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16. November 2007, 09:55   #1
jupp11
 
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Stefan Aust geht - eine schöne Nachricht

Zitat:
So hatte sich „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust seinen Abschied nicht vorgestellt. Während seiner Ferien in Asien ereilte den 61-Jährigen die Hiobsbotschaft aus dem Hamburger „Spiegel“-Hochhaus. Sein Vertrag wird nicht verlängert. Spätestens Ende 2008 muss er gehen. Spekuliert wird nun über das Warum und mögliche Nachfolger.

Quelle lesen
Ich finde diese Nachricht gut, denn seit der Zeit von Stefan Aust, hat sich mein Interesse am Spiegel weit und weiter verringert und ich vertraue sowohl in Berichterstattungs- als auch in Glaubwürdigkeitshinsicht Wochenzeitschriften wie der Zeit weit mehr.

Das war nicht immer so. Es gab durchaus Zeiten in denen ich den Spiegel nicht für angepasst, oberflächlich und polemisch gehalten habe.

Jedenfalls wünsche ich dem Spiegel einen guten Neuanfang und das wünscht sich wohl die Mehrheit der Spiegelmitarbeiter ebenfalls.

tschao

jupp11
 
16. November 2007, 10:57   #2
Ben-99
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... die Nachricht kommt wirklich überraschend. Klar, daß nun viele hämische Kommentare zu lesen sein werden - wie zum Beispiel hier im "tazblog":

Zitat:
Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust hatte etwas von einem alten Landwirt. Er fühlte sich als Herr auf dem Hof und wer mit neumodischen oder alternativen Ideen kam, war nicht so wohlgelitten. (...) Der einst übermächtige Chef kann sich auf das Altenteil konzentrieren: Sein Pferdegestüt. Dort hat er zuletzt seine größten Erfolge gefeiert.

Stefan Aust bekommt Zeit für das Gestüt
Inzwischen kann man auch auf "Welt Online" und - natürlich - auf der "Focus"-Seite ausführliche Berichte lesen:

Das Ende des Stefan Aust beim "Spiegel"

Der Spiegel: Neuer Chefredakteur ab 2009

Gruß Ben


[edit]

Mir tut vor allem der zuständige Redakteur bei "Spiegel Online" leid, der die undankbare Aufgabe hat, die Meldung auch auf Deutschlands größtem Nachrichten-Portal zu formulieren. Bis jetzt (Stand 11.30 Uhr) ist dort jedoch noch keine Silbe darüber zu lesen.
 
16. November 2007, 19:06   #3
Ben-99
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... es ist leider auch bei "Spiegel Online" so, wie wir es auch schon bei uns in der Board-Szene kennen: Gibt es mal unangenehme Personalien zu vermelden, wird man sie meist erst nach Tagen, Wochen oder gar nicht auf dem Brett lesen können, dessen Member davon betroffen sind, während andere Boards genüßlich in großer Aufmachung darüber berichten.

Auch bis zum heutigen Abend hatte bei "SpOn" offenbar niemand die Eier, endlich auch über das Scheitern von Stefan Aust im Machtkampf mit der Belegschaft zu berichten, was möglicherweise sogar den großen TV-Nachrichtensendungen eine Meldung wert sein wird.

Gruß Ben
 
17. November 2007, 13:15   #4
Ben-99
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... mittlerweile gibt es eine Flut von Berichten und Kommentaren zum Rauswurf des "Spiegel"-Chefs, und es scheint so, daß es kein Blatt in Deutschland gibt, das das Thema nicht aufgreift - bis auf "Spiegel Online", wodurch sich die Redaktion oder zumindest derjenige (Aust?), der das Schweigen angeordnet hat, vollends lächerlich macht.

Der mit Abstand gelungenste Artikel ist von Oliver Gehrs, der bereits vor zwei Jahren ein kritisches Buch über Stefan Aust ("Der Spiegel-Komplex") geschrieben hatte und heute auf taz.de engültig mit ihm abrechnet. Quoten will ich ausnahmsweise nicht daraus, weil quasi jeder Satz ein Volltreffer ist:

Es war nicht alles schlecht: Rauswurf von "Spiegel"-Chef Aust

Gruß Ben


[edit]

Ich sehe gerade, daß man bei "SpOn" inzwischen doch das heiße Thema erwähnt - wenn auch nur indirekt und versteckt in der Rubrik "Heute in den Feuilletons":

Heute in den Feuilletons
 
18. November 2007, 22:33   #5
Ben-99
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... ich liebe solche Themen, die dann irgendwann zu einem meiner "Privat-Threads" werden, weil mich bei den Betrachtungen die anderen Member offenbar nicht stören wollen ;-)

Es geht ja auch "nur" um die Neubesetzung der wichtigsten Chefredakteur-Position im deutschen Verlagswesen. Denn den Job hätten alle Schreiberlinge gern. Und wenn der, der so lange vom Thron des "Leitmedium"-Imperiums nicht nur seinen eigenen "Spiegel"-Staat, sondern indirekt auch andere Ländereien in der deutschen Presselandschaft "regieren" konnte, nun wie ein räudiger Hund von seinen eigenen Knechten vom Hof gejagt wird, dann sollten man sich schon darüber Gedanken machen. Besonders in in der heutigen Zeit, in der reaktionäre Politiker mit großem Erfolg die Pressefreiheit immer mehr einschränken und die Generalbundesanwältin Monika Harms jetzt auch Journalisten bespitzeln und abhören läßt, was dazu führen wird, daß sich bald kein Informant mehr traut, Kontakt mit der Presse auszunehmen.

