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22. January 2007, 09:47   #51
Jules
 
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20. Januar 1942: Eine Besprechung mit anschl. Frühstück findet am Wannsee statt

Der 20. Januar 1942 ist ein strahlender Wintertag. An der SS-Villa in Wannsee, einem vornehmen Wohnviertel Berlins, fahren dunkle Limousinen vor. Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei, hat für zwölf Uhr 14 Teilnehmer zu einer "Besprechung mit anschließendem Frühstück" eingeladen. Dazu gehören Spitzenbeamte verschiedener Ministerien, SS- und Parteiführer. Das Thema des geheimen Treffens: die Juden. Zu Beginn teilt SS-Obergruppenführer Heydrich mit, Reichsmarschall Hermann Göring habe den Auftrag zur "Lösung der Judenfrage" von 1939 erweitert. Es gehe nun nicht mehr darum, "auf legale Weise den deutschen Lebensraum von Juden zu säubern" - etwa durch forcierte Auswanderung. Diese Maßnahme sei lediglich "angesichts des Fehlens anderer Lösungsmöglichkeiten vorerst in Kauf genommen" worden. Ziel sei jetzt "die Endlösung der Judenfrage". Der Plan, mit dessen Ausarbeitung er beauftragt sei, betreffe elf Millionen Juden in ganz Europa. Der 37-jährige Heydrich listet dabei auch Länder auf, die von den Deutschen nicht besetzt sind wie beispielsweise Großbritannien und die Schweiz. Die Juden sollen in Ghettos und Konzentrationslager im Osten deportiert werden und dort durch "natürliche Verminderung" infolge von Zwangsarbeit vernichtet werden. "Der allfällige verbleibende Rest" werde "entsprechend behandelt werden müssen."

"Hier war nicht nur eine freudige Zustimmung allseits festzustellen", erinnert sich später der Protokollant und SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann. Darüber hinaus habe es ein "sich Übertrumpfendes und Überbietendes im Hinblick auf die Forderung zur Endlösung der Judenfrage" gegeben. Bei seinem Prozess 1961 in Israel stellt sich Eichmann, der Organisator der Deportationen, als kleiner Befehlsempfänger dar: "Hier auf der Wannsee-Konferenz sprachen nun die Prominenz des damaligen Reiches, es befahlen die Päpste. Ich hatte zu gehorchen." Widerspruch gegen Heydrichs gigantischen Mordplan gibt es nicht. Zu Diskussionen kommt es nur über die so genannten Mischlingsjuden und jene Juden, die mit so genannten Ariern verheiratet sind. Man überlegt, ob man sie auch umbringen solle oder eine Sterilisation ausreiche. Es wird offen über verschiedene Tötungsmethoden gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits Hunderttausende Juden ermordet worden, vor allem durch Massenerschießungen von so genannten Einsatzgruppen. Nach Eichmanns späterer Aussage wissen alle Teilnehmer darüber Bescheid.

Nach dem Ende der eineinhalb-stündigen Unterredung speisen die Konferenzteilnehmer zusammen. Heydrich, Eichmann und Gestapo-Chef Heinrich Müller trinken am Kamin Cognac. Anschließend brechen die Schreibtischtäter auf, um bis 1945 die Ermordung von rund sechs Millionen Juden bürokratisch abzuwickeln. Vor Kriegsende werden wichtige Unterlagen zur so genannten "Endlösung der Judenfrage" systematisch vernichtet. So auch die meisten Abschriften des Protokolls der Wannsee-Konferenz: 29 Abschriften verschwinden, eine bleibt erhalten - weil ihr Besitzer inzwischen in Ungnade gefallen ist, im KZ sitzt und seine Kopie nicht mehr vernichten kann.

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22. January 2007, 09:48   #52
Jules
 
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21. Januar 1867: Geburtstag Ludwig Thoma

Im Jenseits fühlt sich der Bayer nicht wohl. Das jedenfalls beschreibt Ludwig Thoma in seiner wohl berühmtesten Erzählung "Ein Münchner im Himmel", in der der Dienstmann Alois Hingerl entgegen der "Hausordnung" unter den Engeln partout nicht frohlocken und Hosianna singen will. Sogar mit dem Herrgott legt er sich an, bis man ihn endlich wieder ins Hofbräuhaus hinunter lässt. Was oberflächlich wie der Lobgesang auf die bayerische Lebensart klingt, entpuppt sich bei genauerer Lektüre nicht zuletzt als bodenständige, wenn auch liebevolle Satire auf urbayerischen Starrsinn und Beamtentum.

Thoma wird am 21. Januar 1867 als Sohn eines Oberförsters in Oberammergau geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters beginnt eine wechselhafte Odyssee durch verschiedene bayerische Latein- und Gymnasialschulen, die 1905 in den "Lausbubengeschichten" (1905) ihren Niederschlag findet. Um in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten, studiert Thoma in Aschaffenburg Forstwirtschaft, wechselt aber schon bald zu Jura und siedelt nach drei Jahren als Anwalt in Dachau 1897 nach München über. Die Prozesse dieser Zeit bilden den Stoff für sein erstes Buch "Agricola" (1897). Thoma wird Mitarbeiter der Satirezeitschrift "Simplicissimius", die sein Denken zunächst prägt. "Dreinhauen, dass die Fetzen fliegen", lautet hier sein Motto. Wegen eines Beitrags muss er für sechs Wochen ins Gefängnis. Es entstehen sozialkritische Lustspiele wie "Die Medaille" (1901) oder "Moral" (1909) sowie Bauerntragödien und Romane, die vom bayerischen Dialekt leben und die teils verschrobenen Eigenheiten seiner Landsleute, aber auch die Fallstricke der Gerichtsbarkeit aus der Perspektive des Großstadtautors karikieren.

Pralinen in der Badewanne
Zu dieser Zeit führt Thoma das Leben eines Bohèmien. In Paris hat er eine Konkubine, in München soll er sich mit einer Sizilianerin die Tage Pralinen essend und Champagner trinkend in der Badewanne vertreiben. "Ein Leben zwischen Smoking und Lederhose" nennt das der Thoma-Kenner Fritz Fensel. Mit dem Ersten Weltkrieg kommt die Wende: Thoma, der den Kaiser einst als "aufgeblasenen Schwätzer" bezeichnet hatte, wird loyal und offenbart eine immer schon latent vorhandene nationalistische, rechtskonservative Gesinnung. Bereits als 32-Jähriger hatte Thoma als Mitarbeiter der Zeitschrift "Die Jugend" einige antisemitische Gedichte verfasst. Erst 1989 aber wird enthüllt, dass er in den zwanziger Jahren anonym zahlreiche Zeitungsartikel veröffentlichte, die gegen Juden und die Demokratie der Weimarer Republik agitieren. "Welch ein Spießer!", urteilt Kurt Tucholsky über den Thoma dieser Zeit.

Depressiv geworden, stirbt der an Magenkrebs erkrankte Thoma 1921 in Rottach. Er wird neben seinem Freund Ludwig Ganghofer beigesetzt. In seinem Nachlass befindet sich auch ein nicht ausgefüllter Mitgliedsantrag der NSDAP.

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22. January 2007, 09:50   #53
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22. Januar 152: Todestag Alexander Behm

Nilschiffer im alten Ägypten taten es, Kolumbus und Magellan taten es, und die ersten Dampferkapitäne taten es immer noch. Jahrtausende hindurch maßen sie alle die Wassertiefe unter dem Kiel ihrer Schiffe mittels eines Bleilots an einer langen Leine. Erst ein Gedankenblitz von Alexander Behm revolutioniert das uralte Verfahren. Schon als Kind stellt der 1880 in Mecklenburg geborene Physiker beim Spielen erstaunt fest, dass Wasser den Schall besser und schneller leitet als Luft. 25 Jahre später, inzwischen als Leiter einer physikalisch-technischen Versuchsanstalt in Wien tätig, erfährt Behm vom Untergang der Titanic nach der Kollision mit einem Eisberg - und hat die zündende Idee. Er setzt sich an die Schreibmaschine und entwirft das Patent für eine "Einrichtung zur Messung von Meerestiefen und Entfernungen und Richtungen von Schiffen oder Hindernissen mit Hilfe reflektierter Schallwellen". Es ist die Geburtsstunde des Echolots.

