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13. September 2007, 06:08   #1
Ben-99
Ungültige E-Mail Angabe
 
Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
11. September 1973

... ja, Ihr habt richtig gelesen: Es geht nicht um "9/11", den berühmten Jahrestag des Einsturzes der Zwillingstürme in New York, den ein wehleidiges amerikanisches Volk noch immer zum größten Desaster der Weltgeschichte hochstilisiert, nur weil es das erste Mal war, daß ein Land, das durch blutige Angriffskriege, feige Mordanschläge und fast ebenso mörderische Wirtschaftssanktionen gegen Länder der Dritten Welt, auch einmal selbst den Tod von Zivilisten betrauern mußte. Was für ein Hohn: Da krepieren jahrzehntelang weltweit Millionen Menschen durch die selbstherrliche, aggressive Außenpolitik der USA. Aber wenn es dann ausnahmsweise auch mal die eigene Bevölkerung trifft, soll die ganze Welt am 11.9. immer nur betroffen nach Amerika blicken.

Ich gehöre zu denen, die das infam und heuchlerisch finden, weil der Tod von 3.000 namentlich bekannten Amerikanern an diesem Tag in gar keinem Verhältnis zu den Millionen namentlich unbekannten Opfern steht, die in den letzten Jahrzehnten im Auftrag der jeweiligen US-Präsidenten mehr oder weniger kaltblütig getötet worden sind. Egal ob im Irak, in Vietnam, in Korea oder in den lateinamerikanischen Ländern.

Eines davon war Chile. Dort wurde zum ersten Mal ein sozialistischer Führer, der Salvador Allende hieß, durch eine demokratische Wahl zum Präsidenten gewählt. Das Volk liebte ihn bis zuletzt, vielleicht gerade, weil der gelernte Mediziner und intellektuelle Politiker, der, obwohl er auch mit Castro befreundet war, immer deutlich gemacht hat, daß er zwar Respekt vor der russischen und vor allem der französischen Revolution hatte, sich aber dennoch nicht als Leninist fühlte, weil für ihn nur ein Sozialismus in einer freiheitlichen Demokratie in Frage kam.

Und trotzdem bezeichnete ihn Richard Nixon, selbst einer der größten Lügner und Versager im Weißen Haus, als "Hurensohn" und beauftragte den wohl verlogensten Außenpoltiker der Geschichte namens Henry Kissinger, Allende zu stoppen - egal wie. Zuerst pumpte man Millionen in den Wahlkampf, um seine Gegner zu unterstützen, und als das nicht klappte, wurde der Putschist Pinochet durch Waffenlieferungen unterstützt, der dann schließlich am 11.9.73 den Regierungssitz bombardieren ließ und Allende in den Tod trieb. Anschließend ließ Pinochet in den Jahren seiner von den westlichen Ländern unterstützten Militär-Diktatur Tausende Chilenen bestialisch foltern und umbringen.

Dieser damalige "11. September" ist für mich auch heute noch ein sehr viel wichtiger Gedenktag als "11/9". Aber wer nach wie vor lieber gern die Opfer in Manhattan betrauert, sollte sich mal die Frage stellen, warum immer wieder amerikanische Präsidenten andere Länder überfallen, um angeblich Diktatoren wie zum Beispiel Saddam auszuschalten, während man doch früher genau das Gegenteil gemacht hat, um zum Beispiel Schlächter wie Pinochet an die Macht zu verhelfen.

Ich schreibe das, weil zum Jahrestag fast alle Fernseh-Sender nur wieder Reportagen über "11/9" gebracht haben und sich nur Arte traute, an diesem Tag auch mal an den 11. September 1973 mit einer preisgekrönten Dokumentation über den Todestag von Salvador Allende zu erinnern:

Zitat:
Der 11. September 1973 war einer der dunkelsten Tage in der chilenischen Geschichte: Mit Hilfe der USA setzte General Pinochet nach einem Putsch den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende ab und etablierte eine der grausamsten Militärdiktaturen des 20. Jahrhunderts.

(...)

Eindrückliche Bilder aus der damaligen Zeit sowie Interviews mit Wegbegleitern Salvador Allendes und Zeitzeugen lassen die Stimmung und Begeisterung von damals wieder spürbar werden, die Träume und Hoffnungen wieder aufleben, aber auch die tiefe Erschütterung über den plötzlichen Tod des vom Volk geliebten Präsidenten erahnen. Dessen Visionen sind im kollektiven Gedächtnis der Chilenen tief verankert und beeinflussen deren Leben bis heute.

Salvador Allende
Leider nicht in den nächsten Tagen und Wochen, aber irgendwann wird der beeindruckende Film des im Exil lebenden chilenischen Filmemachers Patricio Guzmán sicherlich noch mal wiederholt werden, und dann solltet Ihr ihn Euch unbedingt ansehen. Oder Ihr schaut wieder wie jedes Jahr auf die einstürzenden Twintowers des WTC, beobachtet einen machtbesessenen früheren New Yorker Bürgermeister italienischer Abstammung dabei, wie er aus dem Leid der Opfer und ihren Angehörigen politisches Kapital schlägt, um sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen zu empfehlen und hört weiterhin brav den Lügen von George Bush zu, der möglicherweise in die noch immer seltsam anmutenden Anschläge des 11.9.2001 in ähnlicher Form verstrickt ist wie sein Amtsvorgänger in den 70ern, Richard Nixon, der am selben Tag im September nicht nur billigend den Tod von Salvador Allende in Kauf nahm, sondern dadurch auch den Tod Tausender Chilenen, weil die angeblich so "freiheitsliebenden" USA alles dafür taten, um einem der schlimmsten Diktatoren der Weltgeschichte an die Macht zu verhelfen.

Gruß Ben
 
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