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8. November 2007, 23:21   #1
Ben-99
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Registriert seit: June 2003
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Contergan

... den auch qualitativ außergewöhnlichen Zweiteiler im Ersten haben gestern und heute über 7 Millionen Menschen gesehen, worunter sicherlich auch viele Skats-Member waren.

Was habt Ihr gefühlt?

Diesmal war es zur Abwechslung mal die "Gnade der frühen Geburt", die mich glücklicherweise komplett mit allen Gliedmaßen zur Welt kommen ließ. Denn in den 50ern konnte meine Mutter noch nicht in Versuchung geraten, eine Tablette von diesem Teufelszeug einzunehmen.

Ich erinnere mich, daß ich damals als Jugendlicher gedacht habe: Diese Kinder werden das Schlimmste erst in Jahrzehnten erleben, wenn sie erwachsen sind. Denn jetzt kümmert man sich um sie, weil sie noch so niedlich aussehen. Aber was ist mit verkrüppelten alten Säcken? Oder dicken alten Frauen, die ohne Arme leben müssen? Kein Wunder, daß die Contergan-Opfer in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten sind.

Deshalb war dieser großartige Film längst überfällig. Vor allem auch, um die Diskussion wieder in Gang zu bringen, daß zum Beispiel viele dieser Menschen heute auf Almosen des Staates angewiesen sind, Kosten die der Steuerzahler trägt, weil sich die Firma Grünenthal nicht mehr "zuständig" fühlt und, anders als bei vergleichbaren Fällen im Ausland, auch schon seit langem keinen Cent mehr berappen mußte. Wirklich "bestraft" wurde sowieso niemand. Und auch die umgerechnet 50 Millionen Euro, die damals als einmalige Abfindung ausgehandelt worden sind, können die Eigner der Firma Grünenthal langfristig nicht wirklich in Verlegenheit gebracht haben, weil sie noch heute zu den 30 reichsten deutschen Familien gehören.

Immerhin haben sie es auf juristischem Weg geschafft, die Ausstrahlung des Films um eineinhalb Jahre zu verzögern, wodurch sie über 40 Jahre danach die Contergan-Opfer noch ein weiteres Mal schädigen konnten. Ich hoffe, daß die Verantwortlichen der Firma Grünenthal, die offenbar immer noch nichts dazugelernt haben, nie wieder Gelegenheit bekommen werden, Menschen auf diese Weise zu demütigen. Und da es diese Firma ja noch gibt, können die Konsumenten von nun an in Ruhe darüber nachdenken, ob sie sich bei Medikamenten, deren Wirkstoffe alternativ auch von anderen Herstellern angeboten werden, wirklich unbedingt für die Präparate dieses ungemein "sympathischen" Konzerns entscheiden sollten.

Gruß Ben
 
9. November 2007, 23:34   #2
Glühwürmchen
 
Registriert seit: October 2002
Beiträge: 4.319
Hast Du es bemerkt? Ja bestimmt, dass ich den Beitrag über Madeleine McCann interessiert verfolge, weil Du dort - ausnahmsweise- mal meine Meinung vertrittst. Verstehe ich zumindest so.

Aber diese Eröffnung war ja wohl nicht okay!

Zitat:
Aber was ist mit verkrüppelten alten Säcken? Oder dicken alten Frauen, die ohne Arme leben müssen?
Die "alten Säcke" sind jünger als Du, auch wenn Du Ende der 50er sicher noch kein Jugendlicher warst und die "dicken alten Frauen" sind knapp vor meinem Jahrgang - herzlichen Dank, auch wenn das sarkastisch gemeint war, weil manche ja so gerne vergessen - wenn nicht selber betroffen

Die beiden Sendungen waren wichtig- vor allem im Bereich der Abfindungen, die Wischiwaschi waren, weil man die Spätfolgen nicht bedacht hat, zzgl der Rückforderungen, die Grünenthal durchgesetzt hat.
 
10. November 2007, 00:54   #3
Ben-99
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Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
... es ist doch so, wie der Vater im Film sinngemäß sagte: "Es wird sich später niemals ein Mann nach ihr umdrehen". Und in der anschließenden Dokumentation hat eines der Opfer, eine Frau, die heute nicht mehr die Kraft hat, ohne fremde Hilfe zurechtzukommen, gesagt, daß sie sich nur noch geistig jung fühlt, körperlich aber sehr viel älter.

Die Begriffe "Alte Säcke" und "Dicke alte Frauen" habe ich bewußt so kraß gewählt, um den Unterschied zu den damaligen Kindern bewußt zu machen, für die man noch gern Mitleid zeigte. Nachdem sie aber erwachsen geworden sind, hat keine Sau mehr von ihrem Schicksal Notiz genommen.

Dieser Film hat die Nöte dieser Menschen wieder in unser Bewußtsein gerückt. Und ich freue mich besonders darüber, daß die gewaltigen Einschaltquoten, die beide Folgen, einschließlich der gestrigen Dokumentation, erzielt haben, ein Beweis dafür sind, daß die Menschen auch in heutigen Zeiten noch nicht völlig abgestumpft sind und nicht etwa wieder sagen: "Wir wollen davon nichts mehr wissen", wie man es ja leider oft auf anderen Gebieten kennt.

