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22. November 2007, 11:47   #1
Ben-99
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Das Schweigen der Quandts

... vor ein paar Wochen zeigte Das Erste "heimlich" ohne Ankündigung gegen Mitternacht eine Kurzfassung der gleichnamigen Dokumentation, möglicherweise um zu verhindern, daß die Ausstrahlung der Sendung noch im letzten Moment gerichtlich verboten werden könnte. Heute abend wird auf NDR die 90minütige Langfassung ausgestrahlt, die niemand verpassen sollte, der zum Beispiel gern "BMW"-Autos und "Varta-"Batterien kauft und schon immer mal wissen wollte, was die Kindermörderin Magda Goebbels und vor allem der Tod Tausender Zwangsarbeiter im Dritten Reich mit dem Milliarden-Vermögen der reichsten deutschen Familie zu tun hat.

Gruß Ben

Zitat:
22.11.2007 |21:00 | NDR

Das Schweigen der Quandts

Für 'Das Schweigen der Quandts' recherchierten die NDR Autoren Eric Friedler und Barbara Siebert über fünf Jahre hinweg in Archiven im In- und Ausland. Mithilfe der von ihnen zusammengetragenen Dokumente ist es ihnen gelungen, Stück für Stück die Herkunft von Teilen des Familienvermögens offen zu legen. Das Fazit: Die Quandts nutzten offenbar die wirtschaftlichen Vorteile, die der Nationalsozialismus ihnen bot. Sklavenarbeit von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern ermöglichten Profite und den Ausbau ihres Konzerns. Das belegen u. a. erschütternde Aussagen letzter Überlebender des Konzentrationslagers Hannover-Stöcken. Dieses Lager, welches unmittelbar an die Quandtsche Batteriefabrik AFA, später Varta, angegliedert war, galt als 'kleines Auschwitz' des Nordens. Mit Wissen und Billigung der Quandts fand dort 'Vernichtung durch Arbeit' statt.

Die Vermögenszuwächse, welche die Quandts zwischen 1933 und 1945 erzielten, begründeten zum Teil ihren Aufstieg in der deutschen Nachkriegswirtschaft. Die Autoren haben mit dieser ersten Dokumentation über die Geschichte der Familie eine Mauer des Schweigens durchbrochen - mit Erfolg: Wenige Tage nach der Erstsendung des Films erklärten die Erben der Familie gemeinsam, sie seien sehr bewegt. Nun will die Familie ihre Geschichte im 'Dritten Reich' aufarbeiten lassen.

Das NDR Fernsehen zeigt eine um 30 Minuten erweiterte Fassung des Films. (TV Movie)



[edit]

Empfehlenswert ist auch der Artikel im "Hamburger Abendblatt":

Das Erbe der Schuld

Zitat:
So bleibt nur der Nachgeschmack, dass hier reiche Erben zwar das Vermögen übernommen haben, aber keine Verpflichtungen, wie der Quandt-Biograf Rüdiger Jungbluth in der Dokumentation kritisiert.

Die weist nun in aller Klarheit nach, dass dieses Vermögen auch auf einer engen Zusammenarbeit mit den Nazis und auf der Ausbeutung von Zwangsarbeitern basiert. So wäre die Rüstungsindustrie ohne die Zulieferung aus der AFA und den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (DWM) gar nicht denkbar gewesen.

(...)

Anders als die Großindustriellen Krupp und Flick und die IG-Farben-Manager musste jedoch kein Quandt dafür büßen. In den Nürnberger Prozessen tauchten die Quandts gar nicht auf. Schlimmer noch, Günther Quandt, der Firmengründer, besaß sogar noch die Dreistigkeit, sich später als Verfolgter des Naziregimes darzustellen. Der amerikanische Ankläger Benjamin Ferencz, dem das Autorenteam neuestes Archivmaterial vorlegte, sagt heute: "Hätten wir dieses Material damals gekannt, wären die Quandts als Kriegsverbrecher verurteilt worden."
 
22. November 2007, 14:33   #2
Jules
 
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Beiträge: 2.352
Ist bereits programmiert. ;-)
 
22. November 2007, 17:07   #3
Ogino
 
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Vor Jahren gab es mal im Spiegel einen Bericht über diese 'ehrenwerte Familie', irgendwo im hinteren Bereich über zwei Spalten, leider nicht so ausführlich.
Ich kann mich noch gut an meinen Lehrer erinnern, der uns im Geschichtsunterricht eine Menge über die Quandt's erzählen konnte.
Kein Wunder, war er doch selbst betroffen.

Danke für den Tipp.
 
