Skats

Datenschutzerklärung Letzten 7 Tage (Beiträge) Stichworte Fussball Tippspiel Sakniff Impressum
Zurück   Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben
Registrieren Hilfe Benutzerliste Kalender


 
 
26. January 2008, 14:05   #26
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
26. Januar 2003: Annemarie Schimmel stirbt in Bonn

"Ich habe mich als Kind schon sehr früh für den Orient interessiert", erinnert sich Annemarie Schimmel, die wohl bekannteste Islamwissenschaftlerin des 20. Jahrhunderts. In ihrer Kindheit und Jugend sei sie mit "nordischen Erzählungen" wie dem Nibelungenlied überfüttert worden. "Da war der Orient mir doch sehr viel sympathischer." Am 4. April 1922 im thüringischen Erfurt geboren, flieht sie vor dem aufkommenden Nationalsozialismus in die Welt einer anderen Kultur. Mit 15 Jahren beginnt Annemarie privat Arabisch zu lernen: "Nach der zweiten Woche war ich dem Arabischen und der islamischen Kultur vollkommen verfallen." Das hochbegabte und fleißige Mädchen macht mit 17 Jahren Abitur und promoviert mit 19 Jahren in Berlin - mitten im Zweiten Weltkrieg. Mit 23 Jahren habilitiert sie sich im Januar 1946 in Marburg.

Obwohl sie 1951 zusätzlich auch noch in Religionswissenschaft promoviert, erhält Annemarie Schimmel in Deutschland keine Stelle. An der Universität Bonn wird ihr gesagt: "Wenn Sie ein Mann wären, dann könnte aus Ihnen was werden in der Wissenschaft." Deshalb geht sie ins Ausland. Zunächst arbeitet sie in der Türkei - als erste nicht-muslimische Professorin an der Islamisch-Theologischen Fakultät in Ankara. Später lehrt sie 25 Jahre in den USA an der Universität Harvard, wo sie den gerade eingerichteten Lehrstuhl für Indo-muslimische Kultur übernimmt. Als Pionierin erschließt sie den indonesischen, indischen und pakistanischen Islam. Sie erforscht den gelebten Islam der Menschen vor Ort und arbeitet - anders als die meisten ihrer Kollegen - nicht ausschließlich vom Schreibtisch aus. Berühmt werden ihre Studien zur islamischen Mystik. Schimmels Übersetzungen aus dem Arabischen, Persischen, Türkischen, Urdu, Pashtu und Sindhi sind in Fachkreisen legendär. Sie schreibt über 100 Bücher, ihr Werk über die "Mystischen Dimensionen des Islam" wird zum Klassiker.

1995 wird die inzwischen 73 Jahre alte Wissenschaftlerin mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet: "als ein Zeichen für die Begegnung, nicht für die Konfrontation der Kulturen", wie es in der Begründung des Börsenvereins heißt. Doch ein Interview in den ARD-Tagesthemen löst einen Eklat aus. Schimmel distanziert sich zwar von islamistischem Terror und verurteilt Morddrohung gegen Salman Rushdie. Gleichzeitig bezeichnet sie aber dessen "Satanische Verse" als "eine sehr üble Art, Gefühle einer großen Menge von Gläubigen zu verletzen". Schimmel wird daraufhin vorgeworfen, sie verteidige die Fatwa, jenes islamische Rechtsgutachten von Ayatollah Khomeini, das Rushdies Roman als todeswürdiges Vergehen verurteilte. Sie relativiere die Menschenrechte und untergrabe das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Wissenschaftlerin beteuert, sie habe erklären, nicht entschuldigen wollen. Doch sie findet in der Tagespolitik nur schwer die richtigen Worte. "Sie dachte absolut nicht politisch", sagt ihr früherer Kollege und Freund Professor Stefan Wild, Islamwissenschaftler an der Uni Bonn. "Ihr Anliegen war die Vermittlung." Sie habe sich ein Leben lang als Brückenbauerin zwischen den Kulturen verstanden. Annemarie Schimmel stirbt am 26. Januar 2003 in Bonn.

Klick
 
28. January 2008, 08:47   #27
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
27. Januar 98: Trajan wird Kaiser von Rom

Marcus Ulpius Trajan, Statthalter von Germanien, befindet sich gerade im späteren Köln, als ihn am 27. Januar 98 die Boten aus Rom erreichen. Sie melden, dass Kaiser Nerva gestorben ist. Damit wird Trajan sein Nachfolger, denn der greise Nerva hat ihn im Jahr zuvor öffentlich adoptiert, um einen reibungslosen Machtwechsel sicherzustellen.

Trajan ist der erste Kaiser, der aus der Provinz stammt. Er ist in Spanien geboren. Ganz Heerführer, zieht er als Imperator nicht gleich nach Rom, sondern baut erst seine Gründung Colonia Ulpia Trajana aus, das spätere Xanten. Auch in seinen weiteren Regierungsjahren ist Trajan häufig als General unterwegs. In zwei Feldzügen unterwirft er die Daker im heutigen Rumänien. Bisher hatte Rom dem kriegerischen Volk sogar Tribut gezahlt, um sein Stillhalten zu erkaufen. Jetzt zwingt Trajan dem König Decebalus selbst Tribut auf. Aber das reicht dem Kaiser nicht. Im Jahr 103 zieht er wieder in die Region. Er lässt eine fast einen Kilometer lange steinerne Brücke über die Donau bauen, für tausend Jahre die längste der Welt. Er besiegt die Daker so brutal, dass Decebalus Selbstmord verübt und Dakien mit seinen reichen Gold- und Erzvorkommen römische Provinz wird.

Seinen Sieg lässt Trajan in Rom auf einer riesigen Säule darstellen: Ein 200 Meter langer, gewundener Fries erzählt mit 2.500 Figuren die Geschichte des Feldzuges. Oben auf der Säule steht der Imperator. Schon fast 60 Jahre alt, zieht er noch weiter fort und bekämpft die Parther im Osten. Trajan kann sie teilweise unterwerfen und das alte Mesopotamien bis zum persischen Golf für Rom gewinnen. Das römische Reich erhält so seine größte Ausdehnung: von Spanien bis zum Zweistromland und nach Arabien hinein, von England bis nach Nordafrika. Schon Trajans Nachfolger Hadrian wird die Parther nicht mehr kontrollieren können. Trajan stirbt auf dem Rückweg von seinem Feldzug im Jahr 117 in Kleinasien. Seine Asche wird am Fuß seiner Siegessäule in Rom beigesetzt.

Klick
 
28. January 2008, 08:50   #28
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
28. Januar 1873: Degussa AG wird in Frankfurt am Main gegründet

Mit dem Kaiserreich bekommt Deutschland eine einheitliche Währung - und der Frankfurter Münzbeamte Friedrich Ernst Roessler den Auftrag, die alten Gulden und Taler einzuschmelzen. Aus dem wieder gewonnenen Gold und Silber sollen die neuen Mark- und Pfennigstücke geprägt werden. Für Roessler ein Riesengeschäft. Seine 1843 aufgebaute Scheideanstalt wird am 28. Januar 1873 als Aktiengesellschaft "Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt" (Degussa) im Handelsregister von Frankfurt am Main eingetragen. Durch die Umwandlung in die AG verschafft sich Roessler das nötige Investitionskapital. Als der Auftrag 1879 erledigt ist, konzentriert sich die Degussa auf das von Sohn Heinrich Roessler entwickelte Glanzgold-Verfahren, das zur Verzierung von Glas und Porzellan eingesetzt wird. 1882 eröffnen die Roesslers in New York ein kleines Labor, wenige Jahre später sind sie die größten Chemikalien-Importeure in den USA.

Der Erste Weltkrieg bringt das Auslandsgeschäft der Degussa fast zum Erliegen. Mit dem Kriegseintritt der USA 1917 verliert der Konzern dort sämtliche Vermögenswerte. Vorstandsmitglied Fritz Roessler bedauert: "Wir hatten leider keine Betriebe, die in größerem Umfang zur Kriegsindustrie verwendbar waren." Das ändert sich im Zweiten Weltkrieg. Die Degussa liefert Cyanid für die Plexiglas-Kanzeln der Kampfflugzeuge, Gasmasken, Wasserstoffperoxid für den Antrieb von Torpedos, U-Booten und V-Raketen, Metalllegierungen für Propeller und Motorteile, Ruß für die Reifen der Wehrmachtsfahrzeuge. Große Mengen des Raubgoldes, das die Deutschen überall in Europa den Juden wegnehmen, gehen durch die Schmelzöfen der Degussa. Auch bei der Enteignung jüdischen Besitzes, der "Arisierung", beteiligt sich die Firma. Die Degussa und ihre Töchter beschäftigen tausende von Zwangsarbeitern. Sie mieten zusätzlich noch KZ-Häftlinge und Ghettobewohner von staatlichen Stellen. Die Degussa Tochter Degesch ("Deutsche Gesellschaft zur Schädlingsbekämpfung") liefert mehrere Tonnen des Blausäure-Gases "Zyklon B", mit dem in den Konzentrationslagern mehr als eine Millionen Menschen ermordet werden.

Nach Kriegende besteht die Degussa weiter, verliert allerdings wichtige Werke im Osten. Das Chemieunternehmen beteiligt sich einige Jahre an der Erforschung der Atomenergie. Doch es sind Produkte für die Konsumgüterindustrie, die den erneuten Erfolg bringen: Plexiglas, Düngemittel, Füllstoffe. 1986 trennt sich Degussa von der Degesch. Auch die Pharma-, Dental- und Edelmetallbereiche werden verkauft. Erst Mitte der 1990er Jahre beginnt die Degussa, ihre Rolle im "Dritten Reich" zu untersuchen. Der US-Historiker Peter Hayes bekommt den Auftrag, die Firmengeschichte zu durchleuchten. Sein 2004 veröffentlichter Bericht trägt den Untertitel: "Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft". Heute ist die einstige Scheideanstalt Teil des 2007 entstandenen Evonik-Konzerns und auf Spezialchemie ausgerichtet.

