Skats

Datenschutzerklärung Letzten 7 Tage (Beiträge) Stichworte Fussball Tippspiel Sakniff Impressum
Zurück   Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben
Registrieren Hilfe Benutzerliste Kalender Alle Foren als gelesen markieren


 
 
24. May 2007, 08:37   #176
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
24. Mai 1812: "Singe, wem Gesang gegeben" wird gedichtet

"Singe, wem Gesang gegeben" - ein Satz, ein Vers, ein Lied? Es gibt Worte, die geistern in der Welt herum, als hätte es sie immer schon gegeben. Ihre Erfinder sind längst vergessen. Die fragliche Zeile hat sich der schwäbische Dichter Ludwig Uhland ausgedacht und am 24. Mai 1812 in seinem Tagebuch notiert. "Man verbindet mit seinen Gedichten nicht mehr seinen Namen, weil seine Gedichte zu volkstümlich waren", erklärt Wilfried Setzler, Kulturamtsleiter in Uhlands Heimatstadt Tübingen.

Uhland gehört zu den Dichtern der Romantik, die gegen die festen Formen der Klassik anschreiben. Gedichte sollen klingen wie Volkslieder, denn Gedichte werden in dieser Zeit umgehend vertont. Das Singen wird organisiert, es entstehen Liedertafeln und Gesangsvereine. Dort wird aber nicht nur gesungen, sondern auch debattiert. "Das hängt damit zusammen, dass das Bürgertum ein ganz neues Selbstbewusstsein entwickelt", sagt Kulturamtsleiter Setzler. "Das Singen verbindet alle: den Bauern, den Politiker, den Handelsmann." Sogar die Schranke zwischen Bürger und Adel werde durch den Gesang niedergerissen. Zugleich soll die Zerstückelung Deutschlands in hunderte Fürstentümer überwunden und ein Land geschaffen werden - indem es sich auf gemeinsame Wurzeln im Volkslied besinnt.

In der letzten Strophe von Uhlands Gedicht "Freie Kunst", das mit der Zeile "Singe, wem Gesang gegeben" beginnt, heißt es: "In den frischen Eichenhainen webt und rauscht der deutsche Gott". Uhland Eintreten für eine deutsche Nation, seine Suche nach Volksnähe haben die Herrschenden über Jahrhunderte für nationale Propaganda benutzt - vom Kaiserreich bis zu den Nationalsozialisten. "Er ist einer der volkshaftesten Dichter, vielleicht der volkshafteste Dichter, den wir überhaupt besitzen", sagt 1937 Richard Suchenwirth, Mitbegründer der österreichischen NSDAP, zur Feier von Uhlands 150. Geburtstag. Vom Gedicht "Freie Kunst" bleibt unterdessen nur die erste Zeile erhalten, der Rest wird umgedichtet. Das sei das Schicksal eines Volksliedes, sagt Lutz Röhrich vom Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg. Es lebe in der mündlicher Überlieferung. "In dem Moment ist der Text nicht nur ein fixer Text eines Dichters, sondern ein vom Volk zu seinem Eigentum gemachter Text", so Röhrich. Das Lied mit dem Originaltext von Ludwig Uhland gibt es heute in keinem Plattenladen zu kaufen.

Klick
 
2. June 2007, 09:10   #177
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
25. Mai 1977: Uraufführung des Film "Krieg der Sterne"

Als "Star Wars" am 25. Mai 1977 Premiere feiert, ahnt niemand, dass dieses leichtgewichtige Weltraummärchen die internationale Kinolandschaft in eine neue Dimension katapultieren wird. Mit Luke Skywalker, Prinzessin Leia und Darth Vader beginnt das Film-Zeitalter der Special-Effect-Orgien, von Dolby Surround und THX-Ton, von Merchandising, Video-Vermarktung und PC-Spielen. "Star Wars" ist kein bloßer Film mehr, sondern der Grundstein zu einer ganzen Industrie-Galaxie. Ihr Schöpfer heißt George Walton Lucas Jr., heute 64 Jahre alt und dank "Star Wars" einer der reichsten Männer der Welt und Imperator des neuen Hollywood.

Eine "alberne Weltraum-Oper" lästert Columbia-Studioboss David Begelman über das Projekt, das ihm George Lucas, bekannt geworden als Regisseur von "American Graffiti", Mitte der 70er Jahre präsentiert. Die Story ist einfach wie ein Comic Strip: Der blonde Held Luke Skywalker verlässt seinen Heimatplaneten, trifft auf den Weisen Ben Kenobi und den Astro-Western-Draufgänger Han Solo. Mit deren Hilfe und nach Weltraum-Abenteuern unglaublichen Ausmaßes befreit er die entführte Schneewittchen-Prinzessin Leia von einem Zerstörungsplaneten, der schließlich in einer gigantischen Explosion in die Luft fliegt. Für die lustigen Momente sorgen zwei eng mit Laurel & Hardy verwandte Komiker, die Roboter R2D2 und C3PO. Allzu banal erscheint Begelman das ganze Brimborium und lehnt ab. Lucas stellt daraufhin seinen Sternenkrieg allein auf die Beine - und den Studio-Mogul kostet das Nein später den Job.

Gekostet hat "Krieg der Sterne" die heute läppisch klingende Summe von elf Millionen Dollar. Weltweit spielt allein der erste Teil über 700 Millionen Dollar ein. Insgesamt haben die "Star Wars"-Episoden I bis VI bis heute rund fünf Milliarden Dollar in die Kinokassen fließen lassen. "Als ich Anfang dreißig war, warf die erste Star-Wars-Trilogie mein Leben um", bekennt George Lucas später. "Das hatte ich nicht geplant, es war eine Art Unfall." Lucas verzichtet deshalb nach Teil eins auf die Regie der weiteren Folgen und zieht aus dem Hintergrund die Fäden. So entwickelt seine Firma "Industrial Light & Magic" die optischen Leinwand-Wunder, ohne die auch Blockbuster wie "Jurassic Park" oder "Independence Day" nicht möglich gewesen wären.

Klick
 
2. June 2007, 09:11   #178
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
26. Mai 1907: Geburtstag John Wayne

Schlagen, schießen, saufen - raufen, reiten, rauchen: Das Leinwand-Image von John Wayne hat klare Konturen. Kritiker werfen dem amerikanischen Schauspieler vor, immer nur die gleiche Rolle zu spielen. Wayne entgegnet darauf, dass ihm die Ehefrau von Filmstar Harry Carey geraten habe: Enttäusche die Erwartungshaltung des Publikums nicht. "Das war der beste Rat meines Lebens", sagt Wayne später. Obwohl er auch Abenteuer- und Kriegsfilme dreht, ist Wayne die Inkarnation des Western. Geboren wird er am 26. Mai 1907 als Marion Michael Morrison in der Stadt Winterset in Iowa. Nach einer Lungenkrankheit des Vaters zieht die Familie nach Kalifornien. John lernt früh reiten und legt die zehn Meilen zur Schule meist im Sattel zurück. Weil er beim Zeitungsaustragen ständig von seinem Airedale-Terrier begleitet wird, gibt man ihm den Namen seines Hundes: "Duke", der Herzog. Diesen Spitznamen wird John Wayne nicht mehr los. Zwar will er Rechtsanwalt werden, doch Jobs als Kulissenschieber und Statist bringen ihn zum Film.

Ein Raubein mit Ecken und Kanten
Seine erste große Rolle spielt er 1929 mit 22 Jahren in "The Big Trail" als Scout. In Anlehnung an Anthony Wayne, einen General, der Indianer bekämpfte, lässt ihm Regisseur Raoul Walsh den Künstlernamen John Wayne geben. Zehn Jahre lang kämpft und reitet Wayne als vielbeschäftigter Hauptdarsteller in Billig-Western. Aber er mag die Westernhelden der 30er Jahre nicht. Sie sind ihm zu edel. Doch dann katapultiert ihn 1939 seine Rolle als Ringo im Erfolgsfilm "Höllenfahrt nach Santa Fé" ("Stage Coach") in die erste Liga. Wayne wird zum Kassenmagneten und schafft es, 25 Jahre ohne Unterbrechung in der Liste der bestverdienenden Stars zu stehen. Nach seinem Durchbruch als Hollywood-Star kann Wayne auch Rollen annehmen, die weniger gelackt sind - wie "Rio Bravo" (1958) und "El Dorado" (1966) von Howard Hawks. Im Film "Der Marschall" spielt der 1,93 Meter große Wayne ein Raubein mit Ecken und Kanten. 1969 erhält er dafür seinen einzigen Oscar.

John Wayne wird zur lebenden Legende - und zum Lieblingsfeind aller Liberalen. Der erzkonservative Republikaner unterstützt 1964 bei der US-Präsidentenwahl den rechten Senator Barry Goldwater. Als Antikommunist befürwortet Wayne auch die Verfolgung von Hollywood-Linken in der McCarthy-Ära. Wayne schätzt Richard Nixon und hält die Watergate-Affäre für reine Sensationsmacherei. Frauen gehören für ihn in die Küche. Auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges erklärt Wayne, dass er keinen Augenblick zögern würde, auf einen Vietcong zu schießen. Mit 55 Jahren erkrankt Wayne an Krebs. Als Krankheitsursache gelten die Dreharbeiten für den Film "Der Eroberer" in der Nähe eines atomaren Testgeländes in Nevada. 15 Jahre lang filmt und überwindet Wayne verschiedene Krebsoperationen, bis er am 11. Juni 1979 in Los Angeles stirbt.