Mal ganz davon abgesehen: Wie Du weißt, bezeichne ich mich auch selbst schon seit Jahren als "Alter Sack". Daß die meisten Contergan-Opfer etwas jünger sind, sollte dabei keine Rolle spielen, weil solche Begriffe in spätestens 5 oder 10 Jahren dann eben auch auf sie zutreffen werden. Dann werden wir es mit körperlich, aber auch seelisch verkrüppelten alten Menschen im Rollstuhl zu tun haben, die verbittert von ihrem Dasein erzählen, das ihnen nie wirklich eine Chance bot, so normal wie andere Menschen zu leben. Und nicht etwa, weil es das "Schicksal" so wollte, sondern weil profitgeile Unternehmer geschlampt haben und heute keinen Finger mehr rühren, nachdem ihr Geld aufgebraucht ist, um diesen Menschen auch im Alter zu helfen, damit sie nicht auch noch auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Aber ich glaube, daß wir im Prinzip wohl dasselbe meinen. Und ich freue mich sehr, daß gerade Du, Glühwürmchen, das sich ja in den letzten Monaten sehr rar bei uns gemacht hat, als Erste auf den Beitrag reagiert hast.

Gruß Ben
 
10. November 2007, 23:40   #4
Glühwürmchen
 
Registriert seit: October 2002
Beiträge: 4.319
soweit ich das mitbekommen habe, zahlt Grünenthal eine lebenslange Rente, die aber keinesfalls dafür ausreicht (100-500DM ) die Spätfolgen und damit entstehenden Kosten zu begleichen.
Die Stiftung kam jedoch allen behinderten Menschen zugute, sodass sie schneller verbraucht war als wenn sie "nur" den Contagan-Geschädigten Hilfe gebracht hätte.

So makaber es klingt - ein Gutes hatte es doch, denn danach wurde die bestehende "Selbstüberwachung" der Firmen durch ein strenges Verfahren für die Zulassung und Erfassung neuer Arzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland ersetzt.
Die Selbstüberwachung beinhaltete nicht einmal die Untersuchung, ob ein Medikament ungeborenem Leben schadet.
Selbst wenn das geprüft worden wäre, hätte es wohlmöglich keine negativen Ergebnisse gegeben, da der Wirkstoff Thalidomid, der übrigens noch heute eingesetzt wird, "nur" im 2. Schwangerschaftsmonat zu solchen Schädigungen führt.
Was mich verwundert ist die Verteilung der Contagan-Geschädigten, von denen prozentual gesehen die meisten in Deutschland leb(t)en.
Waren die deutschen Ärzte zu leichtsinnig im Umgang mit neuen Präparaten?
Waren deutsche Schwangere zu leichtfertig?
Warum wurde es in Österreich rezeptpflichtig auf den Markt gebracht?
Auch meine Mutter hatte so ein Päkchen Tabletten im Schrank, hat sie aber nicht genommen, weil sie sich der Nebenwirkungen nicht sicher war. Vielleicht hat das meine 1961 geborene Schwester vor viel Leid bewahrt.
Dass sich nach "solchen Frauen" kein Mann umdrehen wird, liegt aber an unserer Gesellschaft, die noch immer nicht mit Behinderungen klar kommt. Wobei ich auch verheiratete Contagan-Frauen/Männer kenne. Die Ausnahme bestätigt halt überall die Regel.

Man muss aber auch beachten, dass die Schauspielerin, die das geschädigte Kind spielte, ihre Missbildungen durch Gendefekte erhielt, so heißt es zumindest jetzt noch, weil man vielleicht nicht weiß, nicht wissen möchte, oder nicht verraten will, was diese Gendefekte tatsächlich verursacht.

Contagan ging damals durch die Weltpresse, die viel zu lange Reaktionszeit ist unverständlich, aber niemand kann sich sicher sein, dass danach (oder davor) nicht noch viel extremere oder gleichwertige Skandale entdeckt wurden, von denen wir niemals etwas erfahren werden.
Henkel wollte danach sogar verhindern, dass in Deutschland ein Hersteller bei schädlichen und fehlerhaften Produkten in Haftung für dadurch entstandene Schäden genommen werden darf.

Bei Contagan-Missbildungen hat man einen Schuldigen gefunden und ich bin auch der Meinung, dass die, die daran beteiligt waren, zur Rechenschaft und zum Ausgleich- zumindest der finanziellen Spätfolgen verpflichtet werden müssen - aber leider schlossen die Eltern damals einen Vergleich, verzichteten auf Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe gegen einen Entschädigungsbetrag von 100 Millionen Deutsche Mark und unterzeichneten eine Erklärung, in der sie beteuerten, nicht mehr weiter gegen die Firma Grünenthal Chemie zu klagen.

Profitgeil- vielleicht in diesem Zusammenhang nicht ganz das richtige Wort, aber auch die Eltern haben nicht weit genug "geforscht" und die Folgen außer Acht gelassen.
Wie immer, zum Nachteil der tatsächlichen "Opfer"
 
11. April 2008, 19:13   #5
Ben-99
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Beiträge: 5.899
... mal eine erfreuliche Nachricht zu dem traurigen Thema:

Zitat:
Vertreter aller fünf Fraktionen haben gestern Zustimmung für die geplante Verdoppelung der Renten der rund 2700 deutschen Opfer des Arzneiskandals signalisiert. (...) Die Renten sollen vom 1. Juli an von maximal 545 auf bis zu 1090 Euro im Monat steigen. Der Pharmahersteller Grünenthal hatte das Schlafmittel Contergan vor rund 50 Jahren auf den Markt gebracht. Weltweit kamen dadurch rund 10 000 Kinder fehlgebildet zur Welt. Die meisten Opfer gab es in Deutschland mit geschätzten 5000 Betroffenen. Viele von ihnen sind bereits gestorben.

Rente für Contergan-Opfer wird verdoppelt
Gruß Ben
 
29. March 2010, 17:14   #6
Unregistriert
 
Beiträge: n/a
An Glühwürmchen !

Du bist nicht mal contergangeschädigt, willst aber alles besser wissen ! Du beleidigst die Frauen und Familien der Geschädigten! Was bist Du nur für ein Mensch ? Großes Maul und nichts dahinter !

WIR leben mit schwersten Behinderungen !
 
Antwort

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