Um seine Erfindung zu erproben, zieht Behm nach Kiel, kauft ein altes Kanonenboot und baut es zu einem schwimmenden Labor um. Da es noch keine Verstärker gibt, ist er gezwungen, Schallwellen von erheblicher Lautstärke Richtung Meeresgrund zu schicken. Nur dann kann überhaupt ein reflektiertes Signal wieder aufgefangen werden. Behm greift zur naheliegendsten Methode. Mit einer Waffe schießt er kurzerhand alle paar Sekunden ins Wasser. Das Verfahren wird dann tatsächlich auf Schiffen eingesetzt, zerrt aber auf Dauer doch zu sehr an den Nerven von Besatzung und Passagieren. Behm muss sich eine leisere Methode ausdenken. Er konstruiert ein neues Gerät, das nicht mehr die Stärke des reflektierten Schalls misst, sondern die Zeit, die das Signal bis zur Rückkehr vom Meeresboden braucht. Eine einfache Rechenaufgabe, denn für 1.500 Meter benötigt der Schall unter Wasser genau eine Sekunde.

Der neue Wunderkasten macht als "Behmlot" schnell Karriere und wird nicht nur in der Schifffahrt eingesetzt, sondern auch in Zeppelinen zur Ermittlung der Flughöhe. 1920 gründet Alexander Behm in Kiel die Behm-Echolot-Fabrik und wird für seine Verdienste mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Als das Nazi-Regime ihn zwingen will, seine Arbeit in den Dienst der U-Boot-Flotte zu stellen, zieht sich Behm aus dem Geschäft zurück und forscht privat in einer kleinen Fischerhütte im mecklenburgischen Tarp weiter. Von dort verfolgt er, wie mit seiner Erfindung U-Boote nach feindlichen Zerstören fahnden. Und er registriert stolz, wie die ersten Reliefkarten des atlantischen Meeresbodens erstellt werden. Auf Grund dieser Daten entwickeln Wissenschaftler nach dem Krieg die Theorie der Plattentektonik, wonach die Kontinente wie Eisschollen auf dem zähflüssigen Erdmantel schwimmen. Doch diesen Quantensprung für die Geologie, den erst das Echolot ermöglichte, erlebt sein Erfinder nicht mehr. Alexander Behm stirbt am 22. Januar 1952 im Alter von 71 Jahren und wird nahe seiner Fischerhütte in der Gemeinde Tarp beerdigt.

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23. January 2007, 12:56   #54
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23. Januar 1972: Eine Maussendung bekommt ihren Namen

1971 hat die Maus ihren ersten sonntäglichen Fernsehauftritt. In einer Bildergeschichte tapst die Trickfilmfigur der Illustratorin Isolde Schmitt-Menzel durch einen Einkaufsladen und schnüffelt an den ausgestellten Waren. Dann setzt sie sich auf die Hinterbeine, streckt das Schnäuzchen in die Luft und pfeift laut vor Freude. Die Sendung heißt "Lach- und Sachgeschichten" und läuft beim WDR. Etwa zur gleichen Zeit sucht Gert Müntefering einen Moderator, der den roten Faden zwischen den kleinen Filmchen bildet. "Bunt" soll er nach Ansicht des Kinderprogramm-Chefs sein, aber kein Unterhaltungskünstler. "Leute, die erklären", sind Müntefering zu oberlehrerhaft. "Wir müssen jemanden haben, der Spaß macht", entscheidet er. "Nehmen wir doch mal eine Trickfigur. Das war dann eben die Maus aus einer der Bildgeschichten."

Den Kindern gefällt der orange Nager mit dem klackenden Augenaufschlag und dem fragenden Nasenziehen. Schon bald wird er zum eigentlichen Helden der "Lach- und Sachgeschichten". Durch ihre Vorliebe provozieren die jungen Zuschauer sogar indirekt eine Namensänderung der Wissenssendung. Eines Tages läuft Müntefering über die WDR-Flure. "Die Kinder sagen: Das ist die Sendung mit der Maus", soll er gesagt haben, wie sich Achim Maiwald erinnert. "Wir nennen sie einfach 'Die Sendung mit der Maus'. So ist der Titel eigentlich entstanden." Am 23. Januar 1972 ist die Umbenennung offiziell vollzogen. Es ist der Beginn einer beispiellosen Karriere, die inzwischen 35 Jahre währt.

In all der Zeit ist es die mehrfach ausgezeichnete Titelheldin gelungen, nicht ein Wort zu sprechen. Gerade durch diese Sprachlosigkeit ist der in 100 Ländern ausgestrahlte Exportschlager bis in die Gesten international geblieben: Den Augenaufschlag der Maus erzeugen Geräuschemacher mit Hilfe von spanischen Kastagnetten, ihre Schritte mit Hilfe einer Kokosnuss. Und, trotz all der brennenden Kinderfragen, die die Sendung aufklärt: Außer ihrer Freundschaft zum kleinen blauen Elefanten und der Ente bleibt das Privatleben der Maus den kleinen und großen Fans verborgen. Für Armin Maiwald ist das eines der Geheimnisse ihres Erfolges. "Je mehr man sie definiert, desto mehr Grenzen macht man ihr auch. Gerade dieses Nichtdefinierte, dieses nicht Sprechen in irgendeinem Dialekt oder irgendeiner Sprache, macht sie eben auch frei nach allen Seiten."

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24. January 2007, 08:20   #55
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24. Januar 1962: 28 DDR-Bürger setzen sich nach West-Berlin ab

Berlin-Glienicke, Oranienburger Chaussee 13, am Abend des 23. Januar 1962: Erwin Becker erwartet zahlreiche Gäste. Allein, in Zweier- oder Dreiergrüppchen klopfen sie an seine Tür. Alles soll möglichst unauffällig vonstatten gehen. Das Haus befindet sich direkt an der DDR-Grenzanlage. Westberlin beginnt nur wenige Meter entfernt auf der anderen Straßenseite. Bis 22 Uhr haben sich 28 Personen eingefunden. Dicht gedrängt sitzen sie in der Küche: Beckers Frau Gerda, sein Bruder Bruno, Nachbarn, Freunde, Kinder - fest entschlossen zu fliehen. In regelmäßigen Abständen patrouillieren Grenzsoldaten am Fenster vorbei. Sicherheitshalber haben zwei Männer an der Haustür Posten bezogen. Denn wenn jemand die Nerven verliert und im Affekt auf die Straße rennen würde, wären alle verloren.

Nach Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 geht Erwin Becker wochenlang der neuen Grenze entlang und sucht ein Schlupfloch. Der Heizungsmonteur ist fest entschlossen, einen Weg nach Westberlin zu finden, gibt er in einer späteren Befragung zu Protokoll: "Nach fünf bis sechs Fluchtversuchen über die Grenzbefestigungen reifte der Plan, die Flucht unterirdisch zu versuchen." Mittlerweile sind zahlreiche Flüchtende erschossen worden, sind in der Ostsee und der Spree ertrunken oder haben sich am Stacheldraht und in Minenfeldern tödlich verletzt. Am 15. Januar 1962 startet Becker einen neuen Versuch. Er durchbricht mit vier anderen Männern die 50 Zentimeter dicke Kellerwand seines Hauses. Seine Frau bezieht Posten an einem der Fenster: "In dem Tunnel wurde ein Alarmanlage eingebaut, die immer dann betätigt wurde, wenn sich Grenzsoldaten näherten", heißt es im Protokoll. "Mindestens zehn bis zwölf Mal am Tag hat uns Gerda in dem Tunnel Signal gegeben." Die Männer graben sich buchstäblich unter den Stiefeln der Grenzer voran. Jeder Marschtritt ist unter Tage zu hören und durch leichtes Beben zu spüren. Die gelockerte Erde wird im Keller aufgehäuft, insgesamt rund 22 Kubikmeter. Nach rund 15 Metern wird der Sauerstoff knapp, es besteht Einsturzgefahr. Dennoch wird weiter gegraben: "Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir die Straße bereits überwunden hatten, stießen wir mit einer Eisenstange nach oben", erinnert sich Becker. Mit bloßen Händen und einer Kinderschippe schaufelt er sich ans Ziel. Nach acht Tagen spürt Becker den ersten Luftzug. Der 60 Zentimeter breite und 1,10 hohe Tunnel ist 26 Meter lang.

