Skats

Datenschutzerklärung Letzten 7 Tage (Beiträge) Stichworte Fussball Tippspiel Sakniff Impressum
Zurück   Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben
Registrieren Hilfe Benutzerliste Kalender


 
 
4. January 2008, 00:28   #1
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
Stichtage

01. Januar 1993: Erstes SMS-Service-Center geht in Betrieb

Ursprünglich war die SMS von den Mobilfunkunternehmen dazu vorgesehen, ihre Kunden zu informieren, zum Beispiel über verpasste Anrufe. An die Möglichkeit einer interaktiven Schriftkommunikation hatte zunächst niemand gedacht, vielleicht auch, weil die Kurzmitteilungen lediglich eine scheinbar nutzlose technische Nische des für Sprache konzipierten Netzes nutzen. So ist der Short Message Service (SMS) in den Kindertagen des Handys lediglich eine Sende-Einbahnstraße. Die erste Handy-Kurznachricht der Welt, angeblich am Neujahrstag 1993 im britischen Vodafone-Netz verschickt, beginnt ihre Reise deshalb ganz herkömmlich, mit einem Telefonanruf im Service-Center des Mobilfunkbetreibers.

Dort diktiert der Absender seinen Text einem Mitarbeiter, der seinerseits die Nachricht per Hand in den Computer eingibt und dann an den Empfänger weiterleitet. Kein Wunder also, dass sich die Zahl der SMS-Nachrichten anfangs in überschaubaren Grenzen hält. "Wenn das zehn Leute am Tag genutzt haben, dann waren das sehr viele", erinnert sich ein Sprecher von T-Mobile. Kein Netzbetreiber sieht voraus, welches kommerzielle Potential in der SMS schlummert, weshalb die meisten sie zunächst kostenlos anbieten. Doch als 1995 die automatisierte SMS-Funktion auf den deutschen Mobilfunkkarten standardmäßig integriert wird, ist der explosionsartige Boom nicht mehr aufzuhalten. Im Jahr darauf werden nach Angaben des Verbandes der Netzbetreiber allein hierzulande bereits 100 Millionen Kurznachrichten versendet.

Inzwischen hat sich der einmal als Abfallprodukt eingeschätzte Short Message Service als Lizenz zum Gelddrucken erwiesen. Im Jahr 2006 werden allein in Deutschland etwa 20 Milliarden SMS-Botschaften getippt und zu durchschnittlichen Preisen zwischen fünf und 19 Cent verschickt. Vor allem mit Kindern und Jugendlichen verdienen sich die Netzbetreiber "dumm und dusselig", wie es eine Sprecherin der Verbraucherzentrale-Bundesverband formuliert. Technisch ist das Ende der SMS bereits absehbar. Schon in Betrieb ist der Multimedia Messaging Service (MMS), der ohne Zeichenbegrenzung auch Tonaufnahmen und andere Multimedia-Dateien mitsenden kann. Die Zukunft dürfte der Verschmelzung von Computer-Emails und Handy-Technologie gehören. Zurzeit aber bemühen sich alle Mobilfunk-Unternehmen noch, die Gelddruckmaschine SMS möglichst ungestört auf Hochtouren laufen zu lassen.

Klick
 
4. January 2008, 00:31   #2
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
02. Januar 1958: Start der Flensburger Verkehrssünder-Kartei

Keine Behörde - neben dem Fiskus - ist bei den Deutschen so unbeliebt wie das Referat 23 des Kraftfahrtbundesamtes. Der korrekte Name der heute 170 Mitarbeiter starken Abteilung lautet "Zentralkartei über Versagungen und Entziehungen der Fahrerlaubnis, über Verbote des Führens von Fahrzeugen und über Verurteilungen wegen Verkehrsstraftaten". Der Volksmund nennt das Ungetüm von Beginn an schlicht und treffend "Verkehrssünderkartei". Mehr als acht Millionen Missetäter, die gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen haben, sind derzeit im Flensburger Sündenregister verzeichnet. Und es werden immer mehr; dafür sorgt die wachsende Verkehrsdichte, die steigende Zahl an Kontrollen sowie immer mehr und immer schärfere Vorschriften.

In den 1950er Jahren gibt es auf deutschen Straßen noch sehr wenige Verkehrsregeln zu beachten. Im internationalen Vergleich verzeichnet die junge Bundesrepublik allerdings die meisten Verkehrstoten, was 1957 zur Einführung der ersten Tempo-Messungen mit Radargeräten führt. Im gleichen Jahr schafft der Bundestag die gesetzliche Grundlage für ein Zentralregister zur Speicherung von Verkehrsverstößen. Seinen Sitz findet es beim Kraftfahrtbundesamt, das seit 1951 in Flensburg residiert. Am 2. Januar 1958 beginnen rund 700 Mitarbeiter damit, die von Straßenverkehrsämtern, Polizeibehörden und Gerichten eingehenden Mitteilungen über Fehlverhalten im Verkehr zu speichern.

Im Jahr 1974 wird das heute geläufige System von Strafpunkten eingeführt. Anhand eines 18-Punkte-Katalogs kann fortan jeder Verkehrsteilnehmer nachvollziehen, wie hoch sein Fehlverhalten bewertet wird und wie groß demnach die Gefahr für seine Fahrerlaubnis ist. Sieben Punkte können ohne Folgen gesammelt werden, beim achten folgt eine gebührenpflichtige Verwarnung. Sind 14 Punkte erreicht, wird ein Aufbauseminar in einer Fahrschule fällig. Macht auch das aus dem Sünder keinen besseren Verkehrsteilnehmer, dann ist "der Lappen" bei 18 Punkten erst mal für lange Zeit weg. Gelöscht wird nur, wenn innerhalb von zwei Jahren keine neue Verfehlung hinzukommt. Die häufigste Ursache für einen Eintrag in Flensburg ist bis heute zu hohe Geschwindigkeit. 80 Prozent der registrierten Verkehrssünder sind Männer, und das sind beileibe nicht nur Autofahrer. Auch Zehntausende Fußgänger, Radfahrer, Reiter und sogar Rollstuhlfahrer sind schon mal in der Verkehrssünderkartei gelandet.

Klick
 
4. January 2008, 00:34   #3
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
03. Januar 1958: Edmund Hillary gewinnt Wettlauf zum Südpol

Vivian Fuchs hat einen Plan. "Ich habe vor, die Antarktis so zu durchqueren, wie es einst Sir Ernest Shackleton versucht hat", sagt der 45-jährige britische Polarforscher zu dem acht Jahre jüngeren neuseeländischen Abenteurer Edmund Hillary. Fuchs hat vor, Hillary für die waghalsige Tour in das nahezu unerforschte ewige Eis zu gewinnen. Der Brite will die Hauptexpedition leiten und unterwegs wissenschaftliche Messungen durchführen. Hillary soll Fuchs entgegenkommen und auf der Strecke Depots mit Benzin und Nahrungsmittel anlegen, damit die Weiterreise, nachdem der Südpol durchquert ist, möglich wird. Für diesen Zulieferjob scheint der Neuseeländer der richtige Mann. Denn Hillary liebt die schier unmöglichen Herausforderungen: Immerhin stand er zuvor bereits als erster Mensch auf dem Mount Everest. Im "Kampf gegen die Langeweile" ist ihm keine Gefahr zu groß.

Hillary nimmt das Angebot an. Aber er verfolgt eigene Ziele. Von Anfang an hat der ehrgeizige Bergsteiger den Plan, als erster den Südpol zu erreichen. Dem entsprechend kalkuliert der zwei Meter große Hüne seine Tour mit mehr Treibstoff, mehr Fahrzeugen und einem größeren Vorrat an Proviant. Auf dem neuseeländischen Tasman-Gletscher erprobt er mit seinem 22-köpfigen Team den Umgang mit Schneeraupentraktoren und Hundeschlitten. Im Dezember 1956 macht sich Hillary auf die Reise zur Antarktis - und nutzt den Winter, um Schlitten und Fahrzeuge zu präparieren und sich mit ersten Erkundungsgängen ins Innere des siebten Kontinents mit der Umgebung vertraut zu machen.

Als die beiden Teams aus entgegengesetzter Richtung gen Südpol aufbrechen, hat Fuchs eigentlich keine Chance. Während er sich im guten Glauben an die Loyalität seines Kollegen unter widrigsten Bedingungen Meter für Meter nach vorne kämpft, kommt die besser ausgerüstete und gut eingespielte "Traktorengang" des Neuseeländers einfach schneller voran. "Wir fahren jetzt zum Pol, wenn Gott es will und die Gletscherspalten es erlauben". Mit diesen Worten lässt Hillary am 2. Weihnachtstag per Funkspruch die Bombe platzen. Der Versuch des verdutzten Fuchs, den Trupp durch die Forderung nach einem zusätzlichen Depot für Treibstoff jenseits der Route aufzuhalten, scheitert. "Ihr Funkspruch kommt zu spät", vermeldet Hillary: "Sind noch 380 Kilometer vom Pol entfernt. Habe weder genügend Lebensmittel noch genügend Brennstoff, um mich hier festzusetzen und ihre Ankunft abzuwarten". Am 3. Januar 1958 erreicht Hillary nach über 2.000 Kilometern durchs ewige Eis als erster den Pol. Dem verärgerten Fuchs lässt er die Ehre, als erster die Antarktis zu durchqueren.