Klick
 
29. January 2008, 08:42   #29
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
29. Januar 1993: Tod des "Kom(m)ödchen"-Gründers Kay Lorentz

1976 sollen Kay und Lore Lorentz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden. Das Ehepaar lehnt "mit freundlich-dankbarer Entschiedenheit" ab. Man wolle "das Kreuz der Regierung nicht haben, sondern es sein", lässt man den Bundespräsidenten wissen. Diesen selbst erhobenen Anspruch löst Kay Lorentz fast 50 Jahre lang ein, mit einer Kabarettbühne, deren Bretter seine Welt sind, so lange er nicht selbst darauf stehen muss. Der Mann ist zurückhaltend bis zur Publikumsscheu; im Rampenlicht steht allein seine Frau Lore. Sie ist als scharfzüngige Interpretin das Herz des Düsseldorfer Kom(m)ödchens und er als Leiter, Autor und Regisseur der Kopf der Kleinkunstbühne.

Botschafter will der 1920 in Chemnitz geborene Lorentz eigentlich werden. Deshalb übersiedelt er 1936 nach Düsseldorf und studiert Arabisch und Japanisch. 1944 heiratet er seine Freundin Lore, geborene Schirmer; dann geht es vom Traualtar direkt ab an die Ostfront. Zurück aus dem Krieg allerdings "fehlt ihm der Glaube für eine deutsche Botschaft" (Lore Lorentz über ihren Mann). Ohne jede Theatererfahrung eröffnen die beiden 1947 in der Düsseldorfer Hunsrückenstraße das "Kom(m)ödchen - die kleine Literaten-, Maler- und Schauspielerbühne". Ihr erstes Programm "Positiv dagegen" ist ihre Standortbestimmung, nach der Devise: "Was man angreift, muss angreifbar sein - die Art, wie man es tut, unangreifbar." In den nächsten 25 Jahren erspielen sich Kay und Lore Lorentz begeisterte Anhänger, erbitterte Feinde und, quasi als Ritterschlag, Fernseh-Verbot in Bayern. Das "Kom(m)ödchen" wird eine Institution.

Die Kabarett-Krise in den 70er Jahren macht auch vor dem "Kom(m)ödchen" nicht Halt. Die große Zeit des politischen Ensemble-Kabaretts ist vorbei, aber die Düsseldorfer Kleinkunstbühne überlebt. Während Lore mit Soloprogrammen brilliert, stöbert Kay Lorentz überall mit feinem Riecher begabten Nachwuchs auf, dem er in seinem Haus väterliche Starthilfe gibt. Talente wie Eckhard Hachfeld, Thomas Freytag, Matthias Richling, Volker Pispers und auch ein schwäbischer Schlacks namens Harald Schmidt verdanken ihren Karrierestart dem Spöttervater Lorentz. Mitten in der Arbeit und wenige Wochen vor seinem 73. Geburtstag erliegt Kay Lorentz am 29. Januar 1993 den Folgen eines Schlaganfalls.

Klick
 
30. January 2008, 09:14   #30
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
30. Januar 1933: Adolf Hitler wird Reichskanzler

Berlin, 30. Januar 1933: Gegen zehn Uhr verlässt Adolf Hitler unter dem Jubel seiner Anhänger das Hotel Kaiserhof, steigt in einen Wagen und fährt zur Reichskanzlei. Um elf Uhr ernennt ihn Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler. Vizekanzler wird der konservative katholische Franz von Papen, Ex-Kanzler und Hindenburg-Vertrauter. Er hat mit Hitler die Details der neuen Regierung ausgehandelt. Die meisten Minister sind Konservative. Zusammen mit ihnen will von Papen Hitler "zähmen". Die NSDAP bekommt nur das Reichs-Innenministerium. Aber Hermann Göring wird Reichsminister ohne Geschäftsbereich und erhält mit dem "Reichskommissariat für das preußische Innenministerium" die Kontrolle über die preußische Polizei. Damit hat er die größte Polizeitruppe Deutschlands unter sich. Am selben Abend inszenieren die Nazis sich und ihren "Führer" - mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor und an der Reichskanzlei vorbei. Hitler steht am Fenster und schweigt.

Doch nicht nur die SA, Hitlers "Sturmabteilung", zieht vorbei. Auch der "Stahlhelm", der Kampfverband der Nationalkonservativen, marschiert mit - mit Hitlergruß. Was am 30. Januar 1933 geschehen ist, ist keine "Machtergreifung" oder "Machtübernahme", sagt der britische Historiker Ian Kershaw: "Es war eine Machtübergabe." Seit Hitler bei der Novemberwahl 1932 zwei Millionen Stimmen verloren hat, reicht seine Massenbasis für die Kanzlerschaft nicht mehr aus. "Die Nazis brauchten die Eliten, um an die Macht zu kommen", so Kershaw. Hindenburg habe Deutschland an Hitler ausgeliefert. "Die Konservativen unterstützten ohnehin mehr oder weniger das, was die Nazis selber wollten", sagt Kershaw: Abschaffung der Demokratie, Zerschlagung der Linken, Einführung der Diktatur.

Die Nazis nutzen die Chance. Sie bauen ihre Macht mit Propaganda und Terror aus. Beim letzten Wahlkampf der Weimarer Republik verspricht Hitler am 10. Februar 1933 im Berliner Sportpalast ein neues Deutsches Reich "der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. Amen!" Nach dem Reichstagsbrand Ende Februar werden die Grundrechte faktisch abgeschafft, Kommunisten und Sozialdemokraten verfolgt. Göring kündigt am 3. März 1933, zwei Tage vor der Wahl, unverhohlen Mord an: "Hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten, weiter nichts!" Obwohl die Wahl nicht mehr wirklich frei ist, bleibt die NSDAP mit 44 Prozent der Stimmen unter den Erwartungen. Zusammen mit der verbündeten Deutschen Volkspartei erreicht sie aber eine knappe Mehrheit. Um im neuen Reichstag sein Ermächtigungsgesetz durchzubringen, muss Hitler tricksen: Der Reichstag soll sich selbst entmachten. Hitler braucht dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Alle KPD-Abgeordneten sitzen bereits in den Folterkellern der SA oder sind untergetaucht. Ihre Sitze werden kurzum gestrichen. Die verbliebenen Parteien stimmen dafür - auch Katholiken und Liberale, unter ihnen der spätere Bundespräsident Theodor Heuss. Nur die 94 SPD-Abgeordneten halten weiter an der Demokratie fest. Vergeblich: Es folgen Aufrüstung, Krieg und Völkermord.

Klick
 
31. January 2008, 09:17   #31
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
31. Januar 1938: Königin Beatrix der Niederlande wird geboren

Ihr Geburtstag wird im Frühling gefeiert, obwohl sie im Winter auf die Welt kam: Die niederländische Königin Beatrix wird traditionell am 30. April geehrt. Am "Koninginnedag" besuchen die Monarchin und ihr Hofstaat Jahr für Jahr zwei ausgewählte Gemeinden, die zu Ehren ihrer Majestät ein großes Volksfest organisieren. Dabei ist der 30. April gar nicht Beatrix' Geburtstag, sondern der ihrer 2004 verstorbenen Mutter Juliana. Tochter Beatrix hat aus Respekt vor ihrer Vorgängerin diesen Festtag beibehalten, als sie 1980 den Thron übernahm. Tatsächlich ist Beatrix Wilhelmina Armgard von Oranien-Nassau und von Lippe-Biesterfeld am 31. Januar 1938 geboren.

Als erste von insgesamt vier Töchtern der damaligen Kronprinzessin Juliana und ihres deutschen Ehemannes Bernhard zur Lippe-Biesterfeld wächst Beatrix bis Mai 1940 in den Niederlanden auf. Dann flieht die Familie vor den Nazis nach England. Von dort geht Juliana mit ihren Kindern nach Kanada. Nach dem Zweiten Weltkrieg besucht Beatrix in den Niederlanden öffentliche Schulen und studiert Soziologie und Jura an der Universität von Leiden. Wegen ihrer unbekümmerten Art nennen sie die Niederländer "princes glimlach", die lächelnde Prinzessin. 1964 lernt sie auf einem Polterabend im Taunus einen jungen Adligen kennen. Bereits im Sommer darauf kündigt Königin Juliana im niederländischen Fernsehen die Verlobung der Thronfolgerin mit dem Diplomaten Claus von Amsberg an. Dieser hat für manche Niederländer allerdings einen Makel: Er ist Deutscher. Die Hochzeit wird von Protesten und Krawallen begleitet. Doch Prinz Claus wird rasch zu einem der beliebtesten Mitglieder des Königshauses.

Als Juliana an ihrem 71. Geburtstag als Königin abdankt, präsentiert sie am 30. April 1980 auf dem Balkon des Amsterdamer Palastes ihre älteste Tochter als Nachfolgerin. Mit Beatrix kehren Disziplin und Ordnung an den Hof zurück - nach der turbulenten Ära Juliana, mit Gerüchten über deren Zurechnungsfähigkeit und einer Schmiergeldaffäre von Prinz Bernhard. Beatrix gilt als Workaholic. Sie ist laut Verfassung Mitglied der Regierung und trifft sich montags mit dem Ministerpräsidenten. "Ich repräsentiere etwas, das Respekt verdient", sagt Königin Beatrix. "Deshalb versuche ich stets, die Würde des Amtes hoch zu halten." Das sei anstrengend und belastend: "Du musst dir ein Stück deines Privatlebens bewahren, wenn du ein Amt wie dieses solange innehaben willst. Du kannst es nie ablegen." Wann Königin Beatrix zu Gunsten ihres Sohnes Willem-Alexander abdanken wird, hat sie bisher nicht verraten.

