25. January 2002, 09:48 | #1 |
Registriert seit: April 2001
Ort: Rheinland
Beiträge: 2.831
|
erste Geschichte
Hatte die zwar schon mal gepostet, aber sind ja viele neue Member da...
"Peter" Sie steht mir direkt gegenüber und zeigt mir ein liebevolles Lächeln. Ich ergreife ihre Hand, halte sie fest und streichele sanft über ihren Handrücken. Ihr Kopf neigt sich leicht. Sie streckt ihre zweite Hand aus, umfaßt meinen Hals und zieht mich näher an sie heran. Noch immer ist ihr Kopf geneigt. Kurz vor ihrem Gesicht stoppt sie und öffnet ihren Mund. Merkwürdige Baßgeräusche tauchen auf. Die ganze Umgebung fängt an zu zittern und zu vibrieren. Ich schaue sie verwundert an. Ihre Gestalt beginnt zu verschwimmen, löst sich auf. Die Geräusche werden lauter und heftiger. Verzweifelt versuche ich mich an ihr festzuklammern. Ich greife ins Leere. "Zur Hölle noch mal, steh endlich auf, du fauler Sack!" schreit meine Mutter ins Zimmer, "und stell diese verdammte Musik ab!" Da ist er also dieser fatale Tag. Aufgeweckt aus dem schönen Traum durch die alte Schnepfe im Wohnzimmer, die am Abend wieder ihre dämlichen Geschichten aus dem Büro erzählen wird. Soll sie doch bloß ihr beschissenes Maul halten. Ist doch ihre Schuld, wenn sie sich nur von ihrem Chef schikanieren läßt. Scheiße ist der Boden kalt. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, die ganze Nacht das Fenster aufzulassen, während draußen Minustemperaturen herrschen. Was sagt die Temperaturanzeige? 5° Celsius im Zimmer. Da verkriechen sich selbst Eisbären wieder unter der Decke. Aber das wird wohl jetzt nicht gehen. Zumindest nicht solange die Musik noch läuft. Irgendwann fiel es mir mal ein, mich mit Musik zu wecken, aber seit die Anlage nicht mehr richtig funktioniert und immer lauter wird, bis die Boxen platzen, ist das auch nicht mehr so günstig. Besonders das alte Weib regt sich darüber auf. Die soll sich mal nicht so anstellen. Sie kann froh sein, daß ich nur harmloses Technozeug höre und nicht diesen schrecklichen Death-Metal Scheiß von meinem Freund. Das Frühstück ist genauso beschissen wie immer. Verdammter Toaster. Egal auf welche Stufe man ihn stellt. Entweder sind die Toasts total weich oder total verbrannt, aber in keinem Fall genießbar. Viel Zeit habe ich nicht mehr. Es ist schon sieben Uhr, viel zu spät eigentlich. Ich muß mich ja noch waschen, macht wahrscheinlich einen besseren Eindruck, als wenn ich total versifft da ankomme. Obwohl es mir im Endeffekt sowieso scheißegal ist. Was soll's? Ich habe keine Ahnung, worüber sie schon wieder labert. Es hört sich ein bißchen nach Führerschein an. Damit nervt sie mich jetzt auch schon viel zu lange. Ich weiß gar nicht, was ich mit einem Führerschein soll. Es ist mal wieder eine geniale Idee von ihr. Mein Konto reicht gerade aus, um den Führerschein zu bezahlen. Also noch lange nicht für ein Auto. Ist ja eigentlich kein Problem, ich kann ihr's benutzen. Von wegen. Da gibt sie einem keine Chance. Ihre Ausrede ist, daß das Auto dafür falsch versichert ist. Die Fahrer müssen älter als 25 sein. Ein eigenes Auto finanziert sie mir natürlich nicht. Was zur Hölle soll ich dann mit