Klick
 
4. January 2008, 00:37   #4
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
04. Januar 1968: "Zur Sache Schätzchen" kommt ins Kino

Uschi Glas will sich nicht ausziehen. Gerade hat die 24-jährige Schauspielerin aus München das erste Angebot zu einer Hauptrolle bekommen, aber die Sache behagt ihr gar nicht. Denn der Neue Deutsche Film verlangt zu dieser Zeit "das Ausziehen eigentlich als Grundbedingung". Kurzerhand geht Glas in den berühmten Miederwarenladen der Frau Krienis. "Und da habe ich gesagt: Frau Krienis, ich brauche eine Korsage. Alle Männer muss es umhauen, wenn ich das trage. Und dann hat sie gesagt: 'Des machen wir, des machen wir.'"

Der erste Mann, den der neue Mieder umhaut, ist Regisseur May Spils. "Genauso machen wir das", soll er gesagt haben, als die Glas vor ihm posiert: "Das ist der Hammer". Die Nacktszene entfällt. Glas darf Werner Enke als Phrasen dreschenden Nichtstuer aus Schwabing, der in Konflikt zur Polizei gerät, im weißen Dessous bezirzen. Am 4. Januar 1968 kommt "Zur Sache Schätzchen" in die Kinos. Nicht nur, weil Glas ihre Arbeitskleidung selbst bezahlt, kann die Schwarzweiß-Produktion, die die Revolte der Studentenunruhen auf ein harmloses Niveau mittelmäßiger Gags in einer seicht dahin plätschernden Komödie herunterschraubt, mit 350.000 Mark Minimalbudget verwirklicht werden.

Werner Enke ist das Resultat peinlich. Bereits in der Endphase der Dreharbeiten sitzt er jeden Abend besoffen in der Kneipe. "Wir haben einen fürchterlichen Film gedreht", ruft er immer wieder aus: "Ich will mit diesem Mistding nichts zu tun haben." Allen Unkenrufen des Schauspielers zum Trotz wird "Zur Sache Schätzchen" ein Riesenerfolg. Über vier Millionen Zuschauer lockt der Film in die Kinos. Vor allem die Miederszene wird zur Sensation. "ich habe noch keinen Film der neuen deutschen Welle gesehen, in dem so viel Freiheit anwesend war", lobt der bekannte Filmkritiker Peter W. Jansen. Der Neue Deutsche Film hat seinen ersten Kassenschlager. An seinen Erfolg wird Spils nie wieder anknüpfen können. Glas aber wird zum "Schätzchen der Nation".

Klick
 
5. January 2008, 09:46   #5
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
05. Januar 1908: Todestag des Mediziners Josef von Mering

Schlafen, ausruhen, vergessen - kein Medikament in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts löst seine Werbeversprechen so zuverlässig ein wie das "freundliche Schlafmittel" Veronal. Als "Revolution auf dem Arzneimittelmarkt" bezeichnet der Pharmakologe Gerd Glaeske das weiße Pulver, mit dem seine Erfinder Josef von Mering und Emil Fischer ab 1903 die Welt erobern. Fünfzig Jahre lang gilt Veronal als Inbegriff von scheinbar problemloser Erholung und beschert seinen Produzenten Merck und Bayer kaum enden wollende Rekordgewinne. In der Fachwelt ist der 54-jährige Miterfinder von Mering 1903 kein Unbekannter, seit ihm 14 Jahre zuvor per Zufall ein bahnbrechender Erfolg in der Erforschung der Zuckerkrankheit gelungen ist.

Der 1849 in Köln geborene Josef Mering - den Titel eines Freiherrn erhält er erst später - verbringt schon im Medizinstudium mehr Zeit im Labor als im Krankenzimmer. Nach seinem Examen tanzt der beliebte, schlanke Arzt mit dem markanten Vollbart auf vielen Hochzeiten. Arbeitet beim Lustforscher Richard von Krafft-Ebing, habilitiert sich in Innerer Medizin, baut eine HNO-Klinik auf und betätigt sich als Gerichtsarzt. In Straßburg entfernt Mering 1889 zusammen mit Oskar Mintovski einem Hund die Bauchspeicheldrüse, um die Folgeerscheinungen zu studieren. Zunächst findet sich nichts, bis der Hund die typischen Symptome eines Zuckerkranken zeigt. Mit der Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Bauchspeicheldrüse und Diabetes schaffen Mering und Mintovski die Grundlagen zur Entdeckung des Insulins.

Im Jahr darauf beginnt Josef von Mering an der Universität Halle seine Zusammenarbeit mit dem Biochemiker und späteren Nobelpreisträger Emil Fischer. Auf der Suche nach einem neuen Schlafmittel erforschen sie die hypnotischen Wirkungen, die Barbitursäure in Verbindung mit anderen Substanzen entwickelt. 1902 entsteht so die Diäthylbarbitursäure, ein Pulver, das weder schlecht riecht noch unangenehm schmeckt und schon in Mengen von 0,3 Milligramm wirksam ist. Entgegen aller Gepflogenheiten geben die Forscher ihrem Schlafmittel einen griffigen Fantasienamen: Veronal. Den Siegeszug der neuen Lifestyle-Droge kann Josef von Mering nur kurze Zeit miterleben. Wenige Wochen vor seinem 59. Geburtstag, am 5. Januar 1908, stirbt er nach monatelanger Krankheit in Halle an der Saale. So bleibt ihm die Erfahrung erspart, dass seine Erfindung nicht nur schläfrig, sondern auch süchtig macht und in den folgenden Jahrzehnten zur Selbstmorddroge Nummer eins avanciert. Erst 1956, nachdem unzählige Menschen mit Veronal den endlosen Schlaf gefunden haben, wird die Produktion eingestellt. Ein Jahr darauf kommt das nächste "todsichere" Wunder-Schlafmittel auf den Markt. Es heißt Contergan.

Klick
 
7. January 2008, 09:20   #6
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
06. Januar 1938: Adriano Celentano wird geboren

Im Jahr 1966 erobert ein Schlager mit dem Titel "Il Ragazzo Della Via Gluck" die italienischen Charts. Die traurige Ballade erzählt von einem Jungen, der aus der ländlichen Idylle in die unwirtliche Großstadt ziehen muss, um später als reicher Mann zurückzukehren. Aber das Paradies der Kindheit ist verschwunden. Wo einst grüne Wiesen waren, erstreckt sich jetzt eine Wüste aus Beton.

Gesungen wird das Lied vom damals 28-jährigen Adriano Celentano, der am 6. Januar 1938 als Sohn eines armen Uhrmachers in der Via Gluck im noch beschaulichen Mailand geboren wird. "Das Schöne ist die Via Gluck", wird der Sänger später sagen. "Das Hässliche ist, wo ich jetzt wohne, im Zentrum Mailands, mit seinem Verkehr, seinen Straßenbahnen und ohne einen einzigen Baum". Die Vertreibung aus dem Kindheitsparadies wird Celentano, der mit 16 Jahren mit einer Jerry-Lewis-Parodie einen Talentwettbewerb gewinnt und 1960 in Federico Fellinis Film "La dolce vita" einen Rockstar spielt, das Trauma seines Lebens nennen. "Das Trauma bewirkte, dass ich in meinen Liedern immer die gleichen Themen behandle: Ich singe praktisch immer dasselbe Lied."

Celentanos immergleiches Lied handelt von der Liebe zur Natur und schönen Frauen, vom Feiern auf den Wiesen und von der Zerstörung der natürlichen Schönheit durch Bagger, Umweltverschmutzung und Korruption. Und es handelt davon, dass früher alles besser war - so wie in seinem größten Hit "Azzuro", den Paolo Conte ihm 1968 schreibt. Nebenbei spielt Celentano in mittelmäßigen Komödien wie "Der gezähmte Widerspenstige" oder "Gib dem Affen Zucker". Seine Ideen präsentiert er auch in der samstäglichen Fernsehshow "Fantastico", für die er sich vom Sender RAI vertraglich "totale Autonomie" zusichern lässt. Seine großen Sprachschnitzer verzeiht ihm das Millionenpublikum dabei ebenso wie den fehlenden roten Faden.

1985 fordert Celentano seine Zuschauer auf, für fünf Minuten den Fernseher auszuschalten, um damit gegen den Krieg zu protestieren und das Friedensabkommen zwischen Michail Gorbatschow und Ronald Reagan zu würdigen. 13 Millionen Menschen kommen seiner Forderung nach - von der Bewegung des "Celentanismo" ist die Rede, die laut seinen Kritikern auch Celentanos Gegner Silvio Berlusconi eindrücklich aufzeigt, wie stark man die Masse im Fernsehen für seine Zwecke manipulieren kann.

Klick
 
7. January 2008, 09:23   #7
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
07. Januar 1958: Walter Hallstein wird Präsident der EWG

1946 hat Winston Churchill einen ungeheuerlichen Traum. Gerade noch haben sich die Nationen bis aufs Blut bekämpft, da will der britische Politiker die "Vereinigten Staaten von Europa" schaffen. Ausgerechnet Kriegsverlierer Deutschland soll dabei gemeinsam mit dem ehemaligen Erzfeind Frankreich die Führung übernehmen. Am 7. Januar 1958 ist es so weit: Der deutsche Politiker Walter Hallstein wird erster Präsident der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die durch die Römischen Verträge ein gutes halbes Jahr zuvor von Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Deutschland gegründet worden ist. Ab jetzt, sagt Hallstein, müsse Europa "mit einer Stimme reden".