Klick
 
1. February 2008, 14:03   #32
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
01. Februar 2003: Die US-Raumfähre Columbia verglüht

1. Februar 2003: Die Besatzung der Raumfähre Columbia soll nach gut zwei Wochen im All zur Erde zurückkehren. Die sieben Astronauten werden vom Kontrollzentrum in Houston mit Dudelsack-Klängen und der Hymne "Scotland the brave" geweckt. Die zwei Frauen und fünf Männer nehmen ihre Positionen ein und bereiten sich für den Lande-Anflug vor. Das Ziel: Cape Canaveral in Florida. Zunächst verläuft alles normal. Die Bremsraketen zünden. Das Space Shuttle wird langsamer und beginnt mit dem Sinkflug. Über Texas tritt die Columbia in die Erd-Atmosphäre ein. Die Temperatur an der Außenhülle beträgt nun rund 1.600 Grad Celsius. Zunächst zeigen einige Wärme-Sensoren erhöhte Werte in der linken Tragfläche an, dann fallen sie aus. Plötzlich bricht der Funkkontakt ab und die Raumfähre explodiert. Alle Astronauten sterben. Mehr als 80.000 glühende Einzelteile der Columbia prasseln auf die Erde - verstreut in sechs Bundesstaaten von Kalifornien bis nach Louisiana.

Eine Expertenkommission untersucht sieben Monate lang die Ursache der Katastrophe. Das Ergebnis: Bereits 81 Sekunden nach dem Start ist das Schicksal der Crew besiegelt. Denn vom Außentank löst sich ein Stück Schaumstoff, trifft auf die Vorderkante der linken Tragfläche und reißt ein Loch. Durch diese Stelle gelangt beim Rückflug die Hitze in den Flügel, der zu schmelzen beginnt. Techniker der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa bemerken zwar die Beschädigung, doch ihre Warnungen werden ignoriert. Aber auch wenn das Problem richtig eingeschätzt worden wäre, hätte die Nasa nichts tun können: Bis zur rettenden Internationalen Raumstation hätte es die Columbia nicht geschafft. Sie hat zuwenig Treibstoff dabei. Außerdem fehlt die Andock-Vorrichtung. Auch eine Reparatur der Hitzekacheln im All ist unmöglich: Das Werkzeug ist nicht an Bord. Die einzige Chance wäre eine SOS-Kapsel gewesen, mit der sich die Besatzung beim Eintritt in die Atmosphäre hätte retten können. Auch diese fehlt - weil sie zu teuer ist.

Das Verglühen der Columbia ist das zweite große Nasa-Unglück. 1986 ist die Raumfähre Challenger wenige Sekunden nach dem Start explodiert. Von den ursprünglich fünf Raumfähren sind noch drei übrig: Die Endeavour, die Atlantis und die Discovery. US-Präsident George W. Bush kündigt an, dass sie 2010 ausgemustert werden - nach fast 30 Jahren Shuttle-Flügen. Als erstes wieder verwendbares Raumschiff hat 1981 die Columbia ihren Jungfernflug absolviert. Dennoch wird die bemannte Raumfahrt nicht gestoppt. Knapp ein Jahr nach dem Unglück gibt Bush bekannt: Weiterbau der internationalen Raumstation bis 2010, zurück zum Mond bis 2020, von da aus weiter Richtung Mars.

Klick
 
2. February 2008, 11:29   #33
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
02. Februar 1848: Der Frieden von Guadelupe Hidalgo

Seit seiner Gründung 1776 ist "God's own country", Gottes eigenes Land, rasant gewachsen. Anfang der 1840er Jahre hat sich das Territorium der Vereinigten Staaten von Amerika bereits verdoppelt. Der Publizist John L. O'Sullivan bringt 1845 die herrschende Staats-Doktrin auf den Punkt: "Es ist die schicksalhafte Bestimmung der Amerikaner, sich über den Kontinent auszubreiten, den uns die Vorsehung für die freie Entwicklung unserer Jahr für Jahr sich vermehrenden Millionen zugewiesen hat." Nach der Eroberung des Westens und dem soeben erfolgten Unionsbeitritt von Texas wirft US-Präsident James Polk nun im Süden begehrliche Blicke auf die fruchtbaren und an Bodenschätzen reichen Gebiete Nord-Mexikos.

Als mexikanische Soldaten die von den USA beanspruchte Region am Rio Grande gegen die Truppen von General Zachary Taylor verteidigen, erklärt Präsident Polk am 13. Mai 1846 den Krieg. Die Erfolgsaussichten sind günstig. Zum einen siedeln in den umstrittenen Territorien inzwischen dreimal so viele Nordamerikaner wie Mexikaner. Zum anderen hat der mittelamerikanische Nachbar kaum die Reserven für eine dauerhafte Gegenwehr. In den vergangenen 25 Jahren hat Mexiko zunächst die Rückeroberungsversuche der Spanier abgewehrt, dann eine französische Blockade überstanden und schließlich den verlustreichen Kampf um Texas verloren. Zudem ächzen die Mexikaner unter der Knute des ebenso korrupten wie skrupellosen Diktators Antonio López de Santa Anna, der das Land in heftige interne Auseinandersetzungen um seine Staatsform verwickelt.

In den Vereinigten Staaten ist der Krieg keineswegs unumstritten. Ein junger Abgeordneter aus Illinois namens Abraham Lincoln bestreitet vehement die Rechtmäßigkeit der von Präsident Polk erhobenen Gebietsansprüche. Das Repräsentantenhaus verabschiedet sogar eine Resolution gegen den "unnötigen und nicht verfassungsgemäßen Krieg". Das bittere Ende des Feldzugs, der 13.000 US-Amerikaner und 25.000 Mexikaner das Leben kostet, kommt im September 1847 mit der Einnahme von Mexiko-Stadt durch General Winfield Scott. Das Abkommen von Guadelupe Hidalgo, mit dem der amerikanisch-mexikanische Krieg am 2. Februar 1848 beendet wird, bewertet die Kölner Lateinamerika-Historikerin Barbara Potthast als "einen der härtesten Friedensverträge, den je eine Siegermacht abgeschlossen hat". Mexiko erhält zwar eine Entschädigung von 15 Millionen Dollar, verliert dafür aber die Hälfte seines Staatsgebietes. Kalifornien, Nevada, Utah, New Mexico, Colorado, Wyoming und Teile Arizonas gehören nun zu den USA.

Klick
 
3. February 2008, 09:50   #34
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
03. Februar 1898: Geburtstag des Architekten Alvar Aalto

Im Frühjahr 1918 tobt in Finnland der Bürgerkrieg zwischen roten Bolschewisten und weißen, bürgerlichen Kräften. Auf Seiten der Weißen kämpft und siegt ein 19-jähriger Architekturstudent. In den nächsten Jahren wird er das Gesicht des neuen unabhängigen Finnland durch eine Vielzahl von Bauten entscheidend mitprägen. Überall entstehen neue Rathäuser, Bürogebäude, Wohnviertel und Universitäten. Die des jungen Star-Architekten Alvar Aalto erregen Aufsehen. Mit seinen scheinbar so leichtgewichtigen, klar den Gesetzen der Moderne gehorchenden Entwürfen, avanciert der am 2. Februar 1898 geborene Sohn eines Landvermessers zum internationalen Aushängeschild des jungen finnischen Staates.

Sein eigener Name ist sein Programm. Aalto heißt im Finnischen "Welle" und die wogt wie eine Signatur durch sein gesamtes Werk. Mitte der 30er Jahre lehnt ein gereifterer Aalto den strengen Funktionalismus eines Le Corbusier zunehmend ab und entwickelt eine fließendere, dem Menschen zugewandtere Architektur. Stark von der Ausstrahlung seiner finnischen Heimat geprägt, bevorzugt Aalto statt Beton nun warme Materialien wie Holz und Ziegel. "Architektur ist keine Dekoration, sondern eine biologische, ja mehr noch eine moralische Angelegenheit", schreibt er in seinem Buch "Das Gewissen des Architekten". Als einer der letzten Großen seines Fachs begreift sich Aalto noch als Allround-Gestalter. Er entwirft Villen und Fabriken, Möbel und Vasen, ebenso wie Stühle und Türklinken.

Anfang der 50er Jahre, nach einer durch den Tod seiner Frau Aino ausgelösten Krise, wird Alvar Aalto mit Aufträgen aus aller Welt förmlich überschüttet. Vor allem in Deutschland realisiert der ebenso charismatische wie trinkfreudige Finne zahlreiche Wohngebäude, Kulturzentren und Kirchen. 1959 gewinnt Aalto mit einem Aufsehen erregenden Entwurf den Wettbewerb für das neue Opernhaus in Essen. Dessen Verwirklichung allerdings darf er nicht mehr erleben. Für beinahe 25 Jahre lassen Essens Stadtväter den zuvor einstimmig beschlossenen, preisgekrönten Entwurf in der Schublade verschwinden. Erst 1983, sieben Jahre nach Alvar Aaltos Tod im Mai 1976, erfolgt in Essen der erste Spatenstich. Bei der Eröffnung des Aalto Theaters 1988 sind nicht nur Essens Bürger begeistert. Auch die internationale Architekturszene sieht in dem asymmetrisch geschwungenen, schneeweißen Bau die künstlerische Quintessenz von Alvar Aaltos Denken und Fühlen. Bis heute gilt das Essener Haus als schönstes Theatergebäude Deutschlands.

