29. June 2007, 17:00 | #1 |
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"Wahre" Schönheit" ... man kann's auch übertreiben
Diese Dame hier sieht spontan schon ganz nett aus.
Aber irgendwas stimmt da doch nicht ... hehe, genau. Dabei ist das aber kein Gag eines durchgeknallten Photoshop-Spezialisten, sondern leider wurde das Bild wohl neulich genau so in der brasilianischen Ausgabe des Playboy mit gut 600.000 Auflage gedruckt *g* ... so jedenfalls die Geschichte, die seit ein paar Tagen durchs's Netz kreist (man suche nur mal in Google). Selbst wenn die Story nur ein Fake sein sollte: Das in den Hochglanzmagazinen ohne Retusche gar nichts geht ist sicher allen klar. Und seitdem es die digitale Bildbearbeitung gibt, ist dem Ganzen wohl auch kein Einhalt mehr zu gebieten. Was man so alles mit Photoshop & Co. anfangen kann ist wie ich finde z.B. sehr beeindruckend hier Greg Apodaca's Digital Portfolio demonstriert ... wenn ich dem Typen mal von mir ein Bild in die Hand drücke sehe ich danach wahrscheinlich auch aus wie eine Mischung aus Brad Pitt und Robert Redford ;-) Aber ehrlich gesagt will ich das gar nicht sondern bin so ganz zufrieden mit meinem Äußeren, obwohl ich keinem der beiden auch nur ein bißchen ähnele. Ich frag mich nur, ob eigentlich wirklich so viele Leute - egal ob Frauen oder Männer - immer nur die ewig gleichen durchgestylten Lackfiguren in Werbung, Kino, Zeitschriften und TV sehen wollen. Ich zum Beispiel würde von der Werbung viel mehr angesprochen werden können, wenn da quasi "ganz normale" Leute die entsprechende Botschaft verkünden. Aber stattdessen sprangen schon vor zehn Jahren braungebrannte Sixpack-Helden von 30m hohen Klippen ins tosende Meer um dann hinterher 'ne Cliff-Duschgeltube hochzuhalten ... und deswegen sollte ich dann wohl auch das Zeug kaufen? Nöh, so funktioniert das nicht, jedenfalls nicht bei mir. Die Kosmetikfirma Dove hat ja mal vor drei Jahren eine interessante Kampagne gefahren mit dem ziemlich bekannten Spot Evolution Dove und dem vorgeblichen Ziel, diesem Hochglanzwahn ein wenig entgegenzutreten. Wobei fraglich ist, wieviel Guerilla-Marketing da letztlich drinsteckt und ob nicht gerade das Gegenteil forciert werden soll, schließlich geht's ja um Umsatz. Aber wie dem auch sei: Ich persönlich steh tatsächlich mehr auf den natural look, so extrem aufgedonnerte Frauen sind mir ein echtes Gräuel. Ach ja: Zur Dove-Geschichte gibt's auch eine wunderbare Parodie deren Klasse man aber erst nachvollziehen kann, wenn man den erwähnten Original-Spot gesehen hat. Womöglich kann sie der eine oder andere hier sogar aus persönlicher Sicht als zutreffend erkennen ;-) |
30. June 2007, 01:59 | #2 |
Erde, Wind & Feuer
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Also ich kannte die Story nicht und muß mal ganz ehrlich zugeben, dass ich doch einige Zeit gebraucht habe zu kapieren um was es geht.
Ich bin anscheinend als Mann auf andere Äußerlichkeiten geprägt, dass ich den fehlenden "belly button" nicht sofort bemerkt hatte, welch Schande. |
30. June 2007, 06:35 | #3 |
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naja, n Bauchnabel wegretuschieren ist sicherlich Geschmackssache.
Aber sowas, wie tommygoler in dem Link unten beschreibt, bieten wir hier auch an für Personenportraits. Unsere Beauty-Option. Und das hat schon seinen Sinn. Überlegt mal, wie das wohl ist, wenn man während der Arbeit in eine Firma oder Behörde kommt und die Mitarbeiter(innen) werden abkommandiert zum Fotografieren fürs Web oder für ne Broschüre oder sonstwas. Von 10 Mädels haben mit Sicherheit 3-4 Ihre Tage, fühlen sich nicht wohl, fühlen sich nicht richtig geschminkt, usw. usw. usw.. Sprüche wie: "Ausgerechnet heute...." gehören noch zu den harmlosesten, trüben allerdings durchaus den Arbeitsablauf und das Klima insgesamt. Wenn dann ein paar Beispiele "vorher-nachher" gezeigt werden, wird die Sache schon lockerer. Und jede(r) kann selbst bestimmen, ob er die "Beauty-Option" haben will. Damit wird z.B. Akne durchaus gemildert, die Augen a bisserl geweitet und ausdrucksvoller gemacht, die Zähne werden aufgehellt, leichte Falten etwas geglättet, usw. Das ist dann immer noch dieselbe Person, aber sie sieht aus, als hätte sie sich für dieses Foto zurechtgemacht oder zurechtmachen lassen. Nur diesmal nicht vom Visagisten, sondern von uns. Von 10 Frauen, entscheiden sich mindestens 8 für diese Option. <- meine Erfahrung. Sowas wurde früher auch schon gemacht - nur mit anderen Mitteln. Es ist also nur ein Unterschied dem Grade nach, nicht dem Grunde nach. Die Grenzen? Sicherlich fließend, aber in einer durchaus ernsthaften Anwendung wie einer Firmenwebsite oder einem Prospekt werden weder Ohren, noch Nasen, noch Augenfarben getauscht, sondern vorhandenes optimiert. tschao jupp11 |
30. June 2007, 07:07 | #4 |
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Viele meiner Berufskollegen sind heute arbeitslos oder tingeln durch Kindergärten, Familienfeiern und Hochzeiten, um ihren Lebensunterhalt mit anspruchslosen Aufnahmen zu verdienen. Und das nur, weil sie zu spät auf die digitale Schiene aufgesprungen sind.
