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18. June 2007, 07:55   #201
Jules
 
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18. Juni 1927: Der Nürburgring wird eröffnet

"Schwedenkreuz", "Schwalbenschwanz" oder "Fuchsröhre" - das sind die Namen von legendären Streckenpunkten des alten Nürburgrings. Als die Rennstrecke 1925 geplant wird, steht allerdings nicht die Begeisterung für den Motorsport im Vordergrund, sondern die wirtschaftliche Not: In der Eifel, das als Preußens Sibirien gilt, herrscht Armut. Das ändert sich, als das Projekt Nürburgring in das "Große Notstandsprogramm" der Reichregierung aufgenommen wird. Der Plan ist einfach: Die Region soll vom Renn-Tourismus profitieren. Am 18. Juni 1927 ist es soweit: Rudolf Caracciola gewinnt das Eröffnungsrennen auf der ersten "Gebirgs-, Renn- und Prüfstrecke". Mehr als ein Jahrzehnt rasen die Pioniere des Rennsports um die Wette. Darunter sind unter anderem Bernd Rosemeyer, Tazio Nuvolari, Hans Stuck und Manfred von Brauchitsch.

Zunächst stehen die Zuschauer völlig ungesichert neben der Rennpiste. Erst 1932 wird ein Zaun gebaut. Der Aufstieg der Strecke beginnt 1934, als die Hersteller Mercedes-Benz und die Auto-Union in den Grand-Prix-Sport einsteigen. Der Motorsport wird massiv von den Nazis unterstützt und für ihre Propaganda genutzt. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wird es auf der Rennstrecke allerdings still. Doch schon kurz nach Kriegsende findet am 17. August 1947 wieder ein Rennen statt. In den 50er Jahren erlebt der Nürburgring einen Boom: Bis zu 400.000 Zuschauer lassen sich von Fahrern wie Alberto Ascari und Juan Mario Fangio begeistern. Der Ring gilt jahrzehntelang als eine der schwierigsten Grand-Prix-Strecken der Welt. Sie ist gut 28 Kilometer lang, hat mehr als 170 Kurven und rund 300 Meter Höhenunterschied. Weltmeister Jackie Stewart prägt die Bezeichnung "Grüne Hölle" für die Nordschleife, die bis 1970 durch Hecken gesäumt ist. Über 140 Rennfahrer sind bislang tödlich verunglückt.

Als Niki Lauda 1976 fast in seinem Wagen verbrennt, ist das das Ende der Nordschleife als Grand-Prix-Strecke. Der Nürburgring wird umgebaut. Es entsteht eine rund 4,5 Kilometer lange Rennstrecke, die nur noch die Start- und Zielgerade mit alten Kurs gemeinsam hat. Das erste Rennen auf der neuen Strecke gewinnt Newcomer Ayrton Senna. Nach dem Aus für die Formel 1 auf der Nordschleife finden dort trotzdem noch viele Veranstaltungen statt. Unter anderem werden dort 24-Stunden-Rennen ausgetragen.

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19. June 2007, 07:35   #202
Jules
 
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19. Juni 1937: Tod des "Peter Pan"-Autoren James M. Barrie

Mr. Barrie ist ein berühmter Mann im England Königin Viktorias. Spaziert der Schotte durch seine Wahlheimat London, meist Richtung Kensington Gardens, dann fällt er auf, weil er eigentlich kaum zu sehen ist. Mr. Barrie amüsiert es, seine 150 Zentimeter Körperlänge in Mänteln mit Übergröße verschwinden zu lassen. Noch auffälliger wird dieser Mantel mit Kopf und Füßen durch seine Begleitung: lange Zeit ein riesiger Bernhardiner, später ein Neufundländer. Berühmt und reich wurde Mr. Barrie als Autor nostalgischer Romane; mindestens so berühmt ist er als liebenswerter Sonderling, als Mann, der auf Teufel komm raus Kind bleiben möchte.

Zwei Ereignisse haben James Matthew Barrie auf die Spur von Peter Pan gebracht. 1866, James ist gerade sechs Jahre alt, kommt sein Bruder beim Eislaufen daheim in Kirriemuir ums Leben. Der kleine James, schon damals in seinen Tagträumen ein wilder Abenteurer, findet Trost in einer Idee: Allen Kindern, die früh sterben, bleibt etwas Unersetzliches erhalten, etwas, das beim Erwachsenwerden unweigerlich verloren geht. Es ist der Glaube an die Macht der Fantasie und an ein Land, in dem all diese Kinder die tollsten Dinge erleben. Viel später bekommt es den Namen Neverland. In London entdeckt Barrie dieses Traumland in Kensington Gardens, einer Parklandschaft mit verwilderten Ecken, die in seiner Fantasie bevölkert sind mit Feen, Meerjungfrauen und Piraten.

Dort macht James M. Barrie eines Tages die Bekanntschaft von Mrs. Llewelyn Davies und ihren fünf wilden Jungs. Diese Begegnung verändert das Leben des Schriftstellers gründlich. Man trifft sich fortan täglich und erlebt zusammen im Spiel das, was Barrie 1903 in dem Theaterstück "Peter Pan" zu Papier bringt. Die Geschichte vom Jungen, der nie erwachsen werden möchte, vom schurkischen Captain Hook und der süßen Fee Tinkerbell, erobert England im Fluge und wird auch in Amerika ein Riesenerfolg. Neun Jahre vor seinem Tod am 19. Juni 1937 gibt James M. Barrie "Peter Pan" als Romanfassung heraus. Alle Rechte an den Büchern, Filmen und Theaterstücken vermacht der schottische Kindernarr einem Londoner Krankenhaus, dem Great Ormond Street Hospital Children's Charity. 1988 verleiht ein Gesetz der Geschichte von Peter Pan in Großbritannien ein ewiges Copyright.

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20. June 2007, 07:28   #203
Jules
 
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20. Juni 1872: Deutsches Militär-Strafgesetzbuch tritt in Kraft

Vielen Kritikern ist das neue Gesetz damals zu lasch: Das Militär-Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 sieht die Todesstrafe nur noch bei Fahnenflucht in besonders schweren Fällen vor. "Wer während des Gefechts aus Feigheit die Flucht ergreift und die Kameraden durch Worte oder Zeichen zur Flucht verleitet, wird mit dem Tod bestraft", heißt es dort. Wer aber zum Beispiel aus dem Heimaturlaub nicht zurückkehrt, bekommt maximal sechs Monate Gefängnis. Rund 100 Jahre zuvor, unter Friedrich dem Großen, wird noch geprügelt. Da gibt es noch das Spießrutenlaufen, bei dem die abgeurteilten Soldaten durch ein Spalier ihrer Kameraden laufen müssen und mit Ruten blutig geschlagen werden - oft mit tödlichem Ausgang.

Nach der Französischen Revolution belegt Napoleon, dass Begeisterung Soldaten mehr motiviert als die Androhung drakonischer Strafen. Die französischen Soldaten müssen nicht von bewaffneten Wachen in ihrem Rücken zum Kampf gezwungen werden. Der preußische Militärreformer Gerhard von Scharnhorst erkennt die Vorzüge des französischen Militärsystems - und kopiert es. Ab 1866 siegt Preußen gegen Dänemark, Österreich und schließlich Frankreich. Nach der deutschen Reichsgründung unter Otto von Bismarck wird das erfolgreiche Militärstrafrecht 1872 aufs ganze Reich ausgedehnt.

Voller Begeisterung in den Ersten Weltkrieg
In den Ersten Weltkrieg ziehen die meisten deutschen Soldaten voller Begeisterung. Viele haben sich freiwillig gemeldet. Die deutschen Armeen kämpfen gegen drei Großmächte - ohne besondere Strafandrohung. Anders als in Frankreich und Großbritannien, wo bedeutend mehr Todesurteile vollstreckt werden. Deutschland verliert den Krieg trotzdem: Seine Führung hat sich immer mehr Feinde geschaffen. Um vom eigenen Versagen abzulenken, propagiert Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg die Dolchstoßlegende. Danach sei die deutsche Armee im Feld unbesiegt geblieben, aber von hinten - aus der Heimat - erdolcht worden.

Im Nationalsozialismus wird deshalb das Militär-Strafgesetzbuch ergänzt. Mit Gummiparagrafen wie Wehrkraftzersetzung: Ein falsches Wort kann schon für ein Todesurteil ausreichen - auch hinter der Front, auch für Zivilisten. Die Nazis versuchen zweierlei. Durch Propaganda puschen sie den Kampfeswillen. Gleichzeitig sorgen sie mit ihrer Militärjustiz dafür, dass Soldaten auch bei Kriegsverbrechen nicht desertieren. Keiner der rund 3.000 deutscher Militärrichter wird nach dem Zweiten Weltkrieg angeklagt. Im Gegenteil: Viele machen Karriere in der Bundesrepublik. Erst 1995 entscheidet der Bundesgerichtshof, dass Hitlers Militärrichter als "Blutrichter" bezeichnet werden dürfen. 2002 werden die deutschen Deserteure des Zweiten Weltkrieges rehabilitiert und die Urteile gegen sie aufgehoben. So genannte Kriegsverräter bleiben allerdings außen vor. Das Wehrstrafgesetz der Bundeswehr hat mit der NS-Militärjustiz nichts mehr zu tun. Die Todesstrafe ist abgeschafft, auch für Fahnenflucht.

