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13. August 2008, 09:27   #226
Jules
 
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13. August 1913: August Bebel stirbt in Passugg

Ein "gebücktes, kränkliches Männchen" - so beschreibt Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky 1909 den SPD-Führer August Bebel als 69-Jährigen: "Doch wie er zu sprechen beginnt, weicht dieser Eindruck von Hinfälligkeit, breite ausholende Gesten, [ ...] Kommandostimme, gewohnt, Hunderttausende in Gleichtakt zu bringen". Zwei Jahre später warnt Bebel im Reichstag vor einem europäischen Krieg: "Hinter diesem Kriege steht der Massenbankrott, steht das Massenelend, steht die Massenarbeitslosigkeit, die große Hungersnot." Bebel geht noch weiter. Über einen Freund wendet er sich an die britische Regierung: Aufrüsten soll sie, um die kriegslüsternen Deutschen in Schach zu halten. Bebel wird als Landesverräter kritisiert, doch er ist wohl eher Patriot: "Wenn wir in einen Krieg gezerrt werden sollten, in dem es sich um die Existenz Deutschlands handelt", ruft er im Reichstag, "dann sind wir bis zum letzten Mann bereit, die Flinte auf den Buckel zu nehmen und unseren Boden zu verteidigen."

Der Weg August Bebels zum sogenannten Arbeiterkaiser ist lang. Er wird am 22. Februar 1840 in Deutz bei Köln als Sohn eines preußischen Unteroffiziers in ärmliche Verhältnisse geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters muss er durch Heimarbeit zum Familienunterhalt beitragen. Bebel wird Drechsler. Als Redner und Organisator macht er sich in der Arbeiterbewegung rasch einen Namen. Er engagiert sich nicht nur gegen Imperialismus und Kriegstreiberei. Er setzt sich auch für die Gleichstellung der Frau ein. SPD-Mitglied Marie Juchacz, die erste Frau, die 1919 in einem deutschen Parlament sprechen darf, dankt ihm: "Es war der Sozialdemokrat August Bebel, der die soziale Stellung der Frau unter der Herrschaft des Kapitals aufzeigte." In seinem Bestseller "Die Frau und der Sozialismus" schreibt Bebel: "Die Frau der neuen Gesellschaft steht dem Manne als Freie, Gleiche gegenüber und ist Herrin ihrer Geschicke."

Für seine ständige Kritik am deutschen Kaiserreich muss Bebel insgesamt 57 Monate Haft absitzen. Zwischen 1878 und 1890 schränkt Reichskanzler Otto von Bismarck mit den Sozialistengesetzen die Rechte der linken "vaterlandslosen Gesellen" ein. Bebel schreibt in einem Brief an seine Frau: "Wir stehen moralisch bergehoch über denen, die uns heute schurigeln und kuranzen." Er nutzt jeden Gefängnisaufenthalt zur Weiterbildung. Die von ihm mitbegründete SPD wächst zur Massenpartei - und damit auch sein Einfluss auf die internationale Arbeiterbewegung. Das Ziel von Bebel ist die Beseitigung der bürgerlichen und die Gründung der sozialistischen Gesellschaft. Doch er ist kein Revolutionär, sondern ein Mann der Mitte, der unterschiedliche linke Strömungen in der SPD integrieren will. Bebel stirbt ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg: am 13. August 1913 im Schweizer Kurort Passugg an Herzversagen. Beerdigt wird er in Zürich.

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14. August 2008, 14:30   #227
Jules
 
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14. August 1998: Tod von Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff

Einen wie ihn wird es im Fernsehen wohl nicht noch einmal geben. "Der letzte Saurier" (Weltwoche), "Charmeur der alten Schule" (Kölner Stadt-Anzeiger) und "Mozart des Plaudertons" (Spiegel) steht über den Nachrufen anlässlich des Todes von Hans-Joachim Kulenkampff. Fünf Monate zuvor, als der Südwestfunk im März 1998 seine letzte Quizsendung "Zwischen Gestern und Morgen" wegen zu niedriger Quoten einstellt, fällt die Medienkritik noch etwas unfreundlicher aus. Von "Altherrenplausch" und "Museumsvitrine" ist da die Rede. Grund genug für den letzten und sicher populärsten TV-Star aus der Gründerzeit des Fernsehens, das definitive Ende seiner Karriere zu verkünden. Schwer an Krebs erkrankt, zieht sich Hans-Joachim Kulenkampff völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Mit 77 Jahren stirbt er am 14. August 1998 in seinem Haus in Salzburg.