Insofern ist es eben auch wichtig, was derzeit an der Spitze des "Spiegel" vor sich geht, der zumindest in früheren Zeiten für die Aufdeckung zahlreicher Polit-Skandale verantwortlich war. Daß Stefan Aust, der vor seinem Amtsantritt ein hervorragender Journalist war, den "Spiegel" in schwierigen Zeiten wirtschaftlich erfolgreich über die Runden gebracht hat, steht außer Frage. Und doch hat er es am Ende vergeigt. Warum und wieso erklärt Oliver Gehrs in einem Interview mit "n-tv":

Wie der "Spiegel" wurstig wurde

Gruß Ben
 
19. November 2007, 08:17   #6
jupp11
 
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Naja Ben, ich quote daraus, weil ich 3 Beispiele besonders treffend und teilweise auch zum schmunzeln fand

Alle Zitate aus dem Link von Ben.

Zitat:
...oder pries die Klimakatastrophe als touristischen Heilsbringer für Sibirien.
Schöner kann man die Relevanz des Spiegels und seiner Fernsehableger kaum auf einen Punkt bringen -> Beliebigkeit bis zum Abwinken.


Zitat:
Dass er das einzige Mal die Option gespürte haben soll, in den Sack zu hauen, als ihm beim Springer-Verlag der Job eine Vorstands winkte, spricht Bände.
Genau so, haargenauso ist der Eindruck, den Aust bei mir hinterlassen hat - es ist ihm wurscht, welches Medium er benutzt und in die eigene Seichtheit führt. Das einzige, dass Aust wohl davon abgehalten hat, zu Springer zu gehen, war der weit rauhere Wind dort. Da waren die gezähmten Möchtegern-Investigativen aus dem Streichelzoo des Spiegels doch weit unproblematischer.

Zitat:
Denn mittlerweile ist die Gesellschaft im Zweifel links, nur der Spiegel ist nicht hinterhergekommen.
Naja, das ist das einzige Zitat, an dessen Richtigkeit ich durchaus Zweifel hege. Der Spiegel war nie wirklich links. Nicht zu FDP-Augsteins Zeiten und auch nicht danach. Im Moment ist der Spiegel weder links noch mittig noch rechts - er ist ein Boulevardblatt das noch immer vom Ruhm vergangener Tage lebt und sich auf Focusniveau angesiedelt hat.

tschao

jupp11
 
24. November 2007, 12:36   #7
jupp11
 
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Hier gibt es ein interessantes Interview mit Jakob Augstein

Interessant deshalb, weil es derart nichtssagend ist, dass ich mich frage, was einen Journalisten oder eine Zeitung wie die FAZ reitet, so einen zu interviewen.

Mehrfach betont er seine eigene Machtlosigkeit und dass er nur die Macher beraten könne (ob die das wohl wollen???) und wie toll doch der große Stefan Aust gewesen sei.

Lesen -> sich denken: Watt'n Quatschkopp -> zur nächsten Schlagzeile wechseln.


tschao

jupp11
 
24. November 2007, 12:46   #8
Ben-99
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... das verwundert doch nicht, wenn man weiß, daß FAZ-Herausgeber Schirrmacher und Aust schon seit langem Busenfreunde sind.

Gruß Ben
 
3. December 2007, 10:30   #9
Ben-99
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... oha, nun hat es auch noch den eitlen Matthias Matussek erwischt, der vor 2 Jahren von Stefan Aust zum Kultur-Chef des Magazins befördert wurde:

Zitat:
Bis heute soll demnach Spiegel-Kulturchef und Deutschland-Dampfschwurbler Matthias Matussek freiwillig seine Demission als Ressortleiter erklären. Sonst werde auch er unfreiwillig seiner Rolle enthoben, heißt es in den dieser Tage heftig rotierenden Magazinkreisen.

(...)

Dass der Mann, der mit seinem großkotzig-restaurativen Schlichtnationalismus - jüngstes Werk: "Wir Deutschen. Warum die anderen uns gern haben können" - am Ende die eigene Wiedergeburt als schwarzrotgold-verliebter Romantiker zu zelebrieren versuchte, hat ihm nun nichts mehr genutzt: "Was da im Pop und im Protest Weltkarriere gemacht hat, es wurzelt in der deutschen Romantik", schrieb Matussek vor gut zwei Monaten im Spiegel.