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21. June 2007, 07:02   #204
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21. Juni 1972: Gesetz über die Bausparkassen verabschiedet

Spießig oder nicht - Bausparen ist ein uralter Zopf. Schon die Chinesen der Han-Dynastie gründen um 200 vor Christus gemeinnützige Spargesellschaften auf Gegenseitigkeit, um günstig ein Dach über den Kopf zu bekommen. In Deutschland entwickelt 1885 der Bielefelder Pastor Friedrich von Bodelschwingh ein System, das es auch wenig Begüterten ermöglicht, ohne Eigenkapital Wohneigentum zu erwerben. Richtig in Schwung kommt das Bausparen aber erst zu Beginn der "Goldenen Zwanziger" durch den Pharmavertreter Georg Kropp. Im schwäbischen Wüstenrot gründet der Autor des Buches "Aus Armut zum Wohlstand" 1924 die "Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot" und damit Deutschlands erste Bausparkasse. Kropps Lebensmotto steht in Stein gemeißelt auf seinem Grab: "Wille, sparen, Gottvertrauen werden Vaterhäuser bauen".

Galten Bausparer vor dem Zweiten Weltkrieg häufig als verschworene Außenseiter, die per Los entscheiden, wer als Erster die eigenen vier Wände hochziehen darf, werden Bausparkassen nach der Währungsreform gesellschaftsfähig. Der Bedarf an Wohnraum wächst und mit ihm der Traum vom eigenen Heim. Über zwei Dutzend private und öffentliche Bausparkassen werben seit den 50er Jahren um die Häuslebauer. Mit Prämien und Steuervergünstigungen heizt der Staat den Markt zusätzlich an. Im Wirtschaftswunderland wird das Eigenheim zum Statussymbol.

Das Geschäft erreicht in den 60er Jahren solche finanzpolitische Bedeutung, dass eine gesetzliche Grundlage den für Banken äußerst lukrativen Markt regeln muss. Es dauert Jahre, bis sich Politiker und Lobbyisten einig werden, welche Leistungen Bausparkassen anbieten und wie sie ihre Kunden ködern dürfen. Am 21. Juni 1972 verabschiedet der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Bausparkassen, mit dem für private und öffentliche Institute eine einheitliche Geschäftsgrundlage geschaffen wird. Heute gehört knapp die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland ihren Bewohnern.

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22. June 2007, 07:30   #205
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22. Juni 1932: Soraya Bakhtiary wird geboren

"Meine Kindheit war wunderschön", erinnert sich Soraya. Daraus habe sie die Kraft geschöpft, um das auszuhalten, was danach passiert sei. Geboren wird sie am 22. Juni 1932 als Soraya Bakthiary im persischen Isfahan. Ihr Vater ist Fürst Khalil Esfandiary Bakhtiary, der später zehn Jahre lang den Iran als Botschafter in Bonn vertreten wird. Sorayas Erziehung ist geprägt durch ihre deutsche Mutter Eva: "Ich war sehr frei." Sie wächst in Persien und in der Bundesrepublik auf. Zur Schule geht sie in Internaten in der Schweiz und Großbritannien. Soraya spricht fließend Persisch, Deutsch, Englisch und Französisch.

Die Wende in ihrem Leben kommt 1950: Schah Reza Pahlevi sucht nach seiner missglückten ersten Ehe eine neue Frau. Zwischen den Fotos der verschiedenen Heiratskandidatinnen ist auch ein Bild von Soraya, erinnert sich der damalige iranische Außenminister Adeshir Zahedi: "Als seine Majestät das Foto von Soraya sah, sagte er: Die will ich haben!" Mit ihrer Mutter fliegt Soraya nach Teheran. Sie kennt ihn nur von Fotos - und doch: "Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick." Am 12. Februar 1951 findet die Trauung statt. Der persische Hof braucht einen Thronfolger, doch Soraya kann die Erwartungen nicht erfüllen. Sie kann keine Kinder bekommen. Der Schah schlägt Soraya vor, dass er sich eine Zweitfrau nimmt. Deren Sohn könne sie dann aufziehen und so Kaiserin bleiben. Doch Soraya lehnt ab. Daraufhin beschließt der Schah, sich nach sieben Jahren scheiden zu lassen. Er bedauert seine Entscheidung öffentlich. Soraya erklärt, dass sie im Staatsinteresse dieses Opfer bringen müsse.

Kurz darauf heiratet der Schah wieder und wird Vater des ersehnten Sohnes. Soraya genießt ihre neuen Freiheit und jettet um die Welt. Ihre Abfindung wird auf 17 Millionen Mark geschätzt. 1965 dreht sie in Italien einen Film und verliebt sich in den Regisseur Franco Indovina. Auch diese Liebe dauert nur sieben Jahre - dann stirbt Indovina bei einem Flugzeugabsturz. Ab 1972 lebt Soraya zurückgezogen in Paris. Dort stirbt sie am 25. Oktober 2001 mit 69 Jahren an einem Hirnschlag.

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25. June 2007, 07:38   #206
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23. Juni 1912: Alan Turing in London geboren

Ende der dreißiger Jahre bietet sich den Einwohnern des kleinen Städtchens Bletchley bei London ein skuriller Anblick. Auf der Straße kommt ihnen allmorgendlich ein Radfahrer mit Gasmaske entgegen, der in regelmäßigen Abständen absteigt und seine Kette richtet. Alle 14 Umdrehungen, hat er berechnet, droht diese abzuspringen. Der Radfahrer heißt Alan Turing. Mit der Gasmaske will er seinen Heuschnupfen überlisten. Turing ist ein genialer Mathematiker. Und er ist unterwegs zu Bletchley Park, einem unscheinbaren Landhaus, in dem die "Codebreaker" des britischen Geheimdienstes die verschlüsselten Kriegbotschaften der Deutschen knacken wollen.

Alan Turing ist am 23. Juni 1912 in London geboren worden. Seine Kindheit ist unglücklich: Während die Eltern im Kolonialdienst in Indien tätig sind, wird er in strengen englischen Internaten erzogen. Durch die Beziehung zu einem Mitschüler wird offenkundig, dass Turing homosexuell ist, was zu jener Zeit in Großbritannien verboten ist. Sein Freund stirbt an Tuberkulose. Und Turing wird seine Homosexualität später zum Verhängnis werden.

Schon früh begeistert er sich für die Logik mathematischer Rätsel. Durch seine Arbeit wird er zum Urvater der Informatik. Er konstruiert eine programmierbare Maschine, die als Vorläufer heutiger Computer gilt. Als erster entwickelt er ein funktionierendes Schachprogramm, das er aus Mangel an Hardware während des Spiels auf Papier berechnet. Und er entschlüsselt gemeinsam mit den Kollegen von Bletchley Park die Codes der legendären deutschen Chiffriermaschine "Enigma": Dadurch sind die Briten rechtzeitig über die Angriffspläne Hitlers informiert, was den Kriegsausgang mit entscheidet.

1952 hilft Turings Lebensgefährte einem anderen Mann, ins Haus des Mathematikers einzubrechen. Als dieser den Einbruch und seine Begleitumstände meldet, wird er selbst angeklagt, wegen "grober Unzucht und Perversion", womit seine Homosexualität gemeint ist. Vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis oder in psychiatrische Behandlung zu gehen und triebhemmende Hormone zu nehmen, wählt Turing die Hormone. Depressionen sind die Folge. 1954 wird er tot aufgefunden, neben sich einen mit Cyanid vergifteten Apfel. Eine Legende besagt, dass sich Apple-Gründer Steve Jobs bei der Entwicklung seines Firmenlogos von diesem "Schneewittchensuizid" hat inspirieren lassen.

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25. June 2007, 07:40   #207
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24. Juni 1717: Erste Freimaurer-Großloge in London gegründet

Zu Anfang ist der Name wörtlich gemeint: Schon im Mittelalter schließen sich die "Free Masons" (freie Maurer oder Steinmetze) zu Gilden zusammen, um einander bei Krankheit und Armut zu unterstützen. So entstehen die Vereinigungen der Freimaurer, kein Geheimbund zunächst, sondern die Organisation eines Berufsstands. Auch die Loge hat zunächst nichts Elitäres an sich: "Loges" heißen nämlich die Bauhütten.

Als sich aber am 24. Juni 1717 in London vier von ihnen zu einer Großloge zusammen schließen, haben sich die Zeiten geändert. Nun geht es den Mitgliedern um eine "geistige Bauhütte", um einen ideellen Zusammenschluss, der Humanität und Weltverbesserung verpflichtet. Bald ist die Loge auch anderen Berufsständen zugänglich. 1723 werden ihre Grundsätze, die "Alten Pflichten" beschlossen. Sie orientieren sich an den Idealen der beginnenden Aufklärung: Deshalb können Adlige und Bürger, Katholiken und Protestanten Mitglieder werden.