Klick
 
2. June 2007, 09:13   #179
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
27. Mai 1652: Geburtstag von Liselotte von der Pfalz

Liselotte von der Pfalz kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Neun Tage lang sitzt die 19-Jährige im November 1671 in der Kutsche auf dem Weg nach Frankreich, und das Heimweh nach ihrem geliebten Heidelberg raubt ihr fast den Verstand. In der Fremde soll Liselotte den zwölf Jahre älteren Philipp von Orleans, den Bruder Ludwigs XIV. heiraten, der seit kurzem - wohl durch Giftmord - Witwer ist. Es ist eine Ehe aus Staatsräson, die das Herrschaftsgebiet des Vaters durch das starke Bündnis mit Frankreich sichern soll. Wie immer fügt sich die junge Frau in ihr Schicksal. "Heürath seindt wie der tod", wird sie später in einem ihrer vielen Briefe schreiben. "Wie es von unserem Herrgott verhängt ist, so muss es geschehen."

Allein mit Hunden und mit Papageien
Elisabeth Charlotte ("Liselotte") von der Pfalz wird am 27. Mai 1652 als Tochter des Kurfürsten Karl Ludwig in Heidelberg geboren. Kurz zuvor hat der Dreißigjährige Krieg die einst blühende Pfalz in Schutt und Asche gelegt. Der Kurfürst, Sohn des Winterkönigs, ist notorisch knapp bei Kasse. Er schickt Liselotte zu ihrer Tante Sophie an den Hof von Hannover. Es werden die glücklichsten vier Jahre ihres Lebens. Viele von Liselottes späteren Briefen werden an Sophie gerichtet sein.

Für die Heirat mit dem affektierten Philipp muss Liselotte zum Katholizismus übertreten und die Heimat verlassen. Die Ehe ist nicht glücklich. Der Schönling gibt sich lieber mit jüngeren Männern ab. Dann legt sich Liselotte mit einer Mätresse Ludwigs XIV. an und beschimpft sie in ihren von der Zensur gelesenen Briefen als "bösen Teuffel". So verliert sie auch die Gunst des Königs. Als Ludwigs XIV. in ihrem Namen Anspruch auf die Pfalz erhebt und seine Truppen marodierend durch Liselottes Heimat streifen lässt, zieht sie sich mit ihren Hunden und Papageien in ihre Privatgemächer zurück.

Immer stärker flüchtet sich Liselotte in ihre Briefe, von denen sie täglich mehrere schreibt. 60.000 sollen es insgesamt gewesen sein, rund ein Zehntel sind erhalten. Stunden um Stunden verbringt sie mit ihrer Korrespondenz, in denen sie auf Deutsch und Französisch die Heuchelei und die Oberflächlichkeit bei Hofe mit Witz und Klugheit geißelt. Zu den Adressaten gehört auch Gottfried Wilhelm Leibniz. Das Schreiben gibt Liselotte offenbar genügend Kraft, um nicht nur ihren Mann, sondern auch seinen Bruder, den König, zu überleben. Nach dessen Tod wird ihr Sohn Regent von Frankreich, sie selbst erste Dame im französischen Staat. Am 3. Dezember 1722 schreibt Liselotte an ihre Halbschwester Louise ihren letzten Brief. Fünf Tage später stirbt sie auf Schloss Saint-Cloud bei Paris.

Klick
 
2. June 2007, 09:18   #180
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
28. Mai 1907: Erste Tourist Trophy auf der Isle of Man

In jedem Frühjahr geschieht Erstaunliches auf einer kleinen Insel mitten in der Irischen See. Zwei Wochen lang verzichten die Bewohner der Isle of Man auf ihr beschauliches Leben und verwandeln die Insel in ein Eldorado für Motorradfans. Seit 100 Jahren ist das 572 Quadratkilometer große Eiland Austragungsort der Tourist Trophy, des traditionsreichsten und mörderischsten Motorradrennens der Welt. Auch in diesem Jahr sind vom 25. Mai bis zum 8. Juni Zehntausende Biker angereist, um ohne Tempolimit auf öffentlichen Straßen um die Insel zu heizen. Und auch in diesem Jahr dürften einige von ihnen die Heimreise in einem Sarg antreten.

Sieger der ersten Tourist Trophy, unter Kennern kurz "TT" genannt, war P.J. Evans. Er bewältigte den seit 1907 unveränderten, rund 60 Kilometer langen Rundkurs in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 66 km/h. Heutige Profis erreichen auf der Strecke, die durch 240 Kurven, über wechselnde Straßenbeläge, durch Dörfer und über Gebirgsstraßen führt, durchschnittlich 200 km/h und Spitzengeschwindigkeiten von 300 Stundenkilometern. Wen wundert es, dass bereits mehr als 200 Fahrer ihr Leben gelassen haben - offiziell. "In Wahrheit sind es über 1.000", verrät der mehrfache deutsche Grand-Prix -Sieger und TT-Teilnehmer Markus Barth. Sinnigerweise befindet sich die Start/Ziel-Zone direkt neben dem Insel-Friedhof.

Möglich ist dieses Rennen nur, weil die Isle of Man eine von Großbritannien unabhängige Gesetzgebung genießt. Immerhin wurde der Tourist Trophy Mitte der 70er Jahre aus Sicherheitsgründen der Status "Offizieller WM-Parcours" entzogen. Den Mythos als Härtetest für moderne Gladiatoren hat dies aber eher noch gefördert. Ein TT-Sieger kassiert nicht nur rund 30.000 Euro, er ist ein Held - wie der Brite David Jeffries. 2002 unterbot der neunfache Trophy-Champion als Erster die Schallgrenze von 18 Minuten pro Runde. "Du musst absolut wissen, was du tust", warnte Jeffries anschließend alle Amateur-Piloten. Im Jahr darauf ist auch der Rekordfahrer tot. Von einer Öllache aus der Spur gebracht, prallt Jeffries gegen eine Wand. Wie bei jedem anderen Unfall verbucht die Insel-Polizei auch diesen Toten schlicht als Verkehrsopfer.

Klick
 
2. June 2007, 09:22   #181
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
29. Mai 1982: Romy Schneider stirbt in Paris

Rosemarie Magdalena Albach wird am 23. September 1938 in Wien geboren. Ihre Eltern - Wolf Albach-Retty und Magda Schneider - sind erfolgreiche Schauspieler. Ihre Tochter wächst in Berchtesgaden auf, oft allein, später, nach der Scheidung der Eltern, in einem Internat. Mit 15 Jahren spielt sie erstmals in einem Film: "Wenn der weiße Flieder wieder blüht." Ein Jahr später dreht Romy Schneider einen Film, von dem sie später sagt, er klebe an ihr "wie Grießbrei": "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin."

Das verzaubernde Lächeln des Mädchens in dem süßlichen Adels-Kitsch wird zum Mega-Erfolg der Wirtschaftswunderjahre. Romy Schneider spielt mit bis "Sissi III". Dann lehnt sie eine Gage von einer Million D-Mark ab und zieht zu ihrem Geliebten Alain Delon nach Paris. Die deutsche Boulevardpresse verurteilt sie dafür. An Stammtischen wird sie "Franzosenhure" genannt. Außerdem opfert sie der Liebe zunächst ihre Karriere, denn in Frankreich ist sie unbekannt. Das ändert erst Luchino Visconti, der ihr die Hauptrolle in einem Theaterstück gibt: "Schade, dass sie eine Hure ist."

Wieder Delon und noch einmal Sissi
1963 trennt sich Delon von ihr. Dafür geht es beruflich mit Romy Schneider steil nach oben: Sie dreht Filme von Otto Preminger und Orson Welles, wird in Hollywood engagiert. Schließlich geht sie mit dem Theaterregisseur Harry Meyen zurück nach Deutschland. Sie bekommt einen Sohn, David, versucht ein zurückgezogenes Leben. 1968 ruft Alain Delon bei ihr an: Sie soll seine Filmpartnerin in "Der Swimmingpool" sein. Romy Schneider geht wieder nach Frankreich, dreht die erotische Vierecksgeschichte im heißen Südfrankreich als Partnerin ihres früheren Partners. Damit beginnt ihre zweite Karriere, mit dunklen, schweren Filmen über sinnliche und gebrochene Frauen: "Die Dinge des Lebens", "Das Mädchen und der Kommissar", "César und Rosalie". Zwei Mal gewinnt sie den renommiertesten französischen Filmpreis "César".

Privat wird Romy Schneider ihren späten Rollen immer ähnlicher. 1972 spielt sie für Viscontis "Ludwig II." noch einmal die "Sissi", aber jetzt als zerrissene und todessehnsüchtige Kaiserin. 1975 wird Schneider von Harry Meyen geschieden, aber auch die Ehe mit Daniel Biasini, mit dem sie eine Tochter hat, scheitert. Romy Schneider greift immer öfter zu Alkohol und Tabletten. 1976 spielt sie eine suchtkranke Frau: "Mado". 1981 verunglückt ihr Sohn tödlich: Er verblutet aufgespießt auf einem Zaun. Nur wenige Monate danach spielt Romy Schneider an der Seite eines 14-jährigen Jungen, dessen Rolle eigentlich David bekommen sollte. Die Dreharbeiten für "Die Spaziergängerin von Sans-Souci" werden für sie zu einer Tortur. Es ist ihr letzter Film. Romy Schneider stirbt am 29. Mai 1982 in Paris an Herzversagen. Sie ist 43 Jahre alt.

