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22. November 2002, 08:24   #1
lala
 
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Beiträge: 273
Arche Noah

Der Bau der Arche Noah

Nach vielen Jahren sah Gott wieder einmal auf die Erde. Die Menschen
waren verdorben und gewalttätig, und er beschloss, sie zu vertilgen,
genauso, wie er es vor langer, langer Zeit schon einmal getan hatte.

Er sprach zu Noah: "Noah, bau mir noch einmal eine Arche aus
Zedernholz. So wie damals: 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen
hoch. Ich will eine zweite Sintflut über die Erde bringen. Die
Menschen haben nichts dazu gelernt. Du aber gehe mit deiner Frau,
deinen Söhnen und deren Frauen in die Arche und nimm von allen Tieren
je ein Männchen und ein Weibchen mit. In sechs Monaten werde ich den
großen Regen schicken."

Noah stöhnte auf; musste das denn schon wieder sein? Wieder 40 Tage
Regen und 150 unbequeme Tage auf dem Wasser mit all den lästigen
Tieren an Bord und ohne Fernsehen! Aber Noah war gehorsam und
versprach, alles genau so zu tun, wie Gott es ihm aufgetragen hatte.

Nach sechs Monaten zogen dunkle Wolken auf und es begann zu regnen.
Noah saß in seinem Vorgarten und weinte, denn da war keine Arche.

"Noah", rief der Herr, "Noah, wo ist die Arche?"
Noah blickte zum Himmel und sprach: "Herr, sei mir gnädig."
Doch Gott fragte abermals: "Wo ist die Arche, Noah?"

Da trocknete Noah seine Tränen und sprach: "Herr, was hast du mir
angetan? Als Erstes beantragte ich beim Landkreis eine Baugenehmigung.
Die dachten zuerst, ich wollte einen extravaganten Schafstall bauen.
Die kamen mit der ausgefallenen Bauform nicht zurecht, denn an einen
Schiffbau wollten sie nicht glauben. Auch deine Maßangaben stifteten
Verwirrung, weil heute niemand mehr weiß , wie lang eine Elle ist.
Also musste mein Architekt einen neuen Plan entwerfen. Die
Baugenehmigung wurde zunächst abgelehnt, weil eine Werft in einem
Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig sei. Nachdem ich dann endlich
ein passendes Gewerbegrundstück gefunden hatte, gab es nur noch
Probleme.

Im Moment geht es z.B. um die Frage, ob die Arche feuerhemmende Türen,
eine Sprinkleranlage und einen Löschwassertank benötige. Auf meinen
Hinweis, ich hätte im Ernstfall rundherum genug Löschwasser, glaubten
die Beamten, ich wollte mich über sie lustig machen. Als ich ihnen
erklärte, das Wasser käme noch in großen Mengen, und zwar viel mehr
als ich zum Löschen benötigte, brachte mir das den Besuch eines Arztes
vom Landeskrankenhaus ein. Er wollte von mir wissen, was ein Schiffbau
auf dem Trockenen, fernab von jedem Gewässer, solle.

Dann teilte mir die Bezirksregierung telefonisch mit, ich könnte ja
gern ein Schiff bauen, musste aber selbst zusehen, wie es zum nächsten
größeren Fluss käme. Mit dem Bau eines Sperrwerks könnte ich nicht
rechnen, nachdem der Ministerpräsident zurückgetreten sei. Dann rief
mich noch ein anderer Beamter dieser Behörde an, der mir erklärte, sie
seien inzwischen ein kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen,
und darum wolle er mich darauf hinweisen, dass ich bei der EU in
Brüssel eine Werftbeihilfe beantragen könne; allerdings müsste der
Antrag achtfach in den drei Amtssprachen eingereicht werden.

Inzwischen ist beim Verwaltungsgericht ein vorläufiges
Rechtsschutzverfahren meines Nachbarn anhängig, der einen Großhandel
fur Tierfutter betreibt. Der hält das Vorhaben fur einen großen
Werbegag. Mein Schiffbau sei nur darauf angelegt, ihm Kunden
abspenstig zu machen. Ich habe ihm schon zweimal erklärt, dass ich gar
nichts verkaufen wolle. Er hört mir aber überhaupt nicht zu, und das
Verwaltungsgericht hat offenbar auch viel Zeit.