einem Führerschein, wenn ich nicht mal fahren darf. Das ist doch phantastisch. Ich verschwinde jetzt ins Bad, bevor ich mir noch mehr von dem Kram anhöre, den sie wieder verzapft. Blödes Weib. Rasieren, waschen, Deo drauf. Das hat zumindest den Anschein, als würde man sich um Hygiene kümmern. Ich scheiß darauf. Bringt eh nichts. Sterben werden wir alle sowieso irgendwann mal. Da hilft es mir auch nichts, wenn ich sauber bin und krank war ich bis jetzt auch noch nie. Also wozu den Mist. Es ist wirklich saukalt draußen. Wer immer den Winter erfunden hat, ich bringe ihn um. Der Schnee liegt einen halben Meter hoch. Was soll ich mit soviel Schnee, brauche ich nicht, also weg damit. Oh Shit! Wir sind ja mit Kehren der Straße dran. Ach egal, kann sich die kostenlose Haushälterin drum kümmern. Da wird sie dann wenigstens ein bißchen Energie los und nervt nicht mehr so. Und wenn sie es nicht tut, dann ist das auch nicht so schlimm. Die paar Rentner mit gebrochenen Beinen stören doch nicht weiter. Die belasten uns doch nur und sind fast tot. So rücken sie dem Ende wenigstens ein paar Tage näher, ohne daß es jemanden stört. Wen kümmern die alten Sausäcke? Verdammt glatt heute. Ich hätte mir vielleicht einen anderen Tag aussuchen sollen als diesen. Ist ungünstig, wenn man dabei hinfällt. Das macht nur unnötig Mühe. Überflüssige Belastung. Ändern kann es sowieso nichts, aber eben verlangsamen. Das ist auch nicht schön. Besonders, wo eine genaue Zeitplanung absolut nötig ist. Ein Glück, das Haus liegt weit hinter mir. Zeit für eine entspannende Zigarette. Elende Mutter, nicht mal diese kleine Freude will sie mir gönnen. Sie hat mal eine scheußliche Doku über Zigarettenkonsum gesehen. Dummererweise war ich dabei. Dabei wurden lauter Fast-Leichen gezeigt, die einmal zu oft am Glimmstengel gezogen hatten. Die sahen richtig übel aus. Mit offenen Kehlen, Lungenoperationen, Interviews und ähnlichem. War besser als jede Splattershow. Aber sie hat's nicht ausgehalten. Hat anschließend stundenlang geheult. War reichlich nervend. Ich konnte nicht schlafen und mußte mir das ganze Geschluchze anhören. Mein Gott, wer so blöd ist, ist selbst dran schuld. Ich habe mich unter Kontrolle, ich weiß, daß ich aufhören kann. Jederzeit. Jetzt regt sie sich jedesmal auf, wenn sie wieder eine Zigarettenpackung bei mir im Zimmer findet, wo sie eigentlich gar nichts zu suchen hat. Dann hält sie mir erst Vorträge und danach fleht sie mich an, ich solle doch aufhören. Meistens sage ich dann ja und hoffe, daß sie wieder Ruhe gibt. Es ist sowieso schlimm mit ihr. Daß sie mein Zimmer auch immer durchsuchen muß, ist wirklich eine Qual. Sie kennt mittlerweile die Hälfte meiner Verstecke. Deswegen lagere ich die wichtigsten Sachen auch bereits bei meinem Freund. Da sind sie sicher. Ich habe damit angefangen, nachdem sie mal Ohrringe von irgendeiner Tussi bei mir im Zimmer gefunden hatte. Zuerst schaute sie mich bitterböse an, danach lief sie heulend weg. Die Ohrringe hatte sie glücklicherweise fallen lassen. Ich hasse es, wenn jemand mir meine Sachen wegnimmt und ich sie suchen muß. Besonders in ihrem ekelhaften Zimmer mit den ganzen