Klick
 
2. June 2007, 09:25   #182
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
30. Mai 727: Hubertus von Lüttich stirbt

Der Überlieferung zufolge wird er um das Jahr 655 geboren und lebt später am Hof Theoderichs III. in Paris und bei Pippin dem Mittleren in Metz: Hubertus ist demnach ein erfolgreicher Mann, verheiratet und hat einen Sohn namens Floribert. Aber der Tod seiner Frau wirft Hubertus aus der Bahn: Er gibt das höfische Leben auf und zieht sich in die Wälder der Ardennen zurück. Hier geschieht dann der Legende nach, was Hubertus bis heute berühmt macht: Bei der Jagd legt er einmal seinen Bogen auf einen Hirsch an, der im Morgennebel auf einer Lichtung steht. Plötzlich sieht er zwischen dem Geweih des Tieres ein Kreuz in einem Strahlenkranz. Hubertus versteht die Vision als göttliches Zeichen: Die Zeit von Rückzug und Trauer ist vorbei, Hubertus fühlt sich berufen.

Für Jäger, Metzger und Hunde
Historisch gesichert ist, dass Hubertus daraufhin Bischof von Lüttich wird, wo er am 30. Mai 727 stirbt. Und hier beginnt seine große Geschichte: Die Hirsch-Legende, die ursprünglich eigentlich vom Heiligen Eustachius erzählt wurde, geht auf Hubertus über und macht ihn zum Patron der Jäger, aber "nebenbei" auch der Metzger, Kürschner, Büchsenmacher und sogar der Hunde. Die Jagd ist im Mittelalter Sache des Adels, Großwild darf sogar nur der Hochadel jagen. Am 30. September 743 - das Datum begründet bis heute den Hubertustag der Jäger - werden seine Gebeine aus dem Grab geholt und an eine Kirche in den Ardennen gebracht. Der Ort heißt heute "St. Hubert" und ist Zentrum des Hubertus-Kults, obwohl die Reliquien in den Wirren der Reformationszeit verschwinden.

Im späten Mittelalter bilden sich zahlreiche Hubertus-Bruderschaften in Europa. In Deutschland wird die Jagd nach der Revolution von 1848 demokratisiert. Damit wird Hubertus der Patron auch bürgerlicher Jäger. Das beschert dem Hirsch mit dem Kreuz im Geweih eine neue Karriere: Er wird Hauptdarsteller auf Kitschgemälden und Kräuterschnapsflaschen.

Klick
 
2. June 2007, 09:27   #183
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
31. Mai 1987: Uwe Barschel überlebt Flugzeugabsturz

31. Mai 1987: Das Wetter ist miserabel, als Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Uwe Barschel von einem Treffen mit Bundeskanzler Helmut Kohl in Bonn zurück Richtung Norden fliegt. Die zweistrahlige Cessna steuert den kleinen Flugplatz Lübeck-Blankensee an, der 15 Kilometer von Barschels Haus in Mölln entfernt liegt. Gegen 23 Uhr beginnt der Landeanflug. Die Sicht ist schlecht. 700 Meter vor der Landebahn streift die Maschine einen Mast und stürzt ab. Barschels Fahrer Karl-Heinz Porsch beobachtet die Tragödie vom Boden aus und eilt zu Hilfe: "Wir haben ihn erstmal aus der Gefahrenzone rausgetragen." Beide Piloten sterben noch vor Ort, Barschels Leibwächter einige Tage später. Barschel hatte sich durch eine Öffnung im Rumpf ins Freie retten können.

Als er nach der Genesung von mehreren Rippen- und Wirbelbrüchen den Landtagswahlkampf beginnt, wirkt Barschel wie ausgewechselt. Der als skrupellos und machtversessen geltende Karrierepolitiker, der es aus einfachen Verhältnissen zum jüngsten Ministerpräsidenten der Bundesrepublik gebracht hatte, schlägt plötzlich andere Töne an: "Wem das Leben buchstäblich noch einmal geschenkt wurde ( ...), der wird nachdenklicher, der wird auch bescheidener." Politische Kenner glauben allerdings nicht an diese wundersame Wandlung. Für viele sei der Wahlkampf-Auftritt mit Krückstock eine Schauspielerei, sagt Barschels damaliger Parteifreund Henning Schulz: "Ich habe subjektiv für mich gesagt, der Barschel macht da eine ganz eindrucksvolle Attitüde, aber seinen Kern hat das nicht erreicht."

"Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort"
Während Barschel öffentlich über den Sinn des Lebens philosophiert, läuft im Hintergrund eine Kampagne, die einige Monate später ans Licht kommt. Der Christdemokrat lässt bereits seit Wochen seinen SPD-Gegenkandidaten Björn Engholm bespitzeln. Dafür hat der den Journalisten Reiner Pfeiffer als "Medienreferent" in die Staatskanzlei geholt. Der populäre Engholm soll durch Gerüchte über seine angebliche Homosexualität diskreditiert werden. Eine Woche vor der Wahl macht der "Spiegel" die Machenschaften publik. Die CDU verliert die Wahl. Barschel leugnet alle Vorwürfe und gibt wenige Tage später eine Pressekonferenz: "Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind." Vier Wochen später wird der 43-Jährige am 11. Oktober 1987 tot in einer Badewanne im Genfer Hotel "Beau Rivage" aufgefunden. Monatelange Ermittlungen ergeben: Es war Selbstmord.

Bis heute hält sich allerdings die These, Barschel sei einem Komplott zum Opfer gefallen. Journalist Wolfram Baentsch glaubt, Barschel habe einen dubiosen Waffendeal aufgedeckt, der über Schleswig-Holstein gehen sollte: Waffen für den damaligen Iran-Irak-Krieg. Das habe Barschels Ethos widersprochen, meint Baentsch, deshalb sei dieser von Geheimdienst-Leuten liquidiert worden. Seiner Ansicht nach war der Flugzeugabsturz kein Pilotenfehler, sondern der erste Mordversuch. Eine Sicht, die Barschels Witwe Freya unterstützt.

Klick
 
2. June 2007, 09:30   #184
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
01. Juni 1927: Der Hindenburgdamm nach Sylt wird eingeweiht

Welch ein historischer Tag für das kleine Nordfriesen-Eiland Sylt! Nahezu vollzählig sind die Insulaner am Bahnhof angetreten, um mit viel Tschingderassabum den greisen Reichspräsidenten und legendären "Held von Tannenberg" willkommen zu heißen. Paul von Hindenburg gibt sich die Ehre, als erster offizieller Fahrgast persönlich über den nach ihm benannten Eisenbahn-Damm nach Sylt zu reisen. Aber längst nicht alle jubeln dem großen Preußen zu. Nicht wenige Einheimische haben Angst, dass die neue, elf Kilometer lange Nabelschnur, die Sylt nun mit dem Festland verbindet, zu viele Fremde auf ihre Insel schwemmen wird.

Beschwerlich und zeitaufwendig war eine Sylt-Passage bis zu jenem Tag. Wegen des Gezeitenwechsels mussten Reisende oft stundenlange Wartezeiten hinnehmen, ehe das Fährschiff ablegen konnte. Spielte das Wetter mit, dauerte die Überfahrt dann gut sieben Stunden. Bei Sturm oder im Winter konnten daraus aber auch zwei oder gar drei Tage werden. So tauchten bereits 1856 erste Pläne auf, Sylt an der schmalsten Stelle des Wattenmeers mit der Küste zu verbinden. Erst über 50 Jahre später bewilligte der preußische Landtag zehn Millionen Reichsmark für den Bau des Damms. Weil kurz vor Beginn der Arbeiten der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden die Pläne zunächst wieder auf Eis gelegt.

Nach Kriegsende hatte sich die politische Landkarte entscheidend verändert. Sylt war zwar deutsch geblieben, doch der Fährhafen Hoyerschleuse in Nordschleswig gehörte nun zu Dänemark, was für Sylt-Reisende neue Unannehmlichkeiten wie Fahrten in vom Zoll verschlossenen Zügen durch Dänemark sowie Pass- und Visumzwang bedeutete. Diese Situation brachte aber politisch frischen Wind in den geplanten Dammbau, der 1923 endlich in Angriff genommen wurde. Obwohl zunächst eine Sturmflut vier Monate nach Baubeginn alles Erreichte wieder vernichtete, konnte schon ab 1925 eine Bahnverbindung für den weiteren Baubetrieb genutzt werden. Ende 1926 war der Damm mit einer Breite von elf und einer Höhe von siebeneinhalb Metern dann weitgehend fertiggestellt. Die Angst vieler alter Sylter vor den Fremden war unterdessen aber nicht geringer geworden. Der Morsumer Pastor Hans Johler, stets einer der engagiertesten Damm-Befürworter, überquerte deshalb als erster Inselbewohner demonstrativ zu Fuß den aufgeschütteten Steinwall Richtung Festland.

Dort musste er dann bleiben, denn für seine fortschrittliche Tat jagten ihn seine Morsumer Schäfchen zum Teufel.