Gegen 0.45 Uhr kriecht Becker am 24. Januar 1962 aus der Erde. Noch trennen ihn wenige Schritte von Westberlin. In diesem Moment zieht eine Streife an ihm vorbei. Er versteckt sich hinter dem letzten Grenzzaun. Den anderen der Gruppe signalisiert er, im Tunnel zu bleiben. Über eine Stunde kauern sie im dunklen, sauerstoffarmen Gang. Erst als Becker den sicheren französischen Sektor betreten und die Westberliner Polizei alarmiert hat, verlassen die restlichen Flüchtlinge ihr Versteck unter dem Feuerschutz der Beamten. Drei Stunden später soll die Stasi den Tunnel entdeckt und geflutet haben. Die Geschichte geht weltweit durch die Medien. Eine amerikanische Filmgesellschaft bringt sie auf die Leinwand - mit Christine Kaufmann in der Hauptrolle und unter dem Titel "Tunnel 28", benannt nach der Anzahl der Flüchtlinge.

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26. January 2007, 08:38   #56
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25. Januar 1907: Die "Hottentottenwahl" findet statt

Rassismus, Enteignungen, Vertreibungen - in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, ist die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung an der Tagesordnung. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen Einheimischen und den deutschen Kolonialherren. Im Januar 1904 eskaliert die Situation: Herero-Kämpfer überfallen Farmen und Ortschaften deutscher Siedler und ermorden über 120 Menschen. Der Aufstand wird von General Lothar von Trotha brutal niedergeschlagen. Während der Kämpfe flüchtet der Großteil der Herero, zumeist Frauen und Kinder, in ein Wüstengebiet. Tausende verhungern und verdursten dort, weil die deutschen Soldaten ihnen die Rückkehr verweigern. Von Trotha befiehlt die Ermordung jedes Herero, der innerhalb der Grenzen der Kolonie angetroffen wird. Daraufhin erheben sich auch die Nama, die von den Deutschen abschätzig als "Hottentotten" bezeichnet werden. Deren Guerilla-Taktik macht der deutschen "Schutztruppe" zwar schwer zu schaffen, doch auch die Nama werden zu Zehntausenden getötet.

Durch die anhaltenden und kostspieligen Kämpfe kommt es im Deutschen Reich zu einer politischen Krise: Im August 1906 legt Reichskanzler Bernhard von Bülow im Reichstag einen Nachtragshaushalt vor. Er verlangt zusätzlich 29 Millionen Mark für die Kolonialtruppen und den Bau einer angeblich kriegswichtigen Eisenbahn. Doch die SPD und die katholische Zentrumspartei stellen sich quer. Der SPD-Abgeordnete August Bebel prangert die deutsche Ausrottungsstrategie an und kritisiert den Kolonialkrieg als Bestandteil des Kapitalismus. Der Zentrums-Abgeordnete Matthias Erzberger fordert eine Reduzierung der Truppen und der von der Regierung beantragten Gelder. Als Reichkanzler von Bülow nicht nachgibt, lehnen SPD, Zentrum und die polnische Fraktion am 13. Dezember 1906 die Regierungsvorlage mit 127 zu 110 Stimmen ab. Unmittelbar nach dieser Niederlage löst von Bülow auf Anordnung von Kaiser Wilhelm II. das Parlament auf.

Der Termin für die Reichstagswahl wird auf den 25. Januar 1907 festgesetzt. Die Nationalisten nutzen den Wahlkampf für die so genannte Hottentottenwahl als Hetzjagd gegen die SPD und das Zentrum. Die beiden Parteien werden als "Vaterlandsverräter" abgestempelt. Trotzdem werden die Sozialdemokraten mit 28,9 Prozent der Stimmen stärkste Partei. Aufgrund benachteiligender Wahlkreiseinteilungen und der Wahlbündnisse der konservativen Parteien verringert sich jedoch die Anzahl der SPD-Abgeordneten von 81 auf 43. Das Zentrum wird mit 19,4 Prozent zwar zweitstärkste Partei und bleibt damit stabil. Doch der Bülow-Block - bestehend aus Konservativen und Nationalliberalen - erringt die meisten Sitze. Die neue Mehrheit im Reichstag billigt den Nachtragshaushalt. Reichskanzler von Bülow erklärt: "Die ganze Welt wird erkennen, dass das deutsche Volk fest im Sattel sitzt und alles niederreitet, was sich seiner Wohlfahrt, seiner Größe in den Weg stellt." Die Niederlage der SPD wirkt sich auch noch sieben Jahre später aus: Um nicht abermals als unpatriotisch zu gelten, stimmen die SPD-Abgeordneten unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 fast geschlossen für die Kriegskredite.

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26. January 2007, 08:41   #57
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26. Januar 1932: Kaugummifabrikant William Wrigley jr. stirbt

Ende des 19. Jahrhunderts ist Kaugummi kauen selbst in den USA gänzlich unbekannt. Um die zähe Harzmasse mit dem milchigen Saft des amerikanischen Sapotillbaums populär zu machen, muss man Genussanreize schaffen und Bedürfnisse wecken. Niemand weiß das besser als William Wrigley jr. Der Backpulverunternehmer legt seinem eigentlichen Verkaufsschlager deshalb zunächst jeweils zwei Päckchen des klebrigen Luxusguts als "Einstiegsdroge" bei. Irgendwann beginnen die Kunden, Wrigleys Backpulver nur noch wegen der Beilage zu kaufen. Der Unternehmer hat es geschafft: "Wrigley's Spearmint" und "Juicy Fruit" sind ab 1892 in aller Munde.

Wrigley wird 1861 in Philadelphia geboren. Von seinem Vater übernimmt er ursprünglich eine Seifenfabrik. Als er merkt, dass sich die Seife vor allem wegen der Gratispäckchen Backpulver verkauft, die er zur Steigerung des Umsatzes beigelegt hatte, wechselt er die Branche. Beim Kaugummi ist es später ebenso. Dem Grundsatz, Anreize und Bedürfnisse zu schaffen, bleibt er Zeit seines Lebens treu. 1915 verschickt Wrigley Kaugummi-Proben an alle 1,5 Millionen Amerikaner, die im Telefonbuch verzeichnet sind. Als er die Kampagne vier Jahre später wiederholt, erreicht er über sieben Millionen Haushalte. So macht Wrigley den Kaugummi, den nicht er, sondern ein Landsmann namens William Finley Semple erfunden hat, in den USA populär - und sich zu einem reichen Mann.

Wrigley stirbt am 26. Januar 1932 in Phoenix (Arizona). Den Einzug des Kaugummis im Nachkriegsdeutschland durch US-amerikanische Besatzertruppen und den immensen Erfolg seiner Kaumasse hierzulande - eine erste deutsche Niederlassung des Wrigley-Konzerns entsteht 1955 in Düsseldorf - erlebt er nicht mehr mit. Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit fast 15.000 Mitarbeiter.

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29. January 2007, 09:05   #58
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27. Januar 1972: Mahalia Jackson stirbt

An einem Augustabend 1967 sitzt Fernseh-Deutschland gespannt vor den Geräten. Zum Start ins Farbfernseh-Zeitalter flimmert live aus Berlin der "Gala-Abend der Schallplatte" in die Wohnzimmer. Stargast in der Berliner Kongresshalle ist die große Mahalia Jackson. Mit ihrer gewaltigen, dunklen Stimme durchdringt die legendäre "Königin des Gospel" den Saal und schlägt zu Hause Menschen in ihren Bann, die sonst mit Jazz, Blues oder gar religiösen Songs nichts anzufangen wissen. Niemand ahnt, dass die charismatische schwarze Sängerin diesen Auftritt nur noch mit letzter Willenskraft durchsteht. Eine anschließend geplante Europa-Tournee wird abgesagt. Bald hört man nur noch von Klinik-Aufenthalten und abgesagten Konzerten. Seit Jahren leidet Mahalia Jackson unter schweren Herz- und Kreislaufstörungen.

Begonnen hat die 1911 in New Orleans geborene Sklavennachfahrin Mitte der 30er Jahre, im Chor der Salem Baptist Church in Chicago. Innerhalb weniger Jahre wird Mahalia Jackson als stimmgewaltige Gospelinterpretin so populär, dass sich Bandleader wie Earl Hines und Duke Ellington um sie reißen. Doch sie lehnt ab, will keinen reinen Blues oder Jazz singen; sie will mit ihren Liedern die Botschaft Jesu in die Welt hinaustragen. Diesem von tiefer religiöser Demut und naiver Gläubigkeit geprägten Grundsatz bleibt Mahalia Jackson ein Leben lang treu. Aber mit ihrer vibrierenden Authentizität begeistert sie gleichermaßen die Zuhörer in Kirchen, beim legendären Newport Jazz-Festival oder in Nightclubs. Auf ausgedehnten Gastspielreisen erarbeitet sich Mahalia Jackson einen weltweiten Verehrerkreis. In ihrer Heimat USA dagegen bleibt die Sängerin, die von Papst Johannes XXIII. in Privataudienz empfangen wird, von der Rassendiskriminierung nicht verschont.

