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21. November 2006, 20:06   #1
Sacki
Dummschwätzer
 
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Registriert seit: February 2005
Beiträge: 3.365
Ballerspiele und jugendliche Amokläufer

Nach den jüngsten traurigen Ereignissen in einer Realschule werden erneut Rufe nach dem Verbot von Ballerspielen und Ego-shootern wach.
Der Ruf nach einem Verbot dieser Spiele ist nichts weiter, als Bekundung der Hilflosigkeit und hat nur eine Alibifunktion - nichts weiter.
Die Ursachen liegen ganz woanders.
Ich bin wahrlich auch kein Freund dieser Brutalo-Scheiße, kann aber beim besten Willen keinen Zusammenhang zwischen amoklaufenden Jugendlichen und diesen Drecksspielen erkennen.
Ein Verbot wäre ohnehin sinnlos und würde nur den Schwarzhandel ankurbeln. Das Problem wäre damit alles andere als gelöst und Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer kann man damit keinesfalls aufhalten
Die Ursache liegt m.E. völlig woanders, nämlich in der moralischen Verwahrlosung unserer Gesellschaft.

Wenn sich in der heutigen Zeit eine verzweifelte lebensmüde Frau von einem Rathaus in den Tod stürzen will und unten eine johlende Menge steht und sie noch ermutigt, dann geht es kaum noch schlimmer.
 
21. November 2006, 21:06   #2
Ben-99
Ungültige E-Mail Angabe
 
Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
... nun kann in diesem aktuellen Fall allerdings von "Verwahrlosung" nicht die Rede sein, da der Täter aus einer ordentlichen Familie stammt und ein gutes Verhältnis zu seinen Geschwistern und Eltern gehabt haben soll.

Ein Verbot für gewaltverherrlichende Video-Spiele halte ich zwar auch für sinnlos, andererseits bin ich sehr wohl der Meinung, daß es einen "Zusammenhang" zwischen solchen Games und immer blutigeren Schock-Movies mit der ständig sinkenden Hemmschwelle bei Jugendlichen gibt. Dazu kommt, daß sie ja auch in den Nachrichten-Sendungen erfahren, wie "normal" es inzwischen ist, Zivilisten durch Streu-Bomben zu zerfetzen oder Unschuldige zu Tode zu foltern.

Der Herr Bosbach von der CDU, der so gern die Video-Spiele verbieten will, müßte sich dann auch für ein Verbot der Verbreitung von Nachrichten über die aktuellen Kriege stark machen. Denn so mancher verbrecherische Angriffskrieg, auch wenn er von unseren "Freunden" in Amerika und Israel geführt wird, ist oft nichts anderes als ein blutrünstiger, sinnloser Amok-Lauf. Nur daß dabei nicht nur ein paar wenige Leute verletzt werden oder sterben, sondern es sich gleich um Hunderttausende handelt, die unschuldig krepieren.

Es ist die Mischung aus diesen beiden Zutaten, die das Gebräu so explosiv macht: Einerseits die beliebten primitiven Baller-Spiele und zum anderen die realen "Video-Clips" aus den TV-Nachrichten über die fast täglichen "legalen" Massaker irgendwo auf der Welt. Wenn inzwischen schon nicht mal mehr Erwachsene wissen, auf welcher Seite sie stehen sollen, weil über kriegsgeile Säbelraßler in "heute" und "tagesschau" als seriöse Staatsoberhäupter berichtet wird, dann kann man von halbwüchsigen Schülern erst recht nicht verlangen, den Unterschied zwischen "Gut" und "Böse" zu erkennen und ab wann man das "Recht" hat, auch mal selbst Menschen zu killen, weil man aus irgendwelchen Gründen meint, daß sie es verdient hätten.

Gruß Ben
 
21. November 2006, 21:12   #3
schwaller
 
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Beiträge: 160
nun - die probleme liegen viel tiefer gesellschaftlich vergraben.

ein familienleben wie es das früher gab, wo womöglich diverse generationen unter einem dach zusammenlebten, nur ein ehepartner arbeiten (geld verdienen) ging, wärend der rest sich um den nachwuchs kümmerte gibt es eben nichtmehr.

demzufolge muss ein weitausgrösserer teil der erziehung ausserhalb stattfinden. imho muesste es also mehr schulpsychologen geben - der unterricht mehr erzieherische elemente enthalten etc.

pauschale behauptungen solch spielchen wie cs wären dafür verantwortlich halte ich für absoluten quatsch! und ein verbot ist eh in der praktischen anwendung unmöglich.

aber, ich denke schon, das jugendliche an solch spiele und den umgang damit herangeführt werden sollten.
 