vielen Puppen, denen man am liebsten den Kopf zerschlagen möchte. Es ist dort immer total ordentlich aufgeräumt und sauber. Richtig schrecklich. Überhaupt kein Leben. Nichts. Totale Leere. Ich bin nicht gerne dort. Na endlich, die verfickte Bushaltestelle entfernt sich auch immer weiter von unserem Haus. Zumindest habe ich das Gefühl, daß dem so wäre. Verdammte Scheiße. Es ist jetzt 7:25 Uhr. Der Bus müßte jederzeit kommen. Aber darauf kann man ja auch nicht vertrauen. Die verdammten Busse kommen doch, wie sie Lust haben, wenn sie denn Lust haben. Und meistens wird man vom Busfahrer auch noch blöd angeglotzt, wenn man einsteigt, nur weil man nicht bezahlt, sondern ein Monatsticket bei sich hat, daß man ihm aber nicht zeigt. Alles Arschlöcher, die Busfahrer. Die nehmen keine Rücksicht auf niemanden. Wenn man gerade über die Straße geht und das auch noch vor einem stehenden Bus, fahren die einfach los, ohne Rücksicht auf Verluste. Viel zu oft schon mußte ich über die Straße hetzen, um meine Beine vor deren Rädern zu retten. Man sollte sie alle mal richtig, naja. Wir wollen es ja nicht übertreiben. 7:32 Uhr. Der verdammte Bus hat Verspätung und das nicht zu knapp. Was soll die Scheiße eigentlich? Ich habe die Zeitplanung doch nicht deswegen erstellt, nur damit so ein impotent, verklemmter Busfahrer sie zerstören kann. Außerdem ist es scheiße kalt. Ich friere mir hier den Arsch ab. Der Bus soll endlich kommen. Ich habe nicht ewig Zeit. Und sie erst recht nicht. Ja, sie hat wirklich nicht viel Zeit. Sie wartet auf mich, muß aber gleich in die Schule. Ich will sie noch rechtzeitig erreichen. Im Grunde genommen wartet sie nicht direkt auf mich, aber sie wird sich freuen mich zu sehen. Das haben sie bis jetzt alle. Sie ist wunderschön, wirklich wunderschön. Das erste Mal habe ich sie in einem Eiscafé vor zwei Wochen gesehen. Sie saß dort mit zwei Freundinnen und aß Eis. Schrecklich, im Winter Eis essen. Normalerweise hätte ich mich total darüber aufgeregt, aber sie hatte mich schon beim ersten Blick verzaubert. Da störte mich das Eis nicht. Ich ging in das Eiscafé und beobachtete sie unauffällig, wie sie dort saß und sich mit ihren Freundinnen unterhielt. Sie besitzt einen wirklich vollkommen Körper. Schöner als alles, was ich vorher gesehen habe. Blondes, kurzes Haar, blaue Augen, unbeschreibliche Lippen, ein wundervolles Lächeln, das jeden verzaubert, etwas größere, aber nicht überdimensionierte Brüste, einen phantastischen Po und ewig lange Beine. Ich war hin und weg. Nichts konnte mich mehr beschäftigen als dieses unglaubliche Wesen. Irgend etwas muß ich damals falsch gemacht haben. Irgendwie hatte sie mich sehen können. Ich weiß nicht woher. Normalerweise passiert so etwas nicht. Aber nach ihrem Eis gingen ihre Freundinnen und sie blieb noch einen Moment sitzen. Sie schrieb etwas auf einen Zettel, stand auf, kam an mir vorbei und gab mir den Zettel. Sie hatte mir ihren Namen und ihre Nummer gegeben. Ich war im siebten Himmel. Noch am selben Abend rief ich sie an und wir gingen ins Kino. Seitdem habe ich sie fast jeden Tag getroffen. Sie ist unglaublich, sie ist die richtige. 