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4. January 2007, 10:40   #26
Jules
 
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26. Dezember 1891: Geburtstag Henry Miller

"Gerichte mögen die Jugendlichen schützen - aber nicht vor der Darstellung des Geschlechtverkehrs und schon gar nicht vor der Darstellung aus der Feder eines weltberühmten Schriftstellers", verteidigt Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki das Werk von Henry Miller. Bekannt geworden ist der US-Schriftsteller mit seinem autobiographisch geprägten Roman "Wendekreis des Krebses", der 1934 in Frankreich zum ersten Mal veröffentlicht wird. Darin schildert er unter anderem tabulos und in direkter Sprache Sexualpraktiken und sexuelle Wünsche. Für die einen ist das Buch Pornographie, für die anderen ist es Literatur. In den USA wird es bis 1961 nicht gedruckt und vom Zoll bei Einreisenden beschlagnahmt. Erst 1970 entsteht in den USA nach dem Roman auch ein Film.

Henry Valentine Miller wird am 26. Dezember 1891 als Sohn einer deutschen Einwandererfamilie im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren. Der Vater hat eine Schneiderei, die Mutter kümmert sich um den Haushalt. Henry und seine geistig behinderte Schwester wachsen zweisprachig auf. Er liest alles, was ihm in die Finger kommt - egal ob Literatur oder Schund. "Ich glaubte damals, die ganze Tragödie des Lebens sei in Büchern niedergeschrieben, und ich hielt das, was außerhalb der Bücher geschah, nur für verdünnte Scheiße", erinnert sich Miller später. Seine eigenen Schreibversuche scheitern zunächst. Nach dem College nimmt er verschiedene Jobs an: in der Schneiderei seines Vaters, als Experte für Rechenmaschinen und als Angestellter in der Postabteilung des Kriegsministeriums.

Miller heiratet eine Klavierlehrerin, die er 1924 wegen der Nachtclub-Tänzerin June Edith Smith verlässt. Die beiden beginnen ein abenteuerliches Leben. Sie wohnen in dunklen, feuchten Zimmern, leben vom Verkauf von Gebäck und Junes Gagen als Varieté-Girl. Sie trinken und feiern nächtelang. Sein Lebenswende beschreibt Miller später in der Trilogie Sexus (1949), Plexus (1953) und Nexus (1959). Nach seiner Trennung von June geht Miller 1930 allein nach Paris und beginnt zu schreiben: "Leiden schafft Freude. Durch das Schreiben habe ich die Freude am Leben entdeckt." In seinen Büchern verschwimmen Fiktion und Fakten. Freunde und Bekannte werden zu überzeichneten Figuren. Millers Leben dient als Material für seine Literatur. Miller wird zum Historiker seines eigenen Lebens, sagt Schriftsteller Heinrich Böll: "Es steckt ein guter Teil Dilettantismus in seiner Kunst. Er ist völlig identisch, fast kongruent mit dem, was er schreibt und wie er schreibt." Bedeutsam für Miller ist seine Begegnung mit Anais Nin, die ihm als Geliebte und Mäzenin die Veröffentlichung von "Wendekreis des Krebses" ermöglicht. Aus Angst vor dem drohenden Krieg verlässt Miller 1939 Frankreich und kehrt in die USA zurück. Seinem Grundsatz bleibt der Rebell, Verweigerer und fünffache Ehemann bis zu seinem Lebensende treu: "Ich will Gott, den Menschen, dem Schicksal, der Welt, der Liebe und Schönheit in den Hintern treten." Henry Miller stirbt im Alter von 88 Jahren am 7. Juni 1980 in Pacific Palisades im US-Bundesstaat Kalifornien.

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4. January 2007, 10:42   #27
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27. Dezember 1571: Geburtstag Johannes Kepler

Johannes Kepler braucht Geld. Horoskope schreibt der Astronom, der am 27. Dezember 1571 in Weil der Stadt (bei Stuttgart) geboren wird. Er stellt Gleichungen für Weinhändler auf, erfindet eine ventillose Wasserpumpe, das Vorbild der Benzinpumpe heutiger Automobile. Seine Leidenschaft aber gehört den Bahnen der Planeten. Gerade hat Kopernikus seine Behauptung aufgestellt, dass die Erde um die Sonne kreise. Es ist die Zeit der Inquisition und der Hexenverfolgung, in der die Idee als größter Aberlaube gilt. Die Verdammung des Kopernikus vereint die Konfessionen. "Der Narr will die gantze Kunst Astronomie umkehren", wettert etwa Martin Luther. "Aber wie die heilige Schrift anzeiget, so hieß Josua die Sonne stillstehen, und nicht das Erdreich". Luther und Papst gilt die Bibel als letztgültiger Beweis gegen den kopernikanischen Irrglauben. Der Vatikan setzt die ketzerischen Schriften auf den Index.

Aber das kopernikanische Weltbild hat entscheidende Vorteile. Mit seiner Hilfe lässt sich die Bewegung der Planeten am Himmel auf einfachste Weise erklären. Der gottesfürchtige Kepler lässt sich vom neuen Weltmodell überzeugen. Und er versucht, es in Einklang mit der göttlichen Harmonie zu bringen. "Warum sollen wir Gott nicht die Geschicklichkeit zuerkennen, die wir bei den gewöhnlichen Uhrmachern sehen?", fragt der Astronom. Er will erforschen, wie die Schöpfung tickt. Er tut dies, indem er den damals bekannten sechs Planeten die Eigenschaften der so genannten platonischen Körper anhängt. Diese falsche Theorie öffnet ihm die Tür zu den Zirkeln der gelehrten Astrologen.

1600 ist Kepler in Prag zu Gast beim weltberühmten Hofastronom Tycho Brahe, der ihm Einblick in seine über Jahrzehnte gemachten Berechnungen gewährt. Als Brahe ein Jahr später stirbt, darf Kepler weiterrechnen. Dabei fallen ihm Unregelmäßigkeiten ins Auge, die ihn an der Vollkommenheit des göttlichen Uhrwerks zweifeln lassen. Kepler entdeckt, dass sich die Planeten nicht, wie bisher angenommen, auf einer Kreisbahn bewegen, sondern auf Ellipsen. Er formuliert ein Gesetz, mit dessen Hilfe sich die Geschwindigkeit der Planeten berechnen lässt. Und er setzt die Umlaufdauer eines Planeten um die Sonne mit dessen Bahnradius in Bezug. Ohne diese Berechnungen wäre die moderne Satellitentechnik nicht möglich.

Kepler stirbt 1630 im Alter von 58 Jahren in Regensburg. Sein Grab ist nicht erhalten, aber die von ihm selbst verfasste Inschrift ist überliefert: "Himmel hab' ich vermessen. Jetzt mess' ich die Schatten der Erde.

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4. January 2007, 10:49   #28
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28. Dezember 1879: Die Firth-of-Tay-Brücke bricht zusammen

Die Firth-of-Tay-Brücke ist eine über 3 km lange Brücke für die Eisenbahn an der Mündung des Tays in die Nordsee in Schottland. Die darüber führende Bahnlinie verbindet die beiden schottischen Regionen Fife und Tayside. Sie stellte damit eine direkte Verbindung zwischen Edinburgh und Dundee her.

Mit dem Bau der Brücke in den Jahren 1871 bis 1877 betrat man im Eisengussbau technisches Neuland, denn noch niemals zuvor hatte man sich an derartige Dimensionen herangewagt. Die Brücke musste eine Höhe von 30 m über der Hochwassermarke erhalten, um den damals größten Segelschiffen mit ihren Masten die Durchfahrt zu ermöglichen. Während des Baus der Brücke mussten verschiedene technische und finanzielle Probleme gelöst werden, deren Lösung das Aussehen der Brücke in verschiedenen Punkten entscheidend veränderte. Zum einen konnten wegen des problematischen Untergrundes nicht so viele Pfeiler aufgestellt werden, wie der ursprüngliche Entwurf forderte. Diese Veränderung zog eine Vergrößerung der Spannweite des Mittelteils der Brücke nach sich. Zum anderen mussten aus den gleichen Gründen die Pfeiler des Mittelbaues geschwächt werden, da die Fundamente am Meeresboden nicht wie ursprünglich geplant ausgeführt werden konnten.

Trotz all dieser Schwierigkeiten konnte die Brücke am 26. September 1877 vom ersten Zug befahren werden. Am 28. Dezember 1879 um 19:00 Uhr befuhr während eines starken Sturmes der Postzug von Burntisland nach Dundee die Brücke. Als der Zug das Mittelteil erreichte, stürzte die Brücke durch die Last des Zuges und unter dem Ansturm des Windes ein. Bei der Katastrophe kamen 75 Menschen ums Leben.

Später stellte sich heraus, dass die Brücken-Konstrukteure die Belastungen durch den Wind völlig unzureichend berücksichtigt hatten. Zudem erwies sich Gusseisen als Werkstoff für die Pfeiler als absolut ungeeignet. Der Konstrukteur der Brücke, der Ingenieur Thomas Bouch, der nach der Fertigstellung der Brücke zum Ritter geschlagen worden war, starb 1880 als gebrochener Mann. Neuere Forschungen zu den Unglücksursachen legen die Ansicht nahe, dass er zum Sündenbock gemacht wurde und Managementfehler der Erbauer- und Betreibergesellschaft North British Railroad ebenfalls einen großen Anteil an der Katastrophe hatten.

Die Brücke wurde ab 1887 komplett neu erbaut. Dabei wurde die neue Brücke flussaufwärts direkt neben Resten der alten Brücke gebaut, so dass die Fundamente der alten Brückenpfeiler z.T. Wellenbrecher der neuen Stützpfeiler sind. Noch heute kann man bei Niedrigwasser die Fundamente der alten Brücke sehen.

Als direkte Folge des Unglückes wurde der Bau der Forth Bridge, die vom selben Ingenieur geplant wurde, gestoppt. Diese Brücke wurde später deutlich überdimensioniert gebaut und ist heute ein Wahrzeichen Schottlands.

Einfluss auf die Literatur

Theodor Fontane hat die Katastrophe in der mythisierenden Ballade Die Brück' am Tay verewigt, die aufgrund ihrer lyrischen Qualität berühmt wurde, die Umstände jedoch verzeichnet wiedergibt.