Klick
 
2. June 2007, 09:33   #185
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
02. Juni 1967: Benno Ohnesorg wird erschossen

2. Juni 1967: Der Schah von Persien und seine Frau Farah Diba werden in West-Berlin erwartet. Bundespräsident Heinrich Lübke und seine Frau Wilhelmine freuen sich auf den gemeinsamen Opernabend. Doch auf der Straße teilen hunderte Studenten diese Freude nicht. Sie werfen dem Schah-Regime Unterdrückung und Folter vor. Mit Worten, Eiern und Tomaten machen sie ihrer Wut Luft. Der Wagen des Schahs wird unter das Vordach der Oper gefahren, damit ihn die Wurfgeschosse nicht treffen. Der iranische Attaché hat Schah-Anhänger zum Tagessatz von 80 Mark einfliegen lassen. Die so genannten Jubel-Perser dreschen mit Zaunlatten auf die Demonstranten ein. Die Polizei sieht zu. Dann erteilt Berlins Regierender Bürgermeister Heinrich Albertz den Befehl, bis zum Schlussapplaus die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.

Während in der Oper die Zauberflöte ertönt, eskaliert draußen die Lage. Die Polizei jagt die Demonstranten auseinander. Sie flüchten in Toreinfahrten und Hauseingänge. Theologie-Student Benno Ohnesorg ist kein erfahrener Demonstrant. Der 26-Jährige im roten Hemd fällt auf. Er will ein Handgemenge schlichten - und gerät selbst ins Visier. Ein Augenzeuge beobachtet, wie eine Gruppe von Polizisten auf Ohnesorg einschlagen: "Dieser war völlig wehrlos, völlig passiv, und dann habe ich plötzlich das Mündungsfeuer von einer Pistole gesehen." Der Schuss stammt aus der Waffe des Polizisten Karl-Heinz Kurras. Bis der sterbende Ohnesorg ins Krankenhaus eingeliefert wird, vergeht fast eine Stunde - zu spät für jede Hilfe.

Ohnesorgs Tod markiert eine Wende. Michael "Bommi" Baumann, später Gründungsmitglied der Terrorgruppe "2. Juni", erlebt den Tag mit der späteren RAF-Terroristin Gudrun Ensslin: "Gudrun hat da gestanden und gesagt: Das sind immer dieselben Faschisten, die werden auch uns alle töten. Wir müssen anfangen, uns zu bewaffnen." Aus der antiautoritären Revolte in Berlin wird eine bundesweite Protestbewegung, erinnert sich auch der spätere Außenminister Joschka Fischer (Grüne): "Das hat mich politisiert, radikalisiert. Ein Schritt gab den anderen." Für tausende Studenten steht nun fest, dass die westdeutsche Demokratie nur auf dem Papier existiert. Erst recht, als klar wird: Todesschütze Kurras wird freigesprochen. "Da begriffen wir, dass Freiheit in diesem Staat die Freiheit der Polizeiknüppel ist", schreibt Journalistin Ulrike Meinhof. Die Politik reagiert spät: Erst tritt Berlins Polizeipräsident zurück, dann der Innensenator und schließlich Bürgermeister Albertz. Ein Sieg für die Außerparlamentarische Opposition (APO). Wenig später gehen die ersten Brandsätze in Frankfurter Kaufhäusern hoch. Andreas Baader wird mit Hilfe von Ulrike Meinhof aus dem Gefängnis befreit. Zusammen gründen sie die "Rote Armee Fraktion" (RAF).

Klick
 
7. June 2007, 10:05   #186
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
03. Juni 1977: Tod des Filmregisseurs Roberto Rosselini

Sein Werk umfasst über 40 Filme, sein Ruhm jedoch gründet sich auf den wenigen, die er in den ersten Nachkriegsjahren gedreht hat. Freunde bringen den 1906 in Rom geborenen Roberto Rosselini gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beim Film unter. Noch während der deutschen Besetzung Roms beginnt er mit den Dreharbeiten zu seinem Erstling "Rom, offene Stadt", mit seiner späteren Freundin Anna Magnani in der Hauptrolle. Völlig unter dem Eindruck von Mussolini-Diktatur und Kriegselend schildert Rosselini die Zeitenwende in seiner Heimat illusionslos und mit eindringlicher Wahrhaftigkeit. In "Paisa" (1946) vervollkommnet er seinen Stil, der seit Luchino Viscontis"Ossessione" (1942) als Neorealismus bezeichnet wird.

Für Filmkenner ist Rosselini der konsequenteste Wegbereiter des Neorealismus; seine weltweite Berühmtheit basiert aber auch auf seinen schlagzeilenträchtigen Liebesaffären. Vor allem die Beziehung zu Anna Magnani und der Verlauf seiner Ehe mit Hollywood-Star Ingrid Bergman, seiner Hauptdarstellerin in "Stromboli" (1950), trägt Rosselini den Ruf eines skrupellosen Verführers ein. 1958 lässt sich die Bergmann unter erheblicher Anteilnahme der weltweiten Boulevard-Presse wieder scheiden, weil Rosselini eine heftige Affäre mit einer Inderin begonnen hat. Um das Sorgerecht für ihre drei Kinder, darunter die später berühmte Tochter Isabella Rosselini, fechten beide jahrelang vor Gericht. Auch filmisch bleibt für Rosselini die Liaison mit Ingrid Bergman - bis auf "Stromboli" - von Misserfolgen geprägt.

Seinem harschen, dokumentarisch geprägten Stil bleibt Roberto Rosselini bis zum Ende seiner Karriere treu. Doch von wenigen kleineren Erfolgen abgesehen, erreicht er nie wieder die formale Intensität und thematische Größe seiner ersten Filme. Enttäuscht wendet sich Rosselini Mitte der 60er Jahre vom Kino ab und erklärt, alles was dort geboten werde, sei "völlig überflüssig". In seinen letzten Lebensjahren produziert er nur noch Fernsehfilme und Dokumentationen. Am 3. Juni 1977, wenige Wochen nach seiner Tätigkeit als Jurypräsident bei den Filmfestspielen in Cannes, erliegt der 71-Jährige in Rom einem Herzinfarkt.

"Er glaubte derjenige zu sein, der das Spinnennetz wob, doch er verfing sich selbst darin", resümierte Federico Fellini das Leben seines Lehrers und Freundes. "Robertos Leben bestand aus Filmen und Liebesaffären."

Klick
 
7. June 2007, 10:08   #187
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
04. Juni 1932: Paul von Hindenburg löst Reichstag auf

Frühjahr 1932: Für die Verteidiger der Weimarer Republik gibt es nur eine Frage: Ist Adolf Hitlers Siegeszug noch zu stoppen? Reichskanzler Heinrich Brüning hatte es mit dem Verbot von SA und SS versucht - ohne Erfolg. Als die Nationalsozialisten Ende April 1932 auch bei den Landtagswahlen in Preußen stärkste Partei werden, platzt Reichspräsident Paul von Hindenburg der Kragen: "Die Regierung muss weg, weil sie zu unpopulär ist. Ich will endlich von den Parteien unabhängige Männer um mich haben." Die alte aristokratische Elite des Kaiserreiches soll das neue "Kabinett der Barone" stellen: Großgrundbesitzer, Unternehmer, Finanziers. Hitler soll sich einer rechten "Regierung der nationalen Konzentration" beteiligen. Durch Kompromisse, so die Hoffnung, würde sein Ruf als Heilsbringer rasch entzaubert.

Doch Hitler sitzt am längeren Hebel: Er hat die Massen hinter sich. Im Mai 1932 ist die NSDAP in allen Landtagen - bis auf den bayerischen - stärkste Partei. Hitlers Preis für die Duldung des neuen "Kabinetts der Barone" ist hoch. "Die Unterredung mit dem Reichspräsidenten ist gut verlaufen", notiert Joseph Goebbels, Propagandaleiter der NSDAP, am 30. Mai 1932 in sein Tagebuch. "Der Reichstag wird aufgelöst. Das ist das Allerwichtigste. ( ...) Wählen, wählen! Heran ans Volk." Ebenso wichtig ist für Goebbels die Weigerung der Nazis, untergeordnete Verantwortung zu übernehmen: "Entweder man hat die Macht oder man bleibt in der Opposition."

Als neuer Reichskanzler wird Franz von Papen eingesetzt. Drei Tage später setzt Reichspräsident Hindenburg Hitlers Forderung nach Auflösung des Reichstages am 4. Juni 1932 um. In der offiziellen Begründung heißt es, der Reichstag entspreche nicht mehr "dem politischen Willen des deutschen Volkes". "Das war programmatisch eine Abkehr von der Demokratie", sagt Prof. Jost Dülffer von der Universität Köln. Nach der Zurücknahme des SA- und SS-Verbotes provozieren die Nazis regelmäßig Straßenschlachten mit Kommunisten, vor allem in Preußen. Die fast hundert Toten nimmt Papen zum Anlass durch den so genannten Preußenschlag die dortige Landesregierung abzusetzen.

Zu diesem Zeitpunkt sind es nur noch zehn Tage bis zu den Neuwahlen. Im Rundfunk sagt von Papen, "der Notbau von Weimar" werde dem deutschen Volk nicht gerecht. Er setzt auf autoritäre Strukturen. Seine deutschnationalen Gesinnungsgenossen erreichen bei der Wahl aber nur sechs Prozent der Stimmen. Die Nazis hingegen verdoppeln mit 37 Prozent ihre Mandate. Als Hindenburg Hitler weiter die Kanzlerschaft verweigert, wird der Reichstag im Sommer 1932 ein weiteres Mal aufgelöst. Erst im Januar 1933 ist Hitler am Ziel: Hindenburg ernennt ihn zum Reichskanzler.