Was gut zu Eckhard Fuhrs Bemerkung überleitet, Matussek posaune eben immer hinaus, was ihm durch die Birne rausche, und er sei insofern ein Typ der New Economy. Genau dies lässt sich nirgendwo so eindrucksvoll betrachten wie in Matusseks höchstpersönlichen Video-Blogs auf Spiegel-Online. Getarnt als "Matusseks Kulturtipp" geht es immer nur um eines, genauer: um einen, um ihn, Matthias Matussek höchstselbst.

Lacher im Weltall
Zitat:
Der Tagesspiegel schrieb über Matussek: "Gäbe es eine Liste der unbeliebtesten Spiegel-Mitarbeiter, hätte Matthias Matussek sicherlich gute Chancen auf einen vorderen Platz. Das liegt nicht nur an der auch dem Betriebsrat bekannten Art, wie er mit Redakteuren und Redakteurinnen umgeht. Auch nicht an den Manieren, die bei einem konservativen Mittfünfziger besser sein könnten ..."

Kulturrevolution beim Spiegel? Matthias Matussek muss auch gehen
Gruß Ben
 
3. December 2007, 23:04   #10
Ben-99
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... und nun ist die Absetzung des "Spiegel"-Kultur-Chefs auch amtlich, wie der "Tagesspiegel" meldet:

Zitat:
Matthias Matussek arbeitet nicht mehr als Kulturchef beim „Spiegel“. Der umstrittene Matussek sei als Ressortleiter abgelöst worden, heißt es aus dem Haus an der Brandstwiete. (...) In der Kulturredaktion sei Matussek nicht länger zu ertragen gewesen, sein Führungsstil, insbesondere sein Umgang in Wort und Auftreten, habe selbst frühere „Matussek“-Jünger in die Opposition getrieben.

Chefredakteur Stefan Aust, der Matussek 2005 als einer von zwei „Spiegel“-Kulturchefs installiert hatte, wollte sich für den Verbleib dieses Wüterichs offensichtlich nicht verkämpfen. Andere sagen, der gekündigte Aust hätte gar nichts mitzureden gehabt.

(...)

Ein „Spiegel“-Mitarbeiter meinte, Matussek sollte jetzt „eine Einzelzelle, einen PC und eine Videokamera bekommen, damit sich dieser Wahnsinnige in seinem Blog ausleben kann“.

Matussek - was nun?
Gruß Ben



[edit 4.12.07]

Hübsch zu lesen ist auch die Matussek-Abrechnung der "Hannoverschen Allgemeinen":

Zitat:
Matthias Matussek war als Kulturchef des „Spiegel“ so etwas wie eine Katastrophe mit Hosenträgern: laut, derb und allem Neuen kaum zugänglich. Seit Montag ist er nicht mehr im Amt.

(...)

Grund für die Demission des Kulturchefs war kein journalistischer Fauxpas, sondern innerbetriebliches Fehlverhalten. Mehrfach hatten sich Mitarbeiter über die rüden Umgangsformen Matusseks bei der Chefredaktion beschwert. Der wurde wiederholt zur Ordnung gerufen, erhielt auch mindestens eine Abmahnung, machte aber munter weiter, brüllte, fuhr an, erteilte Zimmer- und Flurverbote.

Wie wird man so? Gar nicht. Man muss schon so sein.

Einen schönen Eindruck von der Egozentrik des (jetzt ehemaligen) Kulturverantwortlichen beim „Spiegel“ kann sich das Publikum auf den Internetseiten des Nachrichtenmagazins machen. Dort ist „Matusseks Kulturtip“ die wohl unterhaltsamste Einrichtung. Wie der Dampfplauderer da das Regietheater basht und die deutsche Romantik besingt, das hat Charme und Witz. Und wie er als Running Gag in seinen Kulturgeschichtchen immer mal wieder den alten Schirrmacher auftreten lässt, das ist von großer Komik und schöner Häme. Und er hat Ideen.

(...)

Nun erwartet zwar niemand, dass einer Kulturredaktion wie der vom „Spiegel“ unbedingt ein blasser Sensibilist vorstehen solle. Aber ein Kasper muss es ja auch nicht gerade sein.

Jetzt hat es sich als Ressortleiter jedenfalls erst mal ausgekaspert. Dass nun auch sein Videoblog ausfällt, wäre unwahrscheinlich, denn einerseits sind die Zuschauerzahlen hier ganz beachtlich und andererseits trägt sein letzter Eintrag (über einen Besuch im Vatikan) den Titel „Die Hoffnung stirbt zuletzt“.

Grobkörper statt Feingeist

Und auf "Welt Online" ist zu lesen:

Zitat:
Es geht nur noch darum, ob er sich mit einem Vertrag als Autor des Nachrichtenmagazins einverstanden erklärt. Gelegenheit, dies zu bedenken hat Matussek während seines Urlaubs, den er nun angetreten hat, und der offiziell bis zum 2. Januar 2008 dauert.

(...)

Die Gründe liegen in seiner Persönlichkeitsstruktur. Schon Nichtigkeiten stimulieren Matusseks Erregungspotenzial. Das musste erst kürzlich der zur Blattkritik geladene Kabarettist Django Asül erfahren. Ohne Not war Matussek derart laut und ausfällig geworden, dass er sich auf Drängen der Chefredaktion entschuldigen musste.