Auch der als "schlechtester Dichter aller Zeiten" verspottete Brite William Topaz McGonagall wurde von dem Ereignis zu seinem Gedicht The Tay Bridge Disaster angeregt.

Der deutsche Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth schrieb eine lange Erzählung mit dem Titel Die Brücke über die Ennobucht über den Bau und Einsturz der Brücke aus Sicht des verantwortlichen Ingenieurs (Namen wurden verändert, und Details abgewandelt und ausgeschmückt, jedoch sind die technischen Probleme realistisch beschrieben).

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4. January 2007, 10:52   #29
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29. Dezember 1721: Geburtstag Madame de Pompadour

Ludwig XV. ist unzufrieden. Als 15-Jähriger hat man Frankreichs Regenten mit einer frommen polnischen Prinzessin verheiratet, die ihm zwar zehn Kinder schenkt, ansonsten aber langweilt. Wie so oft sucht der melancholische Regent Zerstreuung mit seiner Jagdgesellschaft im Wald von Sénart. Da sticht ihm an einer Lichtung eine entzückend aussehende junge Frau im rosa Kleid ins Auge, die in einer blauen Kutsche sitzt. Beim nächsten Mal ist die Kutsche rosa und das Kleid der Dame blau. Der König ist amüsiert. Gänzlich bezaubert ist er, als die Unbekannte mit den reizenden Wangengrübchen kurz darauf bei einem Kostümball als Jagdgöttin Diana erscheint. Nach einem Flirt ist es um Ludwig XV. geschehen. 1745 macht er Jeanne-Antoinette Poisson als Marquise de Pompadour offiziell zu seiner Mätresse.

Von nun an gilt Madame de Pompadour nicht nur als schönste, sondern auch als mächtigste Frau ihrer Zeit. Sie hält den König mit phantastischen Festen bei Laune, begeistert ihn für das Theater und die Malerei. Wer zu Ludwig vorgelassen werden will, muss erst ihr Vorzimmer passieren. Dabei hat die Pompadour, am 29. Dezember 1721 in Paris geboren, einen entscheidenden Makel: Sie ist bürgerlich. Ihr Vater beliefert als Fleischhändler die Armee. Wegen Veruntreuung muss er vorübergehend sogar ins Ausland fliehen. Ihre Mutter hat viele Liebhaber, von denen vermutlich einer der Erzeuger des Mädchens ist.

Mätresse ohne Beischlafpflichten

Neun Jahre ist Jeanne-Antoinette, als ihr eine Wahrsagerin ihre Zukunft prophezeit: Einst werde sie im Bett des Königs landen. Das Mädchen nimmt sein Schicksal an und tut alles dafür, um die Vorhersage zu erfüllen. 1741 heiratet sie den Neffen eines reichen Steuereinnehmers, der dem Paar ein kleines Schlösschen als Wohnort finanziert. Hier gibt sie glanzvolle Gesellschaften, die einzig dem Zweck dienen, dem König ins Auge zu fallen. Als reizende Gastgeberin entzückt Jeanne-Antoinette sogar den Philosophen Voltaire. "Sie hat in ihrem Alter mehr gelesen als irgendeine Dame des Landes, in dem sie bald regieren wird und wo es wünschenswert ist, dass sie regiere", schreibt er später.

Früh beschleicht die Marquise von Pompadour die Furcht, ihr gerade erreichtes Lebensziel wieder verlieren zu können. Denn im Bett des Königs hält sie es bald schon nicht mehr aus. "Es ist mein Unglück, dass ich von Natur so kalt bin", klagt sie einmal. Aber sie findet eine Lösung. 1750 trennt sie sich offiziell von Ludwig, um fortan als treue Beraterin und Förderin der Künste ein platonisches Verhältnis zum König zu behalten. Dieser vergnügt sich derweil, wohl von der Pompadour unterstützt, mit jüngeren Geliebten. So schafft es die Marquise, noch 14 Jahre lang das erjagte Hofamt "Maitresse en titre" in Keuschheit zu bekleiden. Sie stirbt 1764 an Tuberkulose - und an totaler Erschöpfung, die sie sich durch die Intrigen gegen sie bei Hofe zugezogen hat. Voltaire ist einer der wenigen, der um sie trauert.

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4. January 2007, 10:55   #30
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30. Dezember 1916: Rasputin wird ermordet

Zarin Alexandra ist verzweifelt. Die gebürtige Deutsche ahnt die Katastrophe, die sich über dem Kopf ihres Herrscherhauses in Russland zusammenbraut. Die Intellektuellen haben dem Hof die Gefolgschaft aufgekündigt, Leo Tolstoi weigert sich gar, dem Zaren einen Besuch abzustatten. Überall im Land kommt es zu Streiks und Meutereien. Zu allem Überfluss erkrankt Alexandras einziger Sohn Alexej - die Zukunft des Geschlechts der Romanows - an der Bluterkrankheit. Die Ärzte sind ratlos. Es ist die Zeit, in der nur noch ein Wunder helfen kann. Und es ist die Zeit, in der man nur allzu gern an Wunder glauben möchte.

Da kommt das Wunder scheinbar, und zwar in Gestalt eines ungebildeten orthodoxen Wanderpredigers namens Grigori Jefimowitsch Rasputin. Wie aus dem Nichts taucht er 1905 aus der sibirischen Provinz Tobolsk in Sankt Petersburg auf. Sein Ruf, Kranke heilen zu können, eilt ihm voraus. Zunächst kuriert der charismatische Sohn eines Zuchthäuslers mit den schlechten Manieren die Salonlöwin Olga Lochtina und andere Damen der feinen Gesellschaft mit wirren Worten. Dann wird er zu Alexej vorgelassen. Der Junge fühlt sich schlagartig besser. Danach geht Rasputin am Zarenhof ein und aus. Zu Alexandra entwickelt sich ein Abhängigkeitsverhältnis.

Im Blick des einfachen Volkes erscheint die Beziehung anders. Die Krankheit Alexejs hat der Hof geheim gehalten. Das Verhältnis Rasputins zur Zarin hat deshalb einen suspekten Beigeschmack. Liebe und Sex sollen im Spiel sein. Hinzu kommt, dass die Hofbeamten den wachsenden Einfluss des Predigers missmutig beobachten. Die Geheimpolizei bespitzelt Rasputin. Ein belastendes Dossier wirft der Zar ins Feuer, der Überbringer, Ministerpräsident Stolypin, wird ermordet. Von nun an formiert sich der Widerstand gegen Rasputin immer offener. Mehreren Attentaten entkommt er knapp. Der Grund für den Hass übersteigt Rasputins Horizont. Er beginnt zu trinken. Dann schießt ihn der Duma-Abgeordnete Felix Jussupow - der einzige Mensch, dem Rasputin noch vertraut - im Keller seines Hauses heimtückisch nieder. Oben feiern die Verschwörer bereits den Erfolg ihrer Tat, als der schwer Verletzte zu entkommen versucht. Die Gruppe holt den Flüchtigen ein, prügelt ihn nieder, schießt erneut und wirft den Körper in der Nacht zum 30. Dezember 1916 in die eisige Newa. Als man den Toten später aus dem Wasser zieht, ist er mit einer Schicht aus Eis bedeckt. Die gefesselten Hände hat er drohend zum Himmel gestreckt.

Dem Volk werde es schlecht gehen, wenn er ermordet werde, hatte Rasputin in düsterer Vorahnung kurz vor seinem Tod gesagt. Den Zaren werde es dann nicht mehr geben. Kaum drei Monate später versinkt die alte Ordnung in den Wirren der Russischen Revolution.

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4. January 2007, 10:57   #31
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31. Dezember 1936: Der Name 'Spam' entsteht

Jay C. Hormel aus Austin, Minnesota, könnte glücklich sein. Mit seinem Frühstücksfleisch in Dosen macht der Wurstfabrikant in den 1930er-Jahren mehr als gute Umsätze. Aber die Geschäfte könnten noch besser laufen. Von der Macht der Werbung überzeugt, lobt Hormel deshalb auf seiner Silvesterparty 1936 einhundert Dollar für einen einprägsamen Namen aus. Schnell ist der Name gefunden. Kenneth Daigneau darf das Preisgeld einstecken. Sein Vorschlag ist das aus "Spiced Ham" ("gewürzter Schinken") zusammengesetzte Kunstwort Spam.

Fortan erobert die rosafarbene Fleischmasse, gepresst in 340 Gramm schwere Klumpen, als Spam den amerikanischen Kontinent. Im Zweiten Weltkrieg beliefert Hormel mit seinem konservierten Dosenfleisch die Alliierten. "Ohne Spam hätten wir unsere Armee gar nicht ernähren können", wird Stalins Nachfolger Nikita Chruschtschow später behaupten. Am Stück gebraten, in Streifen im Salat, in Scheiben auf Brot, mit Eiern und Käse wird Spam in der Folge vor allem in Großbritannien und den USA verzehrt.

1970 setzt die britische Komikertruppe "Monty Python" dem kompakten, fetten Dosenfleisch in einem absurden Sketch ein Denkmal. In einem Restaurant wird ein Gast mit einer Speisekarte konfrontiert, auf der sich nur Spam-Gerichte befinden. Auf seine Feststellung, kein Spam zu mögen, erscheint ein Chor grölender Wikinger, die ihn mit ihrem Lied "Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, lovely Spam, wonderful Spam " in den Wahnsinn treiben.

Der bis zum Irrsinn zugespamte Gast in "Monty Python's Flying Circus" liefert die Steilvorlage für jene Kritiker von Werbemails, die 1993 nach einem neuen Namen für die unerwünschte Reklameflut in ihren digitalen Postfächern suchen. Die Teilnehmer einer Online-Diskussionsgruppe erinnern sich an den Sketch und geben dem Kind einen Namen: Spam. Spam indes verkauft sich nach wie vor ohne Spam: 2006 wandern weltweit mehr als sechs Milliarden Dosen Frühstücksfleisch über die Ladentheke.