Weiße Fanatiker beschießen ihr Haus in Chicago, in Südstaaten-Fernsehshows darf "die Negerin" nicht auftreten. 1963 steht Mahalia Jackson zum Abschluss des Bürgerrechts-Marschs nach Washington neben Martin Luther King und singt nach dessen berühmter "I have a dream"- Rede vor 200.000 Menschen "How I got over". In den Jahren darauf fordert ihre angegriffene Gesundheit immer häufiger Tribut. Deshalb sind ihre deutschen Fans hoch erfreut, als die Gospel-Queen 1971, vier Jahre nach dem denkwürdigen Berliner Gala-Auftritt, in die Bundesrepublik zurückkehrt. Wieder tritt sie in Berlin auf - abgemagert, geschwächt, um Jahre gealtert, doch immer noch mit ungebrochener Willenskraft. Und wieder muss sie nach diesem Konzert alle Termine absagen. Es war ihr letztes Comeback. Wenige Monate später, am 27. Januar 1972, erliegt Mahalia Jackson mit nur 60 Jahren in Chicago einem Herzversagen. Ihre Grabrede hält Coretta King, die Witwe des ermordeten Bürgerrechtlers.

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29. January 2007, 09:09   #59
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28. Janaur 2002: Astrid Lindgren stirbt

Zu Beginn ihrer Pubertät bemerkt Astrid Lindgren, dass sie nicht mehr spielen kann. Es ist der Schock ihres Lebens. "Jetzt ging es nicht mehr", wird sie rückblickend sagen, "ich wurde groß, ob ich wollte oder nicht". Später holt sich Lindgren ihre Kindheit zurück: mit Pippi Langstrumpf, Kalle Blomquist, Karlson vom Dach, Ronja Räubertochter und den Kindern von Bullerbü. Es ist ein literarisches Spiel auch mit der Erinnerung an die glückliche Zeit als Bauernkind im schwedischen Näs, wo sie 1907 geboren wird. "Ich könnte keine Bücher geschrieben haben ohne meine Kindheit. Ich habe das ganze Material aus meiner Kindheit genommen."

1941 schlägt die Geburtsstunde von Lindgrens berühmtester Figur. Ihre siebenjährige Tochter Karin liegt krank im Bett. Da sagt sie plötzlich: "Erzähl mir was von Pippi Langstrumpf!". Lindgren beginnt zu erzählen. Und weil sie den Namen so außergewöhnlich findet, kommt dabei ein außergewöhnliche freches Mädchen mit Riesenkräften heraus, das mit Pferd und Äffchen in einer Villa lebt, einen Limonadenbaum im Garten und die Schatztruhe ihres Piratenvaters im Hause hat - und sich vor allem nicht darum kümmert, was die Erwachsenen von ihren Streichen halten. Als Überraschung zu Karins zehntem Geburtstag schreibt Lindgren die Erzählungen über Pippi und ihre Freunde Tommi und Annika nieder. Zunächst findet sich kein Verlag. "Kein normales Kind isst bei einem Kaffeekränzchen eine ganze Torte auf", lautet eine der Begründungen. 1945 kommt "Pippi Langstrumpf" endlich auf den Markt, weitere Bücher mit der Titelheldin folgen. Inzwischen sind die Pippi-Bücher in über 50 Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt.

Später setzt sich Lindgren vehement für die Rechte von Kindern und Tieren ein. Zu dieser Zeit ist sie bereits so berühmt, dass Wissenschaftler einen gerade entdeckten Asteroiden nach ihr benennen. In Schweden trägt ein Tierschutzgesetz ( "Lex Lindgren") ihren Namen. Sie stirbt am 28. Januar 2002 in Stockholm.

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29. January 2007, 09:11   #60
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29. Januar 2002: US-Präsident Bush spricht von der "Achse des Bösen"

"Unsere Nation ist im Krieg, unsere Wirtschaft ist im Tief und der zivilisierten Welt drohen Gefahren, wie es sie noch nie gegeben hat." Mit diesen Worten beginnt US-Präsident George W. Bush am 29. Januar 2002 seine Ansprache vor den Abgeordneten und Senatoren des amerikanischen Kongresses. Die jährliche Rede zur Lage der Nation wird landesweit im Fernsehen übertragen. Die Anschläge des 11. September liegen gut vier Monate zurück. Das Land steht unter Schock. Schon auf den Trümmern von Ground Zero hat Bush nach einem Megaphon gegriffen und unter dem Beifall der New Yorker Feuerwehrleute versprochen: "Die, die diese Türme zum Einsturz gebracht haben, werden bald von uns hören." Wochen später stürzen die Vereinigten Staaten das Taliban-Regime in Afghanistan. Dort soll sich Osama Bin Laden, der mutmaßliche Drahtzieher der Flugzeug-Attentate, aufhalten. Doch Bush will nicht nur Vergeltung und die Bestrafung der Täter. Er will mehr: Vor dem Kongress erklärt er dem Terrorismus weltweit einen umfassenden Krieg. In der einstündigen Rede stimmt Bush seine Landsleute auf weitere Angriffe ein. Dabei spricht er von Prävention. Vorbeugend sollen Regime, die Amerika angeblich mit Massenvernichtungswaffen bedrohen, daran gehindert werden, sie zu entwickeln, zu besitzen oder gar anzuwenden. Er spricht Nord-Korea, Iran und Irak direkt an: "Staaten wie diese und ihre terroristischen Verbündeten stellen eine Achse des Bösen dar, die sich rüstet, den Frieden der Welt zu bedrohen."

Unmittelbar danach beginnen die Vorbereitungen für den Irak-Krieg. Ein Jahr später fallen Bomben auf Bagdad. Die anderen "Achsen"-Mächte reagieren. Nordkorea demonstriert mit Atombombentests seine Verteidigungsbereitschaft. Iran verfolgt weiter das Ziel einer eigenen Urananreicherung. Anschläge wie jene von Bali (2002), Madrid (2004) und London (2005) werden allerdings offenbar nicht von den angeprangerten Ländern verübt. Die so genannte Achse des Bösen entpuppt sich vielmehr als weit verzweigtes Netz kleiner Terrorzellen. Auch schreckt die Rhetorik des US-Präsidenten die fanatischen Gewalttäter nicht ab, sondern spornt sie offensichtlich zu immer neuen Attentaten an. "Die Schaffung neuer Spannungen im Namen der Terrorismus-Bekämpfung bringt den Terroristen nur einen Sieg, wie sie ihn allein nicht erreichen könnten", warnt der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan.

Die Stimmung in Amerika schlägt um, als die versprochene Beruhigung der Lage in Afghanistan und Irak nicht eintritt. Die Stimmberechtigten strafen den Präsidenten ab. Bei den Zwischenwahlen im November 2006 verlieren die Republikaner in beiden Abgeordnetenhäusern die Mehrheit. Bush entlässt Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und kündigt einen Kurswechsel an. Doch auch im Januar 2007 spricht Bush in seiner Rede zur Lage der Nation über "das Böse", das noch immer in der Welt wirke. "Und so lange das der Fall ist, ist Amerika eine Nation im Krieg." An der Wortwahl hat sich damit nichts geändert. Bereits fünf Jahre zuvor hat Bush seiner Kriegserklärung einen religiösen Anstrich gegeben: "Das Teuflische gibt es wirklich und es muss bekämpft werden", sagt er 2002 gegen Ende seiner Rede zur Lage der Nation. "Und viele haben wieder entdeckt, dass sogar im Unglück - besonders im Unglück - Gott uns nahe ist."

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30. January 2007, 08:52   #61
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30. Januar 1942: Geburtstag Heidi Brühl

Als Heidi Brühl 21 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater. Er hinterlässt ihr einen Berg an Schulden. Auch sonst bricht für die junge Schauspielerin und Sängerin, die mit "Die Mädels vom Immenhof" berühmt geworden ist, eine Welt zusammen. Denn der Vater war die treibende Kraft ihrer Karriere, wählte Rollen und Freunde aus und vermarktete die Gagen. "Er war der uneingeschränkte Herrscher über mein bisheriges Leben", wird Brühl später schreiben. "Er war mein Gehirn, mein Gewissen, mein Leibwache, mein rechter Arm." Nun braucht Brühl eine neue Stütze. Ein Jahr nach dem Tod des Vaters heiratet sie den US-amerikanischen Schauspieler Brett Halsey, der vorwiegend in Italo-Western auftritt. Mit ihm geht sie nach Rom und später in die USA. Der Sprung nach Amerika verspricht eine internationale Karriere.