Revolutionäre und Tempelritter
Genau das macht die Freimaurer aber verdächtig. Sie sind ein Männerbund jenseits der politischen und religiösen Lager. Sie halten ihre Rituale geheim. Sie ziehen dadurch Verschwörungstheorien an, werden bald als Teufelsanbeter oder Revolutionäre verdächtigt. Ein Jahr nachdem sich in Hamburg die erste deutsche Loge gegründet hat, verurteilt Papst Clemens XII. 1738 die Freimaurerei. Das Verbot der Mitgliedschaft gilt für Katholiken bis heute, auch wenn es inzwischen nicht mehr mit dem Kirchenausschluss verbunden ist.

Die Freimaurer selbst bilden keinen in sich geschlossenen Block. Unter ihren Grundsymbolen Winkelmaß, Zirkel und Bibel hängen die meisten einer humanistischen Aufklärung an. Dafür stehen Lichtsymbole wie Sonne, Mond und Sterne. Der freigeistige Bund wirkt anziehend auf Intellektuelle und Künstler. Lessing, Goethe und Mozart gehören ihm an. In Frankreich bilden sich revolutionär und antikirchlich ausgerichtete Logen. Andere wieder betonen das mystische Element, sehen sich als neue Tempelritter. Als unkontrollierbares Element werden sie immer wieder verfolgt. In Deutschland sind sie während des Nationalsozialismus und auch in der DDR verboten. Heute sind weltweit etwa sechs Millionen Freimaurer und inzwischen auch Freimaurerinnen in 33.000 Logen organisiert. In Deutschland sind es etwa 22.000 Mitglieder in 431 Logen.

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25. June 2007, 07:42   #208
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25. Juni 1997: Der Bundestag verabschiedet das Transplantationsgesetz

Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen an akutem "Organspende-Versagen". Den sicheren Tod vor Augen hoffen sie bis zum letzten Moment auf ein rettendes Spenderorgan - eine Niere oder Lunge, die Leber, das Herz oder die Bauchspeicheldrüse. Sie hoffen umsonst; die meisten Deutschen nehmen ihre Organe lieber mit ins Grab, anstatt sie mit einer letzten guten Tat einem Schwerkranken zu überlassen. Daran hat auch das Transplantations-Gesetz nichts geändert, das der Bundestag am 25. Juni 1997 verabschiedet hat. Nach wie vor sind wir in Europa das Land mit der geringsten Organspende-Bereitschaft.

Wann ist der Mensch tot? Um diese zentrale Frage kreisen vor zehn Jahren die Diskussionen im Parlament. Eine eindeutige Antwort zu finden erscheint den Abgeordneten aber letztlich unmöglich. "Es wäre vermessen anzunehmen, dass wir das, was so kompliziert ist, mit aller Eindeutigkeit versehen", konstatiert Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. So einigt sich schließlich eine große parteiübergreifende Mehrheit von 422 Abgeordneten auf eine Definition des Hirntods. Diagnostizieren zwei Ärzte unabhängig von einander den nicht mehr rückgängig zu machenden kompletten Ausfall des Hirns, so ist der Mensch nach dem Gesetz tot. Etwa 35 Prozent aller Deutschen empfinden das laut einer Umfrage bis heute anders.

Das deutsche Transplantationsgesetz, nach Expertenmeinung mit das beste weltweit, ist primär kein Organbeschaffungsgesetz. Nach der sogenannten "erweiterten Zustimmungslösung" regelt es den rechtlichen und ethischen Handlungsrahmen einer Organtransplantation. Dabei steht die ausdrückliche Zustimmung des Spenders zu Lebzeiten an erster Stelle. Fehlt diese, so ermöglicht das Gesetz eine erweiterte Zustimmung durch Angehörige, die dann über den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen entscheiden. Außerdem regelt das Transplantationsgesetz die schwierige Frage der Verteilung von Spenderorganen. Nicht Geld, Macht oder Ansehen entscheiden, sondern allein die Schwere der Erkrankung, die Erfolgsaussichten und der Platz auf der Warteliste. Ein gerechtes und - wie die Praxis der letzten zehn Jahre beweist - funktionierendes System. Dass es trotz aller Sicherungen Schlupflöcher für kriminelle Machenschaften bietet, hat erst vor wenigen Wochen der Skandal um den Chefarzt der Essener Uni-Klinik, Prof. Christoph Broelsch, aufgezeigt.

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26. June 2007, 07:26   #209
Jules
 
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26. Juni 1997: Der erste "Harry-Potter"-Band erscheint

Als im Sommer 1990 irgendwo zwischen Manchester und London ein Zug liegen bleibt, sitzt in einem der Waggons die Sozialhilfeempfängerin Joanne K. Rowling. Aus Langeweile kommt ihr die erste Idee zu Harry Potter, und in den folgenden Jahren entwickelt sie die Geschichte des kleinen Zauberlehrlings weiter: wie er an seinem elften Geburtstag die Einladung ins Zauberinternat Hogwarts erhält und dort Klasse für Klasse nicht zuletzt auf die Auseinandersetzung mit dem Mörder seiner Eltern, Lord Voldemort, vorbereitet wird. Erst danach beginnt Rowling mit dem Schreiben. Nachdem der erste Band bei zahlreichen Kinderbuchverlagen durchfällt, kommt "Harry Potter and the Philosopher's Stone" am 26. Juni 1997 doch noch auf den Markt. Startauflage: 500 Exemplare. Die deutsche Übersetzung, "Harry Potter und der Stein der Weisen", lässt ein Jahr lang auf sich warten.

Als der amerikanische Verlag Scholastic Books die Rechte für die Rekordsumme von 100.000 Pfund an sich reißt, entwickelt sich Harry Potter vom Geheimtipp zum Kassenschlager. Von nun an erobert der Junge, dessen einziges herausragendes Merkmal neben Narbe und Nickelbrille das Zaubern ist und mit dem man sich deshalb hervorragend identifizieren kann, die Kinderzimmer. Millionen ausgewiesener Lesemuffel fiebern jedem neuen Band entgegen. Zum Erscheinungstermin finden in Buchhandlungen mitternächtliche "Harry-Potter-Partys" statt, Postversender fahren Sonderschichten. Für viele deutsche Schüler sind die Harry-Potter-Bände die ersten Bücher, die sie auf Englisch lesen. Aber auch Erwachsene fasziniert die Entwicklungsgeschichte vom Zauberlehrling so, dass im englischsprachigen Raum für beide Zielgruppen eine eigene Ausgabe mit unterschiedlichen Titelbildern entwickelt wird.

Als sich Warner Brothers die Filmrechte für den ersten Band sichert, beginnt die Vermarktung in großem Stil. Neben Harry-Potter-Kalendern, Mützen, T-Shirts und Spielen können Fans sogar den Potterschen Rennbesen "Nimbus 2000" erstehen. Ihre Idee jedenfalls macht aus der Sozialhilfeempfängerin Rowling eine der reichsten Frauen der Welt. Sogar die Ehrendoktorwürde wird ihr verliehen.

Bis 2007 wandern weltweit rund 270 Millionen Exemplare von "Harry Potter" über die Ladentische. In mehr als 60 Sprachen werden die ersten sechs Bände übersetzt, allein in Deutschland verkaufen sie sich über 25 Millionen Mal. Am 21. Juli 2007 soll mit "Harry Potter and the Deathly Hallows" der siebte und vermutlich letzte Band der Reihe erscheinen. Bei Londoner Buchmachern können noch Wetten abgeschlossen werden, wer das Ende nicht überleben wird. Zwei Hauptfiguren, das hat Rowling schon verraten, sollen sterben.

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27. June 2007, 07:27   #210
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27. Juni 1957: Todestag des Bergsteigers Hermann Buhl

Es ist die Nacht zum 3. Juli 1953. Hermann Buhl liegt in seinem Schlafsack im Hochlager 5 am Ende des westlichen Himalaya in 6.900 Meter Höhe und macht sich Gedanken. Über ihm erhebt sich der Gipfel des Nanga Parbat, der "nackten Göttin", und Buhl will ihn als erster Mensch der Welt bezwingen. Um zwei Uhr nachts bricht Buhl auf, spurt sich mit Skistöcken seinen Weg durch den tiefen Schnee. Sein Kamerad Otto Kemper kann nicht mehr Schritt halten. 14 Stunden braucht Buhl bis zum Gipfel, völlig entkräftet kriecht er die letzten Meter auf allen Vieren nach oben. Dann hat er es geschafft. Er steht in 8.125 Metern Höhe, ohne Sauerstoffgerät und High-Tech-Ausrüstung - eine der größten Leistungen der Bergsportgeschichte.

Buhl wird 1924 in Innsbruck geboren. Schon als 14-Jähriger klettert er am Wäschestrick durch die heimischen Felsen. Später unternimmt er die schwersten Routen in den Alpen und den Dolomiten. Mit seinen zügigen Alleingängen setzt er im Bergsport neue Maßstäbe, die Extrembergsteigern wie Reinhold Messner als Vorbild dienen. Die Erstbesteigung des Nanga Parbat aber wird sein Meisterstück.