Klick
 
7. June 2007, 10:11   #188
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
05. Juni 1967: Israel beginnt den Sechstagekrieg

Im Frühling 1967 ist die Lage im Nahen Osten gespannt. Israels Nachbarn drohen offen mit Krieg, denn das Existenzrecht des jungen Staates erkennt seit dem Unabhängigkeitskrieg von 1949 kein Staat der arabischen Liga an. Insbesondere Gamal Abdel Nasser, der Präsident Ägyptens, möchte sich über die Auseinandersetzung mit Israel als starker Mann der arabischen Welt profilieren. Über Radio Kairo verbreitet er persönlich die Botschaft: "Packt eure Koffer, bevor wir euch den Krieg bringen. Wenn Israel uns mit Krieg droht, werden wir antworten: Löst ihn doch aus."

Genau das geschieht: Israels Regierung entscheidet sich für einen Präventivschlag. Denn die Angst in dem kleinen Land ist groß, man könne einem gemeinsamen Angriff Syriens, Jordaniens und Ägyptens nicht standhalten. Die USA, selbst im Vietnamkrieg gebunden, haben signalisiert, dass Israel auf keine militärische Unterstützung hoffen kann. Mosche Dayan, kurz zuvor Verteidigungsminister geworden, gibt für den frühen Morgen des 5. Juni 1967 den Einsatzbefehl.

Israels Flagge auf der Omar-Moschee
Der Plan Dayans geht auf: Israels Luftwaffe zerstört schon in der Morgendämmerung die ägyptischen Kampfflugzeuge am Boden. Die arabischen Panzereinheiten werden in Blitzangriffen aufgerieben, mit furchtbaren Verlusten. Nach sechs Tagen Krieg beklagen die arabischen Armeen 21.000 Tote. Auf israelischer Seite sterben 780 Soldaten.

Israel erobert in dieser Kriegswoche die Golanhöhen von Syrien und das Westjordanland von Jordanien. Zum politisch brisantesten Ereignis des Krieges wird die israelische Wiedervereinigung von Jerusalem. Die Stadt ist seit 1949 geteilt. Jetzt hissen israelische Soldaten die Landesflagge mit dem Davidstern auf der Omar-Moschee.

Aber Israel gelingt es nicht, aus dem überragenden Sieg einen dauerhaften Frieden zu schmieden. Alle eroberten Gebiete werden langfristig besetzt gehalten. Statt aus einer Position der Stärke heraus eine dauerhafte Lösung des Nahostkonflikts zu suchen, führt der Sieg von 1967 zu einer Spirale der Gewalt. Die Palästinenserfrage, bis zum Sechstagekrieg vor allem ein Flüchtlingsproblem, wird zum Dauerkonflikt. Auch das 1993 abgeschlossene Autonomieabkommen von Oslo (1993) brachte bis heute keinen Frieden.

Klick
 
7. June 2007, 10:14   #189
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
06. Juni 1907: Erste Zeitungsanzeige für "Persil"

Die Revolution in deutschen Waschküchen bricht nicht plötzlich aus - sie wird per Annonce angekündigt. Am 6. Juni 1907 erfahren die Leser der Düsseldorfer Zeitung: In allernächster Zeit kommt das neue Waschmittel "Persil" auf den Markt, mit dem man durch einmaliges Kochen ohne Mühe, ohne Reiben, blendend weiße Wäsche erzielt, dabei garantiert der Fabrikant die absolute Unschädlichkeit für die Wäsche. Vollständig ungefährlich bei beliebiger Anwendung.

Der Inserent, Unternehmer Fritz Henkel aus Düsseldorf, entwickelt und produziert zu diesem Zeitpunkt bereits seit 31 Jahren Waschmittel. Doch auch sein erfolgreichstes Produkt "Henkel's Bleich-Soda" konnte bislang nicht verhindern, dass jede Wäsche für die Hausfrau einen alle Kräfte fordernden, meist mehrtägigen Großeinsatz bedeutet. Mit "Persil", benannt nach seinen Hauptbestandteilen Perborat und Silikat, wird das anders. Mit dem magischen Pulver beginnt die Ära der "selbsttätigen" Weißmacher, deren waschaktive Substanzen den Hausfrauen einen Großteil der mühseligen Rubbelei am Waschbrett ersparen. Allerdings muss die Firma Henkel & Cie. enorme Reklameaktivitäten entwickeln, um ihre Kundinnen von den Vorzügen des neuen Produkts zu überzeugen.

Immerhin kostet ein halbes Pfund Persil 35 Pfennig und damit beinahe das Dreifache eines herkömmlichen Waschmittels. Fritz Henkel erweist sich als ideenreicher Werbestratege. Er investiert rund eine Million Mark pro Jahr in Zeitungsanzeigen, Städtereklame und auch ganz unkonventionelle Werbemethoden. Berühmt werden seine weiß gekleideten Männer, die mit weißen Persil-Sonnenschirmen durch belebte Einkaufstraßen flanieren und en passant die Weltneuheit unter die Leute bringen. Flugzeuge schreiben "Persil" an den Himmel, und die später eingeführte "Dame in Weiß" gilt fast 40 Jahre lang als die personifizierte deutsche Reinheit. Der Millionenaufwand lohnt sich: Binnen kurzer Zeit etabliert sich die Marke Persil als Wunderwaffe der Waschfrau. Schnell in den Markt gespülte Trittbrettfahrer wie "Mach's allein", "Bleichin" oder "Fix und fertig" verschwinden ebenso schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind.

Klick
 
7. June 2007, 10:18   #190
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
07. Juni 1937: Todestag der Schauspielerin Jean Harlow

Lola Burns ist ein Hollywood-Star von Format. Aber die Traumfabrik macht es ihr nicht leicht. Ein Manager möchte sie zur Witzfigur degradieren und überall lauern Verehrer auf die platinblonde Schönheit, die eigentlich nur Ehefrau und Mutter sein will. In Victor Flemings Film "Die Sexbombe" (1933) wird die Parodie auf die Film-Glitzerwelt Films mit Bildern gespickt, die so erotisch sind, dass sie die parodistische Absicht wieder in Frage stellen. In hautengen Kleidern mit tiefem Dekolletee und ohne Büstenhalter räkelt sich Burns vor der Kamera, "Born for Men" steht auf einem Poster, das im Film für ihre Filme wirbt.

In den dreißiger Jahren gibt es nur eine Frau in Hollywood, die die Sexbombe angemessen spielen kann: Jean Harlow. Sie wird 1911 als Harlean Harlow Carpenter in Kansas City geboren. Mit 16 Jahren türmt sie aus dem Internat, um einen Studenten zu heiraten. Das bald schon zerstrittene Paar zieht nach Los Angeles. Harlow nimmt Statistenrollen an, darunter in Kurzfilmen mit Stan Laurel und Oliver Hardy. Knapp drei Jahre braucht sie, bis ihr Howard Hughes in "Höllenflieger" (1930) ihre erste Hauptrolle verschafft.

Von da an setzt sie Maßstäbe in der Rolle des emanzipierten Vamps, der die Männerwelt mit eindeutigen Posen und zweideutigen Sätzen rasend macht. "Vor Blondinen wird gewarnt" (1931), "Lustige Sünder" (1936) oder "Seine Sekretärin" (1936) lauten einige Titel. Frauenrechtlerinnen gehen auf die Barrikaden, in England wird ein Film mit ihr verboten, angeblich führt Hollywood wegen Harlow die freiwillige Selbstkontrolle ein. Dennoch findet ihr Platinblond viele Nachahmerinnen - wegen der giftigen Bleichmittel auch "Selbstmord-Blondinen" genannt.

Mit 21 Jahren heiratet Harlow den mehr als doppelt so alten Produzenten Paul Bern, der sie in der Hochzeitsnacht krankenhausreif prügelt. Acht Wochen später wird sich Bern mit Harlows Lieblingsparfüm übergießen und im Schlafzimmer erschießen. Auch eine dritte Ehe verläuft unglücklich und wird geschieden. In "Die Sexbombe" ist Harlow als Lola Burns ein Happy End vergönnt. Ihr richtiges Leben endet tragisch. 1937 dreht sie mit der Rennbahn-Komödie "Saratoga" ihren 24. Film. Während der Dreharbeiten bricht sie plötzlich zusammen. Weil ihre Mutter einer christlichen Sekte angehört und jede Behandlung verweigert, stirbt Jean Harlow am 7. Juni 1937 an Nierenversagen. Sie wird nur 26 Jahre alt.

Klick
 
8. June 2007, 09:29   #191
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
08. Juni 632: Der Prophet Mohammed stirbt in Mekka

Die göttliche Offenbarung kommt über ihn in einer Höhle am Berg Hirâ. Hier erscheint Mohammed der Engel Gabriel und befiehlt ihm: "Trag den Menschen die göttliche Offenbarung vor." Drei Mal weigert sich Mohammed voller Angst: "Ich werde nichts vortragen." Schließlich ist er Handelsreisender im Dienst seiner Frau Chadidscha, deren Karawanen er begleitet. Zu ihr läuft der zitternde Mann. Aber es hilft nichts: Er muss doch Prophet werden.