Brühl wird am 30. Januar 1942 in Gräfelfing bei München geboren. Mit fünf Jahren nimmt sie Schauspielunterricht, mit Zwölf steht sie erstmals vor der Kamera. Berühmt wird sie mit drei Immenhof-Filmen rund um das schöne Leben auf einem idyllischen Zuchtgut, deren simple Botschaft "Ponys machen Freude" im Nachkriegsdeutschland gut ankommt. 1959 schickt ihr Vater ein Demoband an die Plattenfirma Philipps und hat auch damit Erfolg. Der Versuch, mit "Wir wollen niemals auseinander gehn" am Grand Prix d'Eurovision de la Chanson teilzunehmen, scheitert, bringt Brühl mit 1,5 Millionen verkauften Schallplatten aber eine Goldene Schallplatte ein. Sogar auf der DDR-Produktion "Amiga-Express 1959" ist sie zu hören. 1963 singt sie doch noch beim europäischen Schlagerfestival. Insgesamt kann sie zwölf Titel in den Hitparaden platzieren. In den USA wird Las Vegas ihre neue Bühne: 14 Shows wöchentlich sowie Auftritte mit Sammy Davis jr. machen sie auch hier zum Star. Auch in der Kultkrimi-Serie "Columbo" hat sie einen Auftritt.

Kirk Douglas will sie verführen, Lex Barker will sie heiraten. Trotz aller Angebote findet sie bei den Männern kein Glück. Auch die Ehe mit Halsey scheitert, Brühl kommt mit den beiden Kindern nach Deutschland zurück. Einziger kontinuierlicher Ruhepol ihres Lebens bleibt die Karriere, an der sie mit großer Disziplin weiterhin feilt. "Die eiserne Heidi" wird sie von Kollegen respektvoll genannt. Erst 49-jährig stirbt Heidi Brühl 1991 in Starnberg an Brustkrebs.

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31. January 2007, 08:44   #62
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31. Januar 1977: Das Pariser Centre Pompidou wird eröffnet

Für die jungen Erbauer ist ihr Entwurf zum Centre Pompidou "eher das Projekt eines Bengels, der seinem Prüfer eine Nase dreht". Mit Hochkultur nämlich haben die erst 30-jährigen Architekten Richard Rogers aus England und Renzo Piano aus Italien nicht viel im Sinn. Für das neu zu schaffende Kunst- und Kulturzentrum im Herzen von Paris ist das ein Glücksfall. Denn so entspricht die Architektur des Hauses ganz und gar der Idee, die es verkörpern soll: der Idee eines für alle Bevölkerungsschichten offenen Kulturforums, das keine Berührungsängste mit der Kunst weckt.

Nicht durch ein pompöses Portal betritt man das Gebäude, das neben einer öffentlichen Lesebibliothek mit 2.000 Studierplätzen immerhin auch Europas größtes Museum für Kunst und Design der klassischen Moderne enthält, sondern durch eine unspektakuläre Schiebetür. Keine monumentalen Treppen muss man erklimmen, um dem Kunstgenuss zu frönen: Rolltreppen wie im Warenhaus bringen den Besucher zu den Bildern. Die gläsernen Treppenhäuser und bunten Belüftungsröhren haben Rogers und Piano einfach an die Fassade gehängt. Das Centre Pompidou ist eine gigantische Kunstfabrik, die ihre Innereien außen trägt - und die jeder kostenlos betreten kann.

"Ein Haufen Eisen"

Konservative Prüfer finden das freche Projekt mangelhaft. Hässlichkeit wird dem Centre Pompidou bescheinigt. An Musentempel gewöhnt, will man sich keinen Industrieklotz vor die Nase setzen lassen. Nach dem Tod von Frankreichs Staatspräsident Georges Pompidou, der den Anstoß zum Kulturzentrum gab, fragt sein Nachfolger Valéry Giscard d'Estaing 1974 an, wie viel es kosten würde, die Bauarbeiten einzustellen. Premierminister Jacques Chirac ist es zu verdanken, dass der Bau vollendet wird. Am 31. Januar 1977 wird das Centre Pompidou trotz aller Widerstände auch aus der Bevölkerung eingeweiht. Der Erfolg gibt ihm Recht: Wo man mit 5.000 Besuchern täglich gerechnet hatte, strömen jahrzehntelang 25.000 in die Räume. Noch heute sind es jeden Tag rund 20.000 Menschen, die sich in Bibliothek und Museum, bei Vorträgen oder Film-, Theater- und Tanzveranstaltungen zusammenfinden.

Selbst nach 30 Jahren wirkt das Centre Pompidou außen noch so modern wie einst. Von der Utopie einer kostenlosen Kulturfabrik als volksnaher Freiraum für die Künste allerdings ist im Innern nicht mehr viel geblieben. Längst wird für das Museum Eintritt verlangt, die Bibliotheksbesucher stehen an einem Seiteneingang Schlange. Und auch der Versuch, junge, motivierte Kunststudenten als Wärter zu engagieren und immer wieder gegen neue Studenten auszutauschen, ist gescheitert. Die Wärter bleiben und wollen eine Festanstellung. So kommt es, dass über die Hälfte der 1.300 Angestellten des Zentrums über 50 Jahre sind - und nach eigenem Bekunden maßlos frustriert.

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1. February 2007, 09:49   #63
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01. Februar 1982: Erste Late-Night-Show mit David Lettermann

Steffi Graf hat Angst vor ihm. Sonny und Cher geben für seine Sendung ein kurzes Comeback. Madonna überreicht ihm vor laufender Kamera ihren Slip. So anzüglich sind die Antworten des Pop-Stars, die sie dem US-amerikanischen Late-Night-Talker David Letterman gibt, dass dessen Haussender CBS glaubt, sie zensieren zu müssen. Dabei war auch Letterman bei der Vorstellung seines Gastes nicht gerade zimperlich. "Unser erster Gast ist einer der größten Weltstars überhaupt", hatte er wenige Minuten zuvor schmeichelnd begonnenen, um sich langsam zur pointierten Spitze vorzuarbeiten. "In den vergangenen zehn Jahren hat sie über 80 Millionen Platten verkauft, spielte die Hauptrolle in unzähligen Filmen - und hat mit einigen der Größten in der Unterhaltungsindustrie geschlafen."

Letterman wird 1947 in Indianapolis (Indiana) geboren. Seine Karriere als Satiriker beginnt er ausgerechnet mit Wettersendungen im Lokalfernsehen: Hier erfindet er sintflutartige Überschwemmungen in fiktiven Städten und sagt verheerende Stürme mit Hagelkörnern in "Fleischdosengröße" voraus. Zudem jobbt er als Fernsehansager und Stand-Up-Comedian in Hollywood. Am 1. Februar 1982 bekommt er mit "Late Night with David Letterman" beim Sender NBC zu vorgerückter Stunde seine eigene TV-Show im Anschluss an die Talkrunde des legendären Johnny Carson. Als Carson 1992 aufhört, hofft Letterman, dessen Sendeplatz zu ergattern. Aber der Sender entscheidet sich für den konservativeren Jay Leno, der in den Provinzgegenden der USA besser ankommt. Kurzerhand wechselt Letterman für 14 Millionen Dollar zum Konkurrenzsender CBS, um seine Late-Night-Show um 22:30 Uhr - zur gleichen Zeit wie Leno - auszustrahlen. Seitdem liefern sich die Talker erbitterte Duelle um die Einschaltquoten. Zumeist hat Letterman, laut CBS-Eigenwerbung der "lustigste Mann Amerikas", die Nase vorn.

Mit seiner Late-Night-Show bestimmt Letterman fortan den Takt für alle Sendungen dieser Art weltweit: Ein bissiger Stand-Up-Monolog kommentiert die neuesten Nachrichten, am Schreibtisch wird das teils hämische Gag-Feuerwerk fortgesetzt. Am Ende folgt ein satirischer Small-Talk mit prominenten Gästen. Dazwischen gibt es eingespielte Sketche, diverse Comedy-Einlagen und Live-Musik. Charakteristisch aber "ist vor allem die Anfangs-Conference", meint auch Harald Schmidt, der es als einziger geschafft hat, das Format auch in Deutschland zu etablieren. "Das kann man meiner Meinung nach nur rüberbringen, wenn man die Erfahrung hat von der Kabarett-Bühne, vor allem, wenn es darum geht, dünnes Material, dünne Witze zu verkaufen." Wie Schmidt, so beherrscht auch sein Vorbild Letterman diese Kunst. Heute verdient er pro Jahr über 30 Millionen Dollar.