(...)

Matusseks Methoden waren simpel: Er liebt Krawall, glaubt mit seinen Provokationen Volkes Stimme zu erheben und fand in seiner Lust, Debatten zu inszenieren, Mitstreiter in anderen Medienhäusern. (...) Seine wahre Bestimmung dürfte Matussek ohnehin als Videoblogger gefunden haben. Dieses Medium, bei dem es mehr um Selbstreferentialität als um Relevanz geht, ist wie geschaffen für sein Naturell, dem Drang nach Selbstdarstellung.

Wie der "Spiegel" seinen Kulturchef verliert
 
4. December 2007, 21:51   #11
Ben-99
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... hehe, Kollegen können ja so fies sein *g*. Während sich der geschaßte, bei den Mitarbeitern überaus unbeliebte frühere Kulturchef panisch in den Urlaub abgesetzt hat, kam man auf die Idee, Matusseks Video-Blog heute mit einer besonders dämlichen Folge fortzusetzen, die man offenbar früher nicht veröffentlichen wollte, zumal sich in dem Machwerk auch noch Hellmuth Karasek wieder mal zum Kasper macht. Der war als "Spiegel"-Kulturchef einer der Vorgänger von Matussek - allerdings sehr viel länger im Amt und eben auch im Gegensatz zu ihm erfolgreich.

Rein theoretisch könnte es natürlich auch sein, daß dieses Filmchen sogar aktuell ist und von dem eitlen Blog-Betreiber für die Zeit seiner Urlaubs-Abwesenheit vorproduziert wurde. Na egal, der Titel paßt jedenfalls wie die Faust aufs Auge: "Matussek kocht!" ;-)

Kulturtipp: Matussek kocht!

Gruß Ben
 
7. December 2007, 16:40   #12
jupp11
 
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Zitat:
Überraschende Lösung
Kleber wird Spiegel-Chef

Claus Kleber wird neuer Chef des Spiegel. Nach n-tv.de Informationen wird die Berufung des 52-Jährigen in Kürze offiziell bekannt geben. Kleber leitet seit 2003 die Redaktion des "heute-journals", das er auch moderiert. Eine offizielle Bestätigung gibt es noch nicht.

Auf Kleber als Nachfolger von Stefan Aust, dessen Vertrag noch bis Ende 2008 läuft, haben sich die beiden Hauptgesellschafter des Spiegel, die Mitarbeiter KG (50,5 Prozent), und der Verlag Gruner + Jahr (25,5 Prozent) am Freitagnachmittag verständigt. Die Erben des Magazingründers Rudolf Augstein sollen laut FAZ die Entscheidung nicht mittragen.

quelle
Soso die Erben tragen es nicht mit. Warum eigentlich nicht, weil Kleber ein Fernsehmann ist, zu dem sich Aust auch mehr und mehr entwickelt hat?

Ich bin mal gespannt, wie diese Entscheidung in der nächsten Zeit kommentiert wird.

tschao

jupp11
 
7. December 2007, 18:32   #13
Ben-99
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... da bin ich doch sehr skeptisch, ob er der Richtige für diese Position ist. Ich kenne Leute in meinem privaten Umfeld, die mit ihm während seiner Zeit bei der ARD zusammengearbeitet haben und die ihn als sehr kollegial und sympathisch bezeichnen. Vielleicht ist er aber gerade zu "nett" für den wichtigsten Job im deutschen Print-Journalismus. Außerdem fiel er als USA-Korrespondent nicht gerade durch eine mutige Berichterstattung über ein Land auf, das auch schon damals das Königreich der Welt spielen wollte.

Ob der "Spiegel" mit ihm wieder zum kritischen, investigativen Journalismus zurückfinden würde, ist daher fraglich. Nach wie vor besser geeignet wäre meiner Meinung nach ein erfahrener Zeitungsmann, der auch mal hart durchgreifen kann, wenn wieder mal eine Diva aus dem schrillen Team der Selbstdarsteller meint, die Primaballerina geben zu müssen.

Die Zeit der eitlen Broders, Mohrs, Mahlzahns und Steingarts sollte endlich vorbei sein. Dafür will ich wieder mehr von Ausnahme-Reportern, die sich nicht selbst in den Mittelpunkt stellen wie Cordt Schnibben oder Bruno Schrep lesen - auch wenn sie nicht mehr zu den jungen Leuten gehören. Na und? Berühmte "Stern"-Autoren wie Sebastian Haffner oder Kai Hermann wurden damals auch als alte Säcke von den jugendlichen Lesern akzeptiert.

Und das Argument, daß auch Stefan Aust "vom Fernsehen" kam, hinkt ein wenig, weil er als "Spiegel-TV"-Chef natürlich schon vor seiner Ernennung durch Augstein längere Zeit engen Kontakt zu der Redaktion des gedruckten Magazins unterhielt.