Die Bezwingung der "nackten Göttin" macht Buhl zum Weltstar. Nachdem er sich bei minus 20 Grad nur mit einem Wollpullover bekleidet den Abstieg erkämpft hat, überträgt das Radio live die Ankunft des Helden. Buhl hält Vorträge in ausverkauften Sälen, in Österreich wird er zum Sportler des Jahres gewählt. Dann nimmt er mit dem Broad Peak in Pakistan seinen zweiten Achttausender ins Visier. Aber er ist schlecht in Form und erreicht unter Mühen als letzter seiner Gruppe den Gipfel. Nur mit einem Begleiter und wenig Gepäck will Buhl anschließend auch den nahe gelegenen Chogliosa, ein Siebentausender, bezwingen. Er gerät am 27. Juni 1957 in einen Wettersturz, stürzt mit einer Schneewand in die Tiefe und bleibt verschollen.

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29. June 2007, 07:39   #211
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28. Juni 1832: Gründung der Wein- und Sektkellerei Henkell

Vielleicht brachte ja der Knall eines Sektkorkens Wilhem II. auf die Idee zu jener bis heute sprudelnden Geldquelle. Um seine großen Pläne einer kaiserlichen Marine finanzieren zu können, führt Majestät 1902 die Sektsteuer ein. Natürlich ruft das den heftigsten Widerstand von Deutschlands größtem Sektproduzenten hervor. Mit allen politischen und publizistischen Tricks versucht die Kellerei Henkell, die kaiserlichen Steuerpläne zu torpedieren - zwecklos, wofür heutige Finanzminister vermutlich noch immer dankbar sind.

Anno 1900 konsumieren die sektverrückten Deutschen jährlich rund drei Millionen Flaschen allein der Marke "Henkell trocken". Begonnen hat die Erfolgsgeschichte von einer der ältesten geschützten Produktmarken Deutschlands in Mainz. Dort eröffnet Adam Henkell am 28. Juni 1832 eine kleine Weinhandlung. In Frankreich lernt der bescheidene, aber visionäre Unternehmens-Urahn, wie die kleinen Bläschen in den Wein kommen, und so aus dem stillen Rebensaft ein prickelndes Vergnügen wird. Nach vielen Jahren des Experimentierens kann Henkell schließlich 1856 als einer der Ersten in Deutschland seine eigene Sektkellerei gründen.

Vermutlich ahnt Adam Henkell nicht, dass zur gleichen Zeit im weit entfernten Weinbaugebiet Saale-Unstrut ebenfalls ein Weingeschäft eröffnet wird, das zwei Jahre später auch Schaumwein anbietet. 150 Jahre später wird der dort zunächst unter dem Namen "Monopol" produzierte und dann "Rotkäppchen" getaufte Sekt zum Marktführer in Deutschland aufsteigen und Henkell als Nummer eins ablösen. Die Familie von Gründervater Adam Henkell hat sich da schon längst aus dem Sektgeschäft zurückgezogen: 1987 fusioniert Henkell & Co. mit dem jahrzehntelangen Konkurrenten Söhnlein und gehört seitdem zum Imperium des Bielefelder Oetker-Konzerns.

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29. June 2007, 07:41   #212
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29. Juni 1967: Erste Lesung der Notstandsgesetze im Bundestag

"Unser Grundgesetz gehört zu den wenigen Verfassungen, die nur den Normalfall ins Auge fassen", sagt Innenminister Gerhard Schröder (CDU) Ende der 1950er Jahre. Für den Notstandsfall seien keine ausreichenden Bestimmungen getroffen. "Deshalb sage ich, Vorsorge tut Not." Immer wieder scheitern allerdings die Entwürfe der CDU-Regierungen an der SPD -Opposition. Denn für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag notwendig. Als 1966 eine Große Koalition von SPD und CDU zustande kommt, scheint diese Voraussetzung gegeben. Die Koalition entwirft ein Gesetz, nach dem in einer Staatskrise ein gemeinsamer Ausschuss als Notparlament wesentliche Parlamentsfunktionen übernehmen soll. Doch als sich die Regierung unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) daran macht, Notstandsgesetze zu beschließen, gibt es Widerstand.

Die Außerparlamentarische Opposition (APO), die sich aus Protest gegen die Große Koalition gebildet hat, und die Gewerkschaften sehen eine Gefahr für die Demokratie. "Die Notstandsgesetzgebung, so wie sie uns vorliegt, stellt keine demokratische Lösung dar", sagt Otto Brenner, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Das Gesetz erscheint den meisten Bürgern dieses Staates als eine Art Verkehrsregelung bei Naturkatastrophen", erklärt Schriftsteller Heinrich Böll auf einer Großdemonstration in Bonn. "Während es in Wahrheit fast alle Vollmachten für eine fast totale Mobilmachung enthält." Böll erinnert an den Artikel 48 der Weimarer Verfassung, die Notstandsregelung, die bei Hitlers Machtübernahme eine große Rolle gespielt hat.

Demonstranten befürchten Beginn einer neuen Diktatur
Als am 29. Juni 1967 im Bundestag die Erste Lesung der Notstandsgesetze stattfindet, ist die Stimmung aufgeheizt. Am 2. Juni ist der Student Benno Ohnesorg bei Demonstrationen gegen den Berliner Schah-Besuch von einem Polizisten erschossen worden. Friedliche Demonstranten wurden von der Polizei und persischen Sicherheitsagenten zusammengeknüppelt. Für viele bilden die geplanten Notstandsgesetze der Anfang einer neuen Diktatur. Als drohendes Beispiel dient ihnen Griechenland, wo im April 1967 die Demokratie einer Militärjunta weichen musste. Deshalb skandieren sie nun: "SPD und CDU: Lasst das Grundgesetz in Ruh!" Für die Regierung stellt der Protest gegen die Notstandsgesetze selbst schon fast einen Notstandsfall dar.

Ende Mai 1968 werden die Notstandsgesetze trotz aller Proteste verabschiedet. Die gesamte FDP-Fraktion und 58 weitere Abgeordnete stimmen dagegen. Die einst umstrittenen Gesetze sind noch heute in Kraft. Im Verteidigungsfall, bei inneren Unruhen und Naturkatastrophen weiten sie die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowie dessen Weisungsbefugnisse gegenüber den Bundesländern aus. Zudem erlauben die Notstandsgesetze die Einschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Bei Unruhen im Inneren ist auch der Einsatz der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes zulässig.

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30. June 2007, 12:18   #213
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30. Juni 1942: Deutsch-italienische Armee erreicht El Alamein

Unter Führung von General Erwin Rommel jagt das deutsche Afrika-Korps im Zweiten Weltkrieg von Sieg zu Sieg. Nach der Eroberung der von den Briten gehaltenen libyschen Festung Tobruk ernennt ihn Adolf Hitler am 22. Juni 1942 zum Generalfeldmarschall. Rommel befiehlt die Verfolgung des abziehenden Gegners und rückt von Westen weiter in Richtung Ägypten vor. Am 30. Juni 1942 erreichen die ersten Panzer der Wehrmacht eine kleine Bahnstation mit ein paar Häusern an der Küste: El Alamein. Der Ort liegt kurz vor der ägyptischen Grenze und ist ein Nadelöhr - denn die Wüste im Hinterland ist für Fahrzeuge unpassierbar. Hier bietet sich den Alliierten eine letzte Möglichkeit, die deutsch-italienischen Trupppen zu stoppen. Der neue Oberbefehlshaber der britischen 8. Armee, Bernard Montgomery, will die Chance nutzen: "Ich habe angeordnet, dass alle Rückzugsbefehle verbrannt werden."

Die Briten nennen Rommel "Desert Fox" (Wüstenfuchs). Er ist von Hitler nach Nordafrika beordert worden, um Mussolinis Truppen zu unterstützen. Der Angriff der Italiener auf Ägypten wurde zuvor von den Briten schnell zurückgeworfen. Rommel ist ein Draufgänger, der zwischen den angreifenden Panzern mit seinem Auto fährt und notfalls auch persönlich Minen entschärft. Um den Gegner zu täuschen, lässt sich Rommel einiges einfallen. Beispielsweise lässt er auf Lastwagen Holzattrappen montieren. Die Briten glauben, ganze Panzerarmeen rollten auf sie zu. Doch in El Alamein helfen keine Tricks mehr, sondern nur genügend Panzer und Geschütze. Die Deutschen haben beides nicht und kaum noch Treibstoff. Der britische Geheimdienst hat den deutschen Geheimcode geknackt und kennt die Abfahrtszeiten der deutschen Versorgungsschiffe in Italien. Die meisten kommen nie an.

Am 24. Oktober 1942 startet General Montgomery mit einer erdrückenden Übermacht seinen Gegenangriff. Er sagt voraus: "Die Schlacht wird etwa zehn bis zwölf Tage dauern, dann wird der Feind knirschen. Das wird das Ende von Rommel in Afrika sein." Tatsächlich marschiert Rommel zurück nach Osten. Rechtzeitig vor der Kapitulation des Afrikakorps wird er nach Frankreich ausgeflogen. Dort soll er die Invasion der Alliierten verhindern. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wird Rommel beschuldigt, daran beteiligt gewesen zu sein - obwohl er nicht zu den Verschwörern gehört hat. Dennoch begeht er mit einer Giftkapsel Selbstmord, nachdem er vom Oberkommando der Wehrmacht unter Druck gesetzt worden ist.