So berichtet später Mohammeds jüngste Frau Aisha von dem Beginn der Offenbarungen an ihren Mann, aus denen einmal der Koran entstehen wird. Zur Zeit seiner Berufung im Jahr 610 ist Mohammed 40 Jahre alt. Von nun an predigt er den Glauben an einen Gott, die letzte Offenbarung, welche die heiligen Bücher der Juden und der Christen noch überbieten soll. Aber diese Lehre bedroht den Götter-Kult an der Kaaba in Mekka, dem Heiligtum, von dessen Anziehungskraft der Stamm der Qureish-Araber lebt. Als die reiche Chadidscha stirbt, zwingen Mekkas Herren Mohammed und seine Anhänger zur Flucht.

Mit der Flucht aus Mekka beginnt die neue Zeit
Im Jahr 622 weicht Mohammed nach Medina aus. Diese Auswanderung, die "Hedschra", wird zum Beginn der muslimischen Zeitrechnung. Mohammed baut in Medina seinen Einfluss aus, bis er schließlich Mekka erobern kann. Die Kaaba wird nun zum Heiligtum des Islam. Die Wallfahrt zu ihr wird die fünfte Säule des neuen Glaubens, neben dem Bekenntnis zu Allah, dem täglichen Gebet, dem Almosengeben und dem Fastenmonat Ramadan.

Zehn Jahre nach der "Hedschra" erkrankt Mohammed schwer. "Ja, der erhabenste Gefährte ist der im Paradies", sagt er. Am 8. Juni 632 stirbt er in den Armen von Aisha, im Alter von 62 Jahren.

Klick
 
9. June 2007, 17:58   #192
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
09. Juni 1907: J. F. Schmidt entwirft "Mensch ärgere dich nicht"

Josef Friedrich Schmidt ist stolz auf seine Kinder. Zum Leidwesen des Vaters aber macht sich die Lebendigkeit der drei Knaben in Spielen Luft, die mit einem Übermaß an Lärm verbunden sind. Deshalb sucht Schmidt nach einer Möglichkeit, Spaß und Frust, Neid und Schadenfreude seiner Jungs geräuschfrei in gesittete Bahnen zu lenken. In England wird er fündig. "Eile mit Weile" heißt das Spiel, das die verschiedensten Emotionen auf das Spielbrett konzentriert und dessen Regeln Schmidt 1907 konsequent vereinfacht.

Das erste "Mensch ärgere dich nicht" für seine Kinder zeichnet Schmidt auf eine Hutschachtel. Wegen des Erfolgs im Freundeskreis entschließt er sich fünf Jahre später, in Produktion zu gehen. 1914 kommen 3.000 Exemplare auf den Markt. Ein schlechter Zeitpunkt, denn Deutschland steckt im Krieg. Kurzerhand verschenkt Schmidt "Mensch ärgere dich nicht" an die Männer an der Front. Die Idee entpuppt sich als genialer Werbefeldzug. Denn die Soldaten spielen nicht nur begeistert, sondern nehmen das Geschenk nach der Niederlage Deutschlands auch mit nach Hause und empfehlen es weiter. 1920 sind bereits eine Million Spiele verkauft.

Kriegsspielzeug und Klassenkampf
Im zweiten Weltkrieg nutzt Schmidt die Langeweile an der Front professioneller. Besorgte Frauen können ihren Männern und Söhnen eigene Feldpostausgaben von "Mensch ärgere dich nicht" schicken, auf deren Schachteln nur noch Absender und Adressat verzeichnet werden müssen. Gleichzeitig entdecken die Nationalsozialisten das Spiel der Emotionen für ihre Propagandazwecke. Als "Jugendkriegsspiel" mit einem eisernen Kreuz als Grundfläche soll der Soldatennachwuchs auf dem Brett den Ernstfall üben. Ziel ist die Eroberung von Paris.

Später wird der real existierende Sozialismus gleich mehrere Varianten von "Mensch ärgere dich nicht" kennen, die die marxistisch-leninistische Weltsicht in die Wohnstuben der Plattenbauten transportieren. Neben "Wir werfen raus" und "Mensch, bleib ruhig" erprobt das originellste Plagiat den Kampf gegen den Klassenfeind. Bei "Der Wettlauf um die Welt" geht im Osten des Spielfelds nicht nur die Sonne auf. Die Felder stehen in voller Pracht, das Wasser ist blau, die Wiesen grün, Fabriken werkeln ohne Schadstoffausstoß. Demgegenüber ist der Himmel des Westens, in den unschöne Wolkenkratzer ragen, mit Kriegsflugzeugen übersät. Wer Pech hat, muss mit den neidgelben Figürchen des Kapitalismus gegen die guten roten spielen.

Schmidt stirbt 1948 in München. Sein Unternehmen aber expandiert weiter. "Mensch ärgere dich nicht" erobert weiter die Wohnzimmer. Bis heute wurde der Klassiker rund 70 Millionen Mal verkauft. Jedes Jahr wandern immer noch etwa 100.000 Exemplare über den Ladentisch.

Klick
 
11. June 2007, 09:51   #193
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
10. Juni 1982: Tod von Regisseur Rainer Werner Fassbinder

Immer waren seine Stoffe eng verflochten mit seinem eigenen Leben. Titel wie der seines ersten Films "Liebe ist kälter als der Tod" (1969) oder "Angst essen Seele auf" (1973) und "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt" (1975) müssen deshalb rein persönlich genommen werden; erst dann kann man dieses brutal-verschwenderisch gelebte Leben verstehen. In nur 14 Jahren arbeitet der Arztsohn Rainer Werner Fassbinder aus Bad Wörishofen gleichzeitig als Theater-Intendant, dreht über 40 Kino- und Fernsehfilme, schreibt 50 Drehbücher und inszeniert Dutzende von Bühnenstücken. Allen gleich ist ein beherrschendes Themenspektrum: das Leben als Outsider, gefundene und verlorene Liebe, Einsamkeit, Sehnsucht und Tod.

In den frühen Morgenstunden des 10. Juni 1982 findet seine Freundin, die Cutterin Juliane Lorenz, den 37-Jährigen tot in ihrer Schwabinger Wohnung. Es wird festgestellt, dass vermutlich die gleichzeitige Einnahme von Kokain und Schlafmitteln seinem überforderten Körper den Rest gegeben hat. Nach acht Filmbändern in Gold und Silber verliert die deutsche Kulturszene ein "Genie", darin sind sich deutsche und internationale Kritiker posthum mit Fassbinder einig. "Dass der Kulturbetrieb so was wie mich gebraucht hat, steht außer Frage. Sonst hätten sie es mir nicht so leicht gemacht", beschreibt der Regisseur die bleierne Nachkriegsöde und kulturelle Brachlandschaft, die er seit seinem Start als Autodidakt in der Münchner Theaterszene nicht nur gründlich durchgepflügt, sondern auch mit zeitgeschichtlichen Klassikern bereichert hat.

Gewürdigt wird Rainer Werner Fassbinder heute durch die Bank von allen, verstanden wurde er nicht immer. Bestes Beispiel dafür ist sein Mammutwerk "Berlin Alexanderplatz", das bei der Erstausstrahlung 1976 von einem Großteil der Presse zerrissen und heute im New Yorker Museum of Modern Art gefeiert wird. In den letzten Jahren nähert sich Fassbinder schließlich mit Publikumserfolgen wie "Die Ehe der Maria Braun" (1978) und "Lola" (1981) dem selbstgesteckten Ziel: Hollywood-Kino, nur nicht so verlogen. Als er mit "Querelle" (1982) seinen letzten Film dreht, schreibt Fassbinders Freund Gerhard Zwerenz später, hat sich der einst schmale, schüchterne Berserker in eine "unförmige lebende Ruine" verwandelt. "Den Mann kennst du nicht, dachte ich. Das ist ein Toter auf Urlaub."

Klick
 
11. June 2007, 09:53   #194
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
11. Juni 1842: Carl von Linde wird geboren

Rudolf Päffgen ist Carl von Linde dankbar. Aus Familienerzählungen weiß Päffgen, der Inhaber einer Kölner Hausbrauerei ist, wie die Kühltemperaturen beim Gärprozess oder zur Lagerung des Bieres vor Erfindung der Lindeschen Kältemaschine erzeugt werden mussten. "Noch bei meinem Großvater wurde aus den Seen Eis gesägt und dann mit dem Pferdewagen in die Eiskeller rund um die Brauerei verbracht", sagt Päffgen. "Da lagerte es so lange, bis es geschmolzen war." Im Sommer wurde das ungekühlte Bier nicht selten sauer. "Dieses Problem hatte man dann mit der Kältemaschine des Herrn Linde im Griff."

Linde wird am 11. Juni 1842 im oberfränkischen Berndorf geboren. Bereits als Kind begeistert er sich für Webstuhl und Dampfmaschine, die Errungenschaften der industriellen Revolution. An der Polytechnischen Universität zu Zürich beginnt er 1861 ein Ingenieursstudium. Als er sich zum Sprecher einer Studentenrevolte gegen den Rektor macht, muss er die Hochschule nach nur drei Jahren ohne Abschluss verlassen. Von seinem Talent überzeugte Professoren geben ihm Referenzen mit auf den Weg, die ihm die Firmentüren später trotzdem öffnen. 1871 veröffentlicht Linde einen Aufsatz über ein verbessertes Verfahren zur Kältetechnik, das sich das so genannte Verdunstungsprinzip zunutze macht: Gase wie Methylether oder Ammoniak verflüssigen sich unter Druck und entziehen der Luft die Wärme. Die somit erzeugte Verdunstungskälte, so Linde, soll in geschlossenen Behältnissen Nahrungsmittel kühlen.