Außerdem wäre es schade, wenn Claus Kleber, der übrigens als promovierter Jurist zunächst als Anwalt gearbeitet hatte, den Mainzer Sender verlassen würde. Denn ich sehe schon seit Jahren "heute" und "heute journal" sehr viel lieber als "tagesschau" und "tagesthemen". Für Kleber ist die Rolle des "Anchorman" auf den Leib geschneidert, und er sollte auch dabei bleiben.

Gruß Ben
 
9. December 2007, 00:37   #14
Ben-99
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... entsprechend verhalten fallen viele Kommentare zu dem möglicherweise neuen "Spiegel"-Chef aus:

Zitat:
Claus Kleber hat seinen Dienst als Chefwelterklärer des heute-journals in den vergangenen Jahren mit einem Willen zur Lockerheit versehen, dass man unwillkürlich einen amerikanischen Hintergrund annimmt. Den gibt es. Am 11. September 2001 war es Claus Kleber, der von den Anschlägen in New York berichtete. 15 Jahre lang war er für die ARD in den USA tätig

(...)

Als er neulich bei der beliebten Sendung "Zimmer frei" als Stargast auftrat, formulierte Cleber als journalistisches Credo, persönliche Meinungen wolle er nicht in die Moderationen einfließen lassen: "In zehn Jahren sollen die Leute immer noch nicht wissen, auf welcher Seite ich stehe." Ob er damit das Anforderungsprofil eines Spiegel-Chefs getroffen hat, darf bezweifelt werden.

Einer, der geradlinig die Kurve kriegt
Zitat:
Augsteins Sohn Jakob hatte der FAZ vor kurzem gesagt: "Der Spiegel braucht keinen Moderator, sondern einen Chef." Das Einverständnis der Erbengemeinschaft ist allerdings für die Entscheidung nicht notwendig.

(...)

Nach wochenlangen Spekulationen war Kleber einer der letzten Kandidaten für die Position. Am Mittwoch und Donnerstag hatten die Spiegel-Gesellschafter nach taz-Informationen noch mit weiteren Kandidaten gesprochen, darunter Heribert Prantl, der Innenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung. Auch Uwe Vorkötter, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, soll unter den letzten ernsthaften Kandidaten für die prominente journalistische Position gewesen sein.

Kleber ist der Neue
Zitat:
Die Entscheidung, der die Gesellschafter der Mitarbeiter KG und der Verlag Gruner+Jahr zugestimmt haben sollen, ist eine handfeste Überraschung. Bevor die Personalie offiziell bekannt gegeben wird, fehlt allerdings noch eine definitive Zusage Klebers.

(...)

Die Fußstapfen, in die Kleber treten würde, sind groß. Austs Erfolge als Blattmacher sind unbestritten. Ihm gelang es, die Auflage des "Spiegel" über einer Million Exemplare pro Woche zu halten. Einzig Austs Führungsstil wurde kritisiert. Dem möglichen Nachfolger Kleber wird eine "ausgleichende Art" nachgesagt.

Ausgleichen statt polarisieren
Gruß Ben
 
12. December 2007, 18:40   #15
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
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Claus Kleber wird nicht den Stefan Aust-Nachfolger geben:
Zitat:
Claus Kleber sagte zu seiner Entscheidung, das Angebot des SPIEGEL sei eine große Ehre: „Ich traue mir die Aufgabe zu und habe meine Entscheidung gründlich abgewogen. Am Ende steht die Überzeugung: Das Fernsehen ist mein Medium. Es ist also keine Entscheidung gegen das wichtigste Print-Magazin, sondern für das beste TV-Magazin. Wir stehen mit dem 'heute-journal', mit unseren Nachrichtensendungen im ZDF an der Schwelle des Digitalen Zeitalters. In einem Jahr senden wir mit neuester Technik aus dem modernsten News-Studio Europas. Die Informationsgesellschaft wird sich verändern, ein ungeheuer spannender Prozess. Den will ich zusammen mit meinem Team gestalten.“
MfG
tw_24
 
12. December 2007, 22:49   #16
Ben-99
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... dann sollten wir in 10 Minuten um 23.00 Uhr "Zapp" auf N3 gucken, wo man bestimmt darauf eingehen wird. Auf jeden Fall werden die "Chaos-Tage" beim "Spiegel" weitergehen ;-)

Gruß Ben
 
5. February 2008, 17:20   #17
Ben-99
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... es ist vollbracht. Aber es muß wohl hinter den Kulissen ganz schön geknallt haben:

Zitat:
Die neue Doppelspitze folgt auf Stefan Aust, der heute mit sofortiger Wirkung als Chefredakteur abberufen und freigestellt worden ist.
In eigener Sache: Blumencron und Mascolo neue Chefredakteure des SPIEGEL

Gruß Ben


[edit]

Die derzeit aktuellste und wohl auch beste Geschichte dazu kommt von "sueddeutsche.de":

Zitat:
"Spiegel"-Chef Aust beurlaubt

"Ich hatte schon den Mantel an"

Wachwechsel beim Spiegel: Chefredakteur Stefan Aust wurde Knall auf Fall beurlaubt, ein Gespräch mit seinen beiden Nachfolgern gab es nicht mehr.