Dreißig Jahre lang ist "Kuli" im deutschen Fernsehen das Maß aller Dinge gewesen. Heute nahezu unmöglich zu erreichende Einschaltquoten von 80 bis 90 Prozent sind normal, wenn Kulenkampff die Nation zu "Die glücklichen Vier", "Sieben auf einen Streich" oder "Einer wird gewinnen" vor die TV-Geräte lockt. Lausbübischer Charme, Schlagfertigkeit, eine umfassende Bildung ohne Oberlehrer-Attitüde und sein unvergleichliches Talent zur pfiffigen Quasselei machen Kulenkampff einzigartig. Dabei hält er mit seiner politischen Einstellung nie hinter dem Berg. Mitten im Kalten Krieg sagt er "DDR" und nicht, wie damals verordnet, "sowjetisch besetzte Zone". Er macht Wahlkampf für Willy Brandt und nennt vor einem Millionenpublikum Mumpitz, was er für Mumpitz hält. Starken Oppositionsgeist, Schwatzhaftigkeit und einen fanatischen Freiheitswillen bescheinigt er sich selbst. Nur einmal muss sich Kulenkampff nachträglich entschuldigen, weil er Heiner Geißler "schlimmer als Goebbels" nannte.

Zum tragikkomischen Element der TV-Ära Kulenkampff gehört, dass der gelernte Schauspieler seinen Beruf als "Unterhaltungs-Fuzzi" nie sonderlich geschätzt hat. Zeitlebens sieht sich Hans-Joachim Kulenkampff zu allererst als Schauspieler. Schon in jungen Jahren zieht es den 1921 geborenen Sohn eines bremischen Kaufmanns zur Bühne. Er absolviert die Schauspielschule und spielt zunächst klassische Rollen. Anfang der 50er Jahre beginnt er, des Geldes wegen, als Conferencier für den Rundfunk zu arbeiten. Als seine Radio-Show "Wer gegen wen" 1953 versuchsweise im neuen Medium Fernsehen ausgestrahlt wird, beginnt Kulenkampffs Aufstieg zum unangefochtenen Liebling des deutschen Pantoffelkinos. 1964 startet seine erfolgreichste Show, das große Eurovisions-Quiz "Einer wird gewinnen", das er bis 1987, mit Unterbrechungen, 82 Mal moderiert. Das Aufkommen des Privatfernsehens kann Kulis Popularität zwar nichts anhaben, doch die Einschaltquoten seiner immer häufiger wechselnden Sendungen schmelzen unaufhaltsam dahin. Die Zeit der großen Samstagabend-Show, zu der sich die ganze Familie vor der Mattscheibe versammelt, ist endgültig vorbei. Seinen letzten großen Erfolg feiert Hans-Joachim Kulenkampff als Sandmännchen der Nation. Fast 2.000 Mal liest er zum Programmschluss im Ersten besinnliche "Nachtgedanken" vor - bis die ARD 1990 ihr ältestes Zugpferd aus dem Programm nimmt.

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15. August 2008, 13:29   #228
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15. August 2003: In Nordamerika fällt der Strom aus

In New York ist der 15. August 2003 ein heißer Tag. Bei über 30 Grad laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren. Das Hochspannungsnetz ist am Rand seiner Kapazität. Dann fällt in der ganzen Stadt der Strom aus. Auslöser ist ein Kurzschluss in Ohio vom Vorabend. In einer Kettenreaktion wird schließlich der gesamte Nordosten Amerikas lahmgelegt: von Kanada bis New Jersey, von Detroit bis New York. Insgesamt sitzen rund 50 Millionen US-Amerikaner und Kanadier im Dunkeln, zum Teil über drei Tage lang.