Klick
 
5. February 2008, 08:33   #35
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
04. Februar 1928: "Lady Chatterleys Liebhaber" erscheint

Sir Clifford Chatterley ist verzweifelt. Aus dem Krieg ist der Waldbesitzer gelähmt zurückgekehrt. Nun fürchtet er, seiner jungen Gattin keine sexuellen Freuden mehr bereiten zu können. "Sollte es je einen Mann geben, den du unbedingt haben willst, um mit ihm zu schlafen, dann tu es", sagt er zu seiner Frau. Dabei hat Mister Chatterley natürlich eher an eine standesgemäße Affäre in seinen Kreisen gedacht. In "Lady Chatterleys Liebhaber", dem Roman von D.H. Lawrence, aber vergnügt sich Lady Chatterley mit einem ungezügelten Wildhüter, dem sie verfällt: "Einen Augenblick war er ruhig in ihr, geschwellt und bebend", heißt es im Roman. "Dann, als er begann, sich zu bewegen, wellten neue, seltsame Schauer in ihr auf, wie flatterndes Übereinanderzüngeln sanfter Flammen, herrlich, süß, und alles in ihr schmolz, zerfloss."

Lawrence wird 1885 in Eastwood bei Nottingham geboren und wächst als Sohn eines ungelernten Grubenarbeiters und seiner belesenen Frau in puritanischen Verhältnissen auf. Die Mutter lehnt den rohen Vater ab und legt all ihre Liebe in die Beziehung zum Sohn. Lawrence selbst gilt als zartes und sensibles, eher schwächliches Kind, das lieber mit Mädchen als mit Jungen spielt. Zeit seines Lebens wird sein Körper gegen eine Tuberkulose ankämpfen müssen. Seinen Beruf als Lehrer muss er wegen der Krankheit schnell wieder aufgeben. 1912 verliebt sich Lawrence in Frieda von Richthofen, die Nichte des deutschen Jagdfliegers Manfred von Richthofen, die Mann und Kinder wegen ihm verlässt. Mit ihr vagabundiert der Dichter durch die Welt.

"Lady Chatterleys Liebhaber" schreibt Lawrence zwei Jahre vor seinem Tod. Am 4. Februar 1928 kommt das Buch auf den Markt. Wegen der detaillierten Beschreibungen, die den Geschlechtsakt als Lustgewinn preisen, wird der Roman zum Skandal - und bleibt es über 50 Jahre. Bis 1960 darf das Buch in Großbritannien nicht ausgeliefert werden. Vor allem die Frauenbewegung kritisiert den Roman wegen der Unterwerfung der Frau unter den Mann, die aus der weiblichen Perspektive geschildert wird: "Die Sonne schoss einen hellen Strahl durchs niedrige Fenster und traf seine Schenkel und seinen schlanken Bauch und den aufgerichteten Phallus, der sich dunkel und heiß aus einer kleinen Wolke lebhaften goldenen Haares erhob", steht da zu lesen. "'So stolz', murmelte sie ängstlich, 'und so gebieterisch. Jetzt weiß ich, warum Männer so anmaßend sind. Aber er ist herrlich, wirklich!'". D. H. Lawrence stirbt 1930 im französischen Vence.

Kick
 
5. February 2008, 08:37   #36
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
05. Februar 2003: Manfred von Brauchitsch stirbt in Gräfenwarth

"Vier Runden vor Schluss sehe ich - wie man das immer macht als routinierter Fahrer - mal nach rechts, mal nach links auf die Hinterräder", erinnert sich Manfred von Brauchitsch an den Großen Preis 1935 auf dem Nürburgring. "Ich seh da lauter weiße Punkte!" Das bedeutet: Der Gummibelag ist abgefahren, die Leinwand schimmert durch. Doch von Brauchitsch fährt weiter, er führt vor Tazio Nuvolari. "Plötzlich haut's mir doch mit einem Riesenknall den linken Hinterreifen um die Ohren", erzählt von Brauchitsch. Dennoch gibt er das Rennen nicht auf. Auch als der zweite Hinterreifen platzt, hält er seinen Mercedes "W 25", einen so genannten Silberpfeil, auf blanken Felgen auf der Piste. "Ich kam dann doch immerhin noch als Fünfter ins Ziel."

Manfred von Brauchitsch, der als Draufgänger gilt, wird am 15. August 1905 in Hamburg geboren. Die Familie hat für ihn eine Militär-Laufbahn vorgesehen: Sein Vater ist Oberst, ein Groß- und ein Urgroßvater waren Generäle der kaiserlichen Armee. Nach dem Abitur tritt Manfred in die Reichswehr ein. Doch nach einem schweren Motorrad-Unfall muss er 1928 den Dienst quittieren. Ein Jahr später macht er den Auto-Führerschein, startet beim Gaisberg-Rennen in Salzburg - und gewinnt. 1932 schafft von Brauchitsch auf der Avus in Berlin den Durchbruch: Er gewinnt in einem Mercedes vor dem Alfa-Romeo-Fahrer Rudolf Caracciola, dem Michael Schumacher von damals. Der Sieg öffnet Türen: Von 1933 bis 1939 ist von Brauchitsch Mercedes-Werksfahrer. Beim Eifelrennen 1934 holt er den ersten Sieg mit einem "Silberpfeil" - zur Freude von Adolf Hitler, der den Rennsport mit Staatsgeldern unterstützt. Von Brauchitsch ist dankbar: "Mein Führer", ruft er bei der Eröffnung der Automobil-Ausstellung 1936 in Berlin, "wir geloben Ihnen, alles daranzusetzen, um wieder die stolzen Fahnen des Dritten Reiches auf den Rennbahnen Europas als Siegeszeichen sehen zu lassen." Von Brauchitsch wird Sturmführer im NS-Kraftfahrer-Korps, später Panzerbeauftragter im Rüstungsministerium Albert Speers.

Nach dem Zweiten Weltkrieg vollzieht von Brauchitsch eine politische Kehrtwende: Er unterzeichnet einen SED-Aufruf "gegen eine Remilitarisierung Deutschlands" und wird 1951 Mitorganisator der kommunistischen Weltjugendspiele. Sein Buch "Kampf um Meter und Sekunden" erscheint in einem Ost-Berliner Verlag. Das Honorar dafür lässt DDR-Staatschef Walter Ulbricht in Westwährung auszahlen. Von Brauchitsch, der in Starnberg lebt, gerät unter Druck der westlichen Justiz: Zweimal wird er wegen des Verdachts auf Hochverrat festgenommen. 1955 setzt er sich in die DDR ab: "Ich wollte mich nicht ein drittes Mal einsperren lassen, weil ich für die Einheit meines Vaterlands war", sagt er später. Er sei immer Patriot gewesen, auch in den 30er Jahren als hoher DDR-Sportfunktionär. Manfred von Brauchitsch stirbt am 5. Februar 2003 im thüringischen Gräfenwarth.

Klick
 
6. February 2008, 09:06   #37
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
06. Februar 1998: Johann Hölzel alias Falco stirbt bei Puerto Plata

Von DDR-Skispringer Falko Weißpflog klaut er den Vornamen, von David Bowies Kunstfigur "Ziggy Stardust" die Idee, sich ein Alter Ego zuzulegen: 1977 gibt sich der österreichische Musiker Johann Hölzel das Pseudonym Falco. Er gelt sich die Haare zurück, zieht die Augenbraue hoch, grinst zähnefletschend: "Ich möchte nie, dass die Leute sagen, who's that? Ich möchte immer, dass sie sagen, was tut er, was macht er, aha interessant, Skandal, Schlagzeile." Falcos Image sitzt perfekt: "Die Überheblichkeit und Arroganz der Figur Falco war genau das zeitgeistige Element", sagt Musikvideo-Produzent Hannes Rossacher, der mit Falco gearbeitet hat.

Geboren wird Johann "Hansi" Hölzel am 19. Februar 1957 in Wien. Zum vierten Geburtstag bekommt er einen Stutzflügel und Klavierunterricht. Bald spielt er die gängigen Schlager nach Gehör. Als der Vater die Familie verlässt, wächst Hansi bei seiner Mutter und Großmutter auf. Mit 16 Jahren bricht er die Schule ab, beginnt eine Lehre an, widmet sich dann aber ausschließlich der Musik. Er spielt bei verschiedenen Bands und studiert kurze Zeit am Wiener Konservatorium. Mit der Kommerz-Coverband "Spinning Wheel" verdient er sich durch Auftritte in Kitzbühler Tanzlokalen seinen Unterhalt. Bei den Anarcho-Combos "Hallucination Company" und "Drahdiwaberl" lebt er das Motto "Sex, Drugs and Rock'n Roll" aus. Mit drei Akkorden und einer Liedzeile wird er in der Wiener Szene Kult: "Ganz Wien - ist heut auf Heroin".

1981 schafft er mit "Der Kommissar" den internationalen Durchbruch, die Single verkauft sich weltweit sieben Millionen Mal. Mit "Rock Me Amadeus" steht er 1986 wochenlang an der Spitze der US-Hitparade. Im gleichen Jahr sorgt der Song "Jeanny" für einen Skandal. Falco präsentiert sich im Videoclip als psychotischer Mädchen-Mörder in Zwangsjacke. Mehrere Rundfunkanstalten boykottieren das Lied. Einer Indexierung bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften entgeht "Jeanny" nur knapp. Die Single wird 2,5 Millionen Mal verkauft. Doch der Erfolg bekommt Falco nicht: Er hat Angst, keinen weiteren Hit produzieren zu können und greift zu Alkohol und Drogen. Zeitlebens sucht er nach ein bisschen Familienglück. Er ist tief verletzt, als er 1993 erfährt, dass seine Tochter Katharina nicht von ihm ist - ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. Um dem Druck zu entgehen zieht Hölzel 1995 in die Dominikanische Republik. Dort will er sein Comeback vorbereiten, doch dazu kommt es nicht. Am 6. Februar 1998 stirbt er bei einem Autounfall in der Nähe von Puerto Plata. In der Musikanlage seines schrottreifen Jeeps findet man angeblich jenen neuen Song, der Spekulationen über einen möglichen Selbstmord nährt: "Out of the Dark - Into the light". Da ist Lied ist allerdings bereits zwei Jahre zuvor produziert worden.

