24. July 2002, 22:37 | #1 |
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Am Bahndamm stand ein Sauerrampfer
und sah nur Eisenbahn auf Eisenbahn und niemals einen Dampfer, oh du armer Sauerrampfer. Ringelnatz |
25. July 2002, 21:34 | #2 |
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Ringelnatz
Auf einer Bank saß ein Stinktier und stank. Als die Sonne ward gesunken,hat es immer noch gesessen und gestunken. |
25. July 2002, 21:58 | #3 |
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Arm Kräutchen
Ein Sauerampfer auf dem Damm Stand zwischen Bahngeleisen, Machte vor jedem D-Zug stramm, Sah viele Menschen reisen. Und stand verstaubt und schluckte Qualm Schwindsüchtig und verloren, Ein armes Kraut, ein schwacher Halm, Mit Augen, Herz und Ohren. Sah Züge schwinden, Züge nahn. Der arme Sauerampfer Sah Eisenbahn um Eisenbahn, Sah niemals einen Dampfer. Ringelnatz |
26. July 2002, 19:19 | #4 |
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Joachim Ringelnatz
Lyriker, Essayist (bürgerlicher Name: Hans Bötticher, weitere Pseudnyme: Pinko Meyer, Fritz Dörry, Gustav Hester) Geb. 7. 8. 1883 Wurzen/Sachsen; gest. 17. 11. 1934 Berlin. Der Sohn eines gutsituierten Tapetenentwerfers und Jugendschriftstellers war ein äußerst lebhaftes, phantasievolles Kind. Vom königlichen Staatsgymnasium Leipzig wurde er verwiesen. Die anschließend besuchte Privatschule verließ er nach der Obersekunda. Danach fuhr er zunächst als Schiffsjunge, später (mit Unterbrechungen bis 1905) als Matrose und als Freiwilliger bei der Marine zur See. Danach absolvierte er in Hamburg eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Hausmeister in einer Pension in England, war Lehrling in einer Dachpappenfabrik, Angestellter in einem Münchner Reisebüro. Mit 25 Jahren erhielt er Gelegenheit, in dem Künstlerlokal »Simplicissimus« in München-Schwabing eigene Verse vorzutragen; er wurde zum »Hausdichter« und kaufte sich in der Nachbarschaft einen Tabakladen - den er nach neun Monaten wieder schloß. Die Schwabinger Prominenz, die er hier kennenlernte (unter ihnen Frank Wedekind), ermunterte ihn zu eigenen Veröffentlichungen, die aber alle nur kleine Auflagen erreichten. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Bibliothekar bei der gräflichen Familie Yorck von Wartenburg in Schlesien und im Elternhaus des Balladendichters Börries von Münchhausen in Hannover sowie als Fremdenführer auf einer Burg. Am 1.8.1914 schrieb er schwungvoll in sein Tagebuch »Ich ziehe in den Krieg!« Nach dem Kriege versuchte er sich in unterschiedlichen Branchen, u.a. in einer Gartenbauschule und als Archivar in einem Berliner Verlag. 1920 erhielt er ein Engagement an der Berliner Kleinkunstbühne »Schall und Rauch«. Dort und auf Tourneen durch die Kabaretts im ganzen deutschsprachigen Raum trug er (der sich seit 1919 nach dem seemännischen Namen für das glückbringende Seepferdchen Ringelnatz nannte) eigene Dichtung vor. 1933 erhielt er Auftrittsverbot in Deutschland; er starb verarmt im folgenden Jahr. Werke u.a. 1911 "Was ein Schiffsjungen-Tagebuch erzählt" 1912 "Die Schnupftabakdose". Stumpfsinn in Versen und Bildern von Hans Bötticher und Richard Seewald 1913 "Ein jeder lebt's". Novellen von Hans Bötticher 1920 "Kuttel Daddeldu" 1920 "Turngedichte" "Jugendgedichte" 1922 "Die Woge". Marine-Kriegsgeschichten 1924 "...liner Roma..." (mit 10 Bildern von ihm selbst) 1924 "Nervosipopel. Elf Angelegenheiten" 1927 "Reisebriefe eines Artisten" 1928 "Allerdings" (Gedichte) "Gedichte dreier Jahre" 1928 "Als Mariner im Krieg" (unter dem Pseudonym Gustav Hester) 1928 "Matrosen. Erinnerungen, ein Skizzenbuch, handelt von Wasser und blauem Tuch" 1929 "Flugzeuggedanken" 1931 "Mein Leben bis zum Kriege" 1931 "Kinder-Verwirrbuch" mit vielen Bildern 1932 "Die Flasche und mit ihr auf Reisen" 1934 "Gedichte, Gedichte von einstmals und heute" "Der Nachlaß" |
26. July 2002, 21:23 | #5 |
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ringelnatz hat ja vieles versucht.
eine sehr aufschlussreiche information da wird sich tschubbl aber freuen |
27. July 2002, 00:28 | #6 |
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Danke Träumerle,für die tolle Huldigung.