Von Christian Kortmann

Der Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust, 61, hat frei. Er nimmt bei vollen Bezügen seinen restlichen Jahresurlaub - und ist dann vom 26. März an freigestellt. Ab sofort übernehmen Georg Mascolo und der bisherige Spiegel-Online-Chef Mathias Müller von Blumencron die Chefredaktion. In einer Versammlung am Nachmittag wurden die Spiegel-Redakteure über diese Lösung informiert.

Nach dem Gespräch mit Spiegel-Geschäftsführer Mario Frank am Dienstagmittag hatte Aust sein Büro geräumt und war nach Hause gegangen. Dort erreichte sueddeutsche.de telefonisch einen bestens gelaunten Ex-Spiegel-Chefredakteur. Er habe viel zu tun und deshalb keine Angst vor Langeweile, sagte er, und schien seinen Urlaub vom ersten Moment an zu genießen.

"Meine Sachen waren schnell zusammengepackt, im Büro war sowieso nicht mehr viel drin", sagte Aust. Auf dem Flur sei er seinen Nachfolgern Mascolo und Müller von Blumencron begegnet. Sie wollten mit ihm reden - doch Aust wollte nicht: "Ich hatte den Mantel schon an und habe gesagt, wir können das später mal besprechen."

Er habe mit beiden beim Spiegel sehr gut zusammengearbeitet, und wolle sie nicht für seine vorzeitige Demission verantwortlich machen. Das Problem seien jedoch die "ungewöhnlichen Methoden", mit denen der Verlag Personalpolitik betreibe. Daran werde man sich beim Spiegel wohl gewöhnen müssen, sagte Aust.

Von seiner sofortigen Beurlaubung sei er nicht überrascht worden: "Bei einer Geschichte, die so planmäßig vorbereitet worden ist, habe ich mich gewundert, dass das nicht viel schneller ging."

Stefan Aust hatte den Mantel also gewissermaßen schon etwas länger an.

''Spiegel''-Chef Aust beurlaubt ''Ich hatte schon den Mantel an''
 
5. February 2008, 23:13   #18
jupp11
 
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Da ich die beiden nicht kenne, ist es schwer, sich jetzt schon ein Urteil zu erlauben.

Allerdings, der Satz aus deinem Zitat
Zitat:
...Er habe mit beiden beim Spiegel sehr gut zusammengearbeitet...
stimmt mich schon ein wenig nachdenklich.

Es ist ja nun nicht so, dass ein Aust alles allein entschieden und entwickelt hat. Die Beiden haben mit ihm gearbeitet und ihre Ideen eingebracht.

Ob dabei nun ein Richtungs- oder wenigstens ein Nuancenwechsel rauskommt?

Ich würds mir wünschen.

tschao

jupp11
 
6. February 2008, 09:12   #19
Ben-99
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... ob Müller von Blumencron, der "SpOn" leider auch mit dämlichen "Bild"-Themen erfolgreich gemacht hat, eine gute Wahl ist, muß man abwarten. Es wäre schlimm, wenn durch ihn dieser Trend jetzt auch im gedruckten "Spiegel" fortgesetzt werden würde. Vielleicht hat man ihm auch Georg Mascolo an die Seite gestellt, um genau das zu verhindern. Hoffen wir also, daß Mascolo wieder die Themen aufgreifen wird, die das Nachrichtenmagazin jahrzehntelang unverwechselbar gemacht haben.

Zitat:
Für Müller von Blumencron spricht, dass er "Spiegel online" zum erfolgreichsten Nachrichtenportal in Deutschland ausgebaut hat, das inzwischen im Gegensatz zu vielen Konkurrenten sogar schwarze Zahlen schreibt. (...) Kritisiert wird "Spiegel online" allerdings für einen angeblichen Hang zum Boulevard, der die Marke "Spiegel" im Netz belaste.

Einen Ausgleich könnte Georg Mascolo schaffen, der als herausragender Rechercheur gilt. Mascolo war erst im Juni vergangenen Jahres von seinem Posten als Washington-Korrespondent in die Leitung des Berliner Hauptstadt-Büros gewechselt. Einen Namen machte sich Mascolo unter anderem mit seiner Berichterstattung über den Bundesnachrichtendienst und dessen Verstrickung in verschiedene Skandale wie die 1995 bekannt gewordene "Plutonium-Affäre". Damit steht Mascolo für einen investigativen Journalismus.

(...)

Kritiker des "Spiegels" bemängelten zuletzt jedoch, das Magazin verfolge keine eigene Haltung mehr und sei zu beliebig geworden. Beklagt wurden u. a. eine "neoliberale Wirtschaftsberichterstattung" und eine angebliche Kampagne gegen die rot-grüne Bundesregierung. Beides wurde auch an der Person Austs festgemacht, der zudem einen sehr autokratischen Führungsstil gepflegt haben soll. Die Erfolge des nun Abgelösten sind jedoch unbestritten. Seit Dezember 1994 leitet er den "Spiegel", mit 1,0006 Millionen Exemplaren momentan ist er das meistverkaufte aktuelle Magazin in Deutschland.