Die Metropole New York trifft es besonders hart. Fast 400.000 Menschen sind stundenlang in den U-Bahnen von Manhattan eingeschlossen - ohne Licht und Klimaanlage. Sie ahnen nicht, was geschehen ist. Angst macht sich breit. Ähnlich ergeht es vielen anderen, eingesperrt in den Fahrstühlen der Wolkenkratzer. Schon nach kurzer Zeit gibt es in den Hochhäusern keine Notbeleuchtung und kein Telefon mehr. Die meisten Notstromaggregate sind batteriegestützt und halten nur ein paar Stunden. Statt der Reklame am Times Square leuchten Taschenlampen, statt Broadway-Shows gibt es Straßenmusik. Teilweise kommt am Abend Partystimmung auf, aufgetaute Tiefkühlprodukte werden bei Kerzenschein verspeist. Hunderttausende schlafen auf den Bürgersteigen, sie können nicht nach Hause, kein Zug fährt mehr, die Straßen sind verstopft. Nur an wenigen Tankstellen kann man mit Notstrom Benzin zapfen. In vielen Häusern gibt es kein Wasser mehr, weil die Pumpen nicht arbeiten. Büros, Banken und Geschäfte bleiben geschlossen, Geldautomaten funktionieren nicht mehr, Kreditkarten können nicht gelesen werden.

Für Buchautor Greg Palast, ehemals ein Inspekteur der Energieaufsicht, ist die Ursache klar: Die privatisierten Stromkonzerne haben nach seiner Einschätzung seit Jahren nicht mehr in ihre Anlagen investiert, sondern nur abkassiert. Er kritisiert die Deregulierung des Energiemarkts: "Wogegen ich früher noch ermitteln musste, die Burschen bestrafen und ins Gefängnis bringen musste, das ist jetzt völlig legal." Die Schäden des Blackouts gehen in die Milliarden. Doch die Energiekonzerne können nicht haftbar gemacht werden. Es gibt keine gesetzlichen Mindeststandards für die Versorgungssicherheit. Für Greg Palast ist die Politik mitverantwortlich: "1992 wählte das amerikanische Volk George Bush senior ab. Bevor er das Weiße Haus räumte, erließ er noch das Gesetz zur Privatisierung der amerikanischen Stromindustrie. Sein Sohn hat daraufhin 16 Millionen Dollar Wahlkampfspenden von den Energiekonzernen erhalten." Zwei Jahre nach dem bisher größten und längsten Stromausfall der Geschichte wird ein Gesetz verabschiedet, das Mindestverpflichtungen für die Energiekonzerne festlegt. Doch das ist Greg Palast nicht genug: "Strom ist ein öffentliches Gut wie die Luft zum Atmen. Und es ist Betrug zu behaupten, es könne einen völlig freien Elektrizitätsmarkt geben."

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16. August 2008, 11:57   #229
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16. August 2003: Ugandas Ex-Diktator Idi Amin stirbt in Dschidda

"Als ich noch ein Niemand war, habe ich geträumt, dass ich einmal Staatschef werden würde, und zwar der wichtigste Staatschef der Welt. Und es wurde wahr," 1974 gibt Ugandas selbsternannter Präsident Idi Amin dem französischen Kinofilm "General Idi Amin Dada - Autoporträt" ausführlich Auskunft über seine Weltsicht: "Ich handle ausschließlich auf Anweisung Gottes. Es ist die Stimme Gottes, da spreche nicht nur ich." Tilo Held, Psychiater und Psychotherapeut, nimmt Ausschnitte aus diesem Film als Grundlage für ein Psychogramm, das er 1974 für eine Titelstory des "Spiegels" anfertigt. Held diagnostiziert bei Amin eine paranoische Psychose. Für den Berliner Professor hängt diese Krankheit bei Amin mit dessen Machtposition zusammen.