21. November 2006, 21:51   #4
Irata
Junge mit Mundharmonika
 
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Ort: Bonn
Beiträge: 1.367
Aus meiner Sicht führen Egoshoter nicht zu solchen Aktionen, wie wir sie selten an deutschen Schulen erleben müssen. Es handelt sich hierbei doch nicht um ein Phänomen der heutigen Zeit. In meiner Kindheit gab es doch auch Egoshoter, die Realvariante sozusagen. Angefangen mit Erbsenpistolen über die Zwille, mit der wir Kleingetier jagden bis hin zum Kleinkaliber, mit dem wir die etwas größeren Vierbeiner erlegten. Natürlich wurden solche Mittel auch beim "Bandenkampf" eingesetzt. Soll heißen, wir hatten manchesmal keine Hemmschwelle, unser Waffenarsenal gegen Zweibeiner einzusetzen.

Es gibt ebenso Amokläufer, die keinen PC haben und sich nicht im schulpflichtigen Alter befinden. Häufig liest man von Eifersuchtsdramen, bei denen Familienväter die Familie mit der Flinte auslöschen oder verschmähte Liebhaber, die rasend mit Schußwaffeneinsatz durch die Straßen laufen. Bei solchen Aktionen vermisse ich die Empörung, die gerade bei Aktionen von Jüngeren durch alle gesellschaftlichen Schichten um sich greift.
 
22. November 2006, 10:27   #5
Marie
 
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Beiträge: 5.712
Um mal bei den Sichtweisen zu bleiben...
Ich stimme Schwaller in soweit zu das, der "Ursprung" womöglich bei den Familien zu suchen ist.

Die meisten Jugendlichen müssen schon ganz früh lernen mit dem Schlüsseln um den Hals zu leben, da beide Eltern arbeiten gehen/gehen müssen. Aber zu welchem Preis? Auf Kosten der Kinder.
Der mehrmalige Urlaub im Jahr, das neuste Auto, oder das Abbezahlen des eigenen Hauses steht im Vordergrund. Also geht man klotzen und nicht kleckern. Da laufen die Kinder schon mal nebenbei.

Der Konsum scheint in der heutigen Zeit im Vordergrund zu stehen. Wenn ich sehe was die Kinder in meinem Umfeld alles zu den Festlichkeiten bekommen... selbst Ostern und Nikolaus, wo Geschenke eigentlich nicht vorgesehen sind. 100€ sind für ein 1-2 jähriges Kind gar nichts mehr. Und was ist wenn die so 16, 17, 18 sind? Was kommt denn dann?

Die Familien und deren Halt kommt meiner meiner Meinung nach viel zu kurz.
Das Harmonische fehlt in den Meisten Familien.
Lieber werden die Kinder vor die Flimmerkiste, Computer, Konsole gesetzt, als ein Spieletag/Abend, Ausflug, Aktivitäten einzurichten.

Werden Kinder nur noch als Statussymbol, weil es so sein muß, gezeugt?

Einem Spiel wo es um Gewalt geht, kann man nicht die Schuld geben. Dann müsste man nicht nur dieses, sondern auch das Fernsehen, Computer und alles wo das Kind eventuell sich im negativen bereichern könnte abschaffen.

Wir hier sind 3 Generationen. Jeder einzelne ist eine Bereicherung für den Anderen und davon profitieren wiederum die Kleinen.
 
22. November 2006, 10:59   #6
Sacki
Dummschwätzer
 
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Registriert seit: February 2005
Beiträge: 3.365
Zitat:
Zitat von Ben-99 Beitrag anzeigen
... nun kann in diesem aktuellen Fall allerdings von "Verwahrlosung" nicht die Rede sein, da der Täter aus einer ordentlichen Familie stammt und ein gutes Verhältnis zu seinen Geschwistern und Eltern gehabt haben soll.

Gruß Ben
Mir geht es nicht um die soziale Verwahrlosung, sondern um die moralische, wobei das nicht immer unbedingt parallel einher laufen muß.
Selbst Menschen aus intakten Familienverhältnissen knallen gelegentlich durch, oder vielleicht gerade deshalb, weil sie aus dieser "heilen Welt" einfach ausbrechen wollen.
Ein aktuelles Beispiel ist dieser völlig mißratene Sohn von Uschi Glas.

Wenn ich Beispiele wie oben, mit der Selbstmörderin oder den thread über die Gaffer anführe, dann meine ich damit, daß die Menschen in ihrem Umgang miteinander immer mehr verwahrlosen.
 