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27. July 2002, 03:34 | #7 |
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Gern geschehen
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4. August 2002, 06:06 | #8 |
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Joachim Ringelnatz
Ich habe dich so lieb Ich habe dich so lieb! Ich würde dir ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken. Ich habe dir nichts getan. Nun ist mir traurig zu Mut. An den Hängen der Eisenbahn leuchtet der Ginster so gut. Vorbei – verjährt – doch nimmer vergessen. Ich reise. Alles, was lange währt, ist leise. Die Zeit entstellt alle Lebewesen. Ein Hund bellt. Er kann nicht lesen. Er kann nicht schreiben. Wir können nicht bleiben. Ich lache. Die Löcher sind die Hauptsache an einem Sieb. Ich habe dich so lieb. |
7. August 2002, 08:18 | #9 |
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Heute jährt sich der Geburtstag von Ringelnatz zum Einhundertneunzehntenmal.
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8. August 2002, 04:06 | #10 |
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Na dann
Herzlichen Glückwunsch Herr Ringelnatz |
18. January 2003, 12:44 | #11 |
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Für die Mode, nicht dagegen
Sei der Mensch!-Denn sie erfreut, Wenn sie sich auch oft verwegen Vor dem größten Kitsch nicht scheut. Ob sie etwas kürzer,länger, Enger oder anders macht, Bin ich immer gern ihr Sänger, Weil sie keck ins Leben lacht. Durch Das Weltall sei´s gejodelt Allen Schneidern zum Gewinn: Mode lebt und Leben modelt, Und so haben beide Sinn. Joachim Ringelnatz |
18. January 2003, 16:12 | #12 |
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Vom Seemann Kuttel Daddeldu
Eine Bark lief ein in Le Haver von Sidnee kommend, nachts elf Uhr drei. Es roch nach Himbeeressig am Kai, und nach Hundekadaver. Kuttel Daddeldu ging an Land. Die Rü Albani war ihm bekannt. Er kannte nahezu alle Hafenplätze. Weil vor dem ersten Haus ein Mädchen stand, holte er sich im ersten Haus von dem Mädchen die Krätze. Weil er das aber natürlich nicht gleich empfand, ging er weiter - kreuzte topplastig auf wilder Fahrt. Achtzehn Monate Heuer hatte er sich zusammengespart. In Nr. 6 taktierte er Eiwie und Kätchen, in Nr. 8 besoff ihn ein neues, straff lederbusiges Weib. Nebenan bei Pierre sind allein sieben gediegene Mädchen, ohne die mit dem Zelluloid-Unterleib. Daddeldu, the old Seelerbeu Kuttel, verschenkte den Albatrosknochen, das Haifischrückgrat, die Schals, den Elefanten und die Saragossabuttel. Das hatte er eigentlich alles der Mary versprochen, der anderen Mary; das war seine feste Braut. Daddeldu- Hallo! Daddeldu, Daddeldu wurde fröhlich und laut. Er wollte mit höchster Verzerrung seines Geschichts partu einen Niggersong singen und "Blu beus blu". Aber entrang sich ihm nichts. Daddeldu war nicht auf die Wache zu bringen. Daddeldu Duddel Kuttelmuttel, Katteldu erwachte erstaunt und singend morgens um vier zwischen Nasenbluten und Pomm de Schwall auf der Pier. Daddeldu bedrohte zwecks Vorschuß den Steuermann. Schwitzte den Spiritus aus. Und wusch sich dann. Daddeldu ging nachmittags wieder an Land, wo er ein Rentiergeweih, eine Schlangenhaut, zwei Fächerpalmen und Eskimoschuhe erstand. Das brachte er aus Australien seiner Braut. |
18. January 2003, 16:55 | #13 |
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Im Garten stand ein Bretterzaun
aus Brettern und aus Zwischenraum. Die Bretter ham'se weggehau'n, jetzt steht da nur noch Zwischenraum. Ein Mädchen ging zum Pilze pflücken. Dabei mußte sie sich bücken. Jetzt stillt'se. Scheiß Pilze. |
18. January 2003, 23:46 | #14 |
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@lala/Boomer
Super,auch Ringelnatzfans. Das mit den Pilzen,kenne ich auch von Heinz Erhardt. |
19. January 2003, 05:30 | #15 | |
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Zitat:
Doch das Pilze-Gedicht ist eben NICHT von Erhardt, der hat das, wie einige andere Sprüche auch, von Ringelnatz abgekupfert. Durch Erhardt wurde der Spruch bekannt, das stimmt. |
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