere erschienen als Buch („Bis zur letzten Stunde”) und als Film („Im toten Winkel”). Ausschnitte aus dem Film sind am Anfang und am Ende von „Der Untergang” zu sehen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Untergang

Da steht aber nichts davon das es auch noch andere Quellen gibt.



Und warum sollte die BILD nicht auch Teile des Buches abdrucken ?
Alleine schon weil der Film in den Kino's DER Gesprächsstoff schlechthin war, nahm BILD (wohl zu Recht) an, daß es wenigstens einige ihrer Leser interessieren würde.
 
22. October 2005, 11:46   #10
Anscha
 
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also, ich habe mir den film auch angeschaut und muss sagen, dass ich nach dem was ich vorher über diesem film an kritik gehört habe mehr erwartet hätte...

zu den schauspielern muss ich sagen, dass diese echt gut ausgewählt waren und ihre rolle auch gut gespielt haben! nur die göbbels-kinder haben mich total aufgeregt! aber sie waren halt ein wichtiger teil des films!

bei dem film an sich muss ich sagen, gab es einige stellen für die man ein gewisses vorwissen haben musste, sonst hätte man den film nicht recht verstehen können, darum bin ich recht froh, dass ich einen so guten geschichtsunterricht genießen durfte...
 
22. October 2005, 13:58   #11
tw_24
 
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Der Stoff, aus dem Der Untergang gemacht wurde, ist schlicht langweilig. Ein paar Hanseln, allesamt ziemlich weltfremd, hocken in einem Bunker herum und erregen bestenfalls Mitleid, weil sie in dieser, freilich selbstverantworteten, Gefangenschaft noch immer auf einen Ausweg hoffen. Irgendwo draußen wird auch noch wild rumgeballert, aber wieso dies geschieht, läßt der Film offen, was eine verdammte Sauerei ist.

Denn selbst wenn es zur Allgemeinbildung gehört, daß den WK II die (Mehrheits-)Deutschen irgendwie zu verantworten haben, kann einfach ein zum dreistündigen Langweiler aufgeblasener Film, in dessen Mittelpunkt eben die Tristesse jener letzten Tage steht, darüber nicht einfach hinwegschweigen. Wer des Führers Sorge um die Verläßlichkeit des letzten 'Schlafmittels' thematisiert, kann, will er redlich sein, Hitlers Weltbild, das wahrlich nicht nur seines war, nicht der Phantasie des Zuschauers überlassen.

Letztlich ist der Film doch nur deshalb ein Erfolg, weil der Führer in ihm den Bruno Ganz gibt oder umgekehrt. Man könnte auch eine Big Brother-Besatzung in einen Bunker sperren, ihr etwas von einem Weltuntergang - es müßte ja nichtmal ein Krieg sein, es reichte ein Unwetter - erzählen, den Spaß ein paar Tage lang aufzeichnen und zu einem abendfüllenden Film wieder verdichten. Doch selbst ein noch so genialer Zusammenschnitt käme wohl nicht auf die Einschaltquoten des Untergangs - es fehlte der Führer.

Und das ist ja so schlimm an diesem Machwerk. Die Handlung, so es eine gibt, ist vorhersehbar, die Gefühle der dargestellten Personen ebenso - niemand würde sowas sich in einer dreistündigen Fassung antun, dann doch lieber Bollywood-Schrott. Aber weil das Label Hitler draufsteht, ist der Film plötzlich "Deutschlands wichtigster Film", wie TV Movie meint, und soll sogar bilden, wie es in einer ARD-Pressemitteilung zur Begründung der Verlängerung auf drei Stunden heißt. (Daß man noch am Führer hängt und deshalb den Schrott sendet/sich anschaut, gibt niemand zu, also muß ein Lehrauftrag her.)