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4. January 2007, 11:03   #32
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01. Januar 1972: Maurice Chevalier stirbt

"Wenn ich meinen Mangel an Bildung, an Erziehung und Kultur bedenke, muss ich mein Erstaunen darüber gestehen, etwas erreicht zu haben." Man hat es eben oder man hat es nicht, möchte man Maurice Chevalier antworten, der dieses Bekenntnis in seinen Lebenserinnerungen zu Papier brachte. Charme lässt sich bekanntlich nicht erlernen und als Charmeur im Smoking, Nelke im Knopfloch und dem typischen Strohhut, der Kreissäge, auf dem Kopf, war dieser Bonvivant über 50 Jahre lang Inbegriff der Pariser Leichtigkeit des Seins. Als der weltweit beliebte Chansonnier und Schauspieler am Neujahrstag 1972 einem Herzschlag erlag, war die Seine-Metropole um eine Attraktion ärmer. Geboren wurde Chevalier 1888 aber nicht an den mondänen Boulevards zwischen Lido, Maxim's und Folies Bergères, sondern im schmutzigen Pariser Arbeiterviertel Menilmontant.

Schon als Zehnjähriger muss Maurice als eins von zehn Geschwistern Geld verdienen. Mit zwölf steht er erstmals als Sänger auf der Bühne. Was ihm an Stimme fehlt, versucht er durch Lautstärke, Grimassen und sein strahlendes Lächeln wettzumachen. Das Publikum ist begeistert von diesem burlesken Knirps, der von Café zu Café tingelt und mit wachsendem Erfolg bald auch von bekannten Revuetheatern wie den Folies Bergères engagiert wird. Dort begegnet Chevalier 1909 seiner größten Liebe, der großen Chansonette Mistinguett. Zusammen überstehen sie, im Leben und auf der Bühne, den Ersten Weltkrieg. Dann trennen sich ihre Wege und Chevalier erobert als Star des Casino de Paris die renommiertesten Bühnen Europas.

Ende der 20er Jahre riskiert Maurice Chevalier den Sprung nach Amerika, avanciert als französischer Bonvivant zur Broadway-Attraktion und wird mit Hollywood-Produktionen wie "Liebesparade" und "Die lustige Witwe" endgültig zum Weltstar. Nach sieben Jahren und einem Dutzend Filmen zieht es ihn zurück in die Heimat, wo er den Strohhut gegen den Stahlhelm tauscht. Als unpolitischer Mensch unterstützt Chevalier während der deutschen Besatzung unbedacht das reaktionäre Vichy-Regime mit heiteren Liedchen und tritt für französische Kriegsgefangene in Deutschland auf. Doch das Publikum verzeiht nach Kriegsende dem unbekümmerten National-Idol. Mitte der 50er Jahre darf Chevalier wieder in die USA reisen, wo er als Lebemann Honoré Lachaille in "Gigi" seinen größten Filmerfolg feiert und mit einem Oscar ausgezeichnet wird. 1968, nach fast 70 Jahren im Scheinwerferlicht und einer letzten umjubelten Tournee zieht sich Maurice Chevalier aus der Öffentlichkeit zurück und schreibt seine Memoiren. Der Titel: "Mein glückliches Leben".

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4. January 2007, 11:08   #33
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02. Januar 1702: Gründung der sogenannten Buttlarschen Rotte

Eva Margarethe von Buttlar wird 1670 in Barchfeld an der Werra geboren. Nach dem Tod ihres Vaters verheiratet ihre Familie die erst 17-Jährige mit dem Prinzenerzieher Jean de Vesias am Hof von Eisenach. Aber Frau von Buttlar sucht der Welt zu entkommen, in die sie hineingezwungen wurde. Sie findet Zugang zu Kreisen radikaler Pietisten, frommer Leute, die in der Bibel lesen, aber das Heil nicht in der Kirche suchen, sondern in der unmittelbaren, persönlichen Gotteserfahrung.

Bald fühlt sich Eva von Buttlar von Gott erweckt und berufen. Sie verweigert Gottesdienst und Abendmahl und wird dafür zunächst aus der Gemeinde ausgeschlossen, dann des Landes verwiesen. Ohne ihren Mann zieht sie Jahre lang in Mitteldeutschland umher, getragen von einem Netzwerk ähnlich gesinnter Kreise. Schließlich gründet sie gemeinsam mit dem Theologen Justus Winter und dem Medizinstudenten Johann Georg Appenfeller eine "christliche und philadelphische Sozietät". Das soll am 2. Januar 1702 gewesen sein. Die Gruppe bildet eine Lebensgemeinschaft, sie hat etwa 20 Mitglieder.

1704 bietet der Graf zu Sayn-Wittgenstein der Gruppe die Pacht eines abgelegenen Hofes in Saßmannshausen bei Laasphe an. Der sauerländische Graf ist verarmt. Er scheint mit der Gruppe wohlhabender Frommer auch materielle Ziele zu verfolgen. Aber die Sozietät wird in Laasphe nicht heimisch. Die Bauern, der Pfarrer, alle hassen sie als Außenseiter. Bald sind wilde Gerüchte im Umlauf über Gotteslästerungen, Unzucht, Abtreibungen und Mord an Säuglingen. Die Gruppe wird nur die "Buttlarsche Rotte" genannt. Man verhaftet sie und macht ihnen den Prozess. Aber der Graf verhilft den Angeklagten zur Flucht - auch dies nicht ohne Eigennutz: Er konfisziert ihr Vermögen, während sie erst ins Paderborner Land, später nach Altona bei Hamburg entkommen.

Das Bild der "Buttlarschen Rotte" wird bis heute von den Prozessakten geprägt, in welchen die voreingenommene Bevölkerung, der mit ihnen verfeindete Vorpächter des Hofes und der Ortspfarrer ihre Aussagen machen. Deshalb bleiben die wahren Vorstellungen der Gruppe unklar. Tatsächlich sind Eva und Johann Georg ein Paar. Aber ließen sie sich wirklich zusammen mit Justus Winter als Heilige Dreifaltigkeit verehren und hatten Sex mit ihren Anhängern? Sie selbst bestreiten das. Tatsächlich praktizierten sie eine grausame Operation zur Sterilisierung der Frauen, die so genannte Verschneidung. Das sollte aber nicht dem folgenlosen Sex dienen, sondern auf die nahe bevorstehende Endzeit vorbereiten.

Im damals dänischen Altona wird es still um Eva von Buttlar. Sie bleibt mit Appenfeller zusammen und stirbt im Jahr 1721.

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4. January 2007, 11:16   #34
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03. Januar 1967: Todestag Jack Ruby

Jack Ruby (eigentlich Jacob Leon Rubenstein, * 25. März 1911 in Chicago; † 3. Januar 1967) wurde bekannt als Mörder von Lee Harvey Oswald, der beschuldigt wurde, John F. Kennedy ermordet zu haben.

Leben

Ruby wurde als Kind polnisch-jüdischer Einwanderer geboren. Er lebte mit seinen sieben Geschwistern bei Pflegeeltern. Er geriet schnell in kriminelle Machenschaften. Schon als 16-Jähriger gehörte unter anderem der König des organisierten Verbrechens, Al Capone, zu seinen Auftraggebern.

Zuerst verdiente Ruby sein Geld durch Schwarzmarktverkäufe und durch Betrug bei Pferdewetten. Später dann durch seine Nachtclubs, die ihm viele Beziehungen einbrachten (z. B. zu Sam Giancana, dem damaligen Boss der Mafia in Chicago). 1937 wurde Ruby dann Gewerkschaftsorganisator in Chicago, wieder angeleitet durch die Mafia. Ruby plagten immer wieder Auseinandersetzungen vor Gericht und finanzielle Probleme.

Am 24. November 1963 erschoss Ruby den angeblichen Mörder von John F. Kennedy, Lee Harvey Oswald, im Keller des Polizeigebäudes von Dallas. Offiziell änderte Jack Ruby seine Aussage nie, Lee Harvey Oswald nur Jacqueline Kennedy zuliebe getötet zu haben. In einem Brief an einen anderen Anwalt jedoch schreibt er, dass diese Idee von seinem Anwalt Tom Howard kam. Dem Gefängnispsychologen erzählte er, dass man ihn erpresst habe, Oswald zu töten. Im Jahr 1978 wurde ein altes Fernsehinterview gefunden, das Ruby während einer Pause einer Gerichtsverhandlung gab. Ruby:
Das einzige was ich sagen kann. Alles, was von Bedeutung ist, alles, was geschehen ist, kam niemals ans Tageslicht. Die Welt wird niemals die wahren Tatsachen erfahren: mit anderen Worten, meine wahren Motive. Ich bin die einzige Person im Hintergrund, die die Wahrheit über alles, was sich auf meine Person bezieht, kennt.

Der Interviewer fragt Ruby, ob er glaube dass die Wahrheit jemals ans Licht kommen werde. Ruby:
Nein. Denn unglücklicherweise werden diese Leute, die so viel zu gewinnen haben und ein starkes Motiv hatten, mich in diese Lage zu bringen, in der ich bin, niemals zulassen, dass die wahren Tatsachen ans Tageslicht der Welt kommen.

Jack Ruby starb 1967 an Krebs, gerade, als der Fall John F. Kennedy erneut durch den Bezirksstaatsanwalt von New Orleans, Jim Garrison, aufgerollt wurde.

Filme

Die Ermordung Oswalds und die Rätsel um sein Verhalten vor und nach der Ermordung Kennedys waren Gegenstand von drei Filmen:
Ruby and Oswald – Der Fernsehfilm (1978) von Mel Stuart hält sich vor allem an die Ergebnisse der Warren-Kommission.
Ruby – Im Netz der Mafia – Der 1992 entstandene Spielfilm spekuliert über die Motivation und Hintergründe von Ruby, dargestellt von Danny Aiello. Unter anderem zeigt er Ruby als einen emotional instabilen, Publicity-hungrigen Menschen und beleuchtet seine langjährigen Verbindungen sowohl zur Mafia als auch zur Polizei in Dallas sowie seine Tätigkeit als FBI-Informant.
JFK – Tatort Dallas – In Oliver Stones Film von 1991 wird Ruby von Brian Doyle-Murray, einem Bruder von Bill Murray, dargestellt. Stones Blick auf die Geschehnisse ist stark von Verschwörungstheorien von Jim Marrs und L. Fletcher Prouty geprägt.

