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26. September 2005, 01:47   #1
Ben-99
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Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
Der neue Billy Joel heißt Jamie Cullum.

... dabei ist das Original noch gar nicht tot und hat erst vor gar nicht langer Zeit, okay, genau genommen vor 5 Jahren, mit seiner exzellenten Doppel-CD "The Millennium Concert" einmal mehr bewiesen, daß er live auf der Bühne fast unschlagbar ist.

Privat, im stillen Kämmerlein, sieht es jedoch ganz anders um ihn aus. Da war immer wieder der Blues "The Devil called Alc", der ihm zu schaffen machte und er die internationalen Konzertsäle, die jahrzehntelang stets ausverkauft waren, mit den tristen Krankenzimmern diverser Drogenentzug-Kliniken tauschen mußte. Ein Jammer für alle Fans von Billy Joel, zu denen ich mich auch schon seit mindestens 20 Jahren zähle.

Als Trost wurde uns nun vor der Plattenindustrie ein Milchbubi namens Jamie Cullum an die Backe gehängt, der seit kurzem immer und überall in den Medien auftaucht. Als neulich zum Beispiel auf Arte die famose Dokumentation über die Mafia-Verstrickungen von Frank Sinatra gezeigt wurde, tauchte auch er wie Kai aus der Kiste unter den Prominenten auf, die sich über "The Voice" äußern durften. Das fiel schon auf, denn alle anderen Interviewten waren wirklich prominente Weltstars.

Aber so wird es eben gemacht, wenn ein neuer Retorten-Star weltweit gepusht werden soll. Und irgendwann glaubt das Volk dann wirklich, daß er "dazu" gehört, kauft seine Platten, und schon ist das Kalkül der Produzenten aufgegangen.

Also hatte auch ich heute nacht brav eingeschaltet, als der Kommerz-Sender Sat.1 die Aufzeichnung eines Live-Konzertes von Jamie Cullum übertrug. Und was soll ich sagen? So schlecht war es gar nicht mal, weil der Junge tatsächlich Talent hat, in seiner quirligen Art nicht unsympathisch wirkt und auch für manche Performance-Gags gut ist.

Bleibt nur die Frage, warum man ihn immer unbedingt als "Jazz"-Musiker verkaufen will. Diese Ausflüge auf dem Klavier gibt es zwar bei ihm, alles in allem ist er aber ein reiner Pop-Musik-Interpret, der sich vor allem für Cover-Versionen anderer Künstler feiern läßt. Nicht schlecht seine Version von "Wind Cries Mary", die mir allerdings im Original von Jimi Hendrix nach wie vor besser gefällt. Und wenn ich "Singin' In The Rain" von ihm höre, bekomme ich schon nach den ersten Takten Lust, mir zum 20. Mal das 1951 gedrehte wunderschön kitschige Gershwin-Musical "An American in Paris" reinzuziehen, weil der Song bisher von niemandem anders als Gene Kelly jemals besser gesungen und getanzt wurde.

Und der Rest klingt eben einfach nur nach Billy Joel. Drücken wir ihm also die Daumen, daß er seine persönliche Krise hoffentlich schnell meistern wird. Der Unterschied zwischen ihm und einem Jamie Cullum besteht übrigens darin, daß er es nie nötig hatte, die Songs anderer Stars abzukupfern, sondern der Menschheit mindestens ein Dutzend selbst komponierter genialer Songs schenkte, die man wohl auch noch in 50 Jahren als Evergreens hören wird, wenn sich kein Schwein mehr an einen "Jamie Cullum" erinnert, dessen Scheiben wir zur Zeit, aus welchen Gründen auch immer, alle unbedingt kaufen sollen.

Billy, der Meister selbst, spielt bei seinen Live-Konzerten hin und wieder auch gern mal Songs von Musiker-Kollegen. Die sind aber meist als heitere Parodien gedacht, wodurch er seinen Konzerten oft auch einen bissig satirischen Anstrich verleiht. Ich hoffe, daß er bald wieder so fit sein wird, um auf der Bühne auch Jamie Cullum zu parodieren, wenn dieser gerade mal wieder nicht nur die Stimme, sondern überhaupt die ganze Art von Billy Joel kopiert ;-)