Zur Politik kommt Hallstein über Umwege. 1901 in Mainz geboren, zieht es den studierten Juristen zunächst an die Universität. Mit 28 Jahren wird Hallstein ordentlicher Professor in Rostock. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitet er am Wiederaufbau der heimischen Hochschullandschaft und an der Aufnahmen Deutschlands in die UNESCO. Konrad Adenauer schickt den Professor zu Verhandlungen nach Paris, wo auf europäischer Ebene der Montanindustrie wieder auf die Beine geholfen werden soll. An den Verhandlungen zur europäischen Atomgemeinschaft ist er ebenso beteiligt wie an den Römische Verträgen, deren Einhaltung durch eine Kommission in Brüssel überwacht werden soll. Als Präsident dieser Kommission wird Hallstein 1958 oberster Hüter über die gemeinsame Wirtschaftspolitik der Unterzeichnerstaaten.

Aber nicht alle wollen mit Hallstein zusammen mit einer Stimme reden. Vor allem Charles de Gaulle, der 1959 französischer Staatspräsident wird und von einen Staatenbund souveräner Länder träumt, stellt sich immer wieder quer zu Brüssel. 1965 verlassen die Franzosen aus Protest gegen den Verlauf der Gespräche zu einer gemeinsamen Agrarpolitik demonstrativ den Raum. Monatelang blockieren sie durch ihre Abwesenheit die Entscheidungen der Hallstein-Kommission: ein klarer Verstoß gegen die Spielregeln der europäischen Politik. De Gaulle ist es auch, der Hallsteins Abgang vorantreibt. Als 1967 die europäischen Gemeinschaften für Kohle und Stahl sowie für Atompolitik mit der EWG fusionieren, muss der Deutsche gehen. Er stirbt 1982 in Stuttgart.

Klick
 
8. January 2008, 08:51   #8
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
08. Januar 1988: Monika Weimar zu lebenslanger Haft verurteilt

4. August 1986: Karola und Melanie Weimar aus dem nordhessischen Philippsthal werden als vermisst gemeldet. Vater und Polizei suchen die Umgebung nach den fünf- und siebenjährigen Schwestern ab. Auch Soldaten sind im Einsatz. Drei Tage später werden die Leichen der Kinder wenige Kilometer vom Elternhaus entfernt entdeckt. Im Himbeergebüsch eines Parkplatzes liegt Karola. Melanie wird in der Nähe eines weiteren Parkplatz gefunden. Laut Obduktionsbericht wurden die beiden erstickt oder erwürgt. 16 Ermittler bilden die Sonderkommission Weimar. Sie werten über 1.000 Spuren aus.

Da es keine Hinweise auf einen Unbekannten gibt, richtet sich der Verdacht der Polizei gegen die Eltern. Der Vater soll getrunken und geschlagen haben. Die Mutter, Monika Weimar, hat einen amerikanischen Freund, den sie in der Disco kennenlernte. Haben die Töchter das Glück gestört? Monika Weimar sagt zunächst aus, die Kinder seien auf mysteriöse Weise verschwunden. Doch je mehr Fragen die Ermittler ihr stellen, desto mehr widersprüchliche Antworten gibt die Mutter. Die Polizisten entdecken einen Schaden an der Frontscheibe ihres Autos. Kampfspuren? Nein, der Schaden sei beim Sex entstanden, sagt sie. Ihr Freund kann oder will das nicht bestätigen. Daraufhin erklärt sie, ihr Mann habe den Schaden verursacht. Zwei anonyme Briefe bezichtigen den Vater der Tat. Die Ermittler finden heraus, dass Monika Weimar die Schreiberin war. Schließlich erzählt sie, sie sei spät von einem Treffen mit ihrem Freund nach Hause gekommen. Die Mädchen hätten in ihren Betten gelegen, getötet von ihrem Vater.

Am 23. März 1987 wird der Prozess gegen Monika Weimar eröffnet: "Ich hoffe, dass ich aus dem Schlamassel, den ich mir eingebrockt habe, wieder rauskomme." Nach 44 Verhandlungstagen, an denen 92 Zeugen und Sachverständige ausgesagt haben, sprechen die Richter am 8. Januar 1988 aufgrund von Indizien das Urteil: lebenslange Haft. Polizisten müssen die Verurteilte vor einer johlenden Menge in Sicherheit bringen. Doch damit ist der Fall Weimar nicht abgeschlossen. Zwei Zeugen behaupten, der Vater habe ihnen die Tat gestanden. Der Antrag der Verteidigung auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zunächst verworfen, dann aber doch zugelassen. Der neue Prozess endet mit einem Freispruch - im Zweifel für die Angeklagte. Unter Juristen wird der Fall heiß diskutiert. Schließlich folgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein dritter Prozess. Elf Jahre nach der ersten Verhandlung wird Monika Böttcher, mittlerweile geschiedene Weimar, wieder zu lebenslanger Haft verurteilt. 2006 hat sie ihre Strafe nach insgesamt 15 Jahren Gefängnis abgesessen. Für die Morde? Auf jeden Fall für den Menschen, der Melanie und Karola getötet hat.

Klick
 
9. January 2008, 10:32   #9
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
09. Januar 1908: Simone de Beauvoir wird geboren

Der Vatikan setzt ihr rund tausend Seiten starkes Hauptwerk "Das andere Geschlecht" auf den Index: Simone de Beauvoirs Ansichten über Mutterschaft, Sexualität und Abtreibung sorgen für Empörung. Dennoch: Als ihr Buch 1949 erscheint, werden in der ersten Woche 22.000 Exemplare verkauft. Der Kernsatz darin lautet: "Man kommt nicht als Frau zur Welt, sondern wird dazu gemacht."De Beauvoir kritisiert die Geschlechterrollen und fordert Gleichberechtigung. Sie bestreitet, dass die Rolle der Frau in der Männer beherrschten bürgerlichen Gesellschaft Natur gegeben ist. In den 70er Jahren wird das Buch der Philosophin schließlich zu einer Art Manifest der Frauenbewegung.

Geboren wird Simone de Beauvoir am 9. Januar 1908 in Paris. Sie ist die Tochter eines Anwalts und einer Bibliothekarin. An der Sorbonne studiert sie Philosophie, Literatur und Mathematik. Während ihres Studiums lernt sie Jean-Paul Sartre kennen, den Hauptvertreter des französischen Existenzialismus. Die beiden werden ein Paar und schließen 1929 einen Pakt fürs Leben: In ihrer offenen Zweierbeziehung sind "Nebenlieben" erlaubt. Ein Paarmodell, das seinen Preis hat. Als sich de Beauvoir Ende der 40er Jahre in den amerikanischen Autor Nelson Algren verliebt, schreibt sie ihm: "Für Sie könnte ich auf das Meiste verzichten. Ich wäre jedoch nicht die Simone, die Ihnen gefällt, wenn ich auf mein Leben mit Sartre verzichten könnte."

De Beauvoir ist die jüngste Absolventin des philosophischen Staatsexamens und hinter Sartre die beste - er war allerdings auch schon einmal durchgefallen. Sie hat hohe Ansprüche: "Ich will alles vom Leben haben, eine Frau und ein Mann sein, viele Freunde haben und die Einsamkeit, ernorm viel arbeiten, gute Bücher schreiben, aber auch reisen, mich amüsieren, egoistisch und großzügig sein." Schon mit 15 Jahren weiß sie, dass sie einmal Schriftstellerin werden will. Ihr Traum wird wahr: Sie schreibt 26 Bücher - Romane, Korrespondenzen, Essays, Memoiren, Theaterstücke - mit Titeln wie "Sie kam und blieb" (1943), "Die Mandarins von Paris" (1954), "Memoiren einer Tochter aus gutem Haus" (1958), "Ein sanfter Tod" (1964), "Alles in allem" (1972). In ihren autobiographischen Schriften legt de Beauvoir schonungslos ihr Leben offen: "Ich habe versucht, so viel wie möglich aus meiner eigenen Erfahrung mitzuteilen, damit es anderen nützen kann." Sie stirbt am 14. April 1986 in Paris - sechs Jahre nach Sartre.

Klick
 
10. January 2008, 10:16   #10
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
10. Januar 1863: Einweihung der ersten U-Bahn der Welt

Wer Mitte des 19. Jahrhunderts in der Millionenstadt London von einem Ort zum anderen muss, hat es nicht leicht. Kutschen verstopfen die Haupt- und Nebenstraßen, immer wieder bleibt der Verkehr im Chaos stecken. 1850 kann eine Fahrt durch die Stadt schon einmal länger als ins 80 Kilometer entfernte Brighton dauern. Der Rat der Stadt beschließt, auf ein neues Pferd, der Bahn zu setzen, und einen Gutteil des Verkehrs unter den Asphalt zu verlegen. Befürchtungen, dass ein unterirdisches Tunnelsystem die Stadt zum Einsturz bringen würde, werden zerschlagen. Der Ingenieur Charles Pearson erhält den Auftrag, die "Metropolitain Railway" in Gang zu setzen. Als Antrieb setzt man auf eine mit Kohle betriebenen Lokomotive. Rohrsysteme sollen den Dampf speichern, bis die Züge wieder oberirdisch fahren.

Drei Jahre lang gräbt sich Pearson mit 2.000 Arbeitern durch die Erde; viele davon finden im einbrechenden Erdreich ihr Grab. Die langen Hohlzylinder, die beim Graben zum Einsatz kommen, geben der "Tube" später den Namen. Am 10. Januar 1863 um sechs Uhr morgens wird die erste unterirdische Eisenbahn in London eröffnet. Sechs Kilometer ist die Strecke lang, der Zug verkehrt zwischen Paddington und Farrindon. Tausende sind auf den Beinen, um auf die unterirdische Schiene gesetzt mit 50 Kilometern pro Stunde beschleunigt zu werden. 40.000 Fahrgäste sind es allein am ersten Tag. Viele müssen husten, denn die Rohrsysteme versagen. Im Tunnel riecht es schwefelig wie sonst nur in der Unterwelt. Trotzdem empfiehlt die Eisenbahngesellschaft die U-Bahn gerade für Menschen mit Atemwegsbeschwerden.