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1. July 2007, 00:35   #214
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01. Juli 1852: Friedrich C. Gerke führt das Morse-Alphabet ein

Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. Verzweifelt hämmern Funker in der Nacht auf den 15. April 1912 SOS-Notrufzeichen in ihre Morsetasten. Die "Titanic" hat im Nordatlantik einen Eisberg gerammt und beginnt zu sinken. Dank der drahtlosen Telegraphie kann wenigstens ein Teil der Passagiere und der Besatzung gerettet werden. Die so genannten Morsezeichen alarmieren noch bis 1999 Rettungsmannschaften in aller Welt. Dann werden sie durch automatische Funk- und Satellitenpeilungen ersetzt. Nur Funkamateure nutzen heute noch den Punkt-Strich-Code. Die dafür gängige Bezeichnung Morse-Alphabet ist allerdings irreführend. Die Zeichenkombination stammt nicht von Samuel F.B. Morse.

Der amerikanische Maler Morse präsentiert zwar 1844 in Washington seinen Morse-Telegraphen. Aber außer einer guten Idee hat er zu dieser Erfindung nicht viel beigetragen. Die Hauptarbeit hat sein Assistent und Kompagnon Alfred Vail geleistet. Er hat das technische Wissen und sein Vater das nötige Kapital. Trotzdem vermarktet Morse das Gerät unter seinem Namen. So kommt 1847 die so genannte Morse-Telegraphie auch nach Hamburg und begeistert Friedrich Clemens Gerke. Der am 22. Januar 1801 in Osnabrück geborene "Freund des Fortschritts", wie er sich selbst nennt, hat viele Berufe. Er ist Söldner, Musiker, Zigarren- und Hutmacher, Buchdrucker und Übersetzer. Als Journalist agitiert er gegen die Kirche, engagiert sich für Juden, Prostituierte und Arme. Schließlich wird er Telegrapheninspektor und überarbeitet das Morse-Alphabet systematisch.

Gerke reduziert den Code von Morse-Mitarbeiter Vail auf zwei Zeichen: Punkt und Strich. Damit erhalten alle Buchstaben und Ziffern sowie die wichtigsten Satzzeichen eine eigene Folge aus kurzen und langen Signalen. Dieser Code wird am 1. Juli 1852 zum Standard in Deutschland und Österreich erhoben. 13 Jahre später gilt er sogar weltweit als Verständigungsgrundlage - außer in den USA. Gerke wird daraufhin als höherer Beamter eingestellt und 1871 zum Vorsteher der "Kaiserlichen Telegraphenstation Hamburg" ernannt. Er stirbt am 21. Mai 1888.

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2. July 2007, 07:43   #215
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02. Juli 1922: Geburtstag von Modeschöpfer Pierre Cardin

Als 1961 der Russe Yuri Gagarin als erster Mensch ins All fliegt, greift auch Pierre Cardin nach den Sternen. Inspiriert von der grassierenden Weltraum-Euphorie entwirft der Pariser Couturier die "Collection Cosmos": Kleider so futuristisch wie Flugobjekte und Hüte, die Kosmonautenhauben gleichen. Schon damals eilt Cardin der Ruf eines "Enfant terrible" voraus. Seit er zwei Jahre zuvor als erster Haute-Couture-Schneider eine Pret-à-Porter-Kollektion herausgebracht hat, gilt der Dior-Schüler unter seinesgleichen als Unperson. Doch der Avantgardist lässt sich nicht beirren. Provokant verarbeitet er Stoßstangen-Blech zu Cocktail-Kleidern und entdeckt den Mann als Mannequin: Selbst die Beatles tragen Cardins hoch geknöpfte Sakkos mit Mao-Stehkragen.

Eigentlich hat der am 2. Juli 1922 bei Venedig geborene Pietro Cardini ja Tänzer werden wollen. Doch für solche Extravaganzen reicht das Geld des in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsenen Weinhändler-Sohns nicht. Zusammen mit seiner Familie wandert er nach Frankreich aus, verwandelt Pietro Cardini in Pierre Cardin und macht in Vichy eine Lehre als Herrenschneider. Nach Kriegsende entdeckt der junge Mann mit großen Ambitionen Paris - und Paris entdeckt ihn. Im Atelier des Modezaren Christian Dior darf der dandyhafte Exzentriker erstmals seine große Begabung austoben. 1947 kreiert Cardin den New Look, mit dem Dior zum Inbegriff der Avantgarde in der Modewelt aufsteigt. Nur drei Jahre später gründet der umschwärmte Jung-Star sein eigenes Atelier.

Schritt für Schritt baut Cardin sein elitäres Modehaus zum weltweit agierenden Fashion -Imperium aus. Weder kalter Krieg noch eiserner Vorhang können seinen Geschäftseifer bremsen. 1963 lässt er 200 Mannequins über den Roten Platz in Moskau defilieren. Haute Couture und Kommerz sind für Cardin kein Widerspruch. Nicht nur, dass er seine edlen Entwürfe zu erschwinglichen Preisen im Kaufhaus verkauft, er vermarktet seinen guten Namen auch so gnadenlos wie kein anderer Modeschöpfer. Rasierwasser und Regenschirme, Seife und Socken, Marmelade und Mokassins - kaum ein Produkt, das es nicht unter dem Label "Pierre Cardin" zu kaufen gibt. Heute produzieren etwa 200.000 Mitarbeiter weltweit rund 800 verschiedene Artikel mit dem prestigeträchtigen Schriftzug.

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3. July 2007, 08:05   #216
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03: Juli 1962: Frankreich erkennt Algeriens Unabhängigkeit an

"Algerien ist Frankreich", sagt der französische Außenminister Francois Mitterrand 1954 kurz nach Beginn des algerischen Befreiungskrieges. "Frankreich wird auf seinem Territorium keine andere Autorität dulden als die eigene." Doch die Algerier kämpfen weiter - trotz Massaker und systematischer Folter der Kolonialherren. Die Franzosen sind militärisch überlegen, können sich aber nicht durchsetzen. Nach mehr als sieben Jahren schließen Frankreich und das Nationale Befreiungskomitee (FLN) im März 1962 in Evian ein Waffenstillstandsabkommen. Bei einer Volksabstimmung spricht sich die große Mehrheit der Algerier für die vollständige Loslösung von Frankreich aus. Zwei Tage später erklärt der französische Staatspräsident General Charles de Gaulle am 3. Juli 1962, "dass Frankreich die Unabhängigkeit feierlich anerkennt."

Die Stimmung in der Befreiungsbewegung ist allerdings nicht euphorisch. Verschiedene Gruppierungen hatten sich schon während des Unabhängigkeitskrieges bekämpft. Nun eskaliert der interne Kampf um die Macht. Wiederholt kommt es auch zu blutigen Racheakten an Algerienfranzosen und Kollaborateuren. Die provisorische Regierung, die aus dem tunesischen Exil eingeflogen wird, kann sich nicht lange halten. Mit dem Staatsstreich von Oberst Houari Boumediene kann sich eine Gruppierung der FLN durchsetzen. Kopf der neuen Regierung wird Ahmed Ben Bella, ein Befreiungskämpfer der ersten Stunde. Er installiert eine sozialistische Planwirtschaft.

1965 setzt sich Boumediene selbst an die Spitze eines allmächtigen Revolutionsrates. Erst Ende 1988 brechen auf Druck der Jugend die autoritären Strukturen auf. Anstelle des korrupten Einparteien-Regimes wird ein Mehrparteien-System aufgebaut. Dadurch erhalten radikale Islamisten die Möglichkeit, ihren Einfluss auszudehnen. Als ihr absehbarer Wahlsieg 1992 vom Militär mit einem Putsch verhindert wird, kommt es zu einem jahrelangen Bürgerkrieg. Auch in Frankreich hat der Algerienkrieg Langzeitwirkungen: Zum einen bezeichnen Rechtsradikale die Einwanderer aus Algerien als Eindringlinge. Zum anderen fordern Veteranen ihre Anerkennung als Kriegsteilnehmer, um ihre Rente aufzubessern. Das ist jedoch erst möglich, nachdem die französische Nationalversammlung 1999 den Algerienkrieg überhaupt als Krieg definiert hat.

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4. July 2007, 07:34   #217
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04. Juli 1807: Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi geboren

Ein "ewiges Nichtwerdenkönnen" nennt der Schriftsteller Gottfried Keller Anfang 1870 den Entstehungsprozess der italienischen Nation. Einer Nation, die sich aus acht Teilstaaten zusammensetzt und 1.200 Jahre lang von Normannen und Staufern, Spaniern, Franzosen und Habsburgern beherrscht wurde. Die entscheidende Wende im Einigungsprozess markiert 1870 Frankreichs Niederlage in der Schlacht von Sedan. Kurz darauf verlassen die zum Schutz des Papstes eingesetzten französischen Truppen Rom, und italienische Soldaten besetzen auch das letzte Territorium des Kirchenstaates. Damit ist die Einigung Italiens erreicht, das so genannte "Risorgimento" abgeschlossen.