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4. January 2007, 11:18   #35
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04. Januar 1877: Tod des US-Magnaten Cornelius Vanderbilt

Jung und idealistisch vertritt Corneel van Derbilt die Idee, kein Mensch solle je mehr als 20.000 Dollar sein eigen nennen. Sechzig Jahre später hat Cornelius Vanderbilt, Nachkomme einfacher niederländischer Einwanderer in die USA, das größte Privatvermögen seiner Zeit zusammengerafft, angelegt in Eisenbahn-, Schifffahrts- und Grundstücksaktien. Sein Erfolgsrezept? "Gentlemen, Sie wollten mich betrügen", schreibt er um 1850 an die Konkurrenz, "ich werde Ihnen nicht den Prozess machen. Ich werde Sie ruinieren." Bestechung und Erpressung, Spekulation und Ausbeutung sind für Vanderbilt legitime Geschäftsmethoden. New Yorks Upper Class straft ihn dafür mit Verachtung, kann aber nicht verhindern, das dieser skrupellose Parvenü, ausgestattet mit Instinkt für den richtigen Zeitpunkt und Mut zu Innovationen, immer mehr Geld in immer größere Macht verwandelt.

Die Erfolgsstory des 1794 auf einem Bauernhof bei New York geborenen Unternehmers beginnt mit 100 Dollar, die er sich als 17-Jähriger zum Kauf eines Segelboots von seiner Mutter leiht. Damit zieht er einen Fährdienst zwischen Staten Island und New York auf, so erfolgreich, dass aus dem Boot bald eine kleine Flotte wird. Mit 26 registriert Vanderbilt das baldige Ende der Segler-Ära, macht Kasse und heuert einige Jahre auf einem Dampfschiff an. Mit 33 hat er genug gelernt, macht sich wieder selbständig und lehrt seine früheren Vorgesetzten das Fürchten. Mit knapp 40 Jahren besitzt der nun respektvoll "Commodore" genannte Selfmade-Reeder 100 Dampfer, ist zig-facher Millionär und expandiert gnadenlos weiter. Mit der einfachen Methode, immer der Billigste am Markt zu sein, drängt sich Vanderbilt in das Geschäft auf den Transkontinental- und Transatlantik-Routen. Ist die Konkurrenz erledigt, werden die Preise wieder nach oben getrieben. Sicherheit auf seinen Schiffen interessiert Vanderbilt nicht. Die Rendite muss stimmen.

Den Coup seines Lebens landet der steinreiche Vanderbilt in einem Alter, in dem andere Wirtschaftskapitäne sich zur Ruhe setzen. 1861 bricht der amerikanische Bürgerkrieg aus. Der Großreeder zieht Regierungsaufträge zur Truppenversorgung an Land, stellt aber bald fest, dass das mit Schiffen kaum zu schaffen ist. Konsequent wie immer macht Vanderbilt seine Flotten zu Geld und steigt um auf Eisenbahnenaktien. Und wie zuvor gründet Vanderbilt keine Linien, sondern kauft auf, verdrängt und übernimmt - mit Mut zum Risiko. Obwohl die Konkurrenz ihn für wahnsinnig hält, investiert Vanderbilt auf einer Hauptroute in zwei Trassen nebeneinander und behält Recht: der Profit verdoppelt sich. Auf dem Höhepunkt seiner Macht erbaut sich der Eisenbahn-Magnat seine eigene Kathedrale, die New Yorker Grand Central Station im Herzen Manhattans. Mit 83 Jahren stirbt Cornelius Vanderbilt am 4. Januar 1877 in seiner Residenz am Washington Place. Seinen Nachkommen hinterlässt er das für die damalige Zeit unerhörte Vermögen von 100 Millionen Dollar.

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5. January 2007, 09:35   #36
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05. Januar 1932: Geburtstag Umberto Eco

Umberto Eco (* 5. Januar 1932 in Alessandria, Piemont) ist ein italienischer Schriftsteller, Philosoph, Medienwissenschaftler und vielleicht der bekannteste zeitgenössische Semiotiker. Seit 1971 ist er an der Universität Bologna Professor für Semiotik und besitzt 31 Ehrendoktortitel (u.a. in Deutschland an der Freien Universität Berlin).

„Eco“ ist der Name, der seinem Großvater, angeblich ein Findelkind, von Priestern gegeben worden sein soll - entstanden aus dem Akronym von „Ex Caelis Oblatus“, was in etwa „Der vom Himmel Gespendete“ bedeutet. Umberto Eco schloss sein Studium der Pädagogik und Philosophie 1954 mit einer Dissertation über die Ästhetik des Thomas von Aquin ab (Titel: Il problema estetico di San Tommaso). Im Bereich der Semiotik entwickelte er die Theorie der Kultursemiotik. Er ist verheiratet mit Renate Ramge, einer in Frankfurt geborenen Expertin für Kommunikation und Design, mit der er einen Sohn und eine Tochter hat.

Eco ist einer der bekanntesten und meistgelesenen italienischen Schriftsteller der Gegenwart. Einem breiteren Publikum ist Eco vor allem aufgrund seiner literarischen Arbeiten bekannt, in denen er ausgiebig Gebrauch von Zitaten und Montagetechniken macht, was zu ihrer Charakterisierung als den postmodernen Romanen schlechthin geführt hat.

Umberto Eco ist seit Oktober 2003 Mitglied der französischen Ehrenlegion. Eco war ein aktiver und vehementer Gegner von Silvio Berlusconi, der von 2001 bis 2006 das Amt des italienischen Regierungschefs bekleidete. Noch vor dessen Wahlniederlage im April 2006 hatte Eco angekündigt, dass er bei einem erneuten Wahlsieg Berlusconis ins freiwillige Exil gehen würde.

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7. January 2007, 15:40   #37
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06. Januar 1952: der internationale Frühschoppen geht auf Sendung

1954 gehen wäschekörbeweise Protestbriefe beim Westdeutschen Rundfunk ein. Die deutschen Zuschauer sehen sich um ein Ereignis betrogen, das zum Sonntag fest dazugehört. Werner Höfer, Moderator des "Internationale Frühschoppens", hat es gewagt, die Sendung wegen Urlaubs ein paar Mal hintereinander ausfallen zu lassen. Die Nation ist schockiert, Höfer gibt nach. Von nun an wird der "Internationale Frühschoppen" weit über 30 Jahre lang ohne Unterbrechung an seinem angestammten Sendeplatz ausgestrahlt. In den Ferien fährt Höfer sonntags extra von der Nordsee ins Studio und zurück. Selbst Umweltkatastrophen können das Programm nicht stoppen. Während der Flutkatastrophe 1962 leitet er die Sendung telefonisch von Sylt aus.

Am 6. Januar 1952 geht der "Internationale Frühschoppen" zum ersten Mal auf Sendung. Sechs Journalisten aus fünf Ländern sitzen an einem wolkenförmigen Tisch im Hörfunkstudio. Ein Jahr später wechselt Höfer mit dem Konzept zum Fernsehen, um das aktuelle Weltgeschehen anhand unterschiedlicher Positionen zu erklären. Bald schon gehört der "Internationale Frühschoppen" zum deutschen Sonntagsritual. Nach dem Kirchgang um Punkt 12:00 Uhr sitzt die Familie vor dem Fernseher, das Mittagessen wird auf die Zeit danach verschoben. Im Studio darf geraucht werden, was die zumeist männlichen Journalisten auch ausgiebig tun. Alkohol wird gereicht, Moslems bekommen Apfelsaft in ihre Weingläser gefüllt. Nach den Diskussionsrunden dürfen Zuschauer per Telefon Fragen stellen. Einmal fragt ein hungriger 16-Jähriger, ob man die Sendung nicht vielleicht um eine halbe Stunde vorverlegen können. Aber der Termin bleibt bestehen.

1987 wird der "Internationale Frühschoppen" eingestellt. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gräbt einen Artikel aus dem "12 Uhr Blatt" von 1943 aus, der aus der Feder Höfers stammt. In ihm wird die Hinrichtung des Pianisten Karlrobert Kreiten gerechtfertigt, der behauptet haben soll, dass der Krieg verloren sei und zum Untergang deutscher Kultur führen werde. In einem anschließenden Rechtfertigungsversuch bezeichnet sich Höfer als "unpolitischen Intellektuellen" und verschlimmert damit seine Position als führender politischer Kopf im deutschen Fernsehen. Der Rundfunkrat des WDR beschließt, Höfer "zur Aufgabe seiner Sendung zu bewegen". Die Fraktionen von SPD und CDU billigen die Entscheidung. Nach der 1874. Sendung wird der "Internationale Frühschoppen" durch den "Presseclub" ersetzt. Höfer stirbt 1997 in Köln.

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7. January 2007, 15:48   #38
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07. Januar 1937: Juliana heiratet Bernhard zu Lippe-Biesterfeld

Königin Wilhelmina muss an jenem nasskalten Januartag 1937 ein wahrhaft majestätischer Stein vom Herzen gefallen sein. Kaum jemand im niederländischen Königshaus hat damit gerechnet, dass Wilhelminas einzige Tochter Juliana, bereits 27 Jahre alt, noch einen Ehemann finden würde. Kein ernsthafter Kandidat hatte je um die Hand der als schüchtern und verlegen geltenden Kronprinzessin angehalten. Ohne Prinzgemahl und Nachwuchs aber wäre die Oranier-Dynastie zum Aussterben verurteilt gewesen. Dann endlich lernt die wohlbehütet aufgewachsene Thronfolgerin 1935 den charmanten, weltgewandten Juristen Bernhard zu Lippe-Biesterfeld kennen. Wenige Monate später verkündet eine überglückliche Juliana den Untertanen übers Radio ihre Verlobung mit dem Deutschen und die Niederländer sind begeistert. Die Hochzeitsfeier des jungen Paares gerät zum Volksfest. Den Haags Straßen sind in Siebenerreihen von Menschen gesäumt, so dass sich die goldene Hochzeitskutsche ihren Weg durch ein Meer von orangefarbenen Fähnchen bahnen muss.

Direkt nach dem Ja-Wort brechen Juliana und Bernhard zu einer dreimonatigen Hochzeitsreise auf. Neun Monate später kommt Töchterchen Beatrix zu Welt und die Monarchie ist gerettet. Während des Zweiten Weltkriegs legen sich erste Schatten über das Familienglück. Bernhard, ehemals SA-Angehöriger, soll sich Hitler als Statthalter der Niederlande angedient haben. Beweise dafür tauchen nie auf, doch die Gerüchte halten sich bis heute. Am 4. September 1948 tritt Königin Wilhelmina zurück und proklamiert die stets bescheiden auftretende Juliana als Nachfolgerin. Vier Jahre später gerät die neue Königin unter den bestimmenden Einfluss einer ebenso esoterisch wie pazifistisch angehauchten Beraterin, was eine veritable Staats- und Ehekrise nach sich zieht. Zur größeren Belastung für das Herrscherhaus erweist sich allerdings in den folgenden Jahren Prinz Bernhard. Der umtriebige Prinz genießt sein Jet-Set-Leben und hält nicht allzu viel von ehelicher Treue. Dank seines Renommees als Gründungspräsident des World Wildlife Funds (WWF) übersteht Bernhard aber alle Skandale unbeschadet.