Und was da neu gegenüber der DVD-Fassung ist, spricht auch schon wieder für sich. Der Russe, dieser Bauerntölpel aus dem Osten, ist nichtmal mit einer echten Führungsriege vor Ort, als die wackeren Deutschen mit ihm verhandeln wollen, und klaut sowieso noch alles, was nach Armbanduhr aussieht. Da wirkt tatsächlich noch die Goebbels-Propaganda vom unzivilisierten Untermenschen fort, und man fragt sich wirklich, wie es nur soweit kommen konnte, daß der Bolschewik es aus Sibirien bis nach Berlin schaffte. Eichinger und/oder die ARD bedienen damit ganz hervorragend das Klische von der Horde, die weder geistig noch technisch, sondern nur zahlenmäßig deutscher Kultur überlegen war.

Und dazu paßt denn auch, was man von ihr oder ihrem Werk sieht - Zerstörung überall. Trümmerwüsten, in denen einst das deutsche Bürgertum die Zivilisation pflegte, verzweifelte Verletzte, die sich lieber selbst die Kugel geben als vielleicht auf einen russischen Arzt zu hoffen. Sie mögen seinerzeit in der Tat so gefühlt haben, doch durch die Dämonisierung der im Film ohnehin nur als Angreifer (oder besser: Aggressoren) Vorkommenden, wird versucht, diese Verblendung als rational darzustellen, als in jeder Hinsicht berechtigt.

Durch diese Rationalisierungen wird zugleich der ganze Krieg zwar nicht als solcher verharmlost, aber das Wesen speziell dieses Krieges völlig verklärt. Was da die Deutschen anzettelten, war eben kein 'normaler' Krieg, wie er unter kapitalistischen Staaten gelegentlich mal passieren kann, sondern ein rassistischer Vernichtungsfeldzug, dessen Ziel es war, menschenleere Gebiete zu schaffen und zu erobern, um sie mit deutschen Übermenschen zu bevölkern, deren Darstellung im Film ohnehin mißlingt.

Natürlich waren Hitler und sein Bunkerkommando irgendwo doch auch nur deutschdumme Kleinbürger mit nur allzu verständlichen Begehren und Nöten, sie aber praktisch nur als solche zu präsentieren, entnazifiziert sie ohne jeden Anlaß, und selbst der Führer wirkt - ideologisch - ja eher wie ein verstocktes Kind, das nicht einsehen will, daß es sich geirrt hat, nicht als das, was er für die meisten Deutschen noch nach ihrer Kapitulation war: ihr Führer. Klar, es mag schwierig sein, genau das filmisch umzusetzen, doch niemand hat Eichinger gezwungen, sich auf Hitler zu konzentrieren.

Es ist tatsächlich so, daß, wer sich noch die anderen beiden jüngeren deutschen Filme Napola und Sophie Scholl antut, nach dieser geballten Ladung "Geschichte" bei der Frage ankommt, ob es jemals überhaupt auch nur einen Nazi gegeben hat. Überzeugt mitgemacht hat offenbar niemand, wobei man sich als dann wiederum fragen muß, wieso sich der Untergang doch noch so lange hinziehen konnte, irgendwer muß sich den Alliierten ja doch in den Weg gestellt haben - und das tat man, etwa nach Dresden, dann eben wohl doch, weil man an den Endsieg glaubte, nicht aus Vernunft.

Aber solche Deutsche, mit Sicherheit keine Minderheit, kommen im Untergang kaum vor - und überleben ihn nicht. Doch so leicht wurde Deutschland seine Nazis eben nicht los, es behielt sogar die meisten von ihnen oder bekam sie wieder zurück, die russische Kriegsgefangenschaft, die eine sowjetische war, wurde dann in der BRD sogar zu einer Art Persilschein. Die, die auszogen, brandschatzend und massenmordend "Lebensraum" zu erobern, kamen zurück als "Opfer" allzu langer Gefangenschaft - niemand stellte mehr Fragen nach (Mit-)Täterschaft.