Heute werden die 274 Londoner Stationen morgens von rund 500 Zügen angesteuert. Alle zwei Minuten kommt ein Zug. 500.000 Passagiere drängen sich dann im Untergrund. 2,8 Millionen sind es jeden Tag. Für den Manager der London Underground, Philipp O'Hare, ist die U-Bahn die Lebensader, der Puls der Stadt. "Ohne die U-Bahn würde London stillstehen".

Klick
 
11. January 2008, 08:59   #11
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
11. Januar 1923: Franzosen und Belgier besetzen das Ruhrgebiet

Vom Krieg ist 1922 in Deutschland nichts mehr zu sehen. Städte und Industrieanlagen sind unzerstört geblieben, die Schlote qualmen, der Export boomt. In Frankreich und Belgien dagegen bietet sich ein völlig anderes Bild. Weite Landstriche sind verwüstet, etliche Städte liegen in Schutt und Asche. Zwar hat Deutschland im Versailler Vertrag die Alleinschuld am Krieg übernehmen und Entschädigungen in Höhe von 132 Milliarden Goldmark akzeptieren müssen. Doch die Reichsregierung betreibt seither in der Reparationsfrage eine Hinhaltetaktik, die Frankreich nahe an den Rand des Ruins bringt. So wächst jenseits des Rheins die Angst vor dem zwar besiegten, wirtschaftlich aber übermächtigen Nachbarn.

Als sich Deutschland dann auch noch im Vertrag von Rapallo mit dem kommunistischen Russland verbündet, ist für Frankreichs Ministerpräsident Raymond Poincaré das Maß voll. Zur Sicherung der Reparationsansprüche beschließt er, das industrielle Herz Deutschlands, das Ruhrgebiet, unter französische Kontrolle zu bringen. Die Rechtfertigung für eine derartige Aktion liefert die Reichsregierung, als man Anfang 1923 kurzfristig mit den Lieferungen von Koks und Telegrafenmasten in Rückstand gerät. Umgehend setzen sich im entmilitarisierten Rheinland 90.000 französische und belgische Soldaten in Marsch und beginnen am 11. Januar 1923 die Besetzung des Ruhrgebiets bis nach Dortmund. Überall schlägt dem verhassten "Franzmann", den "Plünderern" eine Welle patriotischer Empörung entgegen. Weil bewaffneter Widerstand undenkbar ist, ruft die Reichsregierung zum passiven Widerstand auf, der den Besatzern anfangs schwer zu schaffen macht. Kanalschiffe und Kohlenzüge fuhren nicht mehr.

Kurzzeitig droht der Ruhrkampf zu eskalieren. Als eine französische Abteilung am Karsamstag bei Krupp in Essen Lastwagen beschlagnahmen will, kommt es zu Tumulten. Die bedrängten Soldaten schießen in die Menge und töten 13 Arbeiter. Kurz darauf wird der bekannte Freikorps-Kämpfer und Saboteur Albert Leo Schlageter verhaftet, zum Tode verurteilt und in Düsseldorf hingerichtet. Trotz aller Widerstände und Sabotageaktionen gelingt es den Franzosen aber bald, das Ruhrgebiet unter ihre Kontrolle zu bekommen. Doch je länger die Besetzung dauert, umso mehr erkennen beide Seiten, dass ohne Verständigung keine Lösung des Konflikts möglich ist. Unter dem Druck einer stetig steigenden Inflation kapituliert die Reichsregierung im Ruhrkampf. Und auch die Franzosen merken, dass sich die Besatzung wirtschaftlich nicht lohnt. Dank der nun von Gustav Stresemann und Aristide Briand eingeschlagenen Versöhnungspolitik zieht Frankreich Mitte 1925 alle Truppen aus dem Ruhrgebiet zurück.

Klick
 
12. January 2008, 11:41   #12
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
12. Januar 2003: Todestag des Sängers Maurice Gibb

Für das 20. Album ihrer Musikkarriere entschließen sich die Mitglieder der britischen Popgruppe "Bee Gees" erstmals zur strikten Arbeitsteilung. Jeder der drei Brüder Barry, Maurice und Robin Gibb soll eigene Songs schreiben; erst am Ende will man gemeinsam entscheiden, welche auf "This Is Where I Came In" (2001) aufgenommen werden. Von Maurice ist das Lied "Man in The Middle" dabei, dessen Titel wie ein Resümee seines Lebens klingt: Denn Maurice Gibb ist immer ein Mann der Mitte gewesen, der unscheinbar zwischen seinen Brüdern steht. Als Zweitgeborener knapp eine Stunde älter als sein launischer Zwillingsbruder Robin, hält er sich bei Auftritten als Sänger, Bassist und Keyborder meistens dezent im Hintergrund - und hat durch seine Kompositionen maßgeblich Anteil am Welterfolg der Band.

Maurice Gibb wird 1949 in Douglas auf der Isle of Man geboren. Bereits als Sechsjähriger steht er mit seinen Brüdern gemeinsam auf der Bühne. Bei den "Bee Gees", die 1967 mit der düsteren Ballade vom "New York Mining Desaster" ihren ersten Welterfolg haben, steht er zumeist im Schatten seiner exaltierteren Brüder. In Ringo Starr von den Beatles findet er 1967 einen Leidensgenossen. Mit ihm zieht er im "Swinging London" von Party zu Party und versucht, seine Komplexe im Alkohol zu ersäufen. Mit Barry und Robin entwickelt Maurice den für die "Bee Gees" typischen dreistimmigen Falsettgesang, der wegen seiner hohen Tonlagen schon bald als "Helium-Sound" verspottet wird. Trotzdem wird die "Mutter aller Boygroups" mit Hits wie "Massachusetts" oder "Tragedy" sowie durch den Soundtrack zum Kultfilm "Saturday Night Fever" (1977) zum Megaerfolg der Disco-Welle.

Nach jedem Erfolg stürzt die Band in eine Krise - und kommt durch Disziplin wieder ganz nach oben. Anfang der achtziger Jahre von Radio-Stationen weitgehend ignoriert, gelingt den "Bee Gees" mit dem Hit "You Win Again" 1987 ein überraschendes Comeback. Das Album "This Is Where I Came In" soll das letzte der Gruppe bleiben. Am 12. Januar 2003 stirbt Maurice Gibb in Miami Beach an den Folgen eines Herzinfarkts.

Klick
 
14. January 2008, 12:44   #13
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
13. Januar 1893: "Independent Labour Party" wird gegründet

Sozialismus in Großbritannien, einer der ältesten Monarchien der Welt? Man kann es ja mal versuchen. Ende des 19. Jahrhunderts gehören etwa 75 Prozent der Bevölkerung zur Arbeiterklasse. Auch wenn nicht alle Arbeiter vom Sozialismus träumen. Im Parlament sitzen zwei Parteien: die Konservativen und die Liberalen. Die meisten Arbeiter sind froh, dass die Liberalen ein paar gewerkschaftliche Errungenschaften durchsetzen. Doch einigen Aktivisten ist das zu wenig. Sie wollen ihr eigenes Forum im Parlament - in Form einer Partei. Am 13. Januar 1893 kommen Gewerkschafter und Sozialisten der ganzen Insel im nordenglischen Bradford zum Gründungskongress der "Independent Labour Party" (ILP) zusammen.

Der Kongress verläuft harmonisch, obwohl viele unterschiedliche Gruppen anwesend sind - wie beispielsweise die marxistische Sozialdemokratische Föderation und die Fabianer, die die Gesellschaft nicht revolutionär, sondern durch Unterwanderung der Oberschicht verändern wollen. Um die Gewerkschaften positiv zu stimmen, grenzt man sich vom dogmatischen Sozialismus ab. Das Parteiprogramm sieht aber dennoch die Überführung aller Produktionsmittel in kollektives Eigentum vor. Zum Parteivorsitzenden wird James Keir Hardie gekürt, ein schottischer Sozialist und ehemaliger Minenarbeiter, der bereits ein Jahr zuvor als erster unabhängiger Arbeitervertreter ins englische Parlament eingezogen ist. "Die 'Independent Labour Party' ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zur großen 'Labour Party', die um die Jahrhundertwende entstanden ist, ein taktischer Schachzug", sagt Christiane Eisenberg, Professorin am Großbritannien-Zentrum der Humboldt-Universität Berlin.

Zwei Jahre später hat die ILP 35.000 Mitglieder, überwiegend Facharbeiter und Angehörige der unteren Mittelschicht. Doch dann gerät die Partei in eine Krise: Bei den allgemeinen Wahlen 1895 wird keiner ihrer 28 Kandidaten gewählt, die Mitglieder laufen ihr davon, Mitgliedsbeiträge werden nicht bezahlt. Hardie und seine Anhänger konzentrieren sich daraufhin auf die Arbeit auf lokaler Ebene: "Wollt ihr Wohnungen und Badehäuser? Die Einführung des Achtstunden-Tages? Die Übernahme der Gas- und Wasserwerke durch die Gemeinde?" Kommunalwahl um Kommunalwahl rücken sie in die Gemeinderäte vor. Um ins nationale Parlament zu gelangen, müssen allerdings größere Wählerkreise erschlossen werden. Im Februar 1900 gründen deshalb Vertreter der Gewerkschaften, der ILP, der Sozialdemokratischen Föderation und der Fabian-Gesellschaft ein Komitee für die parlamentarische Vertretung der Arbeiterschaft, das "Labour Representation Committee". Daraus entsteht die "Labour Party", wie sie ab 1906 heißt. Die hat mit Sozialismus nicht mehr viel zu tun: "Wir erkennen bereitwillig an, dass die Tage der sozialen Revolution vorüber sind", sagt ILP-Chef Hardie.