Unumstrittener, beinahe mythischer Held dieser Epoche des "Wiedererwachens" ist General Giuseppe Garibaldi. Schon als Jugendlicher hat sich der am 4. Juli 1807 in Nizza geborene "Che Guevara Italiens" einer Mission verschrieben: "Ich brannte darauf, mein Vaterland aus seiner schmerzlichen Lage zu befreien." Der Kampf beginnt mit einer Niederlage. 1834 wird ein Aufstand des Republikaners Giuseppe Mazzini niedergeschlagen. Dessen junger Mitstreiter Garibaldi flüchtet als Geächteter nach Südamerika, wo er 13 Jahre lang als Revolutionär für "Freiheit und Republik" kämpft.

Als 1847 ein revolutionärer Sturm durch Europas Staaten fegt, kehrt der auch in Südamerika zum Volkshelden aufgestiegene Kämpfer mit 63 Getreuen in seine Heimat zurück. Doch noch ist die Zeit nicht reif. Nach Anfangserfolgen der Freiheitskämpfer behält Österreich die Oberhand. Italiens nationale Einheit scheint entfernter als je zuvor. Garibaldi muss erneut fliehen, diesmal nach Nordamerika. Und erneut hält es den Patrioten nur kurz im Exil. Mit tausend Freiwilligen und ebenso vielen völlig veralteten Gewehren segelt Garibaldi im Mai 1860 Richtung Sizilien, um die Fremdherrscher endlich aus Italiens Süden zu vertreiben. Dieser "Zug der Tausend" wird Garibaldis Triumphzug und gehört bis heute zum Gründungsmythos der Nation.

Zehn weitere Jahre wogt der Freiheitskampf in Italien. Ideologisch wird er bestimmt vom Premierminister des Piemont, Camillo Benso Graf von Cavour. Doch es ist Giuseppe Garibaldis charismatische Wirkung auf die Massen, die die Kräfte des Risorgimento bis zum Erreichen der Freiheit anfeuert und eint. Die letzten Jahre seines Lebens verbringt der an Arthritis leidende Revolutionär auf der Insel Caprera, wo er am 2. Juni 1882 stirbt.

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5. July 2007, 08:34   #218
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05. Juli 1932: António de Oliveira Salazar wird Regierungschef

Sie lächelt in die Kamera und bewahrt Fassung. Dennoch wirkt die Moderatorin des staatlichen Senders RTP peinlich berührt, als sie im März 2007 das Ergebnis ihrer Anruf-Show verkündet. Die Antwort auf die Frage: "Wer war der größte Portugiese aller Zeiten?", birgt Zündstoff. Mit 41 Prozent hat die Mehrheit der Anrufer António de Oliveira Salazar zu ihrem Favoriten gewählt. Ein Skandal, schimpft die kommunistische Politikerin Santech: "Die Verteidigung des Faschismus ist nach unserer Verfassung ausdrücklich verboten!" Der Staatssender gerät von allen Seiten unter Druck. Denn Salazar hat Portugal fast 40 Jahre als Diktator regiert - gestützt auf Unterdrückung, Gewalt und Willkür.

Geboren wird Salazar am 28. April 1889 als fünftes Kind einer reichen Bauernfamilie. Er studiert Theologie, wechselt aber kurz vor der Priesterweihe zur Volkswirtschaft. 1917 ist er Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Unter Putsch-General Oscar Carmona wird Salazar 1928 Finanzminister. Portugals Staatshaushalt ist zu diesem Zeitpunkt völlig ruiniert. In den vorausgegangenen 16 Jahren hat das Land 24 Revolutionen, 44 Regierungen, 500 Minister und 158 Generalstreiks erlebt. Salazar verlangt alle Vollmachten und setzt durch, dass das gesamte Kabinett seinem Finanzministerium unterstellt wird. Damit ist er der eigentliche Machthaber in Portugal. Es gelingt ihm in nur wenigen Jahren, den Staatshaushalt zu sanieren. Als Carmona Staatspräsident wird, rückt Salzar am 5. Juli 1932 als Ministerpräsident nach.

Salazar verkündet den "Estado Novo". Dieser "Neue Staat" ist erzkatholisch, patriarchal und autoritär. Die Presse wird zensiert, Streiks sind verboten, Oppositionelle werden ins Exil getrieben oder umgebracht. "Ich bin nicht für Gleichheit, sondern für Hierarchie", erklärt Salazar. "Das Volk braucht keine Souveränität. Es will regiert werden!" Tatsächlich aber wird es terrorisiert - mit Hilfe der Geheimpolizei PIDE. In der Außenpolitik unterstützt Salazar den spanischen Diktator Franco. Während des Zweiten Weltkrieges arrangiert sich Salazar sowohl mit Hitler als auch mit den Alliierten. Diesen stellt er in der zweiten Hälfte des Krieges die Azoren als Stützpunkt zur Verfügung. Die Strategie geht auf: 1949 wird Portugal Mitglied der Nato. Salazar bleibt bis zu seinem Gehirnschlag im August 1968 an der Macht. Knapp zwei Jahre später stirbt er am 27. Juli 1970 in Lissabon. Sein Regime überlebt noch bis zum 25. April 1974: An diesem Tag setzen aufständische Offiziere während der so genannten Nelkenrevolution Salazars Nachfolger, Marcello Caetano, ab.

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6. July 2007, 07:39   #219
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06. Juli 1912: Heinrich Harrer wird geboren

Rund 600 Klettertouren liegen hinter ihm, als Heinrich Harrer eine neue Herausforderung angeht: Den Eiger im Berner Oberland. Noch ist jeder gescheitert, der versucht hat, die fast senkrechte Nordwand aus Fels und Eis zu bezwingen. Doch am 24. Juli 1938 gelingt Harrer mit drei weiteren Bergsteigern der Aufstieg zum Gipfel. Auf einen Schlag ist der Sport- und Geographielehrer aus dem österreichischen Graz berühmt. Adolf Hitler lädt die Helden vom Eiger zum Empfang. Denn Österreich zählt seit dem Einmarsch der Wehrmacht im März 1938 zum Deutschen Reich.

Geboren wird Heinrich Harrer am 6. Juli 1912 in Hüttenberg in Kärnten. Sein Vater ist Postbeamter, der bald nach Graz versetzt wird. Dort geht Heinrich zum Gymnasium und studiert. Im Sommer 1939 nimmt Harrer an einer Expedition zum indischen Nanga Parbat teil. Als der Zweite Weltkrieg beginnt, wird Harrer von den Briten, den Kolonialherren Indiens, verhaftet. Sie stecken ihn in ein Internierungslager. Harrer gelingt die Flucht über den Himalaya nach Tibet. Dort lernt er den elfjährigen Dalai Lama kennen. Harrer wird sein Lehrer, Berater und Freund. 1952 kehrt er nach Europa zurück und schreibt sein Buch "Sieben Jahre in Tibet - Mein Leben am Hof des Dalai Lama". Es wird ein Welterfolg und wird in 52 Sprachen übersetzt.

Als das Buch 1996 mit Brad Pitt verfilmt wird, nehmen Journalisten Harrers Leben unter die Lupe. Sie entdecken braune Flecken: Bereits im Oktober 1933 ist Harrer in die SA eingetreten, die in Österreich zu diesem Zeitpunkt noch verboten ist. Im Frühjahr 1938 ist er SS- und NSDAP -Mitglied geworden - also noch vor dem Durchstieg der Eigernordwand. Harrer hat bis dahin über seine Nazi-Vergangenheit geschwiegen. Nun behauptet er, nie aktives Mitglied der Nazi-Organisationen gewesen zu sein. Ebenso verschwiegen hat Harrer, dass SS-Chef Heinrich Himmler ihn persönlich für die Expedition zum Nanga Parbat ausgewählt hat. Eingeladen worden ist Harrer daraufhin von der Deutschen Himalaya-Stiftung, die 1936 von den Nazis ins Leben gerufen worden war. Die SS hatte den rassistischen Mythos aufgebaut, die Tibeter seien mit den Ariern verwandt und wie diese ein Herrenvolk. Expeditionen sollten diese abstruse Theorie wissenschaftlich belegen.

Diese Enthüllungen trüben die lebenslange Freundschaft zwischen Harrer und dem Dalai Lama nicht. Mehrfach besucht das geistliche Oberhaupt der Tibeter den Alpinisten in dessen Geburtsort Hüttenberg. Harrer stirbt am 7. Januar 2006 im Alter von 93 Jahren in Friesach in Kärnten an Herzversagen.

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7. July 2007, 09:40   #220
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07. Juli 1947: Kölner Sporthochschule nimmt Lehrbetrieb auf

Sportpädagogik, Sportmanagement, Trainingswissenschaft, Sporttherapie, Sportjournalismus - an der Deutschen Sporthochschule Köln werden die verschiedensten sportlichen Fachrichtungen gelehrt. Mit rund 6.000 eingeschriebenen Studenten ist sie die größte ihrer Art in der Bundesrepublik. Angefangen hat die "SpoHo", wie sie unter den Studierenden genannt wird, viel kleiner: Mit lediglich 95 Studenten nimmt sie am 7. Juli 1947 ihren Lehrbetrieb auf. Köln liegt zum Teil noch in Trümmern und der damals 65-jährige Gründungsrektor Carl Diem muss improvisieren: "Ich denke noch daran, wie sie die Stadionbänke geopfert haben, um die Büchergestelle daraus zu zimmern." Unterstützt wird er von den Briten, die in ihrer Besatzungszone unbedingt ein Sportinstitut haben wollen.