Und genau das ist typisch für das, was man hierzulande als Vergangenheitsbewältigung betreibt. Die (Mit-)Verantwortung wird einfach entsorgt. Die Bundeswehr beruft sich auf Vorbilder, die zwar Hitler umlegen wollten, daß sie sich zuvor aber bewußt, teilweise sogar planend, an Kriegsverbrechen beteiligten, kümmert niemanden, sie sind die "Helden des 20. Juli". Und wenn im Untergang der wodkavernebelte Russe über die Deutschen kommt, so tilgt das anscheinend ihre Schuld, wenn sie denn überhaupt schuldig sich gemacht haben, was der Film ja eher verneint.

Das macht den Film in der Tat wertvoll. Für all die, die in diesen Tagen daran gehen, den 60. Jahrestag einer "Vertreibung" zu begehen, die für sie ein "Menschheitsverbrechen", nein, das "Menschheitsverbrechen" schlechthin darstellt, können sie sich - auch wegen der öffentlichen Wirkung des Untergangs - doch noch unbefangener als die unschuldigen Opfer inszenieren, die sie in der Realität - die wiederum ist in unzähligen staubigen Akten festgehalten, die nicht so leicht zu konsumieren sind wie ein dennoch grottenschlechter Film - nie waren.

MfG
tw_24
 
23. October 2005, 21:28   #12
Ben-99
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... nachher, um 23.45 Uhr auf ARD gibt es eine Dokumentation in Spielfilmlänge über Traudl Junge von Andre Heller, die im Jahr 2002 kurz vor ihrem Tod entstanden ist und wohl sehr viel interessanter zu sein scheint als "Der Untergang". Zumindest liest sich die Ankündigung in TV-Spielfilm schon mal recht verheißungsvoll.

Gruß Ben

Zitat:
Hitlers Sekretärin: Im toten Winkel

"Es ist keine Entschuldigung, jung zu sein", urteilt Traudl Junge sechzig Jahre danach. Doku von Othmar Schmiderer und André Heller

Führerhauptquartier sucht Sekretärinnen: Traudl Junge ist neugierig, aber keine Parteigängerin. Mit 22 Jahren tritt sie die Stelle als private Sekretärin Adolf Hitlers an. Ab 1942 lernt sie den Alltag des "Führers" kennen. Sie heiratet seinen Diener und erlebt das Attentat von 1944. Ein Jahr darauf tippt sie im Führerbunker Hitlers Testament. Nach dem Krieg schreibt Junge ihre Erinnerungen nieder, 53 Jahre später kommen sie an die Öffentlichkeit. André Heller und Othmar Schmiderer lassen die eloquente 81-Jährige reden. Ohne Kommentar und Archivmaterial vermittelt ihr Porträt mehr Einsicht in den Geist der Epoche als die gängigen Dokus über Hitlers Helfer, Hunde und Haubitzen. Traudl Junge starb am Tag nach der Premiere im Februar 2002.

http://tvspielfilm.msn.de/programm/t...ngs_id=8347345
 
24. October 2005, 08:16   #13
Jules
 
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Och schade. Habe ich verpasst.
Na vielleicht wird's irgendwann noch mal wiederholt.
 
27. October 2005, 20:22   #14
Loddarnewyork
 
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So, nun habe ich auch erstmals den Untergang gesehen und muß sagen: Ich bin begeistert.
Ich hatte mir zu diesem Anlaß eine Beerenauslese aufgemacht und habe Untergang und Wein genossen. Überrascht war ich von der Farbenpracht, hatte damit nicht gerechnet.
Nach diesem Erlebnis bin ich sicher, daß ich mir den Untergang morgen nochmals anschauen werde. Schließlich kann man seine Fensterläden auch noch nach dem Untergang schließen und sich dann wieder dem PC und Internet widmen. Denn wer weiß, wann der nächste Sonnenuntergang wieder so schön anzuschauen sein wird, da ja der November meist trostlos mit tristem Grau in Grau daher kommt.:grübel:
 
27. October 2005, 21:29   #15
Ben-99
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... Du wirst es nicht glauben, aber ich hatte heute abend auch noch vor, etwas über "den" Untergang zu schreiben, den ich nämlich vorhin kurz nach 18.00 Uhr an den Landungsbrücken bewundern durfte: Das Hafenpanorama, die Silhouetten der Schiffe vor einem rotglühenden Himmel. Als Foto hätte ich über so ein kitschiges Motiv die Nase gerümpft. Aber live in echt war es tatsächlich wunderschön.