Wer heute als Profi ohne Photoshop und Speicherkarten erfolgreich arbeiten will, ist praktisch chancenlos. Jeder sollte sich darüber im klaren sein, dass er heute kaum noch eine Aufnahme betrachten kann, die nicht digital aufgepeppt wurde. Und das nicht nur bei Portraits. Während man z.B. früher bei Architekturaufnahmen mit teuren Shift-Objektiven arbeiten musste, werden heute die stürzenden Linien ritsch ratsch mit Photoshop korrigiert, der passende Himmel eingesetzt und störende Details beseitigt. Im Bereich der Sportfotografie, meiner Domäne, sieht es nicht anders aus. Wenn ich daran denke, wie ich früher Effekte mit ganzen Belichtungsreihen mühsam erzielen musste, dabei stets den ängstlichen Blick auf den Bildzähler gerichtet, werden heute Bewegungsunsschärfe, Zoomeffekte und dergleichen problemlos von einem Photoshop-Profi im Handumdrehen hingezaubert. Hinzu kommt die Möglichkeit, praktisch unbegrenzt auf den Auslöser zu drücken und ganze Serien einzufangen. Eine Speicherkarte fasst halt unendlich viel mehr Material als ein 36er Film und ist zudem sehr viel schneller gewechselt. Praktisch kann ich heute bei einer Sportveranstaltung einen engagierten Amateur einsetzen, der Unmengen von Aufnahmen durchzieht und aufgrund des Zufallsprinzips sicherlich einige verwertbare, sowie ab und an, ein absolutes Top Foto präsentieren wird. Die sind allerdings dann doch nicht so top, als das nicht ein Photoshop-Profi daran nicht doch noch was rumzuwurschteln hätte. Allerdings, und das ist tröstlich, gibt es immer noch Bereiche, in denen Profierfahrung- u. Wissen gefragt und unverzichtbar ist. |
30. June 2007, 11:17 | #5 |
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... hehe, "Beauty Option" und "vorhandenes optimieren" ist aber schön gesagt ;-) Auf der oben erwähnten Website von Greg Apodaca ist ja z.B. das Porträit dieser blonden Frau mit "vorher-nachher-Effekt" zu sehen. Und mir persönlich gefällt sie zum Beispiel "vorher" einfach besser. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass es bei einer Bewerbung gut ankommt, wenn da in der Mappe noch ein Modelface vom Deckblatt strahlt und beim Gespräch ein quasi auf's Normalmaß Geschrumpfter durch die Tür watschelt. Ich würd mir als Arbeitgeber dann nämlich denken, dass der Rest seiner Bewerbung genauso gefaked bzw. "sehr optimiert" ist und folglich wäre der Mann bzw. die Frau durchgefallen.
Aber die Digitalfotografie hat schon auch eine Unzahl an Vorteilen, wie Ogino ja auch aus professioneller Perspektive schon einige angesprochen hat. Für mich als Superamateur ist vor allem auch der Punkt "unendlich viel kostenlos knipsen können" eine tolle Sache, es ist einfach unproblematisch wenn mal 80% der Bilder nicht so toll wird, einfach löschen und gut ist's. |
30. June 2007, 12:06 | #6 |
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Dass dir eine ungeschminkte Darstellung besser gefallen kann, ist doch kein Problem.
Ich hab auch Bedenken, wenn Kopfformen verändert werden - würde ich auch nicht freiwillig machen. Aber wenn es dir ums Prinzip ginge, müsstest du jeden Lippenstift und jedes Deo, jedes Make-Up usw. verbieten. tschao jupp11 |
30. June 2007, 12:22 | #7 | |
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Zitat:
Einerseits geht die Kreativität verloren, weil man sich nicht mehr das Filmmaterial einteilen muss, Motto: raufhalten bis zum geht nicht mehr, irgendwas wird schon passen. Andererseits steigt in Zeiten der Digitalfotografie die Anzahl wirklich hochwertiger Aufnahmen enorm an, abgesehen mal von den immer perfekter arbeitenden Automatiken, die selbst mit extrem schwierige Lichtsituationen bestens zurechtkommen. Vergleichbar ist diese Situation mit der, als seinerzeit die guten Nizzo Super 8 Kameras von den ersten Videokameras abgelöst wurden. Wenn ich gelegentlich im privaten Bereich mal gebeten werde, Aufnahmen von besonderen Anlässen zu machen (Hochzeit, Taufe, Einsegnung ect.) oder Setcarts , dann bleibt die digitale Nikon SLR Ausrüstung in der Tasche und meine alte Leica M 3 mit ihren einzigartigen Objektiven wird reaktiviert, oder ich greife aufs Mittelformat mit meiner Mayia 645 zurück. Aber auch privat bin ich mit den beiden Klassikern oft noch unterwegs. Natürlich sehen die belichteten Filme niemals ein fremdes Labor, sondern werden ausschliesslich selbst entwickelt und ausbelichtet. Nebenbei bemerkt: meine höchsten Honorare habe ich bis heute immer nur für Ergebnisse bekommen, die mit diesen beiden Kameras aufgenommen wurden. Ohne digitale Hilfe versteht sich. |
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