Die Karriere Idi Amins beginnt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Küchenboy in der britischen Kolonialarmee. Schnell dient er sich hoch, als erster Schwarzer wird er britischer Offizier. Für seinen Vorgesetzten ist er ein "ungewöhnlich begabter Führer". Andererseits fällt er durch seinen Sadismus auf: Gefangenen hackt er Genitalien ab und lässt sie sich gegenseitig die Köpfe mit Hämmern einschlagen. 1964 wird Amin Generalstabschef im noch jungen Staat Uganda, der zwei Jahre zuvor unabhängig wurde. 1971 putscht er sich an die Macht. Umgehend lässt Amin Intellektuelle, Offiziere und Richter umbringen. Ganze Dörfer werden ausgelöscht. Die Leichen werden den Krokodilen im Nil zum Fraß vorgeworfen und verstopfen immer wieder die Turbinen eines Wasserkraftwerks. Amin brüstet sich, nicht nur im übertragenen Sinn das Fleisch seiner Gegner gegessen zu haben. 1972 verjagt er mehrere zehntausend Asiaten aus Uganda, vorwiegend indische und jüdische Händler. Sie würden angeblich Ugandas Wirtschaft "melken". Die Folge: Die Wirtschaft des Landes bricht vollständig zusammen. Als das Land pleite ist, lässt Amin einfach neues Geld drucken.

Gleichzeitig gibt Amin den Clown. Er schreibt kuriose Telegramme an die Mächtigen dieser Welt. Großbritannien bietet er zum Beispiel Nahrungsmittellieferungen an: "Die Briten versinken im Chaos, aber ich helfe ihnen." Amin will selbst Geld gespendet haben, um den britischen Staatshaushalt zu retten. "Letztlich kann er nur die Ziele verfolgen, die sein eigenes Selbst möglichst groß und möglichst gut dastehen lassen", sagt Psychiater Held. "Außer Bedrohung und Unterdrückung und gelegentlichen leutseligen Witzen hatte er kein weitergehendes Verhaltensrepertoire." Amin lässt foltern, vergewaltigen, hinrichten und legt auch selbst Hand an. Etwa 300.000 Menschen sterben nach Schätzung von Amnesty International während der achtjährigen Regierungszeit des "Schlächters von Afrika". Nach und nach wendet sich der Westen von Amin ab - unter anderem wegen seines wachsenden Antisemitismus. Daraufhin springen Libyen und Saudi-Arabien als Förderer ihres muslimischen Glaubensbruders ein. Nach seinem Sturz 1979 flieht Amin nach Saudi-Arabien. Im Exil lebt er noch 24 Jahre, an seiner Seite die vierte Ehefrau und ein gutes Dutzend seiner vielleicht 30 Kinder. Wie alt Idi Amin ist, als er am 16. August 2003 in Dschidda stirbt, bleibt unklar. Sein Geburtsjahr wird zwischen 1924 und 1928 angesetzt. Für seine Taten ist er nie zur Rechenschaft gezogen worden.

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17. August 2008, 21:09   #230
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17. August 1998: US-Präsident Clinton gibt Lewinsky-Affäre zu

William Jefferson Clinton ist wahrlich nicht der erste US-Präsident, der mit außerehelichen Eskapaden in die Geschichtsbüchern eingegangen ist. Von Thomas Jefferson über Grover Cleveland bis hin zu Franklin D. Roosevelt sind etliche der höchsten Männer im Staat bekanntermaßen auch außerhalb der Politik einschlägig aktiv geworden - vom "Womanizer" John F. Kennedy ganz zu schweigen. Allerdings hat keine präsidiale Affäre einen derartigen Skandal ausgelöst wie die Beziehung Bill Clintons zu seiner Praktikantin Monica Lewinsky. Ins Rollen kommt die Geschichte, die vor zehn Jahren beinahe zu Clintons Amtsenthebung geführt hätte, durch einen fanatischen Sonderermittler, auf Band aufgezeichnete Telefongespräche und ein Kleid mit verräterischen Sperma-Spuren.