Carl Diem ist Sportexperte. Er arbeitet schon in der Weimarer Republik an der 1920 gegründeten Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin. Im "Dritten Reich" bleibt Diem zwar parteilos, übernimmt aber führende sportliche Aufgaben. Als verantwortlicher Generalsekretär des Organisationskomitees gestaltet er 1936 die Olympischen Spiele in Berlin entscheidend mit. Er führt den bis heute üblichen Fackellauf von Griechenland zur jeweiligen Austragungsstätte ein. Sein dreibändiges Werk "Olympische Flamme" gilt heute neben den Filmen von Leni Riefenstahl als Dokument nationalsozialistischer Sportpropaganda. Kurz vor Kriegsende hält Diem am 18. März 1945 auf dem Reichssportfeld in Berlin eine Durchhalte-Rede. Er soll Angehörige der Hitler-Jugend zum Opfertod für den "Führer" aufgefordert haben.

Gut zwei Jahre später stellt Diem bei der feierlichen Eröffnung der Kölner Sporthochschule im November 1947 sein Gründungskonzept vor. Es orientiert sich an "der Wesensart des Sportlehrers als eines körperlichen, geistigen, moralischen und künstlerischen Berufs". Das Emblem der Hochschule zeigt einen antiken Tempel. Seine vier Säulen werden entsprechend als das Starke, Wahre, Gute und Schöne interpretiert. Diem, der Erfinder des deutschen Sportabzeichens, bleibt bis zu seinem Tod 1962 Rektor. Nach ihm werden viele Hallen und Straßen benannt, die nach der Kritik an Diems Verhalten in der Nazi-Zeit allerdings wieder umbenannt werden - wie etwa im Diems Geburtsstadt Würzburg. In Köln hingegen tut man sich mit einer Distanzierung schwer: Eine 450.000 Euro teure Studie soll zunächst die Rolle Diems klären, erklärt "SpoHo"-Rektor Walter Tokarski im Juni 2007 der "Kölnischen Rundschau". Werde Diem tatsächlich eine Schuld nachgewiesen, werde man aber Konsequenzen ziehen. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2008 vorliegen.

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8. July 2007, 10:09   #221
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08. Juli 1967: Tod der Schauspielerin Vivien Leigh

In ihren größten Rollen spiegelt sich auf tragische Weise ihr wirkliches Leben. 26 Jahre ist Vivien Leigh alt, als sie 1939 mit David O. Selznicks Bürgerkriegsepos "Vom Winde verweht" schlagartig weltberühmt wird. Unvergessen bleibt, wie die junge Engländerin, die selbst der Oberschicht entstammt, als kokettes Südstaaten-Luder sämtlichen Männern den Kopf verdreht und letztlich an der Liebe zu Rhett Buttler alias Clark Gable verzweifelt. Knapp zehn Jahre später verkörpert Vivien Leigh erneut eine Südstaaten-Schönheit; diesmal jedoch eine, die ihre besten Zeiten schon hinter sich hat. Und ebenso wie Blanche DuBois in "Endstation Sehnsucht" balanciert auch Vivien Leigh zur selben Zeit schon auf dem schmalen Grat zwischen Wahn und Wirklichkeit. Für beide Filme erhält sie den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

Geboren wird die grazile Schauspielerin mit den grünen Augen 1913 im indischen Darjeeling als einzige Tochter eines reichen englischen Börsenmaklers und Lebemanns. In Klosterschulen und Mädchenpensionaten erhält Vivien Leigh eine Erziehung zur perfekten Upper-Class-Lady. Dass sie schon als Teenager unter bedrohlichen Stimmungsschwankungen leidet, nehmen die Eltern nicht weiter ernst. Mit 18 Jahren beginnt sie ein Schauspielstudium, heiratet zum ersten Mal und wird Mutter; kurz darauf zerbricht die Ehe. Als 22-Jährige begegnet Vivien Leigh dem Mann ihres Lebens: dem jungen, charismatischen Bühnenstar Laurence Olivier. Nach dem Erfolg mit "Vom Winde verweht" heiraten sie, und für Vivien Leigh scheinen alle Träume wahr geworden zu sein.

Doch schon bald ist das Eheleben des Traumpaars von Spannungen geprägt. Leigh leidet unter Komplexen gegenüber ihrem genialen Mann und Filmpartner, während es Olivier nur schwer verkraftet, mit Scarlett O'Hara verheiratet zu sein. Beide leisten sich etliche Affären. Immer häufiger bekommt Vivien Leigh Schübe geistiger Verwirrung, an die sie sich später nicht erinnert. Hysterische Wutausbrüche wechseln mit Phasen maßloser Verzweiflung. Tragischerweise erkrankt sie zudem an Tuberkulose, denkt aber nicht daran, sich zu schonen. Manisch arbeitet, trinkt, liebt und leidet sie weiter. 1961 geschieht, was Vivien Leigh am meisten gefürchtet hat: Laurence Olivier verlässt sie. Diesen Schlag kann die von aller Welt bewunderte Frau nicht mehr verwinden. Sechs Jahre nach der Scheidung von ihrem "Larry", am 8. Juli 1967, wird die 53-Jährige tot in ihrem Schlafzimmer gefunden. Auf dem Nachttisch steht noch immer Oliviers Foto.

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9. July 2007, 07:35   #222
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09. Juli 1962: Bob Dylan nimmt "Blowin' in the wind" auf

Am 24. Januar 1961 trifft der 20jährige Robert Allen Zimmerman aus Duluth/Minnesotain New York ein. Er will hier sein Idol, den kranken Folksänger Woody Guthrie im Hospital besuchen - und sich selbst als Folkmusiker durchsetzen. Seine musikalische Karriere beschränkt sich bisher auf Schulbands, mit denen er Rock'n Roll spielte, und Auftritte mit einer akustischen Gitarre in den Clubs von Minneapolis.

Unter dem Namen Bob Dylan erobert sich der junge Mann sehr schnell alles, was er in der fremden Stadt braucht: Arrivierte Folk- und Blues-Musiker, die er auf der Bühne begleitet und die ihm zu eigenen Auftritten verhelfen, eine Freundin, einen Plattenvertrag und bald sogar einen Manager. Die "New York Times" widmet ihm eine lobende Besprechung. Bei seinem ersten eigenen Konzert im November 1961 werden allerdings nur 53 Karten verkauft. Seine erste Platte erscheint im Mai 1962: "Bob Dylan" enthält bekannte Blues- und Folksongs in einer einfachen und rauen Interpretation und nur zwei eigene Lieder des Newcomers. Berühmt machen sie Dylan nicht.

Im Frühjahr 1962 verfasst Dylan erstmals systematisch eigene Songs, Texte, die er nach eigener Aussage "einfach so hinschreibt". Darunter ist auch der Titel "Bowin' in the wind", ein Song, dem er zunächst wenig Beachtung schenkt, finden ihn doch auch seine Freunde und Kollegen eher mäßig gelungen. Das einfache Lied - sechs Akkorde - stellt lauter Fragen rund um das Leid der Welt; die Antworten darauf verweht der Wind. Die Melodie lehnt sich an einen alten Gospel aus dem amerikanischen Bürgerkrieg an. Am 9. Juli 1962 spielt Dylan den Titel im Columbia-Studio ein. Er wird der Aufmacher seines zweiten Albums: "The Freewheelin". Die Platte bringt den Durchbruch für Bob Dylan, sie stellt den Beginn seiner Weltkarriere dar.

Ein Hit wird "Blowin' in the wind" jedoch nicht durch Dylan. Dafür ist seine Darbietung zu spröde und schnörkellos. Die eingängigere Cover-Version von "Peter, Paul and Mary" bringt es dagegen auf Platz 2 der US-Hitparade. Ihre Single wird innerhalb von zwei Wochen 300.000 Mal verkauft. Danach gibt es kein Halten mehr: Der Song wird unzählige Male gecovert, u.a. von Joan Baez, die zeitweise Dylans Lebensgefährtin ist, von Crazy Horse, aber auch von James Last, Elvis Presley, Duke Ellington und Marlene Dietrich. "Blowin' in the wind" wird zu einer Hymne der Bürgerrechtsbewegung, zu einem Volkslied in Pfadfinderliederbüchern und Jugendgottesdiensten.

Dylan selbst bringt das Lied seit den 70er Jahren meist als kräftigen Rock-Song - oder gar nicht. Trotzdem wird er immer wieder mit ihm identifiziert. Als er 1997 in Bologna vor Papst Johannes Paul II. auftritt, interpretiert der in seiner Ansprache die Antwort, die der Wind verweht, mit Jesus Christus und dem Heiligen Geist. Tatsächlich hatte sich Dylan 1980 taufen lassen und verstand sich einige Jahre lang als erweckter Christ. Später besinnt er sich wieder stärker auf seine jüdischen Wurzeln und meidet ausdrücklich religiöse Aussagen. Kardinal Josef Ratzinger, seinerzeit die rechte Hand des Papstes, spricht sich vergeblich gegen den Auftritt des Songwriters aus. Für ihn ist Dylan ein Nihilist.