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2. February 2007, 08:48   #64
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02. Februar 1732: Gründung des Hofgestüts Trakehnen

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts leiden große Teile Deutschlands noch immer unter den Folgen des 1648 beendeten Dreißigjährigen Kriegs. Im Herrschaftsgebiet des preußischen Königs ist die Hälfte der Bevölkerung ums Leben gekommen, nachfolgende Pestepidemien und Missernten taten ein Übriges. Auch die Pferdezucht liegt fast völlig am Boden, da der Landadel keine neuen Gestüte mehr errichtet. Erst als überall die Regenten die Initiative übernehmen, kommt der Pferdebestand langsam wieder auf die Beine. So hält allein König Friedrich I. in Preußen über 1.000 Pferde in seinen Marställen und Gestüten, die, meist in der Zeit der Ordensritter gegründet, weit verstreut in Ostpreußen die Zeiten überdauert haben. Friedrichs Sohn, Friedrich Wilhelm I., später als "Soldatenkönig" bekannt, macht es sich 1725 zur Aufgabe, alle Pferdebestände Ostpreußens in einem einzigen großen Gestüt zu vereinigen.

Verwirklicht werden soll der Plan in Trakehnen, das Jahrhunderte hindurch litauischen Großfürsten als Jagdgebiet diente, inzwischen aber zu einer riesigen, wildarmen Sumpfebene heruntergekommen ist. Fünf Jahre lang arbeiten 600 Soldaten daran, das gesamte Terrain trocken zu legen. Am 11. Juli 1731 erlässt Friedrich Wilhelm I. dann die Gründungsorder für das "Königliche Stutamt Trakehnen". Peinlich genau listet er darin auf, wie exakt 1.101 "Köpfe", darunter 513 Mutterstuten, aus allen Gestüten Ostpreußens zusammengeführt werden sollen. Am 2. Februar 1732 kann das neue Hofgestüt den Betrieb aufnehmen. Um Arbeitskräfte in das entvölkerte Land zu locken, bietet der König etwa 20.000 aus Salzburg vertriebenen Protestanten im östlichen Preußen eine neue Heimat an.

In den ersten Jahren ist an eine geregelte Zucht und Veredelung der uralten Pferderasse nicht zu denken. Friedrich Wilhelm I. hat viel investiert und erwartet, dass die Verwalter reichlich Überschüsse in seine Privatschatulle wirtschaften. Sein Sohn Friedrich II., dem er das Gestüt 1739 zum Geschenk macht, geht noch rücksichtsloser vor. Obwohl ihm jährlich 12.000 bis 18.000 Taler als Gewinn zufließen, droht er beständig mit der Schließung des Königlichen Stutamtes. Erst nach dem Tod des "Alten Fritz" 1786 und dem Übergang in preußischen Staatsbesitz beginnt die große Ära Trakehnens. In seiner Blütezeit arbeiten über 1.000 Menschen auf dem größten Hauptgestüt Europas und seinen 16 zugeordneten Zuchtbetrieben. Trakehnen entwickelt sich zu einem sich selbst versorgenden Ort mit eigenem Bahnhof, Krankenhaus, mit Schulen und Friedhöfen und einem schlossähnlichen Anwesen für den Landstallmeister. Das Ende für den Traditionszuchtort der edelsten deutschen Reitpferde-Rasse kommt mit dem Zweiten Weltkrieg. Trakehnen wird russisch und heißt fortan "Jasnaja Poljana" - helle Lichtung. Die Anlagen des Gestüts verfallen, nur in der ehemaligen Landstallmeisterei befindet sich heute ein Museum.

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3. February 2007, 13:42   #65
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03. Februar 1947: Ahlener Programm der CDU beschlossen

Winter 1947: Im Mädchen-Pensionat des Klosters St. Michael in Ahlen müssen die Schülerinnen ihren Schlafsaal räumen. Für drei Tage quartieren sich dort 40 Christdemokraten ein. Sie beraten im münsterländischen Bergbaustädtchen über die Zukunft ihrer neugegründeten Partei. Am 3. Februar 1947 beschließt der Zonenausschuß der CDU für die britische Zone unter der Leitung ihres Vorsitzenden Konrad Adenauer das so genannte Ahlener Programm. "Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden", lautet der Eröffnungssatz des Grundsatzpapiers. Weitere sozialistisch anmutende Formulierungen folgen: "Wir fordern die Vergesellschaftung der Bergwerke." Auch die "eisenschaffende Großindustrie" soll enteignet werden. Profitmaximierung und Markt scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen: "Planung und Lenkung wird auch in normalen Zeiten der Wirtschaft in gewissem Umfang notwendig sein". Denn: "Ziel aller Wirtschaft ist die Bedarfsdeckung des Volkes."

Trotz linker Rhetorik ist das Ahlener Programm jedoch kein Bekenntnis zum Antikapitalismus. Adenauer propagiert darin vielmehr einen dritten Weg: "CDU überwindet Kapitalismus und Marxismus" lautet die Überschrift des Programms. Knapp zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist die CDU noch stark von der katholischen Soziallehre und dem christlichen Sozialismus geprägt. Adenauer hingegen ist der Meinung: "Das bürgerliche Zeitalter wird nie zu Ende sein!" Deshalb versucht er, den bürgerlichen Parteiflügel zu stärken und den Gewerkschaftsflügel einzubinden. Das Ergebnis: ein Programm, das beide Seiten zufrieden stellt - und den Begriff Sozialismus vermeidet. Dabei hat Adenauer auch die kommenden Wahlen im Blick: "Mit dem Wort Sozialismus gewinnen wir fünf Menschen und zwanzig laufen weg."

Bei den ersten Bundestagswahlen 1949 ist das Ahlener Programm bereits überholt. In den so genannten Düsseldorfer Leitsätzen hat sich die Union auf ein neues Schlagwort und einen neuen Mann eingestellt: Ludwig Erhard und die soziale Marktwirtschaft. Einen Punkt aus dem Ahlener Programm realisiert Adenauer allerdings doch noch: die gewerkschaftliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer an Unternehmungsentscheidungen. "Die CDU ist die erste bundesrepublikanische Partei, die das in ihr Programm aufnimmt", sagt der Berliner Historiker Daniel Koerfer. Den Ahlener Ausreißer nach links verkauft Adenauer später als taktisches Manöver: "Wir mussten soweit gehen, wie wir konnten. Und wir sind soweit gegangen, um unser Volk zu retten vor der kommunistischen Gefahr."

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4. February 2007, 11:25   #66
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04. Februar 1872: Ohropax-Erfinder Maximilian Negwer geboren

1927 dreht Walter Ruttmann sein berühmtes Filmgedicht "Berlin - Symphonie einer Großstadt". Doch das pulsierende Hauptstadt-Leben, das der Stummfilm-Klassiker in aufregenden Bildmontagen zelebriert, empfinden schon zur Jahrhundertwende viele Berliner eher als lärmende, nervtötende Kakophonie. Seit Beginn der industriellen Revolution ist es in allen aufstrebenden Großstädten so laut geworden, dass 1908 der "Deutsche Lärmschutzverband" gegründet wird. Alles Mögliche stopfen sich die vom Krach gestressten Menschen in die Ohren, Stöpsel aus Holz, Metall oder Hartgummi - zwecklos. Ruhe bleibt ein unerfüllter Traum. Dabei ist die Lösung des Problems schon längst gefunden - vor 2.700 Jahren.

Die Idee stammt vom griechischen Dichter Homer und erstmals auf ihre Tauglichkeit überprüft wird sie von Maximilian Negwer. Der am 4. Februar 1872 in Schlesien geborene Apotheker eröffnet 1901 in Berlin eine Drogerie. Immer auf der Suche nach neuen Produkten entdeckt der findige Negwer schnell die Marktlücke beim Lärmschutz. Im Bekanntenkreis macht man ihn auf Homers Erzählung über die Irrfahrten des Odysseus aufmerksam. Um dem ebenso betörenden wie tödlichen Gesang der Sirenen zu entgehen, soll der antike Seefahrer seiner Bootsbesatzung Kugeln aus Bienenwachs in die Ohren gestopft haben. Maximilian Negwer erkennt in der Idee des listenreichen Odysseus das Ei des Kolumbus.