Die Suche nach dem Zedernholz habe ich eingestellt. Libanesische
Zedern dürfen nicht mehr eingeführt werden. Als ich deshalb hier im
Wald Bauholz beschaffen wollte, wurde mir das Fällen von Bäumen unter
Hinweis auf das Landeswaldgesetz verweigert. Dies schädige den
Naturhaushalt und das Klima. Außerdem sollte ich erst eine
Ersatzaufforstung nachweisen. Mein Einwand, in Kürze werde es gar
keine Natur mehr geben, und das Pflanzen von Bäumen an anderer Stelle
sei deshalb völlig sinnlos, brachte mir den zweiten Besuch des Arztes
vom Landeskrankenhaus ein.

Die angeheuerten Zimmerleute versprachen mir schließlich, für das
notwendige Holz selbst zu sorgen. Sie wählten jedoch erst einmal einen
Betriebsrat. Der wollte mit mir zunächst einen Tarifvertrag fur den
Holzschiffbau auf dem flachen Lande ohne Wasserkontakt aushandeln.
Weil wir uns aber nicht einig wurden, kam es zu einer Urabstimmung und
zum Streik.

Herr, weißt du eigentlich, was Handwerker heute verlangen? Wie soll
ich denn das bezahlen?

Weil die Zeit drängte, fing ich schon einmal an, Tiere einzusammeln.
Am Anfang ging das noch ganz gut, vor allem die beiden Ameisen sind
noch immer wohlauf. Aber seit ich zwei Tiger und zwei Schafe von der
Notwendigkeit ihres gemeinsamen und friedlichen Aufenthaltes bei mir
überzeugt hatte, meldete sich der örtliche Tierschutzverein und rügte
die artwidrige Haltung.

Und mein Nachbar klagt auch schon wieder, weil er auch die Eröffnung
eines Zoos für geschäftsschädigend hält.

Herr, ist dir eigentlich klar, dass ich auch nach der Europäischen
Tierschutztransportverordnung eine Genehmigung brauche? Ich bin schon
auf Seite 22 des Formulars und grüble im Moment daruber, was ich als
Transportziel angeben soll. Und wusstest du, dass z.B. Geweih tragende
Tiere während der Brunftzeitüberhaupt nicht transportiert werden
dürfen? Und die Hirsche sind ständig am Schnackseln, wie Fürstin
Gloria sagen wurde, und auch der gemeine Elch und Ochse denken an
nichts anderes, besonders die südlicheren!

Übrigens, wo hast du eigentlich die Callipepia caliconica - du weißt
schon, die Schopfwachteln - und den Lethamus Discolor versteckt? Den
Schwalbensittich habe ich bisher auch nicht finden können. Dir ist
natürlich auch bewusst, dass ich die 43 Vorschriften der
Binnenmarkt-Tierschutzverordnung beim Transport der Kaninchen strikt
beachten muss. Meine Rechtsanwälte prüfen gerade, ob diese
Vorschriften auch für Hasen gelten.

Übrigens: wenn du es einrichten könntest, die Arche als fremdflaggiges
Schiff zu deklarieren, das sich nur im Bereich des deutschen
Küstenmeeres aufhält, bekäme ich die Genehmigung viel einfacher. Du
könntest dich doch auch einmal für mich bemühen. Ein Umweltschützer
von Greenpeace erklärte mir, dass ich Gülle, Jauche, Exkremente und
Stallmist nicht im Wasser entsorgen darf.

Wie stellst du dir das eigentlich vor? Damals ging es doch auch!

Vor zwei Wochen hat sich das Oberkommando der Marine bei mir gemeldet,
und von mir eine Karte der künftig überfluteten Gebiete erbeten. Ich
habe ihnen einen blau angemalten Globus geschickt. Und vor zehn Tagen
erschien die Steuerfahndung; die haben den Verdacht, ich bereite meine
Steuerflucht vor.

Ich komme so nicht weiter! Herr, ich bin verzweifelt! Soll ich nicht
doch lieber meinen Rechtsanwalt mit auf die Arche nehmen?"

Noah fing wieder an zu weinen. Da hörte der Regen auf, der Himmel
klarte auf und die Sonne schien wieder. Und es zeigte sich ein
wunderschöner Regenbogen. Noah blickte auf und lächelte.

"Herr, du wirst die Erde doch nicht zerstören?"

Da sprach der Herr: "Darum sorge ich mich nicht mehr, das schafft
schon eure Verwaltung!"
 
22. November 2002, 17:32   #2
Maggi
 
Benutzerbild von Maggi
 
Registriert seit: April 2002
Beiträge: 3.915
Wie wahr, wie wahr...
 
22. November 2002, 22:37   #3
zeus2212
 
Registriert seit: November 2001
Beiträge: 4.800
da sag ich nur aaamen
 
Antwort

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