4. March 2003, 18:00 | #1 | |
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Aus der Reihe "PiLaMü": Das Palästinalied
Alrêrst lebe ich mir werde, sît mîn sündic ouge siht daz reine lant und ouch die erde, der man sô vil êren giht. ez ist geschehen, des ich ie bat: ich bin komen an die stat, dâ got menischlîchen trat. Schoeniu lant, rîch unde hêre, swaz ich der noch hân gesehen, sô bist dûs ir aller êre. waz ist wunders hie geschehen! daz ein magt ein kint gebar, hêre über aller engel schar, waz daz niht ein wunder gar? Hie liez er sich reine toufen, daz der mensche reine sî. dô liez er sich hier verkoufen, daz wir eigen wurden frî. anders waeren wir verlorn. wol dir, sper, kriuz unde dorn! wê dir, heiden, daz ist dir zorn! Hinnen vuor der sun ze helle, von dem grabe dâ er inne lac. des was der vater ie geselle und der geist, den nieman mac sunder scheiden, ez sî ein, sleht und ebener danne ein zein, als er Abrahâme erschein. Dô er den tiufel also geschande, daz nie keiser baz gestreit, dô vuor er her wider ze lande. dô huob sich der juden leit: daz er, herre, ir huote brach und daz man in sît lebendig sach, den ir hant sluog unde stach. In daz lant hât er gesprochen einen angeslîchen tac, dâ der weise wirt gerochen und diu witwe klagen mac und der arme den gewalt, den man hât mit in gestalt. wol im dort, der hie vergalt! Kristen, juden und die heiden jehent, daz diz ir erbe sî. got müeze ez ze rehte scheiden durch die sîne namen drî. al diu werlt, diu strîtet her: wir sîn an der rehten ger. reht ist, daz er uns gewer! Jetzt erst lebe ich würdig, seit mein sündiges Auge erblickt das reine Land un auch die Erde, der man so viel Verehrung entgegenbringt. Es ist eingetroffen, worum ich stets gebeten habe: ich bin an die Stätte gekommen, wo Gott als Mensch gegangen ist. Schöne Länder, reich und herrlich, - was ich von solchen bis heute gesehen habe, so bist Du die Krone von allen. Was für ein Wunder ist hier geschehen! Daß eine Jungfrau ein Kind gebar, erhaben über die ganze Schar der Engel, war das nicht ein vollkommenes Wunder? Hier ließ er, der Sündelose, sich taufen, damit der Mensch sündelos sei. Dann ließ er sich hier verkaufen, damit wir Unfreie frei würden. Sonst wären wir verloren. Heil Dir, Speer, Kreuz und Dorn! Weh Dir, Heidenschaft, das ist Dir ein Ärgernis! Von hier fuhr der Sohn zur Hölle aus dem Grabe, worin er lag. Dabei war stets der Vater Beistand und der Geist, den niemand kann von ihnen sondern, es soll eines sein, klar und einheitlicher als ein Lichtstrahl, so wie er Abraham erschien. Als er den Teufel so zuschanden gemacht hatte, wie ihn kein Kaiser besser bekämpft hätte, da kam er wieder zurück ins Land. Da hob der Juden Verhängnis an: Daß er, der Herr, ihre Bewachung durchbrach und dass man den seither lebend sah, den ihre Hand geschlagen und durchstochen hatte. Für das Land hat er angekündigt einen schrecklichen Gerichtstag, an dem die Waise gerächt werden wird und die Witwe Klage erheben kann ? und der Arme ? gegen die Gewalt, die man ihnen angetan hat. Wohl dem dort, der hier gesühnt hat! Christen, Juden und die Heiden behaupten, dass dies ihr Erbe sei. Gott möge es rechtens entscheiden um seiner drei Wesenheiten willen. Die ganze Welt, die liegt hierüber im Streit: Wir haben einen berechtigten Anspruch. Recht ist, dass er es uns zuspricht! Eigentlich ist es ja sehr schön, das Lied, geht es doch um das wunderschöne Palästina, in dem einst Jesus Christus gewirkt hat - zumindest in den Strophen, die üblicherweise von heutigen Mittelalterbands verwendet werden. In Anbetracht der Zeit, in der es geschrieben wurde, ist es jedoch eindeutig der Gattung der propagandistischen Kreuzlieder zuzuordnen. Es ist das einzige Waltherlied, von dem es eine komplette und genaue Notation gibt, und schon das macht es interessant - da auch die Melodie sehr schön und eingängig ist. Das Palästinalied wird heute üblicherweise mit dem fünften Kreuzzug, jenem Friedrichs II. in Verbindung gebracht, der dann irgendwann mit einer vertraglichen Vereinbarung des Kaisers mit dem Sultan El-Kamil endete und den Christen wiederum Jerusalem zuerkannte. Wenn dem so ist, wäre das Lied auf 1229 zu datieren Zitat:
Die beste Interpretation, die ich kenne, kommt von Qntal, auf dem Album "Qntal II". Eine weitere kommt von In Extremo, die auch recht martialisch klingt, aber der an sich schönen Melodie nicht gerecht wird, wie ich finde. Von Corvus Corax habe ich auch noch was rumfliegen, aber das ist eigentlich nicht sooo beeindruckend. |
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