Gruß Ben
 
17. June 2006, 14:51   #2
Hobbitlady
 
Registriert seit: June 2006
Beiträge: 2

Hallo Ben-99,

ich muss zugeben, dass ich mich hier nur habe registrieren lassen, weil wir im JC-Fan-Forum gerade über Jamie-Hasser diskutieren und ich mich wirklich frage, womit der arme Billy solche Fans verdient hat! Ich mochte seine (Billys) Musik immer sehr und halte ihn für einen großen Künstler. Wie kommst Du eigentlich darauf, dass Jamie gerne sein "Nachfolger" wäre? Da bist Du wohl auf einige Presse-Fritzen hereingefallen, die für alles und jeden absurde Vergleiche brauchen, um sie irgendwie einordnen zu können. Wenn Du Dich mal ernsthaft mit ihm auseinandergsetzt hättest, wüsstest Du, dass er seine allererste Scheibe selbst produziert und vertickt hat und jahrelang live aufgetreten ist und mit den verschiedensten Bands gespielt hat, bevor er "entdeckt" wurde. Er ist also alles andere als ein Casting-Zombie. Außerdem behauptet er selbst absolut nicht, ein Jazz-Musiker zu sein. Jazz ist seine Grundlage, auf der er die größtmögliche Freiheit sieht, seine Vorstellungen zu verwirklichen. Dass die nicht jedem gefallen, ist nur natürlich. Er covert nun mal gerne, weil er selbst Fan verschiedenster Musikrichtungen ist. Es ist übrigens seit Barockzeiten üblich, mit dem Material anderer Komponisten zu arbeiten und sie aufzufrischen
Als ich Deine Klage zuerst gelesen habe, hab' ich gedacht "Heul' doch!" Was kann Jamie denn für Billys persönliche Probleme? Billy selbst würde sich kaum darüber beklagen, dass es Nachwuchskünstler gibt, die ihren eigenen Stil entwickeln - und es ist sein eigener Stil. Von Billy Joel ist im Fan-Forum eigentlich kaum die Rede und ich habe auch nie Billy-Sound in Jamies Stücken entdeckt. Die einzige Gemeinsamkeit, die die beiden miteinander haben ist, dass sie sehr talentierte Komponisten, Sänger und Pianisten sind - und in diesem Universum sollte Platz für beide - und viele andere mehr - sein. Also nix für ungut! Ich verziehe mich jetzt mal wieder in mein Froum, da gibt's genug zu tun!
 
17. June 2006, 16:40   #3
jupp11
 
Registriert seit: January 2002
Beiträge: 4.013
Egal, ob Bens Threadtitel
Zitat:
Der neue Billy Joel heißt Jamie Cullum
oder der laut.de Eingangssatz auf seiner Biografie-Seite
Zitat:
Die Schlagzeilen betiteln ihn mit Superlativen wie "Robbie Williams des Jazz" oder "David Beckham des Jazz".
Quelle: laut.de | der musikkanal
ich hab damit einfach Probleme.

Kann noch jemand zählen, wieviele neue Elvisse angekündigt worden sind, obwohl jedermann weiss, dass Elvis noch lebt.

Was ich bis jetzt von ihm gehört hab, stammt von einigen Samplern und - iss nett, reisst mich allerdings keinesfalls vom Hocker.

Ich denke, man sollte dem Jungen die Zeit geben, selbst was auf die Beine zu stellen und nicht überwiegend Hits von anderen nachzusingen.

Er selbst meint bedeutungsschwanger:
Zitat:
"Ich habe keine Lust Standard-Interpretationen abzuliefern, die wie Karaoke-Fassungen klingen" berichtet er über die Schwierigkeit, sich mit Evergreens, d.h. 'alten Songs' auseinander zu setzen. "Ich versuche ganz bewusst, nicht der junge Typ mit den alten Songs zu sein. Dann schon lieber der junge Typ mit den alten Songs, die ganz frisch rüberkommen".

quelle:laut.de | Jamie Cullum - "Twentysomething" (CD-Kritik)
Ich erinner mich noch an Maxe Mutzke, der recht ansprechend begonnen hatte und seitdem nur noch von von Stefan Raab unregelmäßig hervorgekramt wird und dessen Refrains singen darf.

Schade drum

tschao

jupp11
 
17. June 2006, 18:11   #4
Ben-99
Ungültige E-Mail Angabe
 
Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
... sei gegrüßt, Hobbitlady. Ich hatte den Beitrag schon fast wieder vergessen, weil ja auch niemand darauf reagiert hat, was auch nicht so oft vorkommt. Um so mehr freue ich mich, daß sich nun sogar eine Leserin "von außen" des Threads erbarmt hat ;-)

Und Du hast ja gar nicht mal so unrecht. Sicherlich hat es Jamie Cullum nicht verdient, gleich so sehr von mir "runtergeputzt" zu werden. Aber damals, als ich den Beitrag unmittelbar nach einem ausgestrahlten Live-Konzert schrieb, hatte ich das Gefühl, seit Wochen beinahe täglich mit seinem Namen konfrontiert zu werden – mit einem Künstler, von dem ich vorher nie etwas gehört hatte und der nun so massiv von seiner – früher hätte man "Platten-Firma" gesagt – in die Medien ge(d)rückt wurde, daß es fast schon schmerzte.