Erst die Lockheed-Affäre bringt ihn 1976 zu Fall. Weil er über eine Million Dollar Schmiergeld des Flugzeugherstellers angenommen hat, muss der Prinz von allen militärischen Ämtern zurücktreten. Danach wird es ruhig um das königliche Paar. Für alle überraschend übergibt Juliana im Januar 1980, zum 42. Geburtstag von Prinzessin Beatrix, nach 32 Jahren den Thron an ihre Tochter. Sie selbst zieht sich nach und nach völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Ende der 90er Jahre erkrankt Juliana an Demenz und stirbt, nach Jahren völliger Abgeschiedenheit auf Schloss Soestdijk, im März 2004 - kurz vor ihrem 95. Geburtstag. Nur neun Monate später wird auch Prinz Bernhard zu Grabe getragen.

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8. January 2007, 11:16   #39
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08. Januar 2002: Die Ergebnisse zu PISA 1 werden veröffentlicht

Helga kocht vor Wut. Gerade mussten die Wände ihrer Schule zum vierten Mal von Graffiti befreit werden. "Kreativität ist bewundernswert", schreibt sie in einem Brief an ihre Freundin Sophia, "aber die Leute sollten Ausdrucksformen finden, die der Gesellschaft keine zusätzlichen Kosten aufbürden." Sophia kontert: "Haben dich die Leute, die Reklametafeln aufstellen, um Erlaubnis gebeten?", heißt es in ihrem Antwortschreiben.

Aber was wollen Helga und Sophia eigentlich sagen? Ist die Absicht ihrer Briefe, zu erklären, was Graffiti eigentlich ist? Wollen Sie die Popularität der Kunstform beweisen - oder vielmehr illustrieren, wie viel Geld zur Entfernung der Schmierereien ausgegeben wird? Von welchen Kosten ist bei Helga überhaupt die Rede? Und: Warum verweist Sophia auf die Werbung? Diese und ähnliche Fragen finden sich im Programme for International Student Assessement (PISA). Mit seiner Hilfe wollen 32 Industriestaaten der OECD testen, ob ihre Schüler - und damit ihre Gesellschaften - im globalisierten Arbeitsalltag künftig überleben können.

Im ersten Teil der PISA-Studie, deren Ergebnisse am 4. Dezember 2001 veröffentlicht werden, geht es um Lese- und Textverständnis. Weltweit beteiligen sich hunderttausende von 15-Jährigen, am erfolgreichsten sind Schüler aus Finnland, Korea, Japan und Kanada. In Deutschlands Schulen hingegen kommen die Botschaften von Helga und Sophia offenbar nicht an. 20 Prozent der Schüler verstehen ihre Briefe nur ungenügend, bei Kindern an- und ungelernter Arbeiter sind es sogar doppelt so viele. Im Bereich der Lesefähigkeit stellen die PISA-Macher Deutschland deshalb ungenügende Noten aus. Im internationalen Vergleich landet das ehemalige Land der Dichter und Denker abgeschlagen im letzten Drittel. In keinem anderen Land hängen soziale Herkunft und schulische Leistung zudem so eng zusammen. "Eine deutsche Bildungskatastrophe", lautet das plakative Resümee einer Tageszeitung. Und eine andere fragt: "Sind Deutschlands Schüler doof"?

Zwei Jahre später werden deutschen Schülern bei einer Nachfolgestudie Fragen zu Mathematik und Problemlösung gestellt. Vor allem im zweiten Bereich können sie deutlich zulegen, Deutschland rückt auf Platz 18 vor. Zu wenig, sagen Kritiker des Bildungssystems - und ziehen aus den Zahlen je nach politischer Ausrichtung die unterschiedlichsten Schlüsse. Die Angst um den Wirtschaftsstandort Deutschland schwingt in den politischen Debatten allerdings immer mit. Die meisten Bildungsforscher fordern eine radikale Umstrukturierung des Bildungssystems, bei dem schlechte und gute Schüler nicht bereits nach der vierten Klasse unterschiedliche Wege gehen. "Ein längeres gemeinsames Lernen wäre eine Alternative", sagt etwa der Essener Wissenschaftler Klaus Klemm. "Aber ich sehe natürlich auch, dass das im Augenblick und wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren kaum mehrheitsfähig ist." 2007 werden die Auswertungen im Bereich der Naturwissenschaften, dem dritten Teil der PISA-Studie, veröffentlicht werden.

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9. January 2007, 08:42   #40
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09. Januar 1902: Geburtstag Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás

1928 in einem Armenviertel Madrids: Der Priester Josemaría Escrivá, adliger Herkunft, organisiert für seine Pfarrangehörigen Wohnungen, baut Schulen auf, sammelt Geld. Zur Unterstützung seiner Sozialarbeit gründet der am 9. Januar 1902 im nordspanischen Barbastro geborene Seelsorger eine Gemeinschaft von Handwerkern und Studenten, die ehrenamtlich helfen und sich zu einem strengen katholischen Leben verpflichten. Das "Opus Dei", lateinisch für "Werk Gottes", wächst zu einer überregionalen Gemeinschaft mit einer straffen Gliederung eingeschriebener, ordentlicher und außerordentlicher Mitglieder heran. Seit 1943 bilden die Priester im Opus Dei eine eigene Gruppe, die Priestergemeinschaft "vom Heiligen Kreuz". Escrivá lässt sich von den Angehörigen "Padre" (Vater) nennen. Seine Gründung erhält die Anerkennung des Vatikans. Escrivá reist noch im Alter durch Europa und Lateinamerika, um für sein "Werk Gottes" zu werben. Es entwickelt sich zu einem Netzwerk konservativer katholischer Elite mit guten Kontakten in Politik, Wirtschaft und zur Kirchenleitung. Escrivá stirbt im Juni 1975.

1982 erhält das "Opus Dei" als erste Organisation überhaupt die päpstliche Anerkennung als so genannte "Personalprälatur": Damit ist es weitgehend unabhängig von den jeweiligen Ortskirchen. Das verstärkt die Kritik an der Organisation als einem geheimniskrämerischen Netzwerk. Aussteiger berichten von sektenartigen Strukturen und blutigen Bußritualen. Im Jahr 2002 spricht Johannes Paul II. Escrivá heilig. So wenige Jahre nach seinem Tod ist diese Ehre seit dem Mittelalter niemand mehr zuteil geworden. Das verstärkt noch den Eindruck vom großen Einfluss des "Opus Dei" im Vatikan. Immer wieder wird bekannt, dass Mitglieder der Organisation Schlüsselstellungen in der Kirche besetzen, so zuletzt in Köln, als Kardinal Meisner im November 2006 ein "Opus Dei"-Mitglied zu seinem Pressesprecher beruft. Mitte der 90er Jahre zählt die Organisation rund 80.000 Mitglieder in fast 90 Ländern. Nur zwei Prozent von ihnen sind Priester.

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10. January 2007, 15:42   #41
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10. Januar 1862: Todestag Samuel Colt

Mit 16 Jahren macht sich Samuel Colt auf den Seeweg nach Indien. Die Arbeit in der Papiermühle seines Vaters ist ihm zu langweilig geworden, jetzt sucht er das Abenteuer. Der Legende nach schießt ihm beim Betrachten des Steuerruders im Frachter eine zündende Idee durch den Kopf: die Idee zu einer Faustfeuerwaffe mit drehbarem Zylinder, in dem fünf oder sechs Patronen stecken. Tatsächlich ist Colt nicht der Erfinder des Revolvers, trägt aber maßgeblich zu seiner Verbesserung und Verbreitung im Wilden Westen bei.

Colt wird 1814 in Hartford, Connecticut, geboren. Mit zehn Jahren experimentiert er erstmals mit Schießpulver; vier Jahre später wird er wegen Schusswaffenbesitzes von der Schule verwiesen. Eine gefährliche "Demonstrationsexplosion" in seiner Heimatstadt endet im Desaster, weil sie die Zuschauer über und über mit Schlamm bespritzt. "Dem Erfinder gelang es nur mit Mühe, der erbosten Menschenmenge zu entkommen", heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. 1835 lässt sich Colt den Trommelrevolver in Europa patentieren. Ein Jahr später - er besitzt inzwischen auch das Patent für die USA - gründet er eine Waffenfabrik. 1847 ordert die US-Armee 1.000 seiner damals noch über zwei Kilo schweren und mit einem 40 Zentimeter langen Lauf ausgestatteten Handfeuerwaffen: der erste Großauftrag. Im Sezessionskrieg 1861 beliefert Colt die Nordstaaten und die Südstaaten mit zwei eigenen, Reb North und Reb South genannten Modellen. Rund 1.500 Angestellte arbeiten im Schichtdienst, um die verfeindeten Parteien zu bedienen. Auch für das Transportunternehmen Wells & Fargo entwickelt er eine Sonderedition, bei der schnelles Nachladen nicht möglich ist: Die Gesellschaft ist der Ansicht, dass im Falle eines Überfalls auf ihre Kutschen ohnehin keine Zeit bleibt für ein ausgiebiges Duell.

Die Expansionsbestrebungen der Mormonen, Farmer, Viehzüchter, Händler und Goldsucher tun ihr übriges, um den Colt zum Mythos zu machen, ebenso wie der Western, bei dem die Waffe als explosives Accessoire neben Stiefeln und Stetson zur Standardausrüstung korrekt gekleideter Cowboys und Ganoven gehört. Um den Nachfrage nach seinem Revolver zu stillen, entwickelt der Unternehmer lange vor Henry Ford Methoden der Massenproduktion mit austauschbaren Revolverteilen samt moderner Managementführung und Marketingstrategie. Zweigstellen in London und New York entstehen. Als Colt am 10. Januar 1862 im Alter von 47 Jahren in seiner Geburtsstadt Hartford stirbt, ist er einer der reichsten Männer der USA. Seinen eigentlichen Siegeszug als Tötungsmaschine schießwütiger Westernhelden aber tritt sein Revolver erst unter seiner Witwe an: mit einem "Peacemaker " genanten Revolver, mit dem sich zu Fuß oder zu Pferde noch leichter schießen lässt.