Davor hatte ich einen langen Elbspaziergang bei strahlend blauem Himmel gemacht. 19 Grad im Schatten. Und das fast im November. So etwas habe ich noch nie in Hamburg erlebt.

Gruß Ben
 
22. November 2005, 12:40   #16
puk
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Auch ich habe den Film gesehen und bin der Meinung, der Film ist eine „Halbdokumentation“ in dem das „Nie wieder“ einfach zu kurz kam.
Bruno Ganz als AH, ein Ausnahmeschauspieler zweifellos, aber in dieser Rolle nicht wirklich ideal. Doch der Film selbst zeigt nur die letzten 12 Tage im Leben des personifizierten, absolut Bösen.
Die Vorlage zu diesem Film bildeten die Erinnerungen von Hitlers Sekretärin Traudl Junge, gemeinsam mit Joachim Fests Abhandlung über die letzten Tage im Führerbunker, auch Daniel Goldhagens Abhandlung zum Dritten Reich wurden herangezogen.
Eine totale Fehlbesetzung fand ich Ulrich Matthes als Goebbels.
Ob dieser Film aber aufrüttelt und junge Menschen, die meisten haben wenig Ahnung was oder wer Hitler war, verständlich macht warum so viele Menschen Hitler gefolgt sind, möchte ich bezweifeln. Ob sie begreifen, dass man sich nicht einem Kadavergehorsam hingeben darf, nur weil ein paranoides, kaltblütiges Individuum etwas sagt?

Die britische „Times“ hat zu diesem Film folgende Erklärung abgegeben:
„Der einzige Weg, sich diesem Monstrum zu nähern, ist, indem man Hitler humanisiert, runterholt vom Sockel des Monsters, des Psychopathen. Es wäre doch geradezu eine Verhöhnung der Opfer, wenn ein simpler Irrer in der Lage ist, ein altes Kulturvolk dazu zu bringen, ein anderes Volk systematisch auszurotten.“

Aber ich denke, so einfach ist Geschichte halt nicht.
 
22. November 2005, 13:06   #17
Ben-99
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... das ist ein kluger Satz von dem "Times"-Rezensenten. Leider haben die meisten anderen ausländischen – vor allem amerikanischen – Blätter den Film gelobt, weil sie ihn wohl mit einem Action-Movie verwechselt haben. Aber nicht mal in dieser Hinsicht war er gut gemacht.

Hitler wurde zum "Monster", also zum "Tier" gemacht, damit sich die Deutschen auch weiterhin keine Gedanken machen müssen. Denn damit konnte doch niemand rechnen, daß plötzlich, womöglich von einem anderen Stern, so ein "Ding" über uns kommt. Und damit wäre auch gleich die Frage geklärt, wer die wirklichen "Opfer" des Dritten Reichs waren: wir bedauernswerten Deutschen natürlich. Aber inzwischen haben wir auch den Juden großzügig verziehen.

Eine schlimme Botschaft, die dieser Film verdeckt übermitteln will. Und dazu kommt, wie schon von tw_24 richtig erkannt, daß es da unten im Bunker auch keine wirklich "schlechten" Menschen unter den Nazi gab. Alle versuchten bis zuletzt rührend, "Schlimmeres" zu verhindern. Es muß wohl wirklich so gewesen sein, daß es mit Adolf Hitler damals im ganzen Land nur einen einzigen schlechten Menschen gab.

Und mit dieser Erkenntnis läßt es sich als Enkel von Millionen Deutschen, die den Massenmord und andere Verbrechen überhaupt erst möglich gemacht haben, auch weiterhin "gewissensmäßig" durchaus komfortabel leben.