Klick
 
7. February 2008, 09:42   #38
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
07. Februar 1478: Thomas More in London geboren

Die Bewohner der eigenartigen Insel haben alles gemeinsam: Es gibt kein Eigentum, sondern eine perfekte Zuteilung nach Bedürfnissen. Deshalb spielt Geld hier keine Rolle. Aus Gold und Silber werden Nachttöpfe hergestellt. Und so wie den Reichtum, verabscheuen die Insulaner auch den Krieg. Auf eine solche Insel des Friedens möchte wohl mancher auswandern. Doch leider gibt ihr der Mann, der sie beschreibt, einen ernüchternden Namen: Sie heißt "Utopia", also: "Nicht-Ort".

Für den Autor der ersten "Utopie" der Neuzeit ist der Ort seiner Geburt und seines Wirkens klar: London. Dafür sind sich die Quellen über seinen Geburtstag uneins: Thomas More ist am 6. oder 7. Februar geboren, im Jahr 1477 oder 1478. Sein Vater ist Jurist, und das soll auch der Sohn werden. Der fügt sich, obwohl seine Neigung zu Theologie und Philosophie geht. Als Gast lebt er längere Zeit mit den strengen Kartäuser-Mönchen zusammen, um diese Berufung für sich dann doch zu verwerfen. Die Entscheidung begründet er auf eine für ihn typische humorvolle Art: "Ich will lieber ein keuscher Ehegatte sein als ein unkeuscher Mönch." Thomas More heiratet und zeugt vier Kinder. Sein großes Haus gestaltet er als kleines Utopia: Er hält hier exotische Tiere, er beschäftigt einen Hofnarren. Seine Kinder - und zwar auch die Mädchen - erhalten eine umfassende humanistische Ausbildung.

More gelingt es, Philosophie und juristische Karriere unter einen Hut zu bringen. Als gelehrter Humanist nennt er sich Thomas Morus, ist der Freund des berühmten Erasmus von Rotterdam, übersetzt antike Literatur, schreibt eigene lateinische Werke - so 1516 den berühmten Bericht über die fiktive Insel "Utopia". Als Jurist wird er Abgeordneter im Unterhaus und Berater am Königshof. Weil er die unsoziale Steuerpolitik Heinrich VII. kritisiert, fällt er jedoch in Ungnade. Unter dessen Nachfolger Heinrich VIII. kommt More dann ganz nach oben: Er reist als Diplomat nach Flandern und wird schließlich Lordkanzler des Königs. Über das dünne Eis, auf dem er als Diener dieses Königs wandelt, macht sich More allerdings keine Illusionen: "Wenn mein Kopf ihm ein Schloss in Flandern gewinnen könnte, würde er unfehlbar fallen".

Am Ende ist es kein Schloss, sondern eine Frau des Königs, die Thomas More den Kopf kostet. Heinrich VIII. will seine Geliebte Anna Boleyn heiraten, aber der Papst verweigert die Scheidung von seiner Frau Katharina. Daraufhin ruft Heinrich kurzerhand die englische Nationalkirche aus mit dem König als Oberhaupt. More soll wie alle Beamten und Geistlichen einen Eid auf die neue Königs-Kirche schwören. Der Lordkanzler weigert sich, legt sein Amt nieder, zieht sich aus der Politik zurück. Aber Heinrich akzeptiert keine Gewissensentscheidung. Er lässt Thomas More im Tower inhaftieren und inszeniert einen politischen Prozess. More wird wegen Hochverrats verurteilt und am 6. Juli 1535 enthauptet.

Klick
 
8. February 2008, 08:21   #39
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
08. Februar 1828: Jules Verne in Nantes geboren

Im Januar 1863 macht ein Abenteuerroman einen bisher erfolglosen Autor praktisch über Nacht berühmt: "Fünf Wochen im Ballon" erzählt von einer Expedition quer über Afrika hinweg. Das liegt am Puls der Zeit: Die Suche nach den Nilquellen kennen die Leser ebenso aus der Zeitung wie die Entwicklung neuer riesiger Gasballons. Aber Wissenschaft und Technik zu spannenden erfundenen Handlungen zu verarbeiten - das ist neu und wird zum Markenzeichen von Jules Verne.

Verne wird am 8. Februar 1828 in Nantes geboren. Sein Vater ist ein erfolgreicher Jurist. Ihm gehorsam absolviert auch Jules lustlos eine Jurastudium, versucht sich jedoch gleichzeitig in Paris erfolglos als Theaterschriftsteller. Später arbeitet er als Börsenmakler und heiratet Honorine Morel, die mit 28 Jahren schon Mutter zweier Kinder und Witwe ist. Verne ist kein Familienmensch. Er flüchtet in Reisen nach Skandinavien und in seine neue Leidenschaft: wissenschaftlich fundierte und zugleich phantastische Romane.

Die Idee wird zum Erfolgsrezept, von Vernes Verleger Pierre-Jules Hetzel konsequent vermarktet. Publikumsgeschmack und Zensur immer im Blick, leitet Hetzel Vernes Produktion. So entstehen Abenteuerreisen zum Mond und zum Mittelpunkt der Erde, aber auch schillernde Gestalten wie Kapitän Nemo "20.000 Meilen unter den Meeren". Jules Verne verarbeitet nicht nur den technischen Fortschritt, sondern auch das eigene Leben in Romanen. Als er seinen schwer zu erziehenden Sohn Michel als Offiziersanwärter zu einer Reise nach Indien zwingt, schreibt er ein Buch über einen idealen Jungen, der eine ganze Familie nach einem Schiffbruch rettet: "Ein Kapitän von 15 Jahren."

So technikverliebt Vernes Phantasie wirkt, so wenig fortschrittsgläubig ist der Schriftsteller im Grunde. Sein einziger Zukunftsroman handelt von "Paris im 20. Jahrhundert". Hier schildert Verne eine Welt voll technischer Errungenschaften, die aber Kunst und Kultur verachtet und sensiblen Menschen deshalb keine Chance bietet. Verleger Herzel lehnt das Buch jedoch ab. Sein Pessimismus würde den Ruf des Autors zerstören, meint er. Nach Vernes Tod im Jahr 1905 verschwindet das Manuskript in einem Banksafe und wird erst 1994 veröffentlicht.

Klick
 
9. February 2008, 11:58   #40
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
09. Februar 1948: Todestag des Komikers Karl Valentin

Auf der Straße wird Liesl Karlstadt im Februar 1948 immer wieder angesprochen. "Ja, Frau Karlstadt, das muss Ihnen doch furchtbar sein, dass der Karl Valentin nicht mehr lebt", stellen die Passanten fest. "Da sag ich: 'Ich bin froh für ihn, dass er das nicht mehr mitmachen muss, was man mitmachen muss'", entgegnet die einstige Partnerin von Münchens berühmtestem Komiker humorlos und zieht von dannen. Das Leben macht ihr - wie vorher bereits Valentin - längst keine Freude mehr.

Valentin wird 1882 in München geboren. "Als ich die Hebamme sah, war ich sprachlos", wird er später sagen. "Ich hatte diese Frau in meinem ganzen Leben noch nie gesehen!" Überhaupt gibt der hagere Valentin in seinen besten Sketchen, die Dichtung und Wahrheit gekonnt vermischen, immer wieder sein eigenes Leben der Lächerlichkeit preis. Als Kind sei er so blass gewesen, dass seine Mutter eine Schneebrille habe tragen müssen, um ihn zu erkennen. Eine Schreinerlehre hängt er nach eigener Aussage an jenen Nagel, den er kurz zuvor mit dem Hammer in seiner Eigenschaft als Schreinerlehrling in die Wand geschlagen hat. Für solche Geschichten liebt ihn sein Publikum, das er auf den Münchner Wirtshausbühnen mit anarchischem Sprachwitz unterhält: zunächst alleine, ab 1911 dann zusammen mit Liesl Karlstadt, die über 27 Jahre lang auch im Leben Partnerin und Stütze ist. Der gut gebauten Pointe ordnet er alles unter. Als er 1931 ein eigenes Theater eröffnet, muss es schnell wieder geschlossen werden: Entgegen der Weisung der Feuerwehr hatte er auf einer brennenden Zigarette in einem Sketch bestanden.

Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers wird Valentins Humor düster. Vom Leben ist der Komiker zu Tode betrübt. Das Publikum möchte aber weiter Späße und bleibt fern, Auftritte werden abgesagt. "Das dritte Reich", wird er verbittert notieren, habe ihn "in den letzten Jahren nur mehr pro Monat 100 Mark verdienen lassen." Nach dem Krieg wird das nicht besser. Im Oktober 1945 schreibt Valentin dem Oberbürgermeister von München einen Brief. "Was ist mit mir?", heißt es darin. "Bin ich vergessen?" Längst muss Valentin als Scherenschleifer sein Geld verdienen. Am 9. Februar 1948 - einem Rosenmontag - stirbt er in Planegg bei München an einer Lungenentzündung.