Mit seiner Idee revolutioniert Linde die Kältetechnik. Vor allem Metzger und Bierbrauer erwärmen sich für seine Erfindung. Ein Brauer aus München soll es gewesen sein, der Linde erstes Startkapital zuschießt, um die Idee zu einem Produkt und dieses serienreif zu machen. In der Folge schließt Linde, der zunächst nur ein kleines Ingenieurbüro betreibt, in allen wichtigen Industrieländern Verträge mit Lizenzbetrieben ab, die seine Kältemaschine produzieren. 1879 gründet er die "Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG". Elf Jahre später zieht er sich aus dem erfolgreichen Geschäft zurück und wird Professor für Maschinenbau. Er stirbt 1934 in München.

Klick
 
12. June 2007, 07:19   #195
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
12. Juni 1867: Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn wird gegründet

Als der gerade 18-jährige Franz Joseph 1848 den Kaiserthron in Wien erbt, muss er gleich mit zwei Revolutionen fertig werden: der bürgerlichen in Österreich und der national gesinnten in Ungarn. Dort lässt er jeden Aufstand von seinem Feldmarschall Radetzky brutal unterdrücken. Viele ungarische Adelige werden hingerichtet. Graf Andrássy, zum Tode verurteilt, flieht ins Pariser Exil.

Sisi verhandelt in Budapest
Dem Hass der Ungarn begegnet Franz Joseph, indem er die Bauernbefreiung verkündet. Danach geht es wirtschaftlich bergauf. Aber als Österreich 1866 den Krieg gegen Preußen verliert, erstarkt die ungarische Opposition wieder gegen den angeschlagenen Kaiser. Der schickt seine Frau Elisabeth, genannt Sisi, nach Budapest. Die verhandelt dort sogar mit dem zurückgekehrten Grafen Andrássy, wobei sich beide angeblich recht nahe kommen.

Sisi erreicht, dass Franz Joseph einen historischen Kompromiss eingeht: Österreich und Ungarn beschließen gemeinsam eine neue Staatsform. Beide sind selbständige Monarchien, geeint unter einem Kaiser und König. Ungarn erhält eine weitgehende Autonomie. Alle zehn Jahre müssen die Verträge neu bestätigt werden.

Die schwierige Konstruktion des k.u.k.
Franz Joseph schwört in Budapest auf die ungarische Verfassung. Die Krone Ungarns setzt ihm ausgerechnet Graf Andrássy auf - gemeinsam mit dem Primas der katholischen Kirche. Dazu erklingt die Krönungsmesse von Franz Liszt. Am 12. Juni tritt die neue Staatsform in Kraft. Ab jetzt gibt es die meisten Institutionen dreifach in Franz Josephs Staat: Österreich ist kk (kaiserlich-königlich), Ungarn k (königlich), gemeinsam nennt man sich k.u.k. (kaiserlich und königlich). Robert Musil wird die Doppelmonarchie später "Kakanien" nennen.

Viele im Reich fühlen sich von der neuen Regelung allerdings vor den Kopf gestoßen: Denn die Hälfte seiner Einwohner sind weder Österreicher noch Ungarn, sondern Slawen. Insgesamt leben 14 Völker mit elf Sprachen in der Doppelmonarchie. Die Regentenfamilie wird vom Unglück verfolgt: Sisi wird 1898 von einem italienischen Anarchisten ermordet. Der erste Thronfolger hatte sich bereits 1889 das Leben genommen, den zweiten erschießt 1914 ein serbischer Nationalist in Sarajevo. Das Attentat löst den Ersten Weltkrieg aus. Das Ende von Kakanien erlebt Kaiser Franz Joseph nicht mehr. Er stirbt Ende 1916.

Klick
 
13. June 2007, 07:26   #196
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
13. Juni 1897: Paavo Nurmi wird geboren

24 Weltrekorde, neun Goldmedaillen und zwei Silbermedaillen bei drei olympischen Spielen - Paavo Nurmi gehört zu den erfolgreichsten Lang- und Mittelstreckenläufern der Welt. Der finnische Leichtathlet trainiert als einer der ersten unter professionellen Bedingungen. Er gilt als Mitbegründer des systematischen Intervalltrainings, bei dem sich Tempoläufe und kurze Entspannungsphasen abwechseln. Nurmi läuft mit der Stoppuhr in der Hand - auch im Wettkampf. So kann er sein Tempo optimal dosieren. Auf diese Weise sorgt er in den USA 1925 mit einer Siegesserie für Schlagzeilen: Er gewinnt 51 der 52 Rennen. Über seine Erfolge scheint sich Nurmi allerdings nicht freuen zu können: Mit versteinerter Miene verlässt er jedes Mal das Stadion und meidet dabei jeden Kontakt mit der Öffentlichkeit.

Geboren wird Paavo Nurmi am 13. Juni 1897 im finnischen Loimaa. Da sein Vater früh stirbt, muss er als ältestes Kind Geld verdienen, um seine Mutter und die drei Geschwister mit durchzubringen. Als 12-Jähriger macht er Botendienste, später arbeitet er in einer Gießerei. Fürs Laufen bleibt ihm wenig Zeit. Dennoch soll er sich in den finnischen Wäldern - so die Legende - Ausdauer und Tempohärte geholt haben. Als er 1919 zum Wehrdienst einberufen wird, beginnt er systematisch zu trainieren. Ein Jahr später wird er bereits für die Olympischen Spiele in Antwerpen nominiert. Seine Leistungen machen ihn zur nationalen Symbolfigur. Stadien, Plätze, Straßen und Schulen werden nach ihm benannt.

1932 will Nurmi bei den Olympischen Spielen in Los Angeles die Goldmedaille im Marathonlauf holen. Doch dort darf er nicht antreten. Nach seiner Anreise wird er vom internationalen Leichtathletikverband gesperrt. Er soll verbotene Startgelder als Spesenrechnungen deklariert und so gegen den Amateurstatus verstoßen haben. Nach dem Startverbot zieht er sich vom Sport weitgehend zurück und beginnt eine zweite erfolgreiche Karriere als Geschäftsmann. Nur einmal tritt Nurmi wieder ins Rampenlicht: Er entzündet 1952 das olympische Feuer bei den Spielen in Helsinki. Ein späte Ehre, die aber nichts daran ändert, dass Nurmi ein mürrischer, einsamer alter Mann wird. Ein Jahr vor seinem Tod am 2. Oktober 1973, bereits halbseitig gelähmt und fast blind, zieht er eine bittere Bilanz: "Ich war ein idiotischer Nichtsmacher. Sinn macht nur, was Jahrhunderte hält. Sport hält nicht."

Klick
 
14. June 2007, 09:13   #197
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
14. Juni 1942: Anne Frank beginnt ihr Tagebuch

"Dieses scheinbar unbedeutende Tagebuch eines Kindes verrät mehr über die Abscheulichkeit des Faschismus als alle Akten der Nürnberger Prozesse zusammen", heißt es in einer der ersten Rezensionen des Tagebuchs von Anne Frank, das 1947 in den Niederlanden veröffentlicht wird. Das Buch ist mittlerweile in fast 70 Sprachen übersetzt und rund 30 Millionen Mal verkauft worden. Anne, die in Frankfurt am Main geboren wird und 1934 mit ihrer jüdischen Familie vor den Nazis nach Amsterdam flieht, bekommt das Tagebuch 1942 zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt. Noch am selben Tag schreibt sie ein kurzes Vorwort: "Ich hoffe, dass ich dir alles anvertrauen kann, wie ich es bisher noch niemals konnte, und ich hoffe, dass du mir eine große Stütze sein wirst." Zwei Tage später beginnt sie am 14. Juni 1942 damit, aufzuschreiben, was sie bewegt.

Anne hat das Tagebuch mit ihrem Vater zusammen gekauft - ein paar Wochen, bevor die Franks untertauchen müssen: Als Annes Schwester Margot im Sommer 1942 von der SS verhaftet werden soll, versteckt sich die Familie in einem Hinterhaus an der Amsterdamer Prinsengracht 263. Im vorderen Teil des Gebäudes befinden sich die Räume von Otto Franks Firma, die Geliermittel herstellt. Hinter einem Aktenregal, das sich zur Seite schieben lässt, liegt der Zugang zum "Achterhuis". Nur fünf Angestellte sind eingeweiht. Sie versorgen die Untergetauchten, zu denen auch die dreiköpfige Familie van Pels und der von Anne im Buch Albert Dussel genannte Fritz Pfeffer gehören. In ihrem Tagebuch schildert Anne, wie die acht Personen auf wenigen Quadratmetern miteinander auskommen müssen.

Für die Veröffentlichung überarbeitet
Das rot-weiß karierte Tagebuch reicht bald nicht mehr aus. Auf Blättern aus dem Büro ihres Vaters schreibt Anne weiter. Ihr Eintrag vom 29. März 1944 lautet: "Gestern sprach Minister Bolkestein im Oranje-Sender darüber, dass nach dem Krieg eine Sammlung von Tagebüchern und Briefen aus dieser Zeit herauskommen soll." Anne überarbeitet danach ihre Aufzeichnungen und schreibt eine zweite Fassung ihres Tagebuches. Sie will es nach dem Krieg in Holland unter dem Titel "Het Achterhuis" veröffentlichen. Doch dann wird das Versteck verraten und die Gestapo verhaftet am 4. August 1944 alle Bewohner des Hinterhauses.