22. November 2006, 11:48   #7
Marie
 
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Zitat:
Zitat von Sacki
............... daß die Menschen in ihrem Umgang miteinander immer mehr verwahrlosen.
Ja und woran liegt das?

Mein Empfinden... fast jeder ist sich heute nur noch selbst der Nächste. Helfen doch nur noch, um eigene Vorteile daraus zu schöpfen und nicht weil man selbstlos und ohne Erwartung einem Mitmenschen helfen möchte.

Beispiel, hier im Ort hilft der Eine dem Anderen, aber nicht weil er so hilfsbereit ist, nein, weil er das dann ausschöpfen kann wenn er mal was braucht. Hier hilft keiner dem Anderen, wenn du nicht auch was zu bieten hast.

Als ich hier her zog, war ich echt entsetzt darüber wie die Leute hier handeln.

Mir scheint die Moral läßt immer mehr zu wünschen übrig. Wenn du heute ein Pärchen popender Weise im Gebüsch, um die Ecke oder wo sonst auch immer siehst, selten das mal Jemand die Polizei ruft oder gar eine Anzeige macht.

Wir sind eine Wegguckgesellschaft geworden, wo der Nächste meisten nicht im geringsten interessiert. Und da wir "Großen" ja immer als Vorbild gesehen werden, warum sollten es die Kids nach uns besser machen?
 
22. November 2006, 18:27   #8
Ben-99
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Beiträge: 5.899
... wie sehr die Hemmschwelle bei gewaltbereiten Jugendlichen auch in Hamburg gesunken ist, beweisen die neuesten Zahlen:

Zitat:
Mehr als die Hälfte aller schweren und gefährlichen Körperverletzungen werden von Tätern unter 21 Jahren begangen. (...) Die Zunahme der Jugendgewalt in Hamburg: Wie gravierend das erst kürzlich von Innensenator Udo Nagel (parteilos) offenbarte Problem ist, zeigen jetzt aktuelle Zahlen der Innenbehörde. Demnach gab es in den ersten neun Monaten 2222 gefährliche und schwere Körperverletzungen auf Straßen der Hansestadt. Das bedeutet eine Steigerung um 21 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum - allein bei diesen brutalen Taten, die mit einer Waffe wie etwa einem Messer begangen wurden oder bleibende Schäden für das Opfer bedeuten. Und: Mit 447 Tatverdächtigen sind mehr als die Hälfte aller von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen bei diesen Delikten noch keine 21 Jahre alt.

(...)

So stieg auch die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen in Hamburg insgesamt (etwa auch in Wohnungen und Gaststätten) in den ersten neun Monaten 2006 um 5,8 Prozent auf 3937 Taten an. Damit wurde ein Trend fortgesetzt: Bereits im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2004 gab es ein Plus von 9,6 Prozent. Auch hier ist fast die Hälfte der Tatverdächtigen noch nicht 21 Jahre alt.

Brutalität auf den Strassen massiv gestiegen
Die Hamburger SPD, die ja seit dem unappetitlichen Deal zwischen Ole von Beust und der "Schill-Partei" auf den Oppositionsbänken ausharren muß, sieht darin einen "Offenbarungseid" des CDU-Senats. Denn von Beust und der halbseidene, inzwischen in Brasilien untergetauchte Rechtspopulist Ronald Schill, hatten ja vor 5 Jahren die damals anscheinend nicht zurechnungsfähigen Hamburger Wähler damit geködert, vor allem die Jugend-Kriminalität auf die Hälfte reduzieren zu wollen.

Zitat:
Die SPD habe eine umfassende Entwaffnungsstrategie vorgelegt - ein Sechs-Punkte-Plan etwa mit Messerverboten, einer Verstärkung des Gewaltschutzes im Polizeirecht, der Beschleunigung der Jugendstrafverfahren und verpflichtenden Anti-Gewalt-Trainings zu Beginn einer kriminellen Karriere. Dressel: "Zudem muss bundesweit im Jugendschutz alles getan werden, um gewaltverherrlichende Videos und Spiele stärker zu sanktionieren."
Um die Frage, welchen Einfluß brutale Video-Games auf die reale Gewalt bei Jugendlichen haben, geht es nachher um 20.15 Uhr auf WDR auch in Frank Plasbergs fast immer sehenswerter Talkshow "Hart aber fair". Titel der heutigen Sendung: "Vom Ballerspiel zum Amoklauf - was treibt Jugendliche in die Gewalt?"

Gruß Ben
 
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jugendliche, amoklaeufer




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