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12. January 2007, 08:15   #42
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11. Januar 1972: Das Eros-Center Köln wird eröffnet

Bereits Stunden vor der geplanten Öffnung am 11. Januar 1972 erreicht der Hormonstau den kritischen Punkt. Lautstark randalierend erzwingen die wartenden Freier ihren vorzeitigen Einlass ins neue Lustspielhaus. Als dann um 15.00 Uhr exakt 71 Männer den Kontakthof des neuen Kölner Eros-Centers stürmen, werden sie lediglich von drei Damen freudig erwartet. Der Rest der Belegschaft richtet noch die Korsagen oder ist noch gar nicht eingezogen. So startet das Kölner Rotlicht-Milieu mit kleiner Besetzung in einem Außenbezirk ein revolutionäres Geschäftsmodell und löst damit ein Verkehrsproblem in der Innenstadt. Das Eros-Center an der Hornstraße ist Europas erstes Hochhausbordell.

Bis dato residierte das horizontale Gewerbe der Domstadt in der Kleinen Brinkgasse, mitten in der Kölner City. Dort jedoch waren die Prostituierten den Anwohnern und umliegenden Geschäftsleuten ein dauerndes Ärgernis. Freier verstopften ständig die Zufahrtsstraße und dunkle Gestalten wickelten krumme Geschäfte ab, so dass die Polizei Stammgast war, rund um Kölns kleine Freier-Meile. Also beschloss der Rat der Stadt, die Geschäfte der leichten Mädchen an einem leicht kontrollierbaren Ort zu zentrieren. Mitten im Niemandsland eines Gleisdreiecks errichtete daraufhin ein konzessionierter Betreiber auf städtischem Grund und Boden ein Hochhaus mit vielen kleinen Separees. Ex und hopp, dachten sich die Stadtväter und machten damit die Rechnung ohne die geschäftstüchtigen Damen des Gewerbes.

Die haben nämlich überhaupt keine Lust, ihr lauschiges Gässchen in bester Innenstadtlage gegen ein Betonsilo am Stadtrand einzutauschen und ziehen vor Gericht. Während eine Notbesetzung im neuen Eros-Center versucht, den Geschlechtsverkehr in den Griff zu kriegen, streiten die Kolleginnen bis zum Oberverwaltungsgericht um ihr Bleiberecht. Doch die Stadt setzt sich durch und besiegelt das Ende der Bordellgasse. Im Eros-Center "am Goldenen Horn" brummt das Geschäft bis Ende der 70er Jahre. Dann verlassen die Frauen in Scharen den Beton-Bunker und gehen in privaten Clubs anschaffen. Erst nach einer Zwangsversteigerung 1995 und der Umbenennung in "Pascha" wird Europas größtes "Laufhaus" wieder zu einer gefragten Adresse.

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12. January 2007, 08:18   #43
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12. Januar 1957: Gründung der Führungsakademie der Bundeswehr

"Mens agitat molem" - Der Geist bewegt die Materie, heißt der Leitspruch der Führungsakademie der Bundeswehr, die am 12. Januar 1957 in Bad Ems gegründet wird. Im darauf folgenden Jahr verlegt sie ihren Sitz nach Hamburg. Bis heute gilt sie als Elite-Schmiede: Nur die Besten eines Jahrgangs von Offiziersanwärtern werden an die Elbe eingeladen, um an der "Ausbildung zum Generalstabsdienst" teilzunehmen - obwohl es in der Bundesrepublik nach den Erfahrungen im Kaiserreich und in der Nazi-Zeit gar keinen Generalstab mehr gibt. An den Lehrgängen der Führungsakademie nehmen von Anfang an auch Militärs aus anderen Ländern teil, zunächst ausschließlich aus Nato-Staaten, ab 1962 ebenfalls aus anderen Nationen. Mittlerweile sind 50 bis 60 Länder ständig vertreten. Lerninhalte sind neben Militärhandwerk wie Strategie, Organisation und Menschenführung auch geschichtliches Wissen. Ebenso wichtig seien menschliche Qualitäten, versichert der Kommandeur der Akademie, Generalmajor Wolf-Dieter Löser. Man wolle bewusst keine kalten Militärmanager ausbilden: "Führen heißt mehr als managen. Führen heißt zum einen, die Ziele setzen. Aber Führen heißt auch, mit seinem Verhalten ein persönliches Beispiel geben." Charakter sei eine wesentliche Eigenschaft, um führen zu können.

"Im entscheidenden Maße wird es auf die Menschen ankommen und auf den Geist, mit dem diese Menschen an ihre Aufgaben herangehen", hat Verteidigungsminister Theodor Blank (CDU) bereits bei der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 erklärt. Zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist damals klar, dass dieser Geist nicht die blinde Treue und der unbedingte Gehorsam von Hitlers Wehrmacht sein kann. "Innere Führung" heißt das neue Konzept, das vom ehemaligen Wehrmachtsmajor Wolf Graf von Baudissin stammt, einem der Gründerväter der Bundeswehr. Das Konzept schlägt sich im Soldatengesetz nieder: "Ungehorsam liegt nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt wird, der die Menschenwürde verletzt." Der "Staatsbürger in Uniform" ist das Leitbild, an dem sich die junge Bundeswehr orientieren soll. Historischer Vorläufer dafür ist der "Bürger im Soldatenrock" - eine Idee des preußischen Generals Gerhard von Scharnhorst. Nach seinem Motto "Bildung statt Adelstitel" hat er die Prügelstrafe abgeschafft und 1810 die Preußische Kriegsakademie gegründet, das Vorbild für die Führungsakademie der Bundeswehr.

Gegen die neuen Leitbilder gibt es lange Widerstand von so genannten Traditionalisten in der Bundeswehr. Noch Ende der 1960er Jahre beschwert sich Reformer General Graf Baudissin, dass sein Konzept der "Inneren Führung" massiv unterlaufen werde und Korpsgeist sich wieder breit mache. Immer wieder gibt es Vorfälle, die das Führungspersonal der Bundeswehr in ein schlechtes Licht rücken. 1997 wird bekannt, dass rund drei Jahre zuvor Manfred Roeder, vorbestrafte Symbolfigur deutscher Neonazis, auf Einladung der Führungsakademie vor Offizieren einen Vortrag in den Räumen der Hamburger Bildungsstätte gehalten hat. Auch wenn damals Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) sofort disziplinarisch einschreitet, bleibt die Frage, ob die Werte, die in der Führungsakademie vermittelt werden sollen, auch in der Truppe ankommen. Wiederholt sind in den vergangenen Jahren Fotos von Soldaten in rechtsextremen Posen und Berichte über Misshandlungen von Untergebenen an die Öffentlichkeit gelangt. Bei solchen Vorkommnissen spricht die Bundeswehr regelmäßig von Ausnahmen. So auch bei den Bildern, die im Oktober 2006 auftauchen und deutsche Soldaten in Afghanistan mit Totenschädeln zeigen. "Das ist natürlich kein Versagen der Inneren Führung", sagt Akademie-Kommandeur Löser. "Ich bin sicher, dass das Einzelfälle sind, selbst wenn es einige Soldaten waren."

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13. January 2007, 12:45   #44
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13. Januar 1992: Todestag Josef Neckermann

Im Augenblick seines Abschieds vom Reitsport 1981 weint Josef Neckermann wie ein Kind. Nach 333 Siegen offenbart da in der Aachener Soers ein Herr Gefühle, den die Deutschen seit Jahrzehnten nur als perfekte Verkörperung von tadelloser Haltung, eiserner Disziplin und distanzierter Höflichkeit kennen. 20 Jahre lang gehörte der nun 69-Jährige zur Weltspitze des Dressur-Reitens, war Welt- und Europameister. Auch olympisches Gold errang er zwei Mal, allerdings nur mit der Mannschaft. Der Einzel-Titel blieb dem auf Leistung fixierten Neckermann, der sonst alles möglich machte, bei vier olympischen Ritten versagt. Darunter leidet er, dort in Aachen und bis zu seinem Tod. "Mit dem zweiten Platz fing für mich von jeher die Niederlage an", bekennt er in seinen Erinnerungen.

Kavallerieoffizier hat der 1912 in Würzburg geborene Sohn eines wohlhabenden Kohlenhändlers werden wollen. Der frühe Tod seines Vaters zwingt ihn in die Kaufmanns-Laufbahn. Mit 23 wagt Neckermann den Sprung in die Selbständigkeit. Für einen Spottpreis übernimmt er 1935, inzwischen NSDAP-Genosse, ein Würzburger Kaufhaus, dessen jüdischer Besitzer zur Aufgabe gezwungen wird. Drei Jahre später profitiert Neckermann wieder von der Arisierungs-Welle und übernimmt in Berlin eine ehemals jüdische Wäschefabrik. Nach Kriegsbeginn avanciert der Unternehmer zum stellvertretenden "Reichsbeauftragten für Kleidung und verwandte Gebiete" und macht glänzende Geschäfte als Uniformlieferant. Wegen seiner NS -Kollaboration bezeichnet Altbundeskanzler Helmut Schmidt noch 1994 Neckermann als "Nutznießer des braunen Terrors". Neckermann selbst ist zeitlebens frei von jedem Schuldbewusstsein. Man lebe nun mal nicht in einem Geschichtsbuch, ist später sein lakonischer Kommentar zu diesem Kapitel, und er bereue nichts.