Klick
 
14. January 2008, 12:47   #14
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
14. Januar 1898: Todestag des Schriftstellers Lewis Carroll

In der Erwachsenenwelt langweilt sich Alice fast zu Tode. Da hoppelt ihr ein weißes Kaninchen mit Taschenuhr über den Weg. Das Mädchen folgt dem Tier in seinen Bau - und findet sich plötzlich auf der anderen Seite des Wunderlands wieder. In der traumhaft verrückten Welt des Kinderbuchklassikers "Alice im Wunderland" (1865), in der die Heldin mal größer, mal kleiner wird und auf so seltsame Wesen wie die Grinsekatze, Croquet spielende Spielkarten und einen irren Hutmacher trifft, verliert sie ihr eigenes Ich immer mehr aus dem Blick. "Wer bist du?", wird Alice einmal von einer Raupe mit Wasserpfeife gefragt. "Das weiß ich im Moment gar nicht so sicher, mein Herr", antwortet das Mädchen. "Ich bin doch gar nicht ich."

Auf der Suche nach seiner Bestimmung ist Zeit seines Lebens auch der britische Schriftsteller Lewis Caroll. Geboren wird der unsichere Linkshänder, der eigentlich Charles Lutwidge Dodgson heißt, als drittes von elf Geschwistern 1832 in Daresbury und wächst in der einsamen Welt eines Pfarrhauses in Mittelengland auf. Nach einem Studium an der Universität Oxford wird er zu einem der talentiertesten Mathematiker seiner Generation. In seinen damals schon erfolgreichen Geschichten von "Alice im Wunderland" und dem Nachfolgeband "Alice hinter den Spiegeln" (1881), die als Musterbeispiele der Nonsensliteratur Dadaisten und Surrealisten beeinflussen und deren absurde Dialoge ihre eigene Logik besitzen, versucht er, die mathematische Gesetzmäßigkeit der Realität aus den Angeln zu heben. 1951 wird zudem der Stoff von Walt Disney verfilmt.

Glücklich ist Carroll eigentlich nur in der Gemeinschaft junger Mädchen. Immer wieder sucht er ihre Nähe und hält ihre unschuldige Schönheit auf zahllosen Fotografien fest - wenn möglich nackt. Inspiriert zu seinen Alice-Büchern wird er während einer Bootsfahrt mit den drei Töchtern des Oxforder Dekans auf der Themse. Unter ihnen ist auch sein Liebling Alice Liddell, die Carroll bittet, die erzählten Geschichten aufzuschreiben. Seinen vielen kleinen Freundinnen schreibt Carroll unzählige skurrile Briefe - so lange zumindest, bis die besorgten Mütter ihm den Kontakt verbieten. Zurückgezogen und einsam stirbt der Autor am 14. Januar 1898 an den Folgen einer Bronchitis im englischen Guildfort.

Klick
 
15. January 2008, 09:59   #15
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
15. Januar 1973: "Ein Herz und eine Seele" erstmals ausgestrahlt

Anfang der siebziger Jahre, mitten in Bochum. Eine ganz normale Arbeiterwohnung, in der die Generation der Eltern mit der Generation der Kinder auf engstem Raum zusammenlebt. Am Küchentisch sitzt in Hauspantoffeln Familienpatriarch Alfred Tetzlaff, während seine geistig etwas schwerfällige Frau Else den Haushalt schmeißen muss. Ihm gegenüber warten Tochter Rita mit Lockenwicklern und Maniküre-Set nebst Ehemann Michael ("Michi") auf das Mittagessen. "Angenommen, ich wollte auch mal im Fernsehen auftreten, meinste, die würden mich übertragen?" fragt Alfred seinen ungeliebten Schwiegersohn. "Die denken doch gar nicht dran!" entgegnet dieser. "Und warum nicht?" fragt Alfred. "Weil du so normal bist!"

Normal ist in "Ein Herz und Eine Seele" das übertriebene Klischee. Gelebt wird es vor allem von Schauspieler Heinz Schubert, der die Karikatur des rechtslastigen Spießers mit Leidenschaft zelebriert. "Ekel Alfred" wettert gegen seine begriffsstutzige Frau ("Du dusselige Kuh") und seinen von Diether Krebs gespielten, vom Geist der 68er-Bewegung angehauchten Schwiegersohn aus der "Ostzone" mit der gleichen Leidenschaft wie gegen die "Sozi"-Regierung Willy Brandts, Nachbarn, Juden, Ausländer und Gastarbeiter ("Wir sind hier in einem zivilisierten Haus und nicht im Puff von Orandaburundi"). Nur auf Hertha BSC Berlin lässt er nichts kommen.

Am 15. Januar 1973 wird die erste Folge von "Ein Herz und eine Seele" ausgestrahlt. Sie findet im Publikum auf Anhieb begeisterte Fans und erbitterte Gegner. Gegner finden sich vor allem unter Psychologen, Soziologen, Politologen und Gewerkschaftlern, die über die Folgen öffentlich diskutieren. Darf man einen Arbeiter so darstellen, wie Regisseur und Autor Wolfgang Menge dies tut? Und werden die Zuschauer begreifen, dass Ekel Alfred nur eine Karikatur sein soll, oder könnten sie sich seine Ansichten zum Vorbild bei der eigenen Meinungsfindung machen? Der WDR gibt eine Studie in Auftrag, um die Bedenken der Bedenkenträger zu zerstreuen. Und tatsächlich gibt die Studie den Machern Recht. "Eine Identifikation mit Alfred", sagt der Redakteur der Serie, Peter Märthesheimer, "hat nie stattgefunden".

Nach 25 Folgen flimmert im November 1976 die letzte Folge von "Ein Herz und eine Seele" über bundesdeutsche Fernseher. Zuvor hatten rund 25 Millionen Zuschauer jede Woche zugesehen.

Klick
 
16. January 2008, 09:18   #16
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
16. Januar 1933: Susan Sontag in New York geboren

In ihren letzten Jahren bekommt Susan Sontag noch einmal richtig Ärger: In den Schock nach dem 11. September 2001 hinein erklärt die "dunkle Dame der amerikanischen Literatur", wie sie genannt wird, die USA trügen eine Mitschuld am Hass, der ihnen aus Teilen der Welt entgegen schlüge. Daraufhin schlägt Sontag aus Teilen der USA blanker Hass entgegen. Aber sie lässt sich nicht beirren. Als George W. Bush 2003 den Irak-Krieg beginnt, nennt sie die US-Regierung "eine Bande von Radikalen", und das ausgerechnet in Deutschland, wo sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält. Als Sontag gut ein Jahr später stirbt, wird sie nicht in den USA begraben, sondern auf dem Montparnasse in Paris.

Paris prägt Susan Sontag, so wie Los Angeles und New York, wo sie am 16. Januar 1933 geboren wird. Sie ist eine leidenschaftliche Städterin und hasst ihre Kindheit, weil ihre alkoholabhängige und depressive Mutter nach dem Tod des Vaters aufs Land nach Arizona zog. Erst mit zwölf, in Kalifornien, blüht sie wieder auf. Sontag wird eine brillante Schülerin und Studentin und eine junge Philosophie-Dozentin in Chicago und Harvard. Mit 19 Jahren heiratet sie den Soziologen Philip Rieff. Das Paar bekommt ein Kind, bleibt aber nicht lange zusammen. "Ich wollte immer eine große Familie", sagt Rieff später, "Susan hingegen eine große Bibliothek".

1958 reist Sontag nach Paris und taucht in das Leben der Intellektuellen um Sartre und de Beauvoir ein. Die alleinerziehende Mutter lebt die sexuelle Befreiung mit wechselnden männlichen und weiblichen Partnern und sie beschließt, Schriftstellerin zu werden. Zurück in New York veröffentlicht sie einen Essay über die Pop-Kultur: "Über Camp" macht Susan Sontag mit einem Schlag berühmt.

Von nun an wird Sontag die wichtigste Analytikerin der modernen Kultur in den USA. Sie schreibt über Filme und Literatur, über Pornografie und Fotografie, über Science Fiction und Politik. Ihre Essay-Bände werden auch in Europa bekannt, während ihren Romanen ("Der Wohltäter", "In Amerika") nur mäßiger Erfolg beschieden ist. Als Präsidentin des amerikanischen PEN-Clubs wird Sontag so etwas wie die intellektuelle Stimme der USA. Sie provoziert nach allen Seiten, wenn sie etwa die "weiße Rasse" als den "Krebs der menschlichen Gesellschaft" oder den Kommunismus als "Faschismus mit menschlichem Angesicht" bezeichnet, und auch als sie öffentlich über ihre Krebs-Erkrankung spricht. Ihr erliegt sie am 28. Dezember 2004.