Erste Experimente mit einer Mischung aus Watte und Bienenwachs oder Schaftalg verlaufen noch unbefriedigend. Die Kugeln pappen nicht richtig zusammen, das Wachs führt zu Hautreizungen, und Schaftalg wird schnell ranzig. 1907 entdeckt Negwer die perfekte Rezeptur aus Baumwolle und hautfreundlichem Paraffinwachs. Für sein Produkt erfindet er den ebenso nahe liegenden wie einprägsamen Namen "Ohropax" (deutsch-lateinisch für Ohr-Frieden). Der Verkaufserfolg stellt sich umgehend ein, selbst der nervenschwache Schriftsteller Franz Kafka lässt sich Negwers Lärmschutzkugeln nach Prag schicken und schreibt: "Ohne Ohropax bei Tag und Nacht ginge es gar nicht." Als cleverer Geschäftsmann schließt Maximilian Negwer seine Drogerie und baut rund um seine Ohrstöpsel ein Unternehmen auf, das nun schon einhundert Jahre lang erfolgreich Ruhe verkauft. Seit 1991 ist der von Gründer-Enkel Michael Negwer geführte Betrieb in Werheim im Taunus ansässig und produziert täglich 90.000 Wachskugel-Pärchen - ganz im Sinne von Opas Werbeslogan "Hast du Ohropax im Ohr, kommt dir Lärm wie Stille vor".

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5. February 2007, 10:29   #67
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05. Februar 1907: Der Spukforscher Hans Bender wird geboren

In England spukt es besonders gern. Das muss auch Hans Bender erfahren, als er mit 17 Jahren als Austauschschüler nach Großbritannien kommt. Er wird zu Séancen eingeladen, in der Geister beschworen werden und über Anwesende ihre Botschaften mitteilen. Die so gerufenen Geister lassen Bender nicht mehr los. Er studiert Medizin und Psychologie und schreibt schließlich eine Doktorarbeit über die Geisterbeschwörung. Seine These: Die Botschaften kommen nicht aus dem Himmel, sondern aus der Seele. Es gebe unbewusste intelligente Leistungen, Erkenntnisse, von denen jemand im Normalbewusstsein nichts wisse. Hans Bender, am 5. Februar 1907 in Freiburg geboren, wird in seiner Heimatstadt zum Begründer der Parapsychologie. Schon in den 1920er Jahren sammelt er Fälle von Hellseherei, Gedankenübertragung und wahrsagenden Träume.

Als Professor für Psychologie gründet er 1950 sein "Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene". Er prüft Fälle unerklärlicher Phänomene mit allen Mitteln der Wissenschaft, um herauszufinden, was jenseits von Aberglaube und Scharlatanerie tatsächlich bleibt. Er kommt zu dem Ergebnis: "Als Bilanz einer 30-jährigen Arbeit kann man formulieren: Die außersinnliche Wahrnehmung ist erwiesen, und zwar in drei Formen: Telepathie, Hellsehen und Präkognition." Es kommt also tatsächlich vor, dass Menschen in die Gedanken anderer eindringen, dass sie etwas vor sich sehen, was sie gar nicht wissen können, und dass sie Ereignisse der Zukunft vorwegnehmen - sagt Bender.

Manche Kollegen belächeln Bender, obwohl er einen betont wissenschaftlichen Ansatz vertritt. Mit dem rückt er sogar Spukgeschichten über schlagende Türen, herunterfallende Bilder und unerklärliche Geräuschen zu Leibe. Denn in seinem Institut werden Hilfesuchende mit Geistern im Hause ernst genommen. An die Geister glaubt Bender allerdings nicht, wohl aber, "dass diese Phänomene gekoppelt sind an ganz bestimmte seelische Krisensituationen eines oder mehrerer Anwesender". Wie die Nöte der Seele allerdings Möbel verrücken können, findet Bender so wenig heraus wie eine Erklärung für das Hellsehen. "Alle Versuche, etwa Telepathie als ein Radio des Gehirns verständlich zu machen, sind gescheitert. Das ist der Schatten, der über unserer Forschung liegt: Auch wir Parapsychologen haben keine Erklärung."

Hans Bender stirbt 1991 im Alter von 84 Jahren. Sein Mitarbeiter Eberhard Bauer führt das Freiburger Institut weiter. Es ist heute mit 35 Mitarbeitern das größte seiner Art - weltweit.

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6. February 2007, 08:34   #68
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06. Februar 1887: Der "Leutebischof" Josef Frings wird geboren

Die Familie, in die Josef Frings am 6. Februar 1887 geboren wird, nennen die Neusser bis heute "die heilige Familie": großbürgerlich, wohlhabend, einflussreich. Josef besucht ein humanistisches Gymnasium und studiert am angesehenen Canisianum in Innsbruck und am päpstlichen Bibelinstitut in Rom Theologie. Er spielt Geige und spricht fließend Latein. Aber statt eine Universitätskarriere anzustreben, will er "Leutepriester" werden: Ab 1910 ist er zunächst Kaplan in einem Arbeiterviertel von Köln, später Leiter eines Waisenhauses in seiner Heimatstadt Neuss, dann Pfarrer in Köln. Seine Doktorarbeit schreibt er nebenbei.

Als mitten im Zweiten Weltkrieg der Erzbischof von Köln, Karl Josef Schulte, stirbt, wird Frings zu seinem Nachfolger bestimmt - ein unbekannter Überraschungskandidat. 1942 tritt er das Amt an und wird bald zu einem engagierten Kämpfer für kirchliche Interessen, auch gegenüber den Nationalsozialisten. In einem von ihm mitverfassten Hirtenbrief wird der Mord "an schuld und wehrlosen Geistesschwachen und -kranken, unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen und Abstammung" öffentlich verurteilt. 1944 nennt Frings die Judenverfolgung ein "himmelschreiendes Unrecht". Als der Widerstandskreis um den Leipziger Oberbürgermeister Goerdeler ihn zur Mitarbeit gewinnen will, lehnt Frings jedoch ab.

Gleich nach dem Krieg ernennt Papst Pius XII. Frings zum Kardinal. Der im Rheinland inzwischen sehr populäre Bischof setzt sich gegenüber der britischen Besatzungsbehörde für Belange der Bevölkerung ein. Berühmt wird seine Silvesterpredigt 1946, in der er die Entwendung von Kohle aus alliierten Transport-Zügen wegen der Not im Winter rechtfertigt. Das bringt ihm eine Vorladung bei der britischen Militärregierung ein. Der Kohleklau heißt bei den Kölnern seither "fringsen". 1948 fordert Frings das Ende der Entnazifizierung. Er befürwortet sogar eine allgemeine Amnestie für Kriegsverbrecher.

Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1963 bis 1965) in Rom gehört Frings zum zehnköpfigen Präsidium. Er macht sich einen Namen durch Reden für eine Kirchenreform, bei denen er vor allem die konservativen Kurienkardinäle und das "Heilige Offizium", die Nachfolgeorganisation der Inquisition, mitunter scharf angreift. Sein theologischer Berater während des Konzils ist der Bonner Theologieprofessor Josef Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI.

1969 legt der fast erblindete Frings aus Altersgründen sein Bischofsamt nieder. Er stirbt 1978 im Alter von 91 Jahren.

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7. February 2007, 08:49   #69
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07. Februar 1637: Der holländische Tulpenmarkt bricht zusammen

Am 3. Februar 1637 in einer Schenke im holländischen Harlem: Einige Tulpenhändler haben sich zu einer Auktion getroffen. Einige Zwiebeln stehen zum Verkauf, der Einstiegspreis liegt bei 1.250 Gulden. Das ist nicht ungewöhnlich, kostet doch eine Spitzensorte wie die rot-weiße "Semper Augustus" inzwischen 3.000 Gulden. Aber an diesem Morgen hebt sich keine Hand, auch nicht, als der Auktionator zwei Mal den Preis absenkt. Wenig später verlassen die Händler in Panik das Lokal. Die Nachricht von der geplatzten Auktion verbreitet sich in Windeseile. Tagelang versuchen die Blumenspekulanten nun, ihre Zwiebeln los zu werden - vergeblich. Die Tulpen-Blase ist geplatzt. Am 7. Februar rufen die Tulpen-Unternehmer schließlich eine große Versammlung nach Amsterdam ein. Sie soll den Handel konsolidieren. Dass die Spekulanten scharenweise pleite gehen, verhindert das nicht.