Klick
 
11. February 2008, 10:38   #41
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
10. Februar 1258: Die Mongolen erobern Bagdad

Die Glanzzeit der Abbasiden - wie etwa des legendären Harun al-Rashid aus 1001er Nacht - liegt im 13. Jahrhundert schon lange zurück. Der einst mächtige Kalif von Bagdad ist nur noch ein regionaler Potentat im heutigen Irak. Dennoch ist Bagdad immer noch ein Zentrum von Kunst, Wissenschaft und Literatur. Dem machen erst Eroberer aus dem Osten ein Ende. Dort hat Dschingis Khan ein Großreich der mongolischen Stämme gegründet, das seine Nachfolger immer weiter nach Westen ausdehnen. Die Mongolen überrennen Städte und Staaten reihenweise. Meist lassen sie den Herrschern die Wahl, sich ihnen anzuschließen oder blutig vernichtet zu werden.

Als das Heer des Mongolen-Generals Hülägü im Februar 1258 Bagdad einkreist, hat die Stadt keine Chance. Der arabische Geschichtsschreiber Ibn Kathir berichtet, 200.000 Mongolen hätten nur 10.000 Reiter der Abbasiden gegenüber gestanden. Die Truppen Hülägüs erstürmen die Stadt. "Sie töteten wahllos Männer, Frauen, Kinder, Alte", schreibt Ibn Kathir: "Viele Bewohner stiegen in Brunnen, Latrinen und Abwasserkanäle und versteckten sich dort viele Tage." Auch der letzte Kalif al-Mutassim kommt ums Leben. Verwandte von ihm fliehen nach Kairo, wo eine Seitenlinie der Kalifen unter der Herrschaft der Mamelucken noch Jahrhunderte lebt. Bagdad wird zur Ruinenstadt und kann sich von dem Schlag nicht mehr erholen.

Kurz nach seinem Sieg muss Hülägü in die Mongolei zurück, weil es Streit um die Nachfolge des Großkhans gibt. Die zurückgebliebenen Besatzungstruppen werden 1260 durch islamische Kräfte aus Syrien besiegt. Hülägü hatte den christlichen Kreuzfahrerstaaten ein Bündnis gegen den Islam angeboten. Doch die Kreuzritter halten sich neutral. Deshalb können die Mongolen nicht weiter vordringen. Aber das Reich des Großkhans ist auch so riesig: Von China bis zur Donau reicht nun eine "Pax Mongolica", die einen regen Handel über die Seidenstraße aufblühen lässt. Seide, Porzellan und Gewürze gelangen nach Europa, aber auch die Pest.

Nach dem Fall von Bagdad verändert sich allmählich die Gesellschaft Vorderasiens. Bald nehmen die zuvor schamanistischen Mongolen selbst den Islam an. Steppenvölker aus Zentralasien wandern unter ihrem Schutz ungehindert nach Westen. So wird die heutige Türkei, bis dahin noch überwiegend von christlichen (griechischen und armenischen) Bauern bewohnt, zunehmend das Land islamischer Hirten-Nomaden. Aus ihnen entsteht später die Herrschaft der Osmanen.

Klick
 
11. February 2008, 10:40   #42
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
11. Februar 1998: Tod des Krebsarztes Josef Issels

Der Angeklagte Dr. Josef Issels ist den Deutschen Anfang der 60er Jahre bestens bekannt. Die Boulevardpresse schildert ihn als dubiosen Krebs-Arzt, der das Leben seiner Patienten gefährdet, während er ihnen mit faulen Versprechen das Geld aus der Tasche zieht. 1961, nach neun Monaten U-Haft, wird der Chefarzt und Inhaber der Ringberg-Klinik in Rottach-Egern tatsächlich wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Das Landgericht München kassiert jedoch das Urteil und lässt erneut gegen Issels verhandeln. Insgesamt 32 Sachverständige - Experten der Schulmedizin und Vertreter der so genannten Ganzheitstherapie - liefern sich in dem Prozess hitzige Gefechte um Issels These, Krebs sei als chronisches Leiden des gesamten Organismus anzusehen. Issels hat den Menschen deshalb immer als Ganzes im Blick und behandelt nicht nur das befallene Organ. Nach mehreren Wochen Prozessdauer wird der umstrittene Arzt in allen Punkten freigesprochen und völlig rehabilitiert.

Die ersten Krebspatienten behandelt Josef Issels, Jahrgang 1907, bereits 1948 in seiner Geburtsstadt Mönchengladbach. Als praktischer Arzt beginnt er, seine ganzheitlichen Behandlungen auch bei schwersten Tumorerkrankungen anzuwenden und erzielt damit zum Teil erstaunliche Erfolge. Viele Patienten erleben eine Besserung oder zumindest eine Linderung ihrer unerträglichen Schmerzen. Konventionelle Methoden wie Bestrahlungen, Chemotherapie und Operationen lehnt Issels nicht ab, doch er ergänzt sie unter anderem durch naturheilkundliche und homöopathische Heilverfahren. Schnell erwirbt sich der Provinzarzt weit über die Stadtgrenzen hinaus den Ruf eines Krebsspezialisten. Seine von einem Mäzen finanzierte und 1951 eröffnete Ringberg-Klinik entwickelt sich zum Wallfahrtsort all jener, denen die Schulmedizin keine Hoffnung mehr geben kann. Empirische Überprüfungen seiner Therapien bleibt Issels allerdings schuldig, was seine Gegner aus der schulmedizinischen Fachwelt erfolgreich nutzen, um ihn als vermeintlichen Scharlatan und Beutelschneider vor Gericht zu bringen.

Die Anerkennung seiner Standeskollegen bleibt dem "Wunderdoktor vom Tegernsee" auch nach dem Freispruch erster Klasse versagt. Für Krebskranke in aller Welt aber, wie etwa Reggae-Star Bob Marley, verkörpert Josef Issels weiterhin die allerletzte Hoffnung - auch wenn er in den allermeisten Fällen nicht heilen, sondern nur lindern und den Lebenswillen seiner Patienten stärken kann. Einen wissenschaftlichen Beweis, warum seine Therapien wirken, bleibt Issels auch in späteren Jahren schuldig. Bis 1985 praktiziert der charismatische Arzt in Rottach-Egern und Bad Wiessee. Seine letzten Lebensjahre verbringt Josef Issels in den USA, zunächst in Florida und später in Kalifornien, wo er bis zu seinem Tod am 11. Februar 1998 als Berater einer Krebsklinik arbeitet.

Klick
 
12. February 2008, 08:45   #43
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
12. Februar 1858: Charles F. Worth veranstaltet erste Modenschau

Die Wohnung von Charles Frederik Worth in der Rue de la Paix 7 in Paris ist mit neugierigen Damen angefüllt. Was sie an diesem 12. Februar 1858 erwarten, ist eine Sensation. Während bisher der "letzte Schrei" an tristen Puppen aus Holz und Weide hing, lässt der findige Schneider seine Kollektion erstmals von lebenden Models präsentieren. Worth versteht die Mannequins als "Doppelgängerinnen" seiner potentiellen Kundschaft, die Wohnung ist ebenso luxuriös eingerichtet wie die Gemächer seiner Klientel: Die Frauen sollen in einen lebendigen Spiegel schauen, der ihnen zeigt, wie sie selbst in ihrer natürlichen Umgebung in der Kreation des Meisters wirken. Es ist die erste Modenschau der Welt.

Worth wird 1825 im englischen Bourne geboren. Nach einer Lehre als Stoffverkäufer in London wandert er 1845 nach Paris aus. Mit Seidenkleidern, die er für seine Frau entwirft, erregt er auf den Boulevards erste Aufmerksamkeit. Seine Frau ist es auch, die bei der Weltausstellung in Paris 1855 einen frei von den Schultern herab hängenden Mantel präsentiert. Um seine exklusive Kleidung zu den Höfen Europas zu tragen, verfällt Worth auf einen genialen Trick: Er schlägt der Gattin des österreichischen Botschafters vor, sie kostenlos einzukleiden. Von nun stehen seine pompösen Abendgarderoben mit ihren Rüschen und Pailetten bei Staatsbanketten und Empfängen im Mittelpunkt. Worth avanciert zum Hoflieferanten von Kaiserin Eugénie, der Frau Napoleons III. Schließlich wird auch Kaiserin Sissi seine Kundin. Nun kann Worth es sich leisten, bürgerliche Kundinnen aus aller Welt, die vor seinem Geschäft Schlange stehen, an der Eingangstür abzuweisen. Wer durch seine Kleider geadelt wird, bestimmt er selbst.

Nach 1858 schafft es Worth, seine Modenschauen zu gesellschaftlichen Events zu machen. In seiner Firma beschäftigt er 1870 über 1.200 Näherinnen, die jede Woche mehrere Kleider herstellen - exklusiv und sündhaft teuer. Auf vier Modenschauen im Jahr bringt es das fleißige Schneiderlein am Ende - die Frauen, die zuvor mit Hilfe ihrer Näherin und eines Stoffhändlers für ihre Garderobe selbst verantwortlich waren, geben sich nun ganz in seine Hände. Worth wird damit zum Erfinder der Haute Couture. Er stirbt 1895 in Paris.

Klick
 
13. February 2008, 08:43   #44
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
13. Februar 1948: Fußballverein 1. FC Köln wird gegründet

Wolfgang Niedecken steht im Sommer 1978 vor dem Kölner Rathaus und weiß gar nicht wohin vor Glück. Wie zehntausend andere FC-Anhänger jubelt der damals noch unbekannte BAP-Frontmann seinen Idolen um Torhüter Toni Schumacher auf dem Rathausbalkon zu. "Wie sie da alle oben standen, das war schon eine Macht", erinnert sich Niedecken mit Wehmut. "Da war es noch tatsächlich - das Real Madrid vom Rhein." Mit Trainerlegende Hennes Weisweiler hat der ruhmreiche 1. FC Köln in dieser Saison zuerst den DFB-Pokal gewonnen und dann zum dritten Mal die deutsche Meisterschaft. Es ist der größte Moment in der an Höhenpunkten reichen 30-jährigen Geschichte des Vereins. Dass er es für die nächsten 30 Jahre auch bleiben wird, kann an jenem Tag weder Niedecken noch die glorreiche Meister-Mannschaft des 1. FC Köln ahnen. Abstiegsgefahr ist beim FC noch ein Fremdwort.