Im Chaos, das die Geheimpolizei in den Räumen hinterlässt, findet Miep Gies, die engste Mitarbeiterin von Otto Frank, kurz nach der Razzia das Tagebuch. Sie bewahrt es auf, bis Otto als einziger Überlebender im Juni 1945 nach Amsterdam zurückkehrt. Anne stirbt im März 1945 im KZ Bergen-Belsen an Typhus - nur wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers. "Als ich zurückkam und erfuhr, dass ich meine Kinder nie wiedersehen würde, gab Miep mir das Tagebuch", erinnert sich Otto Frank. "Ich habe lange gebraucht, bis ich es lesen konnte." Er sei erstaunt gewesen über Annes tiefe Gedanken, ihre Ernsthaftigkeit und ihre Selbstkritik. "Das war eine völlig andere Anne als meine Tochter."

Klick
 
15. June 2007, 07:46   #198
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
15. Juni 1667: Erste Bluttransfusion beim Menschen

Rom, 1492. Im Vatikan liegt Papst Innozenz VIII. im Sterben. Da entschließt sich sein Leibarzt zu einem gewagten Experiment. Das Blut von dreizehn Knaben soll die Lebensgeister des Papstes wieder wecken - getreu dem biblischen Motto im Buch Mose, dass "des Leibes Leben im Blute" sei. Innozenz VIII. trinkt das Blut der Jungen. Er stirbt trotzdem.

Die Zeit ist noch nicht reif, um Blut per Transfusion zwischen zwei Lebewesen auszutauschen. Dies soll erst über 150 Jahre später dem britischen Mediziner Richard Lower gelingen. Kurz zuvor war als wichtige Voraussetzung der Blutkreislauf entdeckt worden. "Ich wählte einen Hund mittlerer Größe und entnahm Blut aus einer freigelegten Drosselvene", beschreibt Lower den Versuch. Als das Tier halbtot darniederliegt, verbindet der Wissenschaftler eine Vene über ein Röhrchen mit der Halsarterie eines Jagdhunds. Wie durch ein Wunder erwacht der Patient zu neuem Leben: "Der Hund wälzte sich im Gras und zeigte kein Zeichen von Beeinträchtigung", schreibt Lower. Der Jagdhund allerdings verendet. Kein Wunder: Nach Ansicht der Zeitgenossen hat er auch die Lebenskraft des Blutes dem Artgenossen gespendet.

Bis zur ersten dokumentierten Transformation beim Menschen dauert es nur noch ein gutes Jahr. Am 15. Juni 1667 entnimmt Jean Baptiste Denis, einer der Ärzte Ludwigs XIV., einem Lamm rund einen Viertel Liter Blut, um es einem 16-jährigen zu spritzen, der an "rasendem Fieber" erkrankt ist. Der Junge überlebt. Er hat großes Glück: Der Zusammenhang von Transfusion und Blutgruppe ist noch nicht entdeckt. Spätere Versuche von Denis sind weniger erfolgreich. Als mehrere Patienten sterben, wird französischen Medizinern per Gerichtsbeschluss untersagt, Blut ohne Genehmigung der Universität zu Paris fließen zu lassen. Zur ersten Bluttransfusion von Mensch zu Mensch kommt es erst 1818.

Klick
 
16. June 2007, 08:19   #199
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
16. Juni 1967: Das Monterey Pop Festival beginnt

Am dritten Tag zerschmettern "The Who" ihre Verstärker, und Jimi Hendrix steckt seine Gitarre in Brand. So beginnt der "Summer of love", der ebenso legendäre wie kurze Sommer der Liebe 1967. Von den Gewaltakten auf der Bühne abgesehen bleibt alles friedlich bei diesem weltweit ersten Pop-Festival. Unter dem Motto "Musik, Liebe und Blumen" lockt es vom 16. bis 18. Juni rund 70.000 Fans ins kleine Städtchen Monterey, eine halbe Stunde südlich von San Francisco. Selbst die das Schlimmste erwartende und deshalb mit Helm und Schlagstock angerückte Polizei-Armada lässt sich von der grassierenden Flower-Power-Stimmung anstecken. Unmengen von Joints, die in der bunten Hippieschar die Runde machen, werden geflissentlich ignoriert.

Welchen Einfluss die "Mutter aller Festivals" auf die Geschichte der Popmusik haben wird, ahnt damals in Monterey noch niemand. Allein das Plattenlabel Columbia nimmt nach dem Ereignis, das zur Blaupause aller folgenden Open-Air-Festivals wird, auf einen Schlag 20 Bands unter Vertrag und steigert damit seinen Anteil an Rockmusik von 15 auf 50 Prozent. Andere Plattenfirmen ziehen nach; die vollständige Kommerzialisierung von Rock und Pop hat begonnen. Für Gitarrengott Jimi Hendrix und Blues Röhre Janis Joplin ist Monterey der Beginn einer ebenso großen wie kurzen Weltkarriere; drei Jahre später sind beide bereits tot.

Schon seine Geburt verdankt das scheinbar so freakige Fest der Blumenkinder rein finanziellen Interessen. John Phillips, Chef der Gruppe "The Mamas and Papas" und sein Produzent Lou Adler erkennen als erste, welche kommerziellen Möglichkeiten ein solches Festival der Popmusik bietet. Mit hervorragenden Kontakten in der Unterhaltungsbranche gelingt es den beiden, die Platten-, Film- und Fernsehrechte zu verkaufen und so die Finanzierung des Festivals sicherzustellen. Als Aushängeschild verpflichtet Phillips einen Sänger, dessen Auftritt später zwar zum schwächsten des ganzen Festivals gerät, der aber ganz andere Qualitäten zu bieten hat. Mit der Phillips-Komposition "San Francisco" trägt Edel-Hippie Scott McKenzie den nett verpackten Blumenkinder-Mythos vom Sommer der Liebe als Schnulze hinaus in die Welt - und zwar so erfolgreich, dass er damit noch 40 Jahre später als Inkarnation der Flower-Power -Ära im Fernsehen auftritt.

Klick
 
18. June 2007, 07:53   #200
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
17. Juni 2002: Fußballer Fritz Walter gestorben

Während Fritz Walters Vater die Gäste im Vereinslokal des 1. FC Kaiserslautern bewirtet, spielt sein Sohn draußen die Nachbarsjungen schwindelig. 1936 soll der 16-Jährige per Ausnahmegenehmigung als Profi spielen. Ein Arzt verhindert dies, weil Walter viel zu schmächtig sei. Erst eine einjährige mittägliche Essenskur in einer Kaiserlauterer Metzgerei macht das Ausnahmetalent reif für die erste Liga.

Doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs raubt Walter die besten Sportlerjahre - auch wenn ein fußballverrückter Major ihn vorm Fronteinsatz bewahrt. Zwar erzielt er 1940 in seinem ersten Länderspiel unter Trainer Sepp Herberger drei Tore. Aber erst die Rückkehr in die Nationalmannschaft elf Jahre später macht das "schmale Handtuch" zur Fußballer-Legende. Als Mittelfeldspieler erzielt Walter beim 1. FC Kaiserlautern in 384 Spielen 327 Tore. Bis zum Auftritt Uwe Seelers ist er als Spielführer mit 33 Treffern in 61 Länderspieleinsätzen Rekordtorschütze der Nationalmannschaft.

"Schnuckelino" bleibt in Kaiserslautern
1948 heiratet Walter Italia Bortoluzzi. Dass der Fußballstar die Italienerin mit ihren roten Lackstiefeln und ihren Pelzmänteln einem Pfälzer Mädchen vorzieht, sorgt unter Einheimischen für Empörung. Dabei ist es Italia, die ihren Mann in Kaiserslautern hält. 320 Mark verdient er im Monat, als ihm ein Gesandter von Atlético Madrid das Dreißigfache in jeder gewünschten Währung verspricht. Die Unterschrift Walters unter einen Zweijahresvertrag ist dem Unterhändler aus Spanien weitere 250.000 Mark wert. Walter bittet Italia um ihre Meinung. "Schnuckelino", soll sie gesagt haben, "du brauchst mich doch nicht lange fragen. Da oben, der Betze, der 1. FCK, der Chef, der Herr Herberger, die Nationalmannschaft und Deutschland". Die bloße Aufzählung reicht.

Walter bleibt - und spielt 1954 im Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft in Bern das Spiel seines Lebens. 3:2 gewinnt die Nationalmannschaft unter seiner Führung gegen die hoch favorisierten Ungarn. So gibt Walter, der am 17. Juni 2002 im Alter von 81 Jahren in Enkenbach-Alsenborn bei Kaiserslautern stirbt, mit dem "Wunder von Bern" der Nation ihr Selbstbewusstsein zurück. "Es gibt drei Gründungsväter der Bundesrepublik", wird der Historiker Joachim Fest später einen Freund zitieren. "Politisch ist es Adenauer, wirtschaftlich ist es Erhard und mental ist es Fritz Walter. ( ...) Eigentlich war 1954, der 4. Juli, das Gründungsdatum der Bundesrepublik."

Klick
 
Antwort

  Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben

Stichworte
stichtage

Themen-Optionen



Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 23:45 Uhr.


Powered by vBulletin, Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Online seit 23.1.2001 um 14:23 Uhr

Die hier aufgeführten Warenzeichen und Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.