Vielleicht war ihm das sogar selbst nicht lieb, und vielleicht ist es ihm nur recht, daß es längst wieder stiller um ihn geworden ist. Man wird dann sehen, ob er zu den von Jupp erwähnten vielen angeblich neuen "Elvissen" gehört, deren Namen alle längst wieder vergessen sind, oder ob er wirklich das Zeug hat, das Publikum dauerhaft zu begeistern.

Daß er mir dennoch ganz sympathisch ist, hatte ich ja auch geschrieben. Aber gerade nach dem Live-Konzert war ich ratlos, weil er weder "Fisch noch Fleisch" zu sein schien. Und ich hatte wirklich einen Jazz-Musiker erwartet und sah dann jemand, der sich mehr als "Entertainer" fühlt und mich in seiner Art an Billy Joel erinnerte, der zwar zwischendurch auch gern seine Späßchen macht, nur mit dem Unterschied, daß er alle Songs selbst geschrieben hat, von denen viele großartig sind und wohl auch noch lange "zeitlos" bleiben werden.

Vielleicht hatte sich, als ich den Beitrag schrieb, in meine Trauer auch Wut gemischt, nachdem Billy Joel angekündigt hatte, von nun an nur noch "klassische" Musik zu komponieren:

Billy Joel: Fantasies & Delusions, Op. 1-10: Music: Billy Joel, Richard Joo

Das klingt zwar hübsch, aber ich habe schon viele schöne Chopin-Alben und mag auch romantische Klavier-Musik ganz gern. Viel lieber würde ich aber wieder neue gute Songs von einem der besten Pop-Komponisten unserer Zeit hören. Aber Billy ist ja noch nicht tot, und vielleicht überlegt es sich der geniale alte Sack ja doch noch einmal ;-)

Und über den jungen Jamie Cullum habe ich heute auch nichts mehr zu meckern. Ich wünsche ihm, daß er seinen Weg findet, aber möglichst seinen eigenen unverwechselbaren. Und von der Hobbitlady wünsche ich mir, daß sie von nun an öfter mal Lust hat, hier auf dem Skats über Musik oder andere Themen zu schreiben.

Und daß auch ich hin und wieder etwas durcheinander bringe, sieht man schon daran, daß mir der peinliche Fehler passiert ist, in bezug auf den berühmten Gene-Kelly-Song die beiden Musical-Movies "Singin' In The Rain" (1952) und Vincente Minnellis "An American in Paris" (1951) zu verwechseln. Hat aber zum Glück niemand bemerkt *g*

Singin' In The Rain (1952)

An American In Paris (1951)

Gruß Ben
 
17. June 2006, 18:59   #5
Hobbitlady
 
Registriert seit: June 2006
Beiträge: 2
Hm, komme mit diesem Forum irgendwie nicht zurecht, hatte nämlich schon was zu Jupps Post geschrieben, was wohl nicht angekommen ist. Na ja...
Also dann nochmal: Es ist keinesfalls still um Jamie geworden, er hält sich nur zurzeit meistens in anderen Teilen der Welt auf als ausgerechnet in Deutschland. Er tourt sich nämlich gerade den Arsch auf und spielt vor ausverkauften Häusern (Tourplan auf www. Jamiecullum.com einzusehen). Den Medien-Hype kannst Du getrost vergessen. Live spielen ist das, was er am meisten liebt und am besten kann. Damit hat er mehr Erfolg als z. B. Robbie Williams, der in den USA so gut wie unbekannt ist (ohne dass ich die beiden in irgendeiner Weise vergleichen will!!!!)
Sein letztes Album "Catching Tales" enthält kaum noch Cover und ist noch viel weniger jazzig als "Twentysomething" (das übrigens im Analogverfahren eingespielt und nicht mehr verändert wurde!)
Er ist übrigens der letzte, der mit irgendwem verglichen werden möchte, sondern bezeichnet sich selbst als "music-nerd" . Er liebt die Musik, was im Musikgeschäft durchaus nicht selbstverständlich ist, und wird deshalb auf die Dauer schwer zu vermarkten sein.
Seine Stücke kann man übrigens auf seiner Homepage unter "Jamie-FM" komplett und umsonst anhören!
Zu Billy Joel: Ist es nicht so, dass er sehr unter der Ablehnung durch seinen Vater leidet? Vielleicht deswegen auch der "Rückzug" in die Klassik? Aber er ist doch jetzt auch wieder auf Tour, also noch nicht ganz verloren für seine Fans. Jedenfalls wünsche ich ihm ebenfalls volle Häuser!
Hier werde ich wohl, außer in diesem thread, nicht so oft auftauchen, weil schon das JC-Forum viel zu viel meiner Zeit beansprucht. Dort ist es wirklich nett, und es geht längst nicht nur um Jamie. Kann man auch jederzeit reingucken (link ebenfalls über die Homepage)
Gruß
HL
 
17. June 2006, 19:03   #6
Bandwurm
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