Gruß Ben
 
22. November 2005, 13:21   #18
makkaroni
filzlaus
 
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ob es wohl heutzutage anders wäre, wenn wieder so ein "irrer", wie hitler bezeichnet wird, an die macht kommt?

wenn ich die menschen so beobachte, glaube ich eher nicht.

ein bißchen "macht" zu haben, anerkannt zu werden, lob zu bekommen, gefällt doch sehr vielen menschen außerordentlich gut und lässt sie dinge tun, die man ihnen niemals zugetraut hätte.

vermutlich nicht einmal sie selbst.

man kann das auch in den foren wunderschön beobachten.
 
22. November 2005, 16:21   #19
puk
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@ Ben, genau das wollte ich damit sagen, als ich schrieb, dass das „Nie wieder“ viel zu kurz kam. Ich habe schon viele Dokumentationen zu diesem Thema gesehen, und konnte somit recht gut vergleichen.
Dieser Film erhebt für sich den Anspruch auf historische Wahrheit, die er nicht erfüllen kann. Eine nachgestellte Wirklichkeit, das ist dieser Film, und das noch dazu mit Ungenauigkeiten, oder kannst du vorstellen, dass ein SS-Offizier mit einer Hand in der Hosentasche den Worten seines Führers zuhört?
Der Film zeigt einfach nur einen kurzen Abschnitt, keinen Nationalsozialismus, keinen Holocaust, keinen Terror.
Deswegen finde ihn auch so schlecht. Aber ich bin ja kein Kritiker.

@ Makkaroni, ich hoffe, dass es anders käme, doch wir können nicht in die Zukunft schauen, vielleicht sogar Gott sei Dank können wir es nicht.
Hitler wird oft als Irrer bezeichnet, meine Meinung dazu sieht leider ganz anders aus, denn wirklich Irre können nicht zur Verantwortung gezogen werden. Gut ja, Hitler konnte auch nicht zur Verantwortung gezogen werden, da er sich feige aus dem Leben stahl. Aber zumindest einige seiner Handlanger.
Meiner Meinung nach, war Hitler ein ganz kaltblütiger, klar denkender Mensch, der wusste wie man Menschen manipuliert und zu Jasagern macht.
Zum Schluss verbohrt in seinem Wahn, oder wie man es ausdrücken mag, als Berlin in Schutt und Asche lag, und er noch immer davon schwärmte wie die Stadt aus den Trümmern auferstehen würde.
 
22. November 2005, 16:40   #20
makkaroni
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Zitat:
Zitat von puk
...Meiner Meinung nach, war Hitler ein ganz kaltblütiger, klar denkender Mensch, der wusste wie man Menschen manipuliert und zu Jasagern macht.
...
findest du es nicht sehr erstaunlich, wieviele sich manipulieren ließen, puk?
 
22. November 2005, 16:55   #21
puk
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Doch freilich, würde man aber heute eine Umfrage starten, wer damals jubelte und einen AH für begrüßungswert hielt, die meisten würden entrüstet erwidern: Ich doch nicht!
 
22. November 2005, 17:32   #22
makkaroni
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das ist dasselbe phänomen, wie in den foren, puk.

da gibt es menschen, die sehr für "toleranz" plädieren, die die "ungerechtigkeit in der welt" anprangern, die staatschefs anprangern, in deren staaten keine freie meinungsäußerung möglich ist. in ihren foren lassen sie beiträge von usern verschwinden, plädieren an die "toleranz" von usern, sperren user.

da ist das alles anscheinend etwas ganz anderes.

mich faszinieren die menschen.
 
22. November 2005, 18:39   #23
puk
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Makkaroni, es tut mir leid, aber eine Forenwelt mit der Welt eines AH zu vergleichen, widerstrebt mir ganz gewaltig.
 
22. November 2005, 18:54   #24
makkaroni
filzlaus
 
Benutzerbild von makkaroni
 
Registriert seit: November 2005
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Beiträge: 48
oh, das würde ich mich nie erdreisten, zu vergleichen, puk.

es ging mir einzig und allein darum, dass menschen ab und an von etwas begeistert sind, wozu sie hinterher nicht mehr stehen.
 
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