Klick
 
25. January 2008, 04:32   #17
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
17. Januar 1933: Todestag von Louis Comfort Tiffany

Eine wuchtige Sofalandschaft, ein rustikaler Couchtisch und darauf zur Krönung ein buntes Glasungetüm namens Tiffany-Lampe - das ist heute Inbegriff des Gelsenkirchener Barocks. Doch was der Generation Ikea nur noch ein abschätziges Schmunzeln entlockt, gilt vor 100 Jahren beiderseits des Atlantiks als Gipfel moderner Inneneinrichtung. Bei Auktionen erzielen die Originalkreationen des amerikanischen Glaskünstlers Louis Comfort Tiffany allerding auch heute noch Spitzenpreise und Museen in aller Welt reißen sich um die fragilen, magisch schimmernden Mosaikarbeiten aus Tiffanys Werkstatt.

Der berühmteste Vertreter des amerikanischen Jugendstils kommt 1848 als Sohn eines New Yorker Schmuckhändlers mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund zur Welt. Statt in das - von Truman Capote mit "Frühstück bei Tiffany" später literarisch verewigte - väterliche Unternehmen einzusteigen, versucht sich Tiffany junior zunächst als Maler. Auf ausgedehnten Reisen durch Europa und den Vorderen Orient sammelt er Kunst und Inspirationen. Zurück in New York gründet er 1879 ein Studio für Einrichtungskunst und verdient als gefragter Innenarchitekt der Reichen und Schönen schnell ein Vermögen. Vor allem die von Tiffany selbst entworfenen und produzierten Buntglasfenster faszinieren die Astors, die Vanderbilts und Intellektuelle wie den Schriftsteller Mark Twain.

Tiffanys herausragende Technik besteht darin, seine meist floralen Motive nicht auf Glas, sondern durch die Verwendung verschiedener Metalloxide und das Übereinandergießen unterschiedlicher Farbtöne quasi im Glas entstehen zu lassen. Jede Glastafel wird damit ein Unikat, mit individuellem Farbverlauf und einem anderen Grad an Durchsichtigkeit. Die Weltausstellungen zu Jahrhundertbeginn tragen Tiffanys Ruhm auch nach Europa. Als erstem großen US-Künstler gelingt es ihm, die "von Europa nach Amerika verlaufende Einbahnstraße beim Kunstexport umzudrehen", wie es der Hamburger Glas-Experte Wilhelm Hornbostel beschreibt. Bis in die 20er Jahre beschäftigt Louis Comfort Tiffany in seinem Unternehmen Hunderte von Designern und Arbeitern. Dann läuten das Abflauen der Jugendstil-Euphorie und der Beginn der Moderne das rasche Ende ein. 1932 muss die "Tiffany Glass Company" Konkurs anmelden; nur ein Jahr später, am 17. Januar 1933, stirbt der 85-jährige Pionier des Kunstgewerbes auf seinem pompösen Landsitz Laurelton Hall auf Long Island.

Klick
 
25. January 2008, 04:34   #18
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
18. Januar 1788: Erster Sträflingstransport erreicht Australien

Am 13. Mai 1787 stechen vom englischen Hafen Portsmouth aus elf Schiffe in See. An Bord sind neben Häftlingen, Soldaten, Beamten und Kaufleuten auch Kühe, Pferde, Nutzpflanzen, Werkzeuge - und ein Klavier, das ein Offizier an Bord schmuggeln konnte. Acht Monate lang sind die Schiffe unterwegs. In der qualvollen Enge, bei Stürmen, schlechter Ernährung und miserabler Gesundheitsversorgung sterben auf der Überfahrt 32 Passagiere. Am 18. Januar 1788 erreichen die Segler schließlich die Bucht des heutigen Sydney.

Dieser erste Häftlingstransport von England nach Australien ist für die britischen Behörden nötig geworden, weil sie ihre Verurteilten nicht mehr nach Amerika verbannen können. Im Jahr 1776 haben die britischen Kolonien in Nordamerika ihre Unabhängigkeit als USA erklärt. Das britische Empire verliert mit den Kolonien auch seinen bisher bevorzugten Verbannungsort für Sträflinge. Als Ersatz wählen die Briten das Land am anderen Ende der Welt, das James Cook erst 1770 als erster Europäer entdeckt hatte: Australien, der einzige Erdteil, der bisher von Weißen noch nicht besiedelt wurde.

Insgesamt gehen im Januar 1788 etwa 1.500 Menschen an Land, darunter auch Frauen und Kinder der Wachmannschaft. 759 Sträflinge müssen an der felsigen, dicht bewaldeten Küste eine erste Siedlung errichten. Die Ureinwohner der Gegend werden bald vertrieben, ermordet oder versklavt. Mit der Zeit treffen immer neue Häftlings-Transporte ein. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts werden mehr als 160.000 Menschen auf diese Weise deportiert. Den meisten fehlt nach Verbüßung ihrer Verbannungszeit das Geld, in die Heimat zurückzukehren. So werden aus Sträflingen Siedler - und aus Ausgestoßenen der Herkunfts-Adel einer neuen Gesellschaft. Denn viele weiße Australier sind bis heute stolz, von den ersten unfreiwilligen Kolonisten abzustammen.

Klick
 
25. January 2008, 04:37   #19
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
19. Januar 1943: Janis Joplin wird geboren

"Ihre Stimme schreit, röhrt, keucht, röchelt, läutet, haucht, flüstert", schreibt 1969 Musikkritiker Ulrich Olshausen nach dem einzigen Deutschland-Konzert von Janis Joplin in Frankfurt am Main. "Es hat eine solche Mischung von Farbenreichtum, totaler Verausgabung und gleichzeitig konzentrierter Musikalität wohl noch nicht gegeben." Joplin gilt als "beste weiße Blues-Sängerin" der Welt. "Ich habe immer diesen Blues gefühlt", sagt die US-Amerikanerin. "Ich habe gefühlt, dass darin eine tiefe Aufrichtigkeit ist. Das war immer die Musik, die mich fasziniert hat." Sie bewundert Billy Holiday und Aretha Franklin. Ihr Idol ist Bessie Smith: "In den ersten Jahren sang ich nur so wie Bessie Smith."

Geboren wird Janis Joplin am 19. Januar 1943 in der texanischen Kleinstadt Port Arthur, die vom Erdöl lebt. Vater Seth ist Ingenieur in einer Raffinerie, Mutter Dorothy kümmert sich um die Familie. Janis wächst behütet auf, sitzt im Tüllkleidchen am Klavier. Ihre Eltern wollen, dass ihre Tochter Lehrerin wird. Doch mit 17 Jahren verlässt Janis ihr biederes Zuhause und tingelt als Sängerin durch Bars in San Francisco, Austin und New York. Sie lebt in Los Angeles - trinkt, raucht Gras und lässt keine Party aus. 1965 kehrt sie nach Hause zurück und schreibt sich für ein Kunststudium ein. Doch sie wird nicht heimisch: Ihre Mitstudenten wählen sie zum "hässlichsten Mann der Uni" - weil sie statt Rock und Bluse Jeans und Männerhemden trägt. Nach einem Jahr zieht sie nach San Francisco ins Hippie-Viertel Ashbury Haight. "Southern Comfort" - ein süßer Whiskey-Likör - wird ihr ständiger Begleiter auf der Bühne. Der Hersteller sieht darin eine gute Werbung und zahlt ihr 6.000 Dollar Honorar. Joplin nimmt, was sie kriegen kann: Mehr Drogen, mehr Alkohol, Sex mit Männern und Frauen.

Mit dem Stück "Ball and Chain" gelingt der 24-Jährigen beim Monterey-Pop-Festival 1967 der Durchbruch. Doch mit dem Erfolg wächst auch die Einsamkeit. Joplin sucht Nähe und wird immer wieder enttäuscht: "Ich fühlte mich im Stich gelassen von den Menschen, die ich für meine Freunde gehalten hatte." Joplin betäubt ihren Schmerz: Die Drogen werden härter, ohne Alkohol geht nichts mehr. Ihr Devise lautet: "live fast, love hard, die young" - leb' schnell, lieb' intensiv, stirb' jung. Im Sommer 1970 nimmt die 27-Jährige ihre dritte und letzte LP auf. Noch bevor die Titel abgemischt sind, wird Janis Joplin am 4. Oktober 1970 tot in einem Hotelzimmer in Hollywood aufgefunden. Die Nadel mit der Überdosis Heroin noch im Arm. Kein Suizid, ein Unfall - stellen die Ärzte fest. Joplins Asche wird auf ihren Wunsch im Pazifik verstreut. "Freiheit bedeutet, dass du nichts mehr zu verlieren hast" - heißt es in ihrem Song "Me and Bobby McGee", geschrieben von Ex-Liebhaber Kris Kristofferson. Drei Monate nach Joplins Tod steht der Titel auf Platz eins der US-Charts.

Klick
 
25. January 2008, 04:40   #20
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
20. Januar 1993: Tod der Schauspielerin Audrey Hepburn

In Hollywood glauben die Produzenten von "Ein Herz und eine Krone" an einen Scherz. Wenige Tage nach Drehbeginn in Rom verlangt Hauptdarsteller Gregory Peck persönlich am Telefon, seinen Namen auf den Filmplakaten in die zweite Reihe zu rücken. "Wenn Audreys Name nicht ganz oben steht", insistiert der Topstar, "sehe ich hinterher wie ein Trottel aus, denn sie wird für diese Rolle den Oscar bekommen." Peck behält Recht. Für die zauberhafte Verkörperung der Prinzessin Ann, die ganz Rom auf den Kopf stellt, erhält Audrey Hepburn 1953 als erste Debütantin den Academy Award für die beste weibliche Hauptrolle. Im Raketentempo zieht die 24-jährige Kindfrau mit dem knabenhaften Körper an den drallen Diven vorbei und etabliert sich neben Elizabeth Taylor als höchstbezahlte Schauspielerin der Welt.