30 Jahre vor jenem Triumphtag taucht ein gewisser Franz Kremer bei den Kölner Fußballvereinen Sülz 07 und Klettenberger BC auf und stellt eine unglaubliche Frage: "Wollen Sie mit mir deutscher Meister werden?" Kremer ist kein Phantast, sondern erfolgreicher Geschäftsmann mit besten Kontakten im Lande. Mit dem klaren Ziel, seine Stadt in der neu gegründeten Oberliga zu etablieren, schlägt der 43-Jährige den beiden Traditionsclubs vor, ihre Kräfte in einem neuen Verein zu bündeln. Kremers abenteuerliche Idee zündet. Nach hitzigen Diskussionen stimmen die Mitglieder beider Vorortvereine der Fusion zu. Am Freitag, dem 13. Februar 1948, wählen sie Franz Kremer in der Gaststätte Roggendorf auf der Luxemburger Straße einstimmig zum 1. Vorsitzenden des neuen Vereins. Der wird, obwohl die Bosse der älteren Clubs murren, selbstbewusst "1. Fußball Club Köln" getauft.

Den Oberliga-Aufstieg schafft das neue Team um Mittelfeldspieler Hennes Weisweiler erst im zweiten Anlauf. Doch der Präsident verfolgt mit seinem Club bedeutend ehrgeizigere Pläne. Kremer will aus den Kölnern die beste Mannschaft Deutschlands formen; sein Ziel ist ein "Real Madrid des Westens". Nach dem Motto "Wo wir sind ist oben" gelingt ihm das auf beeindruckende Weise. Energisch bricht der Fußball-Revolutionär im Verein wie im DFB verkrustete Strukturen auf, führt moderne Managementmethoden und bis dahin unvorstellbare sportliche Neuerungen ein. In der 1963 von Kremer mitgegründeten Bundesliga sind die Kölner dann professionell das Maß aller Dinge. Überlegen gewinnen die "Geißböcke" am Ende der Saison ihren ersten von bis heute drei Meistertiteln. Für den Spitznamen der Kölner ist übrigens Zirkusdirektorin Carola Williams verantwortlich. Während einer Karnevalssitzung schenkt sie dem FC 1951 einen jungen Geißbock als Maskottchen. Weil der verängstigte Glücksbringer prompt auf dem Arm von Hennes Weisweiler seine Blase entleert, wird er kurzerhand "Hennes" getauft.

Klick
 
14. February 2008, 14:11   #45
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
14. Februar 1968: Virtueller Geburtstag von Lara Croft

Eigentlich soll Lara Croft ein Mann werden. Aber dann entscheiden sich die Spiele-Entwickler der britischen Softwarefirma Core Design Ltd. in Derby 1994 für eine weibliche Superheldin, die als Archäologin um die Welt reist. Sie stecken Lara in einen grünen Body mit braunen Hotpants und dunkle Springerstiefel, hängen ihr einen kleinen Rucksack auf den Rücken und geben ihr zwei Neun-Millimeter-Pistolen in die Hand, mit denen sie gegen natürliche und übernatürliche Feinde kämpfen soll. In diesem Outfit stürmt sich Lara Croft in Herz und Hirn der (auch weiblichen) Computerspieler.

Zur üppigen Oberweite verpassen die Entwickler Lara Croft auch noch eine opulente Biografie. Als Tochter von Lord Richard Henshingly Croft, durch Privatunterricht und eine Ausbildung an renommierten Schulen geadelt, ist sie bereits in jungen Jahren nach Südostasien gereist, um Ausgrabungen vorzunehmen. Ihre Eltern sterben bei einem Flugzeugunfall. Seitdem zieht sie als abenteuerliche Einzelgängerin von ihrem Landsitz "Croft Manor" auf der Suche nach Kometensplittern, wertvollen Dolchen und Abenteuern von Kontinent zu Kontinent. Ein Geburtsdatum bekommt Lara erst, als Journalisten hartnäckig nachfragen. Die Lara-Macher finden den Valentinstag des Jahres 1968 angemessen.

Mit den erfolgreichen Filmen "Lara Croft: Tomb Raider" (2001) und der Fortsetzung "Lara Croft: Tomb Raider - Die Wiege des Lebens" mit der amerikanischen Schauspielerin Angelina Jolie in der Hauptrolle schafft die schießwütige Cyberheldin den Sprung aus ihrem beengten Spiele-Universum in die virtuelle Welt des Kinofilms. Zu dieser Zeit ist sie in der Wirklichkeit ihrer stetig wachsenden Fangemeinde längst angekommen. Das zeigen die Berge von Fanpost, die in jener Computerschmiede eingehen, in der sie erschaffen wurde. Zum 14. Februar kommen Blumen und Geburtstagsgeschenke. "Wir haben uns daran gewöhnt, so über sie zu reden, als würde sie neben uns sitzen", sagt PR -Managerin Susie Hamilton. "Natürlich ist das skurril, aber wir bekommen Briefe und E-Mails von Leuten, die davon überzeugt sind, dass es sie gibt."

Klick
 
15. February 2008, 13:01   #46
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
15. Februar 1943: Schüler ab 15 Jahren rücken als Flakhelfer ein

Papst Benedikt XVI., Kabarettist Dieter Hildebrandt und DDR-Spion Günter Guillaume haben eine Gemeinsamkeit. Sie waren in ihrer Jugend so genannte Flakhelfer: Schüler, die im Zweiten Weltkrieg als "Luftwaffenhelfer" mit Flugabwehr-Kanonen, kurz Flak, auf alliierte Flugzeuge geschossen haben. Der Hintergrund: Nach dem Rückzug des Afrika-Korps und der Niederlage in Stalingrad ist die Personaldecke der Wehrmacht ausgedünnt. Hinter den Kulissen streiten die Nazis darüber, ob man zum Ausgleich des Engpasses auch 15-jährige Kinder an die Kanonen stellen soll. Das Erziehungsministerium und der NSDAP-Reichsleiter Martin Bormann lehnen das ab. Propaganda-Chef Joseph Goebbels und Reichsmarschall Hermann Göring sind dafür. Am Ende entscheidet Adolf Hitler. Er schickt Realschüler und Gymnasiasten an die "Heimatfront" - damit 120.000 erwachsene Soldaten die Lücken an der Ostfront auffüllen können.

Die ersten Flakhelfer rücken am 15. Februar 1943 ein - drei Tage bevor Goebbels in seiner Sportpalast-Rede den "totalen Krieg" ausruft. Die Schüler gelten als effektive Soldaten, intelligent und einsatzfreudig. Die vorgeschriebenen 18 Stunden Unterricht pro Woche fallen meist aus. Als einzige Fremdsprache gibt es ohnehin nur Latein. Stattdessen beherrschen die Flakhelfer schnell Radar und Ballistik. Nach rund vier Wochen Grundausbildung werden die Jugendlichen meist selbst an der Waffe eingesetzt. Später werden auch Mädchen als Nachrichten-Helferinnen herangezogen. Zudem bedienen und reparieren die so genannten Blitzmädel Suchscheinwerfer, mit denen sie nachts feindliche Bomber für den Abschuss anleuchten.

Im Kampf werden viele Jugendliche traumatisiert. Tiefflieger rasen über die Flak-Stellung. Gewaltige Bomberformationen greifen bald auch tagsüber an: "Dann kamen sie wie Kraniche, in einer Formation in etwa 7.000 Meter Höhe, die fliegenden Festungen, wie sie genannt wurden", erinnert sich Johannes Heising, der als Flakhelfer 1943 den großen Bomber-Angriff auf Münster erlebt. "Und dann hörten wir das Rauschen der Bomben, die Detonationen, wir sahen Rauch." Wird eine Flakstellung von Bomben getroffen, gibt es kaum eine Überlebenschance. Ganze Schulklassen werden ausgelöscht. Wie viele Flakhelfer insgesamt getötet werden, ist nicht bekannt.

Klick
 
18. February 2008, 14:06   #47
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
16. Februar 1923: Grabkammer des Tut-ench-Amun wird geöffnet

Seit acht Jahren wühlt sich Howard Carter im Tal der Könige durch Berge aus Schutt und Geröll. Von 1.500 bis etwa 1.000 vor Christus haben die Ägypter dort ihre Pharaonen bestattet. Obwohl Generationen von Räubern und Archäologen seither keinen Stein auf dem anderen gelassen haben, sucht Carter, ein wissenschaftlicher Amateur, wie besessen nach dem Grab eines Königs, von dem er nur den Namen kennt: Tut-ench-Amun. Vor dem Grab von Ramses VI. legt er schließlich eine Treppe frei, die nach 16 Stufen vor einer unversehrten, versiegelten Tür endet. Am 6. November 1922 telegrafiert Carter von Luxor an seinen Finanzier Lord Carnarvon in London: "Habe endlich wunderbare Entdeckung im Tal gemacht." Beide können nicht ahnen, dass der größte Schatzfund der Geschichte auf sie wartet.

Zusammen mit Lord Carnarvon stößt Howard Carter drei Wochen später auf eine zweite versiegelte Tür. Der Raum dahinter ist über und über gefüllt mit Grabbeigaben. "Als meine Augen sich an das Licht gewöhnten, tauchten bald Einzelheiten im Innern der Kammer auf, seltsame Tiere, Statuen und Gold - überall der Glanz des Goldes", notiert Carter später. Schon jetzt übersteigt das Ausmaß des Fundes seine Fähigkeiten bei weitem; Chemiker und versierte Archäologen werden hinzugezogen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht von Carters Sensationsfund um die Welt. Unter den Augen hunderter Reporter und Schaulustiger werden in den folgenden drei Monaten 5.398 edle Kultgegenstände geborgen. Dann endlich, am 16. Februar 1923, beginnt Carter in Anwesenheit Lord Carnarvons, dessen Tochter sowie hohe Repräsentanten Ägyptens und Großbritanniens, die Wand zur eigentlichen Grabkammer zu öffnen.