Seit 1994 sammelt der Sonderermittler Kenneth Starr akribisch Beweise und Indizien gegen den 42. Präsidenten der USA. Anlass ist eine Immobilienaffäre aus der Zeit Clintons als Gouverneur von Arkansas. Durch die Zivilklage einer ehemaligen Clinton-Mitarbeiterin wegen sexueller Belästigung erhält das Verfahren eine völlig andere Richtung und Starr neue Munition gegen den Präsidenten. Im Januar 1998 werden dem Sonderermittler Tonbänder mit pikanten Telefongesprächen zugespielt. Darin berichtet die 25-jährige Monica Lewinsky ausführlich von einer sexuellen Beziehung mit Präsident Clinton während ihrer Zeit als Praktikantin im Weißen Haus. Außerdem will sie von Clinton dazu gedrängt worden sein, die Affäre in Vernehmungen zu leugnen. Sowohl die sexuelle Beziehung als auch der Vorwurf der Beeinflussung werden von Präsident Clinton entschieden bestritten.

Im Juli 1998 bricht die Verteidigungslinie des stets seine Unschuld beteuernden Präsidenten zusammen. Monica Lewinsky übergibt Sonderermittler Starr ein blaues Kleid mit Sperma-Spuren, die nachweislich von Bill Clinton stammen. Entstanden sind die Flecken laut ihrer Aussage anlässlich eines "Blow-Jobs" im Oval Office, dem Amtszimmer des Präsidenten, das von der Presse prompt in "Oral Office" umbenannt wird. Unter dem Vorwurf der Falschaussage, des Meineides und der Zeugenbeeinflussung muss sich Clinton nun erstmals offiziell einer Grand Jury stellen. Am 17. August 1998 macht der Präsident im Weißen Haus seine Aussage; die Geschworenen der Anklagekammer sind per Video zugeschaltet. Clinton revidiert seine früheren Einlassungen und gesteht eine "unangemessene und unschickliche Beziehung zu Miss Lewinsky". Gelogen habe er zuvor aber nicht, argumentiert der gewiefte Jurist Clinton, da Oralverkehr im Gegensatz zum Geschlechtsverkehr nach seinem Verständnis noch keine sexuelle Beziehung darstelle. Mit voller Unterstützung der Republikaner gelingt es Sonderermittler Starr daraufhin tatsächlich, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten in Gang zu bringen. Am 12. Februar 1999 jedoch wird Bill Clinton vom Senat in allen Anklagepunkten freigesprochen.

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18. August 2008, 07:48   #231
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18. August 1988: Tödliches Ende des Gladbecker Geiseldramas

Die spektakulärste Geiselnahme der deutschen Kriminalgeschichte beginnt am Dienstag, dem 16. August 1988. Um 07.15 Uhr überfallen zwei schwer bewaffnete Männer die Deutsche-Bank-Filiale in Gladbeck-Rentfort. Als Hans-Jürgen Rösner (damals 31) und Dieter Degowski (damals 32), beide vorbestraft, Polizisten vor dem Gebäude entdecken, nehmen sie zwei Bankangestellte als Geiseln. Am Abend erhalten die Gangster wie verlangt 400.000 DM und einen Audi 100 als Fluchtwagen. Kurz vor 22.00 Uhr verlassen sie den Ort des Überfalls. Nachdem sich die Täter zweimal mit Waffengewalt einen neuen Wagen verschafft haben, holen sie in Gladbeck Rösners Freundin Marion L. ab. Verfolgt von Polizeispezialkräften und einem Reporter-Tross irren Rösner und Degowski die Nacht über durch Nordrhein-Westfalen. Um 8.05 betritt das Trio mit den Geiseln in Hagen ein Café und verlangt: "Frühstück für alle."

Nächstes Ziel der Geiselgangster ist Bremen, der Wohnort von Marion L.'s Eltern. Wie in der Nacht zuvor, lässt das Sondereinsatzkommando mehrere Chancen zum Eingreifen verstreichen. Nach einem erneuten Fahrzeug-Wechsel entdeckt Rösner gegen 18.20 Uhr die Verfolger. Mit den Geiseln kapert das Trio einen wartenden Linienbus. Die Waffe schussbereit in der Hand, gibt Rösner den Journalisten Interviews: "Wir haben mit dem Leben abgeschlossen. Vor allem mein Kumpel ist brandgefährlich. Ich scheiß auf mein Leben." Um 22.00 Uhr nimmt der Bus mit rund 30 Geiseln auf der Autobahn 1 Kurs Richtung Niederlande. Bei einem Halt an der Raststätte Grundbergsee begleitet Marion L. einige Geiseln zur Toilette. Als sie dort von SEK-Kräften überwältigt wird, tötet Degowski im Bus einen 14-jährigen Jungen mit einem Kopfschuss. Marion L. wird von der Polizei wieder freigelassen. Mit Kolonnen von Polizeikräften und Medienvertretern hinter sich, setzen die Gangster ihre Flucht fort. In den Niederlanden tauschen sie den Bus gegen einen präparierten BMW 735 i und lassen bis auf zwei junge Frauen alle Geiseln frei.