Gelernt hat Audrey Kathleen van Heemstra Hepburn-Ruston die Schauspielerei nicht. Die 1929 geborene Tochter einer niederländischen Aristokratin und eines irischen Bankers wächst in Brüssel auf. Unter dramatischen Umständen übersteht sie mit ihrer geschiedenen Mutter die deutsche Okkupation. Nach dem Krieg platzen Audreys Träume von einer Karriere als Primaballerina; sie ist nicht gut genug und mit 1,76 Meter viel zu groß. Doch die kometenhafte Karriere der charmanten Elfe mit den dunklen Kulleraugen ist nicht aufzuhalten. Auf einer Musicalbühne wird Frankreichs große Romanautorin Colette auf "das dritte Chormädchen von links" aufmerksam und setzt sie am Broadway als Titelheldin in ihrem Welterfolg "Gigi" durch. Nach einer grandiosen US-Tournee und dem Oscar für "Roman Holiday" liegen Publikum, Kritiker und Regisseure gleichermaßen dem "süßen Fratz" zu Füßen.

"Ich behaupte, dass alle Männer, die mit ihr arbeiteten, sich in Audrey verliebten", meint Regisseur Blake Edwards, für den sie 1961 die Holly Golightly in "Frühstück bei Tiffany" spielt. Das war Hollywoods komplette erste Garde, wie etwa Henry Fonda ("Krieg und Frieden"), Fred Astaire ("Ein süßer Fratz"), Gary Cooper ("Ariane"), Cary Grant ("Charade") oder Rex Harrison ("My Fair Lady"). Nur Humphrey Bogart, den Audrey Hepburn in "Sabrina" becirct, blieb mürrisch. Er hätte lieber seine Frau Lauren Bacall in der Hauptrolle gehabt. Mit ihrer skandalfreien, unaufdringlichen Mischung aus mädchenhafter Unschuld, Bubikopf und Garderobe von Hubert de Givenchy avanciert Audrey Hepburn neben Jackie Onassis zur einflussreichsten Stil-Ikone ihrer Zeit. 1989 nimmt sie in Steven Spielbergs "Always" Abschied von der Leinwand und engagiert sich mit aller Kraft und glamourfreier Integrität als Sonderbotschafterin für das Kinderhilfswerk UNICEF. Bis kurz vor ihrem Krebstod am 20. Januar 1993 verhilft Audrey Hepburn den schlimmsten sozialen Brennpunkten der Erde zu großer Aufmerksamkeit in den Medien.

Klick
 
25. January 2008, 04:43   #21
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
21. Januar 1933: Gustaf Gründgens spielt zum ersten Mal den Mephisto in Faust II

21. Januar 1933, neun Tage vor Adolf Hitlers Machtübernahme: Im Staatlichen Schauspielhaus am Berliner Gendarmenmarkt hat der zweite Teil von Goethes "Faust" Premiere. In der Rolle des Mephisto glänzt ein 33 Jahre alter Schauspieler aus Düsseldorf, der bisher nur Schurken spielen durfte: Gustaf Gründgens. Wie schon im ersten Teil der Tragödie, der sechs Wochen zuvor Premiere hatte, brilliert Gründgens. Er spielt mit verblüffender Leichtigkeit und Klarheit, ist witzig, schillernd, überraschend - ein Funken sprühender Verführer, der sogar das behäbige Staatstheater-Publikum elektrisiert. Mehrere hundert Mal interpretiert Gründgens diese Rolle in seinem Leben. Bald gilt er als der deutsche Mephisto. Seine weiße Teufelsmaske wird zur Theaterikone. Doch auch Gründgens selbst wird immer wieder mit dem gefallenen Engel Mephisto identifiziert. Denn nicht nur von den Theaterkritikern erhält Gründgens Beifall, sondern auch von den Nazis.

Gründgens und die Nazis - das ist eine Verbindung, die zunächst absurd scheint. Dieser dekadente Dandy mit dem Monokel, der Männer mehr als Frauen liebt und mit den Linken kokettiert, passt offenbar nicht in das nationalsozialistische Kulturverständnis. Hitlers Propaganda-Chef Joseph Goebbels findet ihn unmöglich. Doch im Mai 1933 sieht Hermann Göring Gründgens als Mephisto auf der Bühne - neben seiner Geliebten Emmy Sonnemann als Gretchen. Der preußische Ministerpräsident wird zu seinem Gönner. 1934 ernennt Göring seinen Günstling zum Intendanten der Bühne am Gendarmenmarkt, die ihm direkt untersteht. Alle anderen Theater werden von Goebbels kontrolliert. Gründgens geht den Pakt mit dem Teufel ein. Er glaubt, sich als Künstler aus der Politik heraushalten zu können. Für ihn ist das Staatstheater eine Insel inmitten des faschistischen Staates: "Auf diese Insel haben sich eben die besten Schauspieler geflüchtet, die nur irgend konnten", sagt Gründgens später. Er nutzt seine Stellung, um bedrohten Kollegen zu helfen.

Das Theater wird unter Gründgens zur herausragenden Bühne Deutschlands - und "zu einem Aushängeschild des Hitler-Staates", sagt die Berliner Gründgens-Expertin Dagmar Walch. Gründgens und seine zweite Frau, die Schauspielerin Marianne Hoppe, gehören zu den Vorzeigekünstlern des Regimes. Seinem Gönner richtet der Intendant sogar die Geburtstagsparty im Theater aus. Klaus Mann, ehemaliger Schwager von Gründgens, veröffentlicht 1936 im Exil den Schlüsselroman "Mephisto". Darin beschreibt Mann den Schauspieler als gewissenlosen Opportunisten, der für die Karriere im "Dritten Reich" seine Seele verkauft. Obwohl Gründgens seine Karriere auch in der Nachkriegszeit fortsetzen kann, als Intendant in Düsseldorf und später in Hamburg, wird ihm seine Kollaboration mit den Nazis immer wieder vorgeworfen - bis zu seinem Tod in Manila 1963.

Klick
 
25. January 2008, 04:45   #22
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
22. Januar 1998: Der Katse-Staudamm in Lesotho wird eingeweiht

2.000 Meter über dem Meeresspiegel durchspannt Afrikas mächtigster Staudamm in einem eleganten Bogen die mattgrüne Berglandschaft Lesothos. Hinter der 180 Meter hohen und 700 Meter langen, hellgrauen Mauer erstreckt sich kilometerlang der regungslos blaue Katse-See. Seit zehn Jahren stillt der gigantische künstliche Wassertank den unerschöpflichen Durst der Industrie im Nachbarland Südafrika. Am 22. Januar 1998 haben Lesothos König Letsie III. und Südafrikas Präsident Nelson Mandela den Staudamm seiner Bestimmung übergeben. Damit geht die erste Stufe eines milliardenschweren Wasser-Projekts in Betrieb, das die lesothische Militärregierung Mitte der 80er Jahre mit dem weißen Apartheidregime am Kap ausgehandelt hat.

Die Menschen im bitterarmen Lesotho, das völlig umschlossen mitten im vergleichsweise reichen Südafrika liegt, sollten vom Dammbau und dem Verkauf ihrer Wasservorräte profitieren. Die Investoren, staatliche Entwicklungsbanken aus Europa und die Weltbank, hatten den Hochlandbewohnern einen gerechten Anteil an den jährlichen Einnahmen von 40 Millionen Dollar versprochen. Doch zunächst einmal werden die einheimischen Bauern von ihrem Grund und Boden vertrieben, ohne dafür die versprochene Entschädigung zu bekommen. Eine vertraglich zugesicherte Entwicklung der regionalen Infrastruktur während der Bauzeit findet nicht statt. Arbeitsplätze werden kaum geschaffen, da das gesamte Bau-Projekt inklusive der Staudammbehörde fest in südafrikanischer Hand ist. Die Umweltbedingungen in der See-Region allerdings verändern sich durch den Katse-Staudamm dramatisch.

Tier- und Pflanzenarten sterben aus, Überschwemmungen richten riesige Schäden an. Laut der US-Umweltorganisation "Environmental Defense Organisation" schleppen die südafrikanischen Bauarbeiter das HI-Virus ins zuvor Aids-freie Hochland ein; es breitet sich rasend schnell aus. Am Staudamm selbst werden schon bald Risse sichtbar. Als auch noch die Wasserversorgung für die einheimische Bevölkerung zusammenbricht, müssen die Vereinten Nationen nicht nur Ernährungshilfe leisten, sondern auch noch 400.000 Menschen, 20 Prozent der Bevölkerung, mit Wasser versorgen. Die Justiz des kleinen Landes Lesotho hat alle Hände voll zu tun, das ganze Ausmaß an Korruption rund um das Staudamm-Projekt aufzudecken. Der oberste Chef der federführenden Wasser-Behörde wird zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er allein ist mit 1,2 Millionen Euro bestochen worden. Zwölf internationalen Großfirmen, darunter auch deutschen, sind inzwischen Schmiergeldzahlungen konkret nachgewiesen worden. Unterdessen läuft im weiterhin armen Lesotho die Planung der zweiten Bauphase - mit gleich drei weiteren Staudämmen.