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10. July 2007, 07:14   #223
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10. Juli 1807: Patent auf Abziehbilder erteilt

Mathilde Betz aus Recklinghausen ist die Königin der Abziehbilder. Mehr als tausend Alben stapeln sich im Keller der Sammlerin, die ihre Schätze gemeinsam mit ihrem Mann über Jahrzehnte auf Trödelmärkten, Sammlerbörsen, am Kiosk und im Schreibwarengeschäft zusammengetragen hat. Von Adolf Hitler bis zu Bob der Baumeister reicht die Palette, vom Weltraumfahrzeug über Märchenmotive bis hin zum Fußball-Panini. Eigentlich interessiert sich Betz nicht für Fußball, und auch Hitler hat sie "an sich nicht so gerne". Aber "Sportbilder werden gesucht", deshalb trägt sie sie zusammen. Und in eine möglichst vollständige Sammlung, findet Mathilde Betz, gehören auch die Abziehbilder des Nationalsozialismus mit hinein.

Dass heute vor allem Kinder Sammelbildchen tauschen und in Alben kleben oder "Tattoos" auf ihre Unterarme rubbeln, verdanken wir der Erfindung der Gebrüder Girard aus Paris. Am 10. Juli 1807 erhalten sie ein Patent auf ihr Verfahren, mit Hilfe von Zuckerlösungen produzierte mehrfarbige Kupferstiche auf lackiertes Blech "abzudrucken". Ab 1860 verkauft ein Nürnberger Spielzeugfabrikant Abziehbilder aus Zellophan, die mit Hilfe von Wasser vom Papier abgelöst werden müssen, als Kinderspielzeug. Später finden sich Abziehbilder als Kaufanreiz in zahlreichen Lebensmitteln - gemeinsam mit Sammelpunkten, für die die Kundschaft bei entsprechender Anzahl ein passendes Sammelalbum zum Einkleben erhält. In den fünfziger Jahren kommen zu den Nass- noch die Trockenabziehbilder oder Sticker hinzu, die ihre klebrigen Botschaften unter anderem auf Autoscheiben ("Baby an Bord!") oder Schultaschen ("Atomkraft - nein danke!") verbreiten.

Heute nutzt die Londoner Eisenbahngesellschaft Great Eastern diese Trockenabziehbilder zur praktischen Lebenshilfe. Schläfrige Kunden können sich die Nachricht "Wake me up at..." auf die Brust pappen, um von wacheren Mitreisenden am Zielbahnhof geweckt zu werden. "In den vergangenen Jahren hatten wir immer wieder verzweifelte Anrufe von Fahrgästen, die nachts im Zug eingeschlafen sind, irgendwo von einem Schaffner geweckt wurden und nicht weiter wussten", sagt Great Eastern-Sprecher Peter Northfield. "Wir hoffen, dass dieser Sticker damit ein für allemal Schluss macht."

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11. July 2007, 07:36   #224
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11. Juli 1937: Todestag von George Gershwin

Als sich der junge George Gershwin vor einem Schulfest drückt, hat er sein Erweckungserlebnis. Aus der Aula seiner Schule dringt die Musik Antonín Dvoráks nach draußen. Gespielt wird sie von Max Rosen, der später ein berühmter Geiger werden soll. Die Musik berührt den Raufbold Gershwin auf eigentümliche Weise. In strömendem Regen marschiert er zu Rosens Wohnung und gibt sich als Bewunderer zu erkennen. Rosen öffnet ihm das Tor zur Welt der Töne: "Wenn wir zusammen Hockey spielten, redeten wir pausenlos nur über Musik."

Gershwin wird 1898 als zweites von vier Kindern russisch-jüdischer Einwanderer im New Yorker Stadtteil Brooklyn unter dem Namen Jacob Gershovitz geboren. Sein Vater versucht sich in diversen Jobs; über 25 Mal muss die Familie die Wohnung wechseln. Gershwins Zuhause aber ist ohnehin die Straße: Erstes Ansehen gewinnt er in seiner Bande als Kleinganove und Rollschuhvirtuose. Nach seiner Begegnung mit Rosen lernt Gershwin Klavier. Sein Lehrer Charles Hambitzer erkennt sein Genie und bringt ihm die Klassik nahe. Aber Gershwin will zum Jazz und zum lukrativen Musikgeschäft. Er wird Pianist in der New Yorker Tin Pan Alley, in der zahlreiche Musikverlage sitzen. Erste Versuche, hier eigene Kompositionen in den Musikmarkt einzuschleusen, scheitern zunächst. Mit 17 aber bringt er seinen Song "Swanee" unter, der sich auf Platte zwei Millionen Mal verkauft.

"Swanee" bringt die Wende. Engagements in Revuen, Musicals und Auftragsarbeiten für Songs bringen das erhoffte große Geld. Mit seiner "Rhapsodie in Blue" gewinnt Gershwin einen Wettbewerb, der die Frage nach der ur-amerikanischen Musik klären soll. Von nun an bestimmen seine anspruchsvollen, trotzdem auf Effekt bedachten Klänge als "symphonischer Jazz" den Takt der Zeit. Musicalerfolge wie "Lady be good" oder "Porgy and Bess" machen ihn auch international berühmt.

Mit seinen Melodien spaltet Gershwin die Musikwelt. Ist das nun leichte U-Musik oder doch großartige E-Musik, die der Komponist auf seine Notenblätter zaubert? Markus Wilhelm Kropp hat die Frage auf seine Art gelöst. "Also ich nenn´ so etwas Ü-Musik", sagt der Musiker, der seit seinem dreizehnten Lebensjahr Gershwin spielt. "Weil das ganz klar dazwischen steht". George Gershwin stirbt am 11. Juli 1937 an einem Hirntumor.

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12. July 2007, 08:49   #225
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12. Juli 1997: Che Guevaras Gebeine nach Kuba überführt

"Verabschiedet euch von Vater" lautet der verschlüsselte Funkspruch des bolivianischen Oberkommandos. Die Soldaten in dem kleinen Anden-Dörfchen La Higuera haben den Befehl erwartet. Es ist das Todesurteil für Dr. Ernesto "Che" Guevara und sieben seiner Mitkämpfer. Am 9. Oktober 1967 um 13.10 Uhr wird der gefangen genommene Berufsrevolutionär ohne Gerichtsverhandlung mit neun Schüssen hingerichtet. Ein Helikopter bringt den Leichnam ins nahe gelegene Vallegrande. Im dortigen Waschhaus entstehen die letzten Fotos des aufgebahrten Che. Sie sollen der Welt beweisen, dass der gefürchtetste Revolutionär Südamerikas endgültig besiegt ist. Um jegliche Kultentwicklung zu unterbinden, lässt das bolivianische Militär kurz darauf Guevaras Körper und die seiner Mitstreiter an einem geheimen Ort verscharren.

Knapp 30 Jahre später hat Boliviens Regierung großes Interesse daran, den in einem Massengrab unter einer ehemaligen Landebahn verscharrten Revolutionshelden wieder los zu werden. Niemand hatte verhindern können, dass sich die Region um Vallegrande und La Higuera seit Guevaras Tod zum mythologischen Wallfahrtsziel von Polittouristen entwickelt. In aller Heimlichkeit spürt 1997 ein argentinisch-kubanisches Forscherteam die sterblichen Überreste wieder auf. Eine Woche lang werden die Knochen auf Merkmale hin überprüft, die eindeutig beweisen, dass es sich um den gesuchten Revolutionshelden handelt. Durch Vergleiche mit dem nach der Hinrichtung erstellten Obduktionsprotokoll und wegen der aufgefundenen Kleidungsstücke kommen die Experten zu dem einstimmigen Urteil: Bei dem Skelett handelt es sich um die Überreste des berühmtesten Revolutionärs der Welt.

In aller Stille macht sich am 12. Juli 1997 eine kleine kubanische Delegation von Havanna aus auf den Weg, um die Reste von Fidel Castros ehemaligem Mitstreiter zurückzuholen. Die Heimlichkeit ist notwendig, weil sich die Einwohner von Vallegrande und La Higuera vehement gegen die "Entführung" der Revolutions-Reliquien wehren. Mit leerem Grab ist die Pilgerstätte für die reichlich anreisenden Che-Verehrer nur noch die Hälfte wert. So findet die Übergabe der sterblichen Überreste so unauffällig wie möglich, im Hinterzimmer eines Krankenhauses von Santa Cruz, statt. Wenige Stunden später kehrt Dr. Ernesto Che Guevara nach über 30 Jahren in seine Wahlheimat Kuba zurück. Nur wenige geladene Gäste, die Angehörigen und natürlich Staatschef Fidel Castro nehmen den Sarg in Empfang. Beigesetzt wird er in einem Mausoleum in Santa Clara, in jener Stadt, die Comandante Ernesto Che Guevara 1958 mit seinen Guerrilleros erobert hatte - das Startsignal für die Kubanische Revolution.

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