22. November 2007, 23:41   #4
Ben-99
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... inzwischen verstorbene Nazi-Verbrecher kann man leider nicht nachträglich aufknüpfen. Aber was ist mit den Enkeln und Kindern, die durch ihr Milliarden-Erbe quasi für die Verbrechen ihres Vaters und Großvaters auch noch belohnt worden sind?

Zum Beispiel Susanne Klatten - seit Jahren gilt die heute 45jährige Quandt-Erbin mit einem Vermögen von rund 10 Milliarden Dollar als Deutschlands reichste Frau. Dabei wirkt die attraktive Altana- und BMW-Anteilseignerin keinesfalls unsympathisch. Vor allem konnte sie damit punkten, ihren heutigen Ehemann als junge Frau während eines Praktikums im BMW-Werk Regensburg kennen- und liebengelernt zu haben. Doch sie jobbte dort nicht etwa unter dem berühmten Namen Quandt, sondern wählte ein Pseudonym, um zu testen, wer es wirklich ernst mit ihr meint. Und so kann man sich vorstellen, wie der Verlobte, ein einfacher Student, aus allen Wolken flog, als er endlich von ihr erfuhr, wer seine künftige Ehefrau in Wirklichkeit ist. Dieses überaus romantische, moderne Märchen hatte mich damals sehr berührt.

Heute frage ich mich allerdings, wie es eine Frau wie Susanne Klatten all die Jahre geschafft hat, die dunklen Seiten in der Familie-Chronik zu verdrängen. Wer wie sie so ungeheuerlich viel Geld erbt, sollte sich schon die Frage stellen, ob und wieviel Blut daran von unschuldigen Nazi-Opfern kleben könnte. Frau Klattens Vater war Herbert Quandt, der zusammen mit seinem Halbbruder Harald die Milliarden erbte, die sein Vater Günther zum Teil zu Lasten todgeweihter Zwangsarbeiter, die in seinem hauseigenen "Mini-KZ" unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften mußten, zusammengerafft hatte.

Eine Frau wie Susanne Klatten kann mir nicht erzählen, daß sie all das nicht gewußt habe, was genauso für ihre Mutter Johanna und fast alle anderen aus dem Quandt-Clan gilt. Über 60 Jahre lang haben sie versucht, das Thema totzuschweigen. Doch nun auf einmal, nach dieser bemerkenswerten Dokumentation, die sie angeblich "sehr bewegt" hat, wollen sie die unheilvolle Familiengeschichte von Historikern neu aufarbeiten lassen. Was für ein Hohn - vor allem gegenüber den Opfern des furchtbaren Nazi-Unternehmers Günther Quandt.

Und doch sind die Quandt-Erben nicht allein verantwortlich. Die Hauptschuld für diesen Polit-Skandal muß den Gründungsvätern der Bundesrepublik Deutschland angelastet werden, die sich für ein bigottes kapitalistisches System eingesetzt haben, bei der auch unter Adenauer und seinen späteren Nachfolgern viele der schlimmsten Nazis und deren Nutznießer nicht nur vor einer gerechten Strafe verschont blieben, sondern sie ihr Geld, an dem so unendlich viel Blut klebte, auch noch weitervererben durften.

Susanne Klatten und alle anderen noch lebenden Erben von Günther Quandt sind im rechtlichen Sinn nicht schuldig. Aber ich würde mich an ihrer Stelle in Grund und Boden schämen und hätte schon dadurch große Schwierigkeiten, mich an dem Milliarden-Vermögen zu erfreuen.

Gruß Ben
 
23. November 2007, 09:02   #5
genial
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ich hab den bericht gesehen, da ich ja irgendwie bmw-fan bin und fand die hintergrundinfos auch reltiv interessant, da ich doch noch nicht alles wusste.

sicher war dies seinerzeit ein "starkes" stück, aber was hat sich denn verändert. heutztage kaufen wir fast ausschliesslich waren die von ausbeuterischen unternehmen im fernen asien irgendwie produziert werden. aber das ist ja weit weg - und geht uns nichts an.
 
23. November 2007, 17:30   #6
Boomer
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Zitat:
Zitat von genial Beitrag anzeigen
heutztage kaufen wir fast ausschliesslich waren die von ausbeuterischen unternehmen im fernen asien irgendwie produziert werden. aber das ist ja weit weg - und geht uns nichts an.
Och, ausbeuterisch ist so ziemlich jedes Unternehmen dieser Welt.

Sofern es sich nicht um deutsche/deutschstämmige Unternehmen handelt geht das schon o.k.
 
Antwort

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