In den 50er Jahren liefert Neckermanns Versandhaus den Deutschen das Wirtschaftswunder frei Haus, wird der Neckermann-Katalog zur unverzichtbaren Konsum-Bibel. Neckermanns Geschäftsphilosophie, als "billiger Jakob" Luxusgüter von gestern zu Gebrauchsgütern von morgen zu machen, erweist sich als überaus erfolgreich. "Neckermann macht's möglich" wird zum geflügelten Wort. Ab 1963 bietet das Unternehmen auch Flugreisen an und gibt damit den Startschuss zum umstrittenen Massentourismus. Der Einstieg ins Reisegeschäft bleibt aber Neckermanns letzter unternehmerischer Erfolg. Im selben Jahr steigt der Großindustrielle Friedrich Flick mit seinen bei Neckermann investierten 70 Millionen Mark wieder aus. Von diesem Kapitalverlust wird sich der Konzern nicht mehr erholen. 13 Jahre später ist Neckermann ein Sanierungsfall und wird vom Warenhauskonzern Karstadt geschluckt. Eine Entscheidung mit Langzeitfolgen, denn bis zum heutigen Tag belastet das Neckermann-Erbe die Bilanzen des Branchenriesen. Josef Neckermann selbst erwirbt nach Ende seiner Unternehmer- und Sportlerkarriere große Verdienste als Wegbereiter und Vorsitzender der Deutschen Sporthilfe. Bis 1988 trommelt der "Bettler der Nation" rund 220 Millionen Mark zur Förderung des Spitzensports zusammen und setzt sich damit als "Vater der Sportler" selbst ein Denkmal. In seinen letzten Lebensjahren erkrankt der lebenslange Kettenraucher an Lungenkrebs. Am 13. Januar 1992 stirbt Josef Neckermann 79-jährig in seiner Villa in Dreieich.

13.01.2007: Vor 15 Jahren: Todestag von Josef Neckermann - wdr.de - Stichtag
 
14. January 2007, 15:34   #45
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14. Januar 1957: Humphrey Bogart stirbt

In seinen Filmen spielt er oft skrupellose Gangster, zynische Detektive und eiskalte Einzelgänger. Seine Fans haben jedoch ein anderes Bild von Humphrey Bogart. Für sie ist er der "Bogartian Man": ein hartgesottener Typ, hinter dem sich ein Moralist und Romantiker verbirgt. Geprägt wird dieses Image durch einen einzigen Film, der 1942 in die amerikanischen Kinos kommt: "Casablanca". Als Barbesitzer Rick Blaine opfert Bogart die Liebe seines Lebens, um einem antifaschistischen Freiheitskämpfer die Flucht zu ermöglichen. "Casablanca" wird zum Kultfilm und macht Bogart zum Superstar.

Geboren wird Humphrey De Forest Bogart am 23. Januar - nach anderen Quellen am 25. Dezember - 1899 als Sohn eines erfolgreichen Arztes in New York. Mehrere Dienstboten kümmern sich um den kleinen Humphrey. Seine Mutter Maude ist eine gefragte Illustratorin. Sie zeichnet ein Bild ihres Babys, das schon bald Anzeigen und Etiketten für Babynahrung ziert. Weniger erfolgreich verläuft Bogarts schulische Laufbahn. Er fliegt wegen Faulheit von einer renommierten Privatschule und bricht sein Medizinstudium ab. Im Ersten Weltkrieg heuert Bogart bei der Marine an. Danach schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch und kommt durch die Vermittlung seines Vaters zum Theater. Am Broadway spielt Bogart jugendliche Liebhaber und aalglatte Salonlöwen. Als der Tonfilm aufkommt, werden in Hollywood dringend Schauspieler für Sprechrollen gesucht. Dass auch Bogart einen Vertrag bekommt, ist erstaunlich. Denn wegen einer Oberlippenverletzung lispelt er ein wenig. Bei seinem ersten Hollywood-Aufenthalt wirkt er in elf Filmen mit, allerdings nur in Nebenrollen. Erfolgsproduzent Carl Laemmle rät ihm, zur Bühne zurückzukehren. Zurück in New York, findet Bogart zunächst nur selten Engagements. Eines bringt ihn aber wieder nach oben. Es ist der Broadway-Hit "Der versteinerte Wald". Nach dem Bühnenerfolg sichert sich Warner die Filmrechte. Bogart erhält die Chance, wieder Filme zu machen.

Bei seinem zweiten Anlauf in Hollywood wird er - als Filmfigur - innerhalb von vier Jahren zwölf Mal erschossen, zwei Mal landet er auf dem elektrischen Stuhl. Er braucht 39 Filme, um sich mit 41 Jahren endlich durchsetzen zu können. Als Detektiv Sam Spade in "Die Spur des Falken" beginnt 1941 Bogarts Weltkarriere. Es folgen Filme wie "Casablanca", "Haben oder Nichthaben" (1944) und "Tote schlafen fest" (1946). Für seine Rolle in "African Queen" erhält er 1951 einen Oscar. Zu diesem Zeitpunkt ist Bogart bereits in vierte Ehe mit der 25 Jahre jüngeren Schauspielerin Lauren Bacall verheiratet. Zwei Kinder stammen aus dieser Ehe. Wie sie aufwachsen, erlebt der späte Vater nur kurz. Humphrey Bogart stirbt am 14. Januar 1957 mit 57 Jahren in Hollywood an Krebs.

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15. January 2007, 03:15   #46
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15. Januar 1797: John Hetherington wird wegen Zylindertragens verhaftet

Am 15. Januar 1797 ereignet sich in London ein kleiner Skandal: Der Hutmacher John Hetherington verlässt am helllichten Tag sein Haus mit einem selbst gefertigten Seiden-Zylinder auf dem Kopf. Sein Anblick löst einen Auflauf aus, ein großes Gedrängel, bei dem sogar einige Beteiligte, darunter ein Kind, verletzt werden. So sagen es die Gerichtsakten. Denn Hetherington wird von der Straße weg verhaftet und später wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zu einer Geldstrafe von 50 Pfund verurteilt.

Der Londoner Hutmacher ist angeblich der erste, der einen Zylinder in der Öffentlichkeit trägt. Was wahrscheinlich als Werbeaktion gedacht ist, wird offensichtlich als eine rebellische Tat verstanden. Denn ein "hoher Hut" ist ein revolutionäres Symbol: Die Jakobiner der französischen Revolution tragen hohe Hüte, ebenso die Freimaurer. In Amerika ist der Zylinder als "Quäker-" oder "Puritanerhut" bekannt und wird die Kopfbedeckung der Fortschrittlichen. Deshalb heißt er in England bald "Demokratenhut".

Solch ein Hut ist eine bürgerliche Anmaßung, denn hohe Hüte sind ursprünglich Herrschaftszeichen: Der Papst trägt die Tiara, der Kardinal den Kardinalshut, der Bischof die Mitra, der Doktor bekommt den Doktorhut verliehen. Erst einige Jahrzehnte nach Hetherington beginnen immer mehr Bürgerliche Zylinder zu tragen. Die Revolutionäre auf den Barrikaden von 1848 in Deutschland tragen Kalabreser mit breiter Krempe und Feder. Deshalb werden diese Hüte zeitweise verboten. Der Maler Adolph von Menzel behält den Zylinder demonstrativ auf dem Kopf, als ihm der preußische Adlerorden verliehen wird. Im Laufe des 19. Jahrhunderts avanciert der Zylinder mit dem Aufstieg des Bürgertums zur Kopfbedeckung des Establishments. So ist der Hut, der John Hetherington noch vor Gericht bringt, hundert Jahre später schon ein Kleidungsstück der Reaktion.

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16. January 2007, 09:20   #47
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16. Januar 1547: Iwan der Schreckliche wird zum ersten Zaren gekrönt

Zur Zeit von Iwans Geburt 1530 ist Russland noch ein halb barbarisches Land. Wirtschaftlich und politisch liegt es nicht nur hinter Westeuropa, sondern auch hinter den mitteleuropäischen Nachbarn weit zurück. 1533 stirbt Iwans Vater, Großfürst Wassilij III. und die mächtigsten Adelsfamilien Russlands, die Bojaren, übernehmen die Regentschaft. Am 16. Januar 1547, im Alter von 16 Jahren, setzt Großfürst Iwan IV. seine Krönung zum ersten Zaren Russlands durch. Der neue Herrschertitel ist dem oströmischen Kaisertum entlehnt und soll Iwans Hegemonieanspruch über die Bojaren unterstreichen. Die staatsmännische Leistung des ersten russischen Zaren besteht darin, dass er dem zerfaserten Riesenreich in seiner ersten Regierungsphase ein zentrales Verwaltungs- und Rechtssystem gibt. Er holt westliche Fachleute, Ärzte, Techniker und Handwerker, ins Land und verstärkt die Handelsbeziehungen mit England und Holland.

Seinen Beinamen "der Schreckliche" trägt Iwan IV., im übrigen ein hochintelligenter Mann, trotzdem zu Recht, auch wenn dieser auf einem Übersetzungsfehler beruht. Das russische "groznyi" bedeutet eigentlich "ehrfurchtgebietend". Iwans bizarre Persönlichkeit wurde immer wieder unterschiedlich gedeutet. Einig sind sich die Biografen darin, dass er ein krankhaft misstrauischer, von wahnhaften Zwängen besessener Mensch war, der die meisten Jahre seines Lebens unter kaum erträglichen körperlichen Schmerzen leidet. Schon in Iwans Kindheit offenbart sich ein stark übersteigertes Selbstgefühl, Brutalität und Gefühlskälte. Als 14-Jähriger lässt der unmündige Herrscher zum Spaß Menschen von Hausdächern stoßen oder ihnen für Unhöflichkeiten die Zunge herausschneiden. Während der meisten seiner 37 Regierungsjahre führt Iwan der Schreckliche Krieg. Doch seine Eroberungen verurteilen das Reich letztlich nur zu schier endlosen Kämpfen mit nichtrussischen Stämmen innerhalb der eigenen Grenzen und zu einer Auszehrung, von der sich Russland lange nicht erholt. Iwans jahrelanger, blutiger Kampf gegen die Vormachtstellung der Bojaren führt das Land in die dunkelste und schrecklichste Epoche seiner Regierungszeit, die Zeit der Opritschnina ("das Abgesonderte").