Dieser erste Börsencrash der Geschichte beendet die Tulpenmanie in Holland. Sie beginnt, als der Starbotaniker Carolus Clusius 1593 den botanischen Garten der Universität zu Leiden übernimmt. In seinem Gepäck: Eine Tulpensammlung aus Wien, wo er zuvor die kaiserlichen Gärten verwaltete. Die Tulpe stammt ursprünglich aus den Steppen Zentralasiens. Von dort findet sie im Mittelalter den Weg in die Gärten am persischen Hof in Isfahan und später in die der osmanischen Herrscher in Istanbul. Wertvolle Züchtungen der Lale, der roten Blume, wachsen hier versteckt im Garten des Topkapi-Palastes. Dort bekommt sie der Flame Ghislain de Busbecq zu sehen, als er 1554 eine österreichische Gesandtschaft zum Sultan begleitet. Von hier bringt er einige Blumen unter dem Namen "Tulipan" mit nach Wien, zu Carolus Clusius.

In Leiden weckt die exotische Blume die Begehrlichkeiten der holländischen High Society. Die ist zu dieser Zeit durch ihren Überseehandel die reichste der Welt. Aber die strengen Puritaner dürfen ihr Geld nicht zeigen, Luxus in Kleidung und bei Festen ist verpönt. Also wird die Tulpe zu ihrem Statussymbol - und dafür sogar aus Clusius' Garten gestohlen. Bald steigen die Preise für die ungewöhnlichsten Züchtungen steil an. Die schönsten Flammenmuster der Pflanzen entstehen zufällig, durch ein Virus, sind also selten und nicht beliebig züchtbar. Die Kostbarkeiten werden im aufgeheizten holländischen Frühkapitalismus bald zum Spekulationsobjekt. Man handelt nicht mehr mit den Zwiebeln selbst, sondern mit Optionsscheinen - und dies das ganze Jahr hindurch, auch wenn es gar keine Tulpen gibt.

Am Ende vermeldet ein kritisches Flugblatt, man bekäme für eine "Semper Augustus" im Tausch wahlweise "acht fette Schweine, vier fette Ochsen, zwölf fette Schafe, vierundzwanzig Tonnen Weizen, achtundvierzig Tonnen Roggen, zwei große Fässer Wein, vier Fässer Bier, zweitausend Kilo Butter, fünfhundert Kilo Käse, einen silbernen Kelch, einen Ballen Stoff, ein Bett mit Matratze oder auch ein Schiff." Im Februar 1637 ist froh, wer etwas davon besitzt - und keine Tulpen. Die Blume allerdings übersteht das Ende des Wahnsinns: Bis heute sind die Niederlande das Zentrum der Tulpenzucht. Jedes Frühjahr blühen rund zwei Milliarden Tulpen zwischen Alkmaar und Leiden, meist einfarbige Blumen, schlicht und billig.

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8. February 2007, 09:16   #70
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08. Februar 1932: Geburtstag John Williams

Kennen Sie "Der Weiße Hai", "Krieg der Sterne", "E.T." oder"Indiana Jones"? Höchstwahrscheinlich. Dann haben Sie auch die Musik von John Williams im Ohr. Für acht der 15 größten Filmerfolge aller Zeiten hat der am 8. Februar 1932 in New York geborene Komponist die Soundtracks geschrieben. Fünf Oscars und nicht weniger als 45 Oscar-Nominierungen konnte der heute 75-jährige Williams bislang für sein Werk einheimsen, dazu zahllose Emmys, Grammys und Goldene Schallplatten. Von Alfred Hitchcock bis zu seinem Lieblings-Regisseur Steven Spielberg - Williams hat für alle Großen des Kinos gearbeitet. Kein Wunder also, dass auch für die Musik zu den Harry-Potter-Filmen nur einer in Frage kam. Noch heute komponiert, arrangiert und dirigiert der höchstbezahlte, erfolgreichste und meistbeschäftigte Komponist der Filmgeschichte jährlich drei bis vier Filmmusiken.

Schon als Junge weiß der Sohn eines Schlagzeugers genau, was er werden will. Von klein auf nimmt ihn der Vater mit zu Konzerten, wo vor allem der ohrenbetäubende Lärm der Blasinstrumente einen Rieseneindruck auf ihn macht. "Seitdem ist das Orchester meine große Leidenschaft", erzählt Williams später. Mit sieben Jahren beginnt er Klavier zu spielen; Posaune, Trompete und Klarinette folgen. Das unausweichliche Musik-Studium verdient sich Williams als Jazz-Pianist. Sein erstes filmgerechtes Arrangement schreibt er für Billy Wilders turbulente Komödie "Manche mögen's heiß".

Nach zahllosen Soundtracks zu Fernseh-Serien und Kinofilmen machen die Unheil verkündenden Bass-Noten zum Horror-Schocker "Der Weiße Hai" und die Weltall-Fanfare der "Star Wars"-Trilogie Williams endgültig weltberühmt. Jahrelang ist der weißbärtige Komponist zudem Chefdirigent der "Boston Pops", des berühmten Unterhaltungsorchesters, das sich aus den Musikern des Boston Symphony Orchestra zusammensetzt. Überhaupt gilt Williams inzwischen als "National-Komponist" der USA. Ganz gleich, ob 200. Geburtstag der Vereinigten Staaten, 100. Geburtstag der Freiheitsstatue oder Olympische Spiele, bei Hymnen aller Art ist John Williams die erste Wahl. Und Steven Spielberg mag sowieso keinen Film mehr ohne den Mann produzieren, den Vertreter sogenannter seriöser Musik gern mal etwas abschätzig den "King of Popcorn " nennen.

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9. February 2007, 08:50   #71
Jules
 
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09. Februar 1907: 3.000 Frauen demonstrieren für ihr Wahlrecht

London, 9. Februar 1907: Bei strömendem Regen versammeln sich rund 3.000 Frauenrechtlerinnen aus 40 Wahlrechtsgesellschaften. Ihr Aufmarsch ist eine friedliche Demonstration für die Einführung des Frauenstimmrechts. Die Farben der Suffragetten, der "Wahlweiber" in Großbritannien, sind rot, weiß und grün: "Rot stand für das loyale Herz, weiß war für die Reinheit und grün für die Hoffnung", erklärt Gisela Notz, Historikerin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Als König Eduard VII. in seiner Thronrede nicht auf die Forderung eingeht, kommt es am 13. Februar 1907 zu militanten Protestaktionen. Die Polizei greift hart durch und verhaftet 50 Frauen, darunter auch die damalige Anführerin Emmeline Pankhurst.

Zuvor haben die Wahlvereine 40 Jahre lang erfolglos Petitionen eingebracht. 1903 gründet Pankhurst deshalb die WSPU, die "Women's Social and Political Union". Drei Jahre später radikalisiert sich die Bewegung. Die Frauen ziehen lärmend durch Londons Straßen - mit der Glocke in der Hand und Informationsmaterial unter dem Arm. 1908 klagt Christabel Pankhurst, eine Tochter von Emmeline, die Regierung an, in der Frauenfrage demokratische Grundsätze zu missachten. Sie ruft die Frauen auf, sich mit aller Kraft dagegen zu wehren. Für die Wahlen im Jahr darauf fordert sie ein gesetzlich verankertes Frauenwahlrecht. Es kommt zu einer großen Kundgebung im Londoner Hyde Park mit 250.000 Teilnehmerinnen.

"Fortschritt durch Zerstörung von Eigentum"
Als ihr Anliegen weiter ignoriert wird, setzen die Frauen auf immer militantere Aktionen: Sie ketten sich am Zaun vor dem englischen Parlament an, werfen Scheiben von Ministerien ein und sprengen das im Bau befindliche Landhaus des Schatzkanzlers in die Luft. Eine Frau wirft sich bei einem Pferderennen sogar vor das Pferd des Königs und stirbt. "Wir haben uns über viele Jahre lang geduldig Beleidigungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt", erklärt Emmeline Pankhurst. Die Erfolglosigkeit friedlicher Mittel rechtfertige die begangenen Sachbeschädigungen: "Jeder Fortschritt im Hinblick auf die politische Freiheit der Menschen wurde durch Gewalttätigkeit und Zerstörung von Eigentum errungen." Der Staat lässt sich das nicht bieten: Viele Frauen werden inhaftiert. Da sie wie politische Gefangene und nicht wie Kriminelle behandelt werden wollen, treten sie in den Hungerstreik. Die Behörden reagieren mit Zwangsernährung.

Der