Zum Vorschein kommt ein goldüberzogener Holzschrein, der fast die gesamte Sargkammer einnimmt. Dahinter liegt eine zum Bersten gefüllte Schatzkammer. Eindrucksvoll schildert Carter in seiner Chronik der Ereignisse, wie er "mit immenser Spannung" den Sarkophag aus gelbem Quarzit öffnet, auf weitere, ineinander geschachtelte Särge stößt und schließlich in die heute weltberühmte Goldmaske des jungen Pharaos Tut-ench-Amun blickt. Wie sich später erweist, verschweigt der ruhmreiche Entdecker allerdings, dass er schon im November zusammen mit Lord Carnarvon in die Grabkammer eingebrochen war. Als er das einzige je unversehrt aufgefundene Pharaonengrab nach 3.000 Jahren angeblich das erste Mal betritt, ist der Mörtel an einigen Stellen noch ganz frisch. Zudem tauchen bald Kostbarkeiten auf, die Carter damals heimlich entnommen hat. Obwohl als "Entdecker des Grabes von Tut-ench-Amun" eine Berühmtheit, bleibt dem wegen seiner anmaßenden Art wenig geschätzten Autodidakten wissenschaftliche und gesellschaftliche Anerkennung sein Leben lang verwehrt. Als armer Mann stirbt Howard Carter am 2. März 1939 in London.

Klick
 
18. February 2008, 14:08   #48
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
17. Februar 1958: Papst Pius XII. ernennt eine Schutzheilige des Fernsehens

"Das Fernsehen übt auf die Seelen innerhalb der häuslichen Gemeinschaft eine einzigartige Anziehung aus". Diese Beobachtung macht Papst Pius XII. schon 1958, als das Medium noch recht jung ist. Die neue Technik fasziniert offensichtlich auch den Papst. Und damit es nicht aus dem Ruder läuft, erhält das Massenmedium eine eigene Schutzheilige: Am 17. Februar 1958 ernennt Papst Pius in einem offiziellen Schreiben dazu die heilige Clara von Assisi. "Möge Clara das Fernsehen so anleiten, dass es Wahrheit und Tugend ausstrahlt, worauf unsere gesellschaftliche Ordnung beruht", schreibt der Papst.

Clara ist die Tochter einer adeligen Familie in Assisi, geboren 1193. Als sie dem Bettelmönch Franz begegnet, flieht sie wie er aus der Familie und gründet eine Schwesterngemeinschaft, die wie die Brüder des Franziskus in strenger Armut leben sollen. Aber was hat das mit dem Fernsehen zu tun? Clara hat häufig Visionen - eine Art übernatürliches Vorbild der Television? Pius XII. denkt vor allem an eine Überlieferung: Mitschwestern berichten, Clara habe Weihnachten 1252, ein halbes Jahr vor ihrem Tod, schwer krank im Bett gelegen, traurig, dass sie die Weihnachtsfeier nicht miterleben konnte. Allein im Schlafsaal habe sie plötzlich die Mönche in der Kirche St. Francesco, zwei Kilometer entfernt singen hören und sogar die Krippe dort gesehen. Später erzählte sie den Schwestern, sie habe dann die ganze Feier miterlebt.

Solche Gottesdienst-Übertragung soll das neue Medium nun auch weniger heiligen Kranken möglich machen, hofft der Papst.

Klick
 
18. February 2008, 14:11   #49
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
18. Februar 1943: Joseph Goebbels hält die "Sportpalast-Rede"

"Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende", meldet der "Großdeutsche Rundfunk" am 3. Februar 1943. "Ihrem Fahneneid getreu ist die sechste Armee ( ...) der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen." Die Aneinanderreihung von Erfolgsmeldungen wie in den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges ist vorbei. Auf die Propaganda der Siege folgt die Propaganda der Niederlagen. Joseph Goebbels notiert in seinem Tagebuch: "Wir bringen die Nachricht als Sondermeldung und machen sie mit einem entsprechenden heroischen Zeremoniell auf." Es ist das erste öffentliche Eingeständnis einer Niederlage. Goebbels fühlt sich herausgefordert: "Solche Aufgaben reizen."

Weil die Stimmung in Deutschland zu kippen droht, hält Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast vor rund 14.000 linientreuen Gästen eine Durchhalte-Rede: "Die Gefahr, vor der wir stehen, ist riesengroß." Es sei die Stunde gekommen, "die Glacé-Handschuhe auszuziehen". Goebbels gelingt in seiner Ansprache ein rhetorischer Spagat. Er gesteht die Niederlage an der Ostfront ein, jedoch nur, um gleichzeitig noch größere Kriegsanstrengungen zu fordern. Stalins Armee wird zum "Hunnensturm aus der Steppe" - "gefangen in einer teuflischen Anschauung". Die deutschen Soldaten stilisiert Goebbels zu den Verteidigern Europas vor dem Kommunismus: "Das Abendland ist in Gefahr!" In verquerer Nazi-Logik fügt er an: "Das Ziel des Bolschewismus ist die Weltrevolution der Juden!" Darauf folgt einer der wenigen Versprecher der Rede: Deutschland habe die Absicht, dieser Bedrohung "rechtzeitig, wenn nötig unter vollkommener und radikalster Ausrott-, -schaltung des Judentums, entgegen zu treten". Bis dahin ist die Wortwahl der Nazigrößen vorsichtiger: "Ausschalten" klingt unverfänglicher als "ausrotten". Einiges spricht dafür, dass der Versprecher von Goebbels geplant ist: Im Rundfunk wird die Rede nicht live übertragen, sie hätte geschnitten werden können. Doch diese Korrektur bleibt aus.

Der zweieinhalb Stunden lange Vortrag endet mit zehn Fragen an das Publikum. Die vierte lautet: "Ich frage Euch, wollt Ihr den totalen Krieg?" Fanatische Zustimmung ist die Antwort. "Und darum lautet von jetzt an die Parole: Nun, Volk, steh auf und Sturm brich los!" Im Triumph wird Goebbels vom Rednerpult getragen. Er ist heiser, kann nur noch flüstern. Im engsten Kreis seiner Mitarbeiter soll er gesagt haben: "Diese Stunde der Idiotie! Wenn ich den Leuten gesagt hätte, springt aus dem dritten Stock des Columbus-Hauses, sie hätten es getan." Als Antwort auf die Goebbels-Rede kursiert im Ruhrgebiet folgendes Gedicht: "Lieber Tommy fliege weiter, / wir sind alle Bergarbeiter. / Fliege weiter nach Berlin, / die haben alle 'Ja' geschrien."

Klick
 
19. February 2008, 08:50   #50
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
19. Februar 1473: Geburtstag des Astronomen Nikolaus Kopernikus

Eigentlich ist Nikolaus Kopernikus ein konservativer Zeitgenosse. Als bibelfester Wissenschaftler glaubt er daran, dass die Erde - und damit der Mensch - im Zentrum des Kosmos steht. Sein Ziel ist es das ptolemäische Weltbild zu vereinfachen, bei dem die Planenten in kreisförmigen Bahnen übers Firmament der Erde ziehen. Kopernikus will bestimmte Widersprüche des Systems aus der Welt schaffen - und erschüttert damit unser Bild vom Universum.

Kopernikus wird am 19. Februar 1473 im polnischen Thorn geboren. Nach Studien des Kirchenrechts in Krakau, Bologna, Padua und Ferrara bekommt er einen sicheren Posten als Domherr in Frauenberg, einem kleinen Ort an der Ostsee. Statt weiter in der Welt herumzureisen, führt Kopernikus nun ein ruhiges Leben als Mitglied des katholischen Klerus und richtet den Blick lieber in die Weiten des Universums. 1543 erscheint seine Schrift "De Revolutionibus Orbium Caelestium" - "Über die Kreisbewegungen der Himmelskörper". "Alles, was infolge von Bewegung am Himmel erscheint, rührt nicht von dorther, sondern liegt in der Erde. Die Erde also ist es, die sich dreht", lautet die Erkenntnis, die auch Kopernikus erschüttert haben dürfte. "Inmitten all dessen aber thront die Sonne."

Kopernikus weiß um die Gefahren, die ihm aufgrund seiner Ansichten von Seiten der katholischen Kirche drohen. Im Vorwort der Abhandlung wendet sich der Gelehrte deshalb direkt an den Papst und verweist darauf, dass die gnädige katholische Kirche schon Wissenschaftlern vor ihm die Freiheit gegeben habe, über die Bahnen der Planeten nachzudenken. Tatsächlich erweist sich der Vatikan zu Kopernikus Lebzeiten gnädig. Als das Werk 1616 schließlich doch noch auf dem Index verbotener Bücher landet, ist der 1543 an einem Schlaganfall gestorbene Wissenschaftler schon lange tot. Außer dem Buch wird 1616 dem ersten Kopernikaner der Geschichte der Prozess gemacht: Giordano Bruno, der für die Idee, dass die Sonne und nicht die Erde im Zentrum unseres Universums stehe, als Ketzer und erster Märtyrer der Wissenschaft auf dem Scheiterhaufen brennen muss.

Klick
 
Antwort

  Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben




Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 01:07 Uhr.


Powered by vBulletin, Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Online seit 23.1.2001 um 14:23 Uhr

Die hier aufgeführten Warenzeichen und Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.