Überraschendes Aus für Aust
Gruß Ben
 
6. February 2008, 12:35   #20
Ben-99
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... allerdings muß man auch mal sagen, daß die Art und Weise unter aller Sau ist, wie man mit Stefan Aust umgeht. Man muß ihn nicht lieben, aber es ist nun mal unstrittig, daß er der bisher wirtschaftlich erfolgreichste "Spiegel"-Chef war. Ihn ohne triftige Gründe von einem auf den anderen Tag rauszuschmeißen, nachdem man monatelang amateurhaft nach einem Nachfolger gesucht hat, ist völlig daneben und schadet natürlich auch dem Ansehen des Magazins.

Vor allem wissen jetzt auch die neuen Chefs, was ihnen blüht, wenn das Blatt demnächst auf unter eine Million Auflage abrutschen könnte, was ohne Aust, dessen letzte Titel allesamt Renner waren, durchaus denkbar ist. Man fragt sich langsam, ob die Idee von Rudolf Augstein, die Redakteure nicht nur am Verlag zu beteiligen, sondern die Belegschaft gewissermaßen auch zum Boß des Chefredakteurs zu machen, wirklich so gut war.

Zitat:
Mann oh Mann, der heutige Tag wird wohl in die deutsche Mediengeschichte eingehen. Noch nie wurde der Chefredakteur eines deutschen Top-Mediums so gnadenlos und mit so viel Getöse gekickt, obwohl man doch eigentlich seriös bleiben wollte.

(...)

Ganz offensichtlich ist das Klima zwischen Aust und Spiegel derart vergiftet, dass der Rosenkrieg damit in die nächste Phase eingetreten ist. Die Szenerie riecht nach verletztem Stolz und Krawall - auf Imagekosten des Mediums Spiegel.

Bleibt die Frage, warum zwei professionelle Parteien nicht fähig dazu sind, ihre Delegierten hinter geschlossenen Türen eine anständige Abfindung aushandeln zu lassen. Dies wäre für beide besser gewesen, denn jetzt werden es beim nächsten Gerichtstermin mindestens 80 Reporter, Kamerateams und Fotografen sein.

(...)

Und das Hamburger Abendblatt, das in der Regel sehr gut informiert ist, berichtet heute: Angeblich denken die Augstein-Erben darüber nach, für eine teure Aust-Abfindung - die Rede ist von vier bis fünf Millionen Euro - Geschäftsführer Mario Frank in Regress nehmen zu wollen. Alternativ solle auch der Mitgesellschafter Gruner+Jahr für die Zahlung aufkommen.

Aust raus - Heftiger Showdown eines schlecht gemanagten Rauswurfs
Gruß Ben
 
7. February 2008, 22:36   #21
PeterS
 
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Wird Zeit das sie den rausgeschmissen haben. Das Niveau ist ganz schön gesunken in den letzten Jahren. Der Tiefpunkt waren wohl die 3 Artikel die aus der Feder der Atomlobby stammen könnten.
Vielleicht ist er ja bald wieder im Fernsehen zu sehen mit "Bild"-TV.
Da passt er hin...
 
26. February 2008, 21:13   #22
Ben-99
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... 1968 - da konnte man dem "Spiegel" noch vertrauen, was den kritischen Umgang mit der Springer-Presse betraf. Teils amüsiert, teils wehmütig erinnert Stefan Niggemeier in einem lesenswerten Beitrag an die leider längst vergangenen Zeiten, lobt allerdings auch den freien Zugang zum gesamten "Spiegel"-Archiv, der meines Erachtens die Online-Recherche, was historische Themen betrifft, in Zukunft revolutionieren wird. Denn nie war es leichter, kostenlos auf Original-Artikel und somit auf wichtige Daten und Fakten der letzten Jahrzehnte zuzugreifen:

Springer 1968, im „Spiegel” der Zeit

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Gruß Ben
 
15. April 2008, 16:41   #23
Ben-99
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... Gregor Gysi war früher mal "Vorturner der PDS". Und Oskar Lafontaine ist als "Vereinfacher" nicht nur der "gnadenlose Populist von der Saar", sondern auch noch ein "Freund Irans". Und der "Blick vieler Linker auf den Staat Israel" ist "äußerst simpel", weil nämlich: "geprägt von einseitigen Bekenntnissen zum 'Befreiungskampf des palästinensischen Volkes'". Ansonsten tummeln sich in der Linkspartei vor allem "Fundis und reaktionäre SED-Kader".

Wer behauptet das? Ein "Spiegel-Online"-Redakteur. Ach so, in einem Kommentar, in einer Glosse? Nein in einem ganz normalen Kurzbericht über die gestrige Rede von Gregor Gysi auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, in der er zwar den Umgang Israels mit den Palästinensern kritisierte, gleichzeitig aber auch zu Recht vor Antizionismus warnte.