Um 7.00 Uhr am Donnerstag, dem 18. August, passiert das Gangster-Trio erneut die Grenze und fährt über Wuppertal nach Köln. Dort kommt es mitten in der City zu einer bizarren "Pressekonferenz". Bereitwillig geben Rösner und Degowski Interviews und posieren mit den Waffen für die Fotografen. Ein Polizeizugriff ist wegen der Menschenmenge unmöglich. Schließlich steigt ein Reporter zu den Gangstern ins Auto, lotst sie auf die Autobahn 3 und darf an der Raststätte Siegburg aussteigen. In Absprache mit dem NRW-Innenministerium beschließt die Polizeiführung nun den Zugriff. Kölns Polizeidirektor notiert im Einsatztagebuch: "Aktion so bald wie möglich starten. Selbst wenn Schusswaffen eingesetzt werden müssen und dabei Menschen zu Schaden kommen. Finaler Rettungsschuss eingeschlossen." Als der Täter-BMW um 13.38 Uhr anhält, rast ein Einsatzkommando mit vier Wagen heran. Weil die Beamten aber die Fernsteuerung für den Zündunterbrecher am präparierten Fluchtwagen nicht fanden, rammt ein Mercedes den wieder anfahrenden BMW an der falschen Stelle. Degowski eröffnet sofort das Feuer. Eine Geisel kann während des heftigen Schusswechsels fliehen. Als Rösner in den Oberschenkel getroffen wird, tötet er die letzte Geisel durch einen Schuss ins Herz. 54 Stunden nach Betreten der Bank in Gladbeck werden Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski sowie die Komplizin Marion L. von den SEK-Männern überwältigt.

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19. August 2008, 12:09   #232
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19. August 1958: Hilfswerk Misereor gegründet

1958 haben die (West-)Deutschen es geschafft: Hungerjahre und Trümmerzeit liegen hinter ihnen. Das "Wirtschaftswunder" bringt Vollbeschäftigung und macht sich auch bei der breiten Bevölkerung bemerkbar. Die Bundesrepublik ist nicht mehr Empfängerin von Care-Paketen. Die neue ökonomische Stärke bringt aber auch eine neue Verantwortung. Einer, der das früh deutlich ausspricht, ist der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings. In der Nachkriegszeit war sein Name verknüpft mit dem kirchlichen "Segen" für den Kohlenklau aus Not, seither "fringsen" genannt. Jetzt hält Frings bei der Bischofskonferenz in Fulda eine eindringliche Rede, in der er die Deutschen auffordert, sich der Not der Armen in den sogenannten Entwicklungsländern anzunehmen: "Was wir bisher über unsere eigene Not vergessen haben, tritt jetzt in die Mitte unseres Bewusstseins: In den meisten Ländern der Erde herrscht Hunger."

Die Katholiken sollen erstmals in der Fastenzeit Spenden für kirchliche Projekte gegen Hunger und Krankheit in der Dritten Welt sammeln. Das durch Frings initiierte Hilfswerk erhält den lateinischen Namen "Misereor", nach einem Jesus-Wort aus dem Neuen Testament: "Es erbarmt mich des Volkes". Dabei ist Frings' Initiative nicht nur aus Mitleid, sondern auch aus politischem Kalkül geboren. Das Ende des Kolonialismus zeichnet sich ab. Die afrikanischen Völker streben nach Unabhängigkeit - und das mitten im Kalten Krieg. "Die farbigen Völker sind erwacht", sagt Frings in Fulda am 19. August 1958: "Der Bolschewismus bietet sich ihnen als Bundesgenosse im Kampf um nationale Freiheit und wirtschaftlichen Aufschwung an." Die Hilfe der Katholiken soll also auch ein Mittel gegen den Einfluss der Sowjetunion in der Dritten Welt sein.