Klick
 
25. January 2008, 04:48   #23
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
23. Januar 1928: Piscators "Soldat Schwejk" uraufgeführt

Vor dem 1. Weltkrieg hat der brave Soldat Josef Schwejk keine Angst. Warum auch? Schließlich hat sein Oberst immer gesagt, dass "der ganze Feldzug nur ein Spaziergang auf dem Wenzelsplatz in Prag" sei. Jetzt hat Schwejk nur noch Sorge, dass der Krieg pünktlich losgeht, damit er auch pünktlich zu Ende ist. Überhaupt will Schwejk nicht zu spät kommen zur Verabredung mit seinem Zechkumpanen Woditschka im Gasthaus "Zum Krug". Und da steht der Termin schon fest: "Nach dem Krieg um sechs."

Die Verabredung zum Saufgelage ist eine der berühmtesten Passagen aus Jaroslav Hašeks unvollendet gebliebenem Antikriegsroman "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk", in dem der Titelheld "als behördlich anerkannter Idiot" die Mechanismen des Krieges und die Verlogenheit der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie entlarvt - durch seine Naivität und seinen Befehlsgehorsam, aber auch mit einer gehörigen Portion Dreistigkeit. Von seinem ebenfalls trinkfesten Autor Hašek, der nach der Fahnenflucht den Krieg in einer Tarnung als debiler Knecht überlebt, geht das Gerücht, dass er die Rechte am Theaterstoff des Buchs für ein Glas Pils an einen zwielichtigen Theaterdirektor verschachert habe. Wie dem auch sei: Weil ihn 1923 im Suff der Schlag trifft, kann er nicht mehr erleben, wie das Stück unter der Regie von Erwin Piscator fünf Jahre später am Berliner Theater am Nollendorfplatz Dramengeschichte schreibt.

Was Piscator vorschwebt, ist eine möglichst getreue Wiedergabe des Romans: "Die Aufgabe lautete, möglichst viele und möglichst einprägsame Episoden so aneinander zu reihen, dass sie ein totales Weltbild von Hašek ergaben." Mit Bertolt Brecht und anderen erarbeitet der Regisseur eine Fassung, die den Roman auf zweieinhalb Stunden kürzt. Um die ständigen Standortwechsel Schwejks ebenso wie seine langen Märsche auf der Suche nach seinem Regiment angemessen darstellen zu können, lässt Piscator zwei fünf Tonnen schwere Förderbänder auf der Bühne installieren. Die Schauspieler müssen mit hoch erhobener Stimme sprechen, um bei dem Krach der Laufbänder überhaupt hörbar zu sein. Filme mit echten Straßenszenen und Zeichentrickfiguren von George Grosz, die dem Zeichner später den Vorwurf der Gotteslästerung einbringen, runden die Aufführung ab. Am 23. Januar 1928 feiert das Stück "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" von Erwin Piscator in Berlin Premiere. Von einem künstlichen Ende, das Schwejk im Himmel zeigt, nimmt Piscator Abstand. Sein Theaterstück endet unvermittelt wie die Romanvorlage.

Klick
 
25. January 2008, 04:50   #24
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
24. Januar 1888: Ernst Heinkel in Grunbach geboren

Ingenieur sein und Pilot: Beides gilt als wichtigste Voraussetzung für einen Pionier der Luftfahrt. Ernst Heinkel scheitert an beidem und wird doch Flugzeugbauer. Sein Studium haben ihm die Eltern aus Grunbach in Württemberg, wo Heinkel am 24. Januar 1888 geboren wird, ermöglicht, obwohl sie nur kleine Handwerker sind. Heinkel bricht seine Ingenieurslaufbahn jedoch ab, um 1922 eine eigene Firma zu gründen: die "Ernst Heinkel Flugzeugwerke Warnemünde" bei Rostock. Pilot will er nicht mehr sein, seit er 1911 mit einem selbst gebauten Flugzeug bei Stuttgart abstürzte und sich einen doppelten Schädelbruch zuzog.

Heinkels Firma tritt unter keinen guten Bedingungen an, denn Deutschland ist nach dem Ersten Weltkrieg der Bau von Flugzeugen weitgehend untersagt. Heinkel helfen unter anderem Aufträge des japanischen Militärs. Als Hitler 1933 an die Macht kommt, erkennt der Flugzeugkonstrukteur seine Chance. Er tritt in die NSDAP ein und beteiligt sich am zunächst noch geheimen Aufrüstungsprogramm. Heinkel profitiert von den neuen Machthabern: 1937 wird er zum "Wehrwirtschaftsführer" ernannt. Kurz vor Beginn des Krieges sichert er sich die Metallwerke in Jenbach (Tirol), die ihren Besitzern zwangsenteignet wurden, weil sie Juden waren. Zusammen mit Willy Messerschmidt erhält Heinkel den von Hitler gestifteten "Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft".

Dabei fördert Heinkel weder Kunst noch Wissenschaft, sondern Technik: 1938 testet er in Zusammenarbeit mit Wernher von Braun das erste Raketen-Flugzeug, ein Jahr später das erste von Düsen angetriebene Flugzeug. Außerdem wird in seiner Fabrik der Schleudersitz erfunden. Das große Geschäft aber macht er mit dem Militär: Heinkels Flugzeugtyp HE 111, ursprünglich ein schnelles Passagierflugzeug, wird im Zweiten Weltkrieg zum Standardbomber der Reichswehr. Heinkel ist sich seiner politischen Rolle bewusst: 1941 erscheint sein Buch "Meine Flugzeuge im Großdeutschen Freiheitskampf".

1945 liegen die Heinkel-Werke in Trümmern. Sie werden enteignet und teilweise demontiert. Heinkel selbst wird kurzzeitig verhaftet. Die Alliierten stufen ihn zunächst als "Mitläufer" der Nazis, später jedoch als "entlastet" an. In die Flugzeugbranche kehrt Heinkel nicht mehr zurück. 1955 gründet er in Karlsruhe ein neues Werk - für Motorroller. Drei Jahre später stirbt Ernst Heinkel.

Klick
 
25. January 2008, 04:53   #25
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
25. Januar 1858: Geburtstag des Perlenzüchters Kokichi Mikimoto

Seit etwa 4.000 Jahren gehören Perlen zu den seltensten und daher wertvollsten Schmuckstücken, die die Natur zu bieten hat. Legendär geworden ist die Wette der Königin Kleopatra mit dem Römer Marcus Antonius. Um zu beweisen, dass sie ihrem Liebhaber das teuerste Festmahl aller Zeiten bieten kann, setzt Kleopatra den Feldherrn vor eine völlig leere Tafel, löst eine ihrer berühmten Perlen in einem Glas Wein auf und trinkt es aus. Als sie anbietet, für ihn eine zweite Perle aufzulösen, gibt sich Marc Anton geschlagen. Den Wert allein einer von Kleopatras Perlen schätzen Zeitgenossen auf etwa eine Million Unzen Feinsilber. Kein Wunder also, dass zu allen Zeiten versucht wird, durch Manipulationen dem Entstehen einer Perle in der Muschel nachzuhelfen.

Der erste, dem dieses Kunststück in Vollendung gelingt, ist Kokichi Mikimoto, der Sohn eines armen japanischen Nudelmachers. Am 25. Januar 1858 kommt er in der Hafenstadt Toba zur Welt. Schon in jungen Jahren verfällt Mikimoto dem Reiz der schillernden Perlmutt-Kugeln und baut 1888 zusammen mit seiner Frau die erste Perlenzuchtfarm auf. Doch alle Versuche, seine Austern dazu zu bringen, eine Perle zu erzeugen, scheitern zunächst. Erfolglos implantiert er den Tieren Fremdkörper wie etwa Fischschuppen oder Korallensplitter. Erst als Mikimoto seine Muscheln mit Kernen aus Perlmutt bestückt, wachsen endlich Perlen heran, allerdings nur in Halbkugelform. Trotzdem lässt er sich sein Verfahren patentieren und vermarktet seine Produkte zu günstigen Preisen als "Mikimoto-Perlen".

Mit großem kaufmännischem Talent gelingt es Mikimoto, seine Zuchtperlen weltweit zu etablieren und damit ein Vermögen zu verdienen. Trotzdem forscht der Pionier weiter nach dem Geheimnis der kreisrunden Perlen - und wird 1908 fündig. Nachdem er einen runden Kern aus der Schale einer Mississippi-Muschel zusammen mit dem Mantelgewebe einer Akoja-Muschel direkt in die inneren Organe seiner Austern implantiert, produzieren einige wenige binnen zwei Jahren perfekte, kugelrunde Perlen. Es folgen jahrelange Prozesse gegen die aufgebrachten Produzenten von Wildperlen, die Mikimotos Erzeugnisse als Fälschungen diskreditieren. Erst 1927 entscheidet ein Pariser Gericht: Eine Perle ist eine Perle, ganz gleich, ob sie durch eine Laune der Natur oder durch Züchtung entstanden ist. Damit steigt Kokichi Mikimoto endgültig zum Muschel-Midas auf, der Austern in Schatzkästchen verwandeln kann. Die Perlen aus Abermillionen von Austern in seinen Unterwasserfarmen machen den Zuchtpionier, der zeitlebens eine Melone auf dem Kopf trägt, zu einem der reichsten Männer der Welt. Auch 50 Jahre nach seinem Tod am 21. September 1954 hat Mikimotos Name in Japan noch immer den gleichen Klang wie hierzulande Krupp oder Thyssen.

Klick
 
Antwort

  Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben




Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 00:25 Uhr.


Powered by vBulletin, Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Online seit 23.1.2001 um 14:23 Uhr

Die hier aufgeführten Warenzeichen und Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.