Und nun frage ich mich, ob die Unterscheidung zwischen sachlichen Berichten und persönlichen Kommentaren, die auf jeder Journalisten-Schule gelehrt wird, inzwischen auch noch für "SpOn"-Redakteure gilt:

Brisante Rede: Gysi geißelt linken Antizionismus

Gruß Ben
 
17. April 2008, 10:28   #24
tw_24
 
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Die Linke hat, da liegt der SPIEGEL online-Autor durchaus richtig, zumindest ein paar Prominente in ihren Reihen, die ein etwas seltsames Verhältnis zu Israel pflegen, und wenn Gregor Gysi anmerkt, die Beziehungen zwischen der DDR und Israel seien nicht die besten gewesen, nämlich gar keine, liegt er auch nicht falsch, schließlich anerkannte die DDR Israel erst nach der "Wende"; und daß die DDR die Arisierungen der Nazis nicht rückgängig machte, gehört zu deren Geschichte ebenso.

Ob allerdings antizionistische Ansichten die DDR nur in der Linkspartei überlebten, bliebe sicher zu diskutieren, aber Gregor Gysi befaßte sich nun mal mit der Linken und nicht etwa der CDU. Und zu nennen wären da sehr wohl Oskar Lafontaine, dem die FAZ mal die schöne Überschrift "Lafontaine nimmt Iran in Schutz" widmete, und Norman Paech, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, der - wie bemerkenswert viele andere Deutsche - kürzlich vor Ort war, um "sich ein Bild" zu machen.

Wo Oskar Lafontaine "Schnittmengen zwischen linker Politik und islamischer Religion" entdeckte, plädiert der andere offen für Gespräche mit den Islamisten der Hamas und läßt, geht es um Israels Politik, ein Ressentiment nach dem anderen heraus. Von "israelischen Trupps" berichtet er dann, welche nachts die armen "Palästinenser" in einem "offenen Gefängnis", einem "überbevölkerten Landstrich", in "Kollektivhaft" nehmen, ein Terror offenbar, der "kriminelle Formen" annehme.

Nicht kriminell dagegen sind ihm Kassams und Überfälle der Hamas auch noch ausgerechnet auf die einzigen Versorgungsleitungen, durch die Gaza mit Treibstoff versorgt wird. Da muß man sich hinterher freilich nicht wundern, wenn Israel aus Sicherheitsgründen mal den Gashahn zudreht, aber natürlich kommt dann wieder jemand wie Norman Paech und krawallt "Kollektivstrafe" oder "Blockade" und erinnert - Israel, nicht die Hamas - an "Völkerrecht". Daß die Hamas in Gaza die Bevölkerung in Geiselhaft nimmt, kommt ihm nicht in den Sinn.

Es fällt jedenfalls auf, daß der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion gegenüber der Hamas oder anderen islamistischen Terroristen große Milde zeigt, gegenüber Israel aber durch eine Wortwahl auffällt, die am Ende an Frechheit nur noch dadurch übertroffen wird, daß Norman Paech sich ausdrücklich auf einen Ilan Pappe bezieht, der der National-Zeitung ein Interview gab, aber, wie sollte es anders sein, nicht wissen wollte, mit wem er sich da einließ.

Nur harmoniert er ja mit seinen Ansichten, die vor ein paar Jahrzehnten indes schon Joan Peters in ihrer Studie From Time Immemorial zu widerlegen wußte, dennoch sichtlich gut mit den Nazis - und eben Norman Paech. Kommt da jemand ob dieser inhaltlichen Übereinstimmungen auf die Idee, die Linke müsse ihr Verhältnis zu Israel überdenken, ist das also in der Tat wohl so nötig wie - angesichts des Personals - verwunderlich, freilich aber kaum mehr als ein Strohfeuer aus gegebenem Anlaß. Um die Initiative Hamas raus aus den Köpfen ist es schließlich mittlerweile auch wieder recht still geworden.

MfG
tw_24
 
17. April 2008, 12:55   #25
Ben-99
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... es ging mir diesmal ausnahmsweise weniger um die inhaltlichen Aussagen, sondern um die Art und Weise, wie man neuerdings beim "Spiegel" nicht mehr zwischen Bericht und Kommentar unterscheidet, wenn es um die ungeliebten Spitzenpolitiker der Linkspartei geht. Auch wollte ich dafür nicht extra einen neuen Thread aufmachen.

Oder könntest Du Dir einen Bericht über eine aktuelle Rede bei anderen Politikern vorstellen, der mit Floskeln bestückt ist wie: "Der Staatsspitzel und notorische Grundrechteverletzer Wolfgang Schäuble betonte in seiner Rede, daß ...", oder: "CDU-Vorturnerin Angela Merkel, die erst jüngst auf äußerst peinliche Art ihre prallen Brüste zur Schau stellte, sagte zur drohenden Klimakatastrophe ...".

Solche flapsigen Sprüche würde sich ein Autor höchstens in einem bewußt polemisch gehaltenen persönlichen Kommentar trauen. Aber wenn es um Berichte über Gysi und Lafontaine geht, meinen manche Schreiberlinge, Narrenfreiheit zu besitzen.

Gruß Ben
 
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