Kirchliche Entwicklungshilfe ist ein Trend der Zeit. Die Evangelische Kirche gründet im selben Jahr ihre Aktion "Brot für die Welt". Misereor erhält seinen Sitz in Aachen. Gleich die erste Sammlung bringt 35,4 Millionen Mark ein. "Eine große, schöne Summe, aber doch nur ein Tropfen auf den Stein gegenüber der ungeheuren Not", sagt Frings. Er gibt früh die Losung von der "Hilfe zur Selbsthilfe" aus. Misereor soll in erster Linie keine Katastrophenhilfe leisten, sondern die Lebensverhältnisse ändern - nachhaltig, wie man später sagt. Das ist das Programm der Geschäftsführung in Aachen bis heute. So liegt derzeit ein Schwerpunkt auf dem Aufbau von Genossenschaften und Gewerkschaften an der Basis, durch die sich Bauern, Handwerker und Arbeiter am internationalen Handel direkt beteiligen können. "Fair Trade", gerechter Handel, ist ein Hauptziel von Misereor.

In 50 Jahren hat das Hilfswerk 95.500 Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika aufgebaut und dafür fünf Milliarden und 560 Millionen Euro Spenden gesammelt. Hinzu kommt Unterstützung aus dem staatlichen Entwicklungshilfe-Etat. Für den derzeitigen Geschäftsführer, den Priester Josef Sayer, ist das immer noch ein Tropfen auf den Stein. "Was mich erschüttert und mit Zorn erfüllt, ist, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird", sagt Sayer. "Armut heißt nicht einfach, sich zu bescheiden. Da muss man auch kämpfen und die Armen organisieren."

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20. August 2008, 10:43   #233
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20. August 1823: Friedrich Arnold Brockhaus stirbt

Friedrich Arnold Brockhaus ist ein Bankrotteur. Durch die Kontinentalsperre Napoleons ist der Tuchhändler vom Nachschub abgeschnitten worden. Nach dem Konkurs ist er nach Amsterdam gegangen, um einen Verlag zu gründen. Jetzt sucht der Büchernarr auf der Leipziger Buchmesse 1808 nach Druckstoff. Beim Stöbern durch die Ausstellungsräume fällt ihm ein Projekt ins Auge, das ebenfalls gescheitert ist: das nach sechs Bänden abgebrochene "Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten" des Gelehrten Gotthelf Löbel. Brockhaus kauft die unvollendete Enzyklopädie für den Schnäppchenpreis von 1.800 Reichstalern - und macht damit das Geschäft seines Lebens.

Brockhaus wird 1772 in Dortmund geboren. Von Kindheit an ist er nach eigener Aussage von der "Bücherwuth" befallen. Trotzdem macht er eine Lehre im väterlichen "Detailhandel für "Ellen- und Spezereiwaren" und gründet 1796 ein Unternehmen, das mit englischen Stoffen handelt. Nach der Pleite gründet Brockhaus 1805 einen Verlag, der unter anderem Casanovas Memoiren verlegt. Er vollendet Löbels "Conversationslexikon" und entwickelt es dabei maßgeblich weiter. Zum ersten Mal soll Wissen nicht für den exquisiten Kreis der Gelehrten zugänglich werden, sondern für das gebildete Bürgertum: zur Belehrung, aber auch zur Unterhaltung in den Salons und guten Stuben. "Flüssigmachung und Popularisierung der wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Ergebnisse, nicht für die geschäftliche Praxis, sondern für die Befriedigung und Förderung der allgemeinen Bildung" wird Brockhaus diese Aufgabe nennen.

Schnell erobert Brockhaus mit seiner Idee die Wohnzimmer - und gibt fortan mit seinem Lexikon den Kanon dessen vor, was der Bildungsbürger wissen muss. Durch den Erfolg beflügelt geht der Verleger mit seinem "F. A. Brockhaus" umbenannten Verlag nach Leipzig, wo er 1818 das Bürgerrecht erhält; eigene Druckereien kümmern sich ausschließlich um die Produktion seines Lexikons. Bis heute sind vom "Brockhaus" 21 Auflagen erschienen.