7:40 Uhr. Ein großes langes Ungetüm kommt durch den Schnee angebraust und hält vor meiner Nase. Scheiß Busfahrer, mach' endlich die verdammte Tür auf. Sie öffnet sich und ich werfe dem Busfahrer einen bösen Blick zu. "Die ganze Stadt ist dicht. Da war kein vorwärtskommen. Tut mir leid." Wenigstens hat er sich entschuldigt. Ich nicke und gehe nach hinten. Trotzdem ist mein Zeitplan im Eimer. Verdammte Hacke. Ich schaffe das nie mehr rechtzeitig. Ich habe mir extra heute dafür frei genommen. Und jetzt sitzt sie schon fast in ihrem Klassenraum. Wenn ich sie nicht mehr erwische, dann statte ich dem Fahrer einen privaten Besuch ab. Darauf kann er sich verlassen. "Glotz' nicht so, Opa. Gibt kein Brot!" Fauche ich das alte Wichsschwein an, das in der rechten Reihe auf einem Einzelplatz sitzt. Rentner ist das alte A.rschloch mit Sicherheit noch nicht, aber wer so blöd guckt, hat es nicht anders verdient, als eins auf die Schnauze zu kriegen. Aber das kann ich mir im Bus nicht leisten. Ich will schließlich noch ankommen und sie endlich wiedersehen. Schließlich konnte ich sie zwei Tage nicht sehen. Das war zu lange. Der Alte hat's scheinbar nicht kapiert. Der glotzt immer noch wie ein Auto. Wenn der nicht bald aussteigt, kriegt der noch eine kleine Abreibung. Was soll die verdammte Kacke. Ich bin doch kein Pin-up! Er hört nicht auf. "Bist du ein Kinderficker oder warum glotzt du die ganze Zeit, hä? Guck gefälligst woanders hin, bevor du gleich nicht mehr gucken kannst!" Er drückt den Halteknopf. Gott sei dank, er will aussteigen. Scheiße! Hier muß ich ja auch raus. Will denn heute gar nichts gelingen? Wahrscheinlich läuft der mir gleich noch hinterher und labert mich voll mit irgendeinem Scheiß. Mann, echt beschissener Tag heute. Und noch mal Scheiße! Der verfickte Schulhof ist leer. Absolut leer, nicht eine Seele weit und breit. Nicht mal ein gefickter Fünfer. Die laufen doch sonst immer noch rum. Wo sind die alle hin? Sie hat nichts davon gesagt, daß die Schule ausfallen würde. Es ist 7:49 Uhr. Um 7:50 Uhr soll es doch erst schellen. Mal sehen, vielleicht ist jemand in der Pausenhalle. Es kann doch nicht sein, daß hier alles wie ausgestorben ist. Das darf nicht sein. Das ist verdammt noch mal unmöglich. Schon wieder Scheiße! Die Pausenhalle ist genauso tot wie alles andere hier. Niemand da. Das gibt es einfach nicht. "Peter!" Das ist ihre Stimme. Jawohl, das ist ihre Stimme. Sie ist hier. Sie hat mich nicht alleine gelassen. Da ist sie! Oh mein Gott, bin ich froh sie zu sehen. Es wird endlich Zeit. "Da bist du ja, mein Schatz. Ich bin so glücklich dich zu sehen. Es waren zwar nur zwei Tage, aber du hast mir so sehr gefehlt." Ich gehe schnell auf sie zu. Sie sieht unschlüssig aus. Ihr Gesicht ist nicht glücklich. Was ist los? Was ist passiert? Ob ihr oder einem Bekannten ein Unfall passiert ist? Warum freut sie sich nicht? "Was ist los, mein Schatzi? Was ist mit dir?" Ich umarme sie, gebe ihr einen Kuß auf die Wange. Sie sieht mich immer noch unschlüssig an, antwortet nicht. "Ist es wahr?" Was soll wahr sein? Was meint sie damit? Worauf will sie hinaus? (Word Stats: Wörter: 2044; Absätze: 33; Zeilen: 146) |