Angeblich zum Schutz seines Lebens annektiert der Zar etliche wirtschaftlich oder strategisch wichtige Territorien und fügt sie zu einem Staat im Staate zusammen, in dem er alle echten und vermeintlichen Feinde ermorden oder vertreiben lässt. Als Vollzugsorgan bildet Iwan dazu eine schwarz gekleidete Sondertruppe, die das ganze Land mit blutigen Gräueltaten in Angst und Schrecken hält. Den Höhepunkt erreicht der Terror der Opritschnina mit der legendären Verwüstung Nowgorods im Jahr 1570. Sein persönliches Ende leitet der moralisch wie physisch völlig zerrüttete Iwan selbst ein, als er im November 1581 seinen eigenen Sohn im Jähzorn erschlägt. Kurz bevor er am 18. März 1582, vermutlich wegen einer Vergiftung, beim Schachspiel tot zusammenbricht, lässt der von Reue geplagte Gewaltherrscher ein umfassendes Verzeichnis seiner Opfer anlegen. Historiker gehen davon aus, dass dem Terror-Regime Iwans des Schrecklichen rund 6.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Nur zum Vergleich: Allein in der von Iwans Zeitgenossin Katharina von Medici 1572 angezettelten Bartholomäusnacht werden mindestens 10.000 Hugenotten umgebracht.

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17. January 2007, 08:43   #48
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17. Januar 1942: Muhammad Ali wird geboren

"Wer auch nur davon träumt, mich zu schlagen, sollte aufwachen und sich dafür entschuldigen" - der dreimalige Boxweltmeister aller Klassen hat es der Welt nicht immer leicht gemacht, ihn zu lieben. Während seiner aktiven Zeit ist Muhammad Ali laut, lästig und großmäulig. Er sagt, was er denkt und tut nicht immer das, was von ihm erwartet wird. Der Nachfahre afroamerikanischer Sklaven wird am 17. Januar 1942 unter dem Namen Cassius Marcellus Clay in Louisville im US-Bundesstaat Kentucky geboren. Vater Cassius Clay arbeitet als Schildermaler, Mutter Odessa Lee Grady als Putzfrau und Köchin. Ab seinem 12. Lebensjahr widmet sich der junge Cassius dem Boxtraining, weil ihm sein Fahrrad geklaut wird und er sich den Dieb schnappen will. Er bekommt ihn nie zu fassen, dafür holt er sich innerhalb weniger Jahre alle nationalen Amateurtitel im Boxen. 1960 gewinnt er in Rom für die USA die olympische Goldmedaille im Halbschwergewicht. Doch als Clay in seiner Heimatstadt mit der Medaille um den Hals essen gehen will, muss er das Lokal verlassen. Er erzählt später, dass die Kellnerin zu ihm sagte: "Neger? Hier nicht! Und ich sagte: Die ess ich ja auch nicht, geben sie mir einfach eine Tasse Kaffee und einen Hamburger."

Cassius Clay gibt nicht auf und boxt sich nun als Profi nach oben. 1964 bekommt er mit 22 Jahren die Chance, gegen den amtierenden Weltmeister Sonny Linston anzutreten, der als unbesiegbar gilt. Sieben zu eins stehen die Wetten gegen Clay. In der Vorbereitungsphase beschimpft er seinen Gegner als Analphabeten, der das Boxen im Zuchthaus gelernt habe, als "einfach zu hässlich" und "zu alt, um gegen mich zu gewinnen". Dabei erklärt er erstmals: "Ich bin der Größte." Beim Kampf in Miami siegt Clay tatsächlich: "Ich habe die Welt aufgerüttelt. Ich bin der König der Welt. Ich bin schön und schnell." Am Tag nach seinem Sieg konvertiert Clay zum Islam, ändert seinen Namen in Cassius X und später in Muhammad Ali. Als Anhänger der "Black Muslims" bezieht er Position gegen Diskriminierung und verkündet: "Black is beautiful." Außerdem verweigert er den Kriegsdienst in Vietnam: "No Vietcong ever called me a Nigger" (Kein Vietcong nannte mich je Neger). Daraufhin wird ihm seine Boxlizenz entzogen und die Weltmeisterschaft aberkannt. Gefängnis und Geldstrafe drohen.

1970 darf Ali wieder in den Ring. 1974 holt er sich in Zaire beim "Rumble in the Jungle" gegen George Foreman den Weltmeistertitel zurück - eine Sensation. Doch die letzten vier Jahre seiner offiziellen Karriere schlägt er sich mehr schlecht als recht. Im Februar 1978 verliert er den Titel, holt ihn aber bereits im September wieder zurück. Kurz darauf tritt er vom Boxsport ab. Die Ärzte haben bei Ali das Parkinson-Syndrom diagnostiziert, das bei ihm Schüttellähmung und eine Starre der Körper- und Gesichtsmuskulatur hervorruft. Schon schwer gezeichnet von seiner Krankheit entzündet er im Sommer 1996 das olympische Feuer in Atlanta. Heute lebt Ali in vierter Ehe auf einer Farm in Berrien Springs im US-Bundesstaat Michigan. Er setzt sich ein für wohltätige Zwecke und die Verständigung zwischen den USA und den islamischen Staaten. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 spricht er in New York: "Was die Terroristen im Namen des Islam getan haben, das taten sie nur in ihrem Namen."

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18. January 2007, 16:10   #49
Jules
 
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18: Januar 1927: Todestag Hermann Müller-Thurgau

Seit 1.000 Jahren gedeiht in Deutschland der Riesling, die beliebteste Weinrebe des Landes. Aber oft gedeiht sie nicht: Riesling ist eine empfindliche Pflanze. Das will Ende des 19. Jahrhunderts ein Fachmann ändern: Herrmann Müller aus dem Schweizer Kanton Thurgau, den er später in seinen Namen aufnimmt. Müller, 1850 in Tägerwilen geboren, hat in Würzburg in Botanik promoviert und leitet ab 1876 die Pflanzenphysiologische Versuchsstation in Geisenheim. Hier beginnt er mit Kreuzungsversuchen zwischen Riesling und anderen Reben. Als er 1891 die neu gegründete deutsch-schweizerische Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil übernimmt, reisen die besten gezüchteten Setzlinge mit. Die neu entstandene Rebe erweist sich als robust, trägt gut und kann früher geerntet werden als der Riesling.

Als die Rebe 1913 in den deutschen Weinbau eingeführt wird, erhält sie den Namen Müller-Thurgau. Die neue Weintraube tritt einen Siegeszug an. Von 1975 bis 1996 verdrängt sie den Riesling sogar von Platz Eins. Dann aber kommt der Müller-Thurgau ins Gerede, wird zum Synonym für den süßen, teilweise gepanschten deutschen Massenwein. Derzeit erlebt die Traube eine Renaissance, häufig unter dem unverbrauchten Namen Rivaner. Der aber ist streng genommen falsch: Er beruht nämlich auf der Annahme, die Rebe sei eine Kreuzung zwischen Riesling und Silvaner. Gentechnische Versuche weisen 1998 jedoch nach, dass Hermann Müller-Thurgau den Riesling mit der Rebsorte Madeleine royal ("Königliche Mädchentraube") kreuzte, die wiederum eine Züchtung aus der Gutedel-Rebe ist.

Hermann Müller-Thurgau sperrt sich erst dagegen, dass die Traube nach ihm benannt wird. Aber die Züchter in Deutschland setzen sich durch. Müller-Thurgau, seit 1881 verheiratet mit Berta Biegen aus dem Weinanbaugebiet des Rheingau und Vater dreier Töchter, wird in Fachkreisen auch durch seine Forschungen zur alkoholischen Gärung und zu Rebenkrankheiten bekannt. Er stirbt am 18. Januar 1927 in Wädenswil.

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19. January 2007, 17:53   #50
Jules
 
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19. Januar 1957: Die Bauindustrie führt die 45-Stunden-Woche ein

Bei den Arbeitszeiten herrscht mittlerweile große Unübersichtlichkeit: Gleitzeit, Flexibilisierung, Arbeitszeitkonten - jede Branche hat ihr eigenes Modell. Während des Wirtschaftwunders in den 1950er Jahren herrscht dagegen noch Einheitlichkeit: Die Sechs-Tage-Woche mit 48 Stunden gilt für alle. Die Bundesrepublik ist im Aufbau-Fieber. Weil die Unternehmen wegen der guten Konjunktur sich keine Arbeitskämpfe leisten wollen, stimmen sie 1956 bei den Lohnverhandlungen einer Protokollnotiz zu, bis Oktober 1957 die Arbeitszeit zu verkürzen. Als die Arbeitgeber wieder davon abrücken, macht die Baugewerkschaft mobil. 70.000 Beschäftigte demonstrieren im September 1956 in Stuttgart für die Arbeitszeitverkürzung. Am 30. Oktober werden die Verhandlungen aufgenommen. Die Gespräche in Frankfurt am Main verlaufen zäh. Verhandlungsführer der Industriegewerkschaft Bau, Steine, Erden ist deren zweiter Vorsitzender Georg Leber, der spätere Verkehrs- und Verteidigungsminister.

Erst beim fünften Treffen gelingt am 19. Januar 1957 der Durchbruch. Die Arbeitszeit wird zum 1. April von 48 auf 45 Stunden verkürzt - bei vollem Lohnausgleich. Das entspricht einer Lohnerhöhung von 6,7 Prozent. Gleichzeitig wird der Lohn um sieben Pfennig pro Stunde angehoben. Vereinbart wird zudem eine Stufenregelung: Bis 1965 soll die Wochenarbeitszeit in vier Etappen auf 40 Stunden reduziert werden. "Dass war ein sehr schneller Schritt von 45 auf 40, so dass ich denke: Die Arbeitgeber hätten dem nicht zugestimmt, wenn es ihnen nicht gut gegangen wäre", sagt Ernst-Ludwig Laux, jahrelang Tarifexperte der Baugewerkschaft. Auf diese Weise wird innerhalb von acht Jahren für 1,6 Millionen Maurer, Maler, Klempner und Dachdecker die Arbeitszeit von 48 auf 40 Stunden reduziert.

Noch 1957 verabschieden sich auch andere Branchen von den 48 Stunden, unter anderem die Versicherungswirtschaft. "Mit diesem Schritt wurde die Fünf-Tage-Woche eingeläutet", sagt Tarifexperte Laux. Danach ist es mit der Vorreiterrolle der Bauwirtschaft allerdings vorbei. Die Zahl der Beschäftigten geht zurück und ein anderes bautypisches Thema tritt in den Vordergrund: Viel schuften im Sommer, arbeitslos im Winter. Ein ganzjährig stabiles Einkommen sei heute wichtiger als die Frage der Wochenstunden, meint Otto Kentzler. Der Lehrling von damals ist heute Präsident des Deutschen Handwerks und Chef eines Dachbau-Betriebs in Dortmund, wo man das Problem mit Hilfe von Arbeitszeitkonten löst.

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