Brockhaus stirbt am 20. August 1823 als elffacher Vater in Leipzig. Seinen Erben hinterlässt er ein florierendes Unternehmen, das als Inbegriff seriöser und klug recherchierter Lexikonproduktion gilt. 2007 verkündet der Verlag, den gedruckten Brockhaus einstellen zu wollen. Kaum war die Meldung verkündet, schossen die Verkaufszahlen in die Höhe und es werden sogar Überlegungen für eine 22. Auflage angestellt.

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21. August 2008, 13:42   #234
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21. August 1858: Kronprinz Rudolf von Habsburg geboren

101 Böllerschüsse aus 20 Kanonen geben in Wien die Geburt bekannt: Kaiserin Elisabeth (genannt Sissi) hat 20 Kilometer entfernt, auf Schloss Laxenburg in Niederösterreich, einen Jungen bekommen, den ersten Habsburger Kronprinzen seit 65 Jahren. Aber die Mutter kümmert sich kaum um den kleinen Rudolf. Während sie auf Korfu und Madeira weilt, erhält der Kronprinz ab dem dritten Lebensjahr Unterricht in Religion, Tschechisch und Ungarisch, Rechnen und Schreiben. Außerdem muss er exerzieren, reiten, schießen. Rudolf ist kränklich, nervös. Darum wird, als er sechs ist, ein Generalmajor als Erzieher bestellt. Der verordnet Kaltwassergüsse und nächtliches Erschrecken mit Pistolenschüssen - zur Abhärtung. Jetzt greift Elisabeth ein: Sie setzt durch, dass ihr Sohn andere, liberale Lehrer erhält - darunter auch Juden.

Tatsächlich entwickelt sich Rudolf zu einem ungewöhnlichen Thronfolger: Er hängt revolutionären Ideen an, träumt davon, eher Präsident einer Republik als Monarch zu sein. Den Einfluss der Kirche auf den Staat lehnt er ab. Als 1883 ein Gesetz im Vielvölkerstaat Juden und Protestanten den Zugang zum Schuldienst verweigert, protestiert Rudolf: "Der Staat muss alle Konfessionen gleich behandeln. Durch ein Mächtigwerden der katholischen Hierarchie hat uns bis jetzt immer nur Unglück geblüht." Kaiser Franz-Josef reagiert auf solche Ansichten, indem er seinen Sohn systematisch von jeder politischen Verantwortung fern hält. Statt dessen darf er schreiben - aber nur anonym veröffentlichen - und mit dem Tierforscher Alfred Brehm ausgedehnte Forschungsreisen unternehmen. Rudolfs Lieblingsthema: Vögel.

1881 heiratet der 27-Jährige die belgische Prinzessin Stephanie. Seine anfängliche Liebe zu seiner Frau hält Rudolf nicht von außerehelichen Affären ab. Er infiziert Stephanie mit einer Geschlechtskrankheit, so dass sie nach der ersten Tochter keine Kinder mehr bekommen kann. 1888 verliebt sich Rudolf in eine 17-Jährige, die Ungarin Mary Vetsera. Über die Beziehung der beiden weiß man nichts - der Wiener Hof lässt später alle Briefe vernichten. Denn die Affäre endet in einer Katastrophe: Am Morgen des 30. Januar 1889 findet man Rudolf und Mary tot im privaten Jagdschloss Mayerling. Beide haben Schusswunden im Kopf. Wahrscheinlich hat der Kronprinz Selbstmord verübt und seine Geliebte mit in den Tod genommen. Aber wirklich geklärt wurde der Fall nie. Der Wiener Hof veröffentlichte fast nichts - so gibt es bis heute Spekulationen, die von Unfall bis zum politischen Mord reichen. Kaiser Franz-Josef steht jedenfalls wieder ohne direkten Erben da. Deshalb wird Erzherzog Franz Ferdinand Este zum Thronfolger bestimmt. Das Attentat auf ihn und seine Frau löst 1914 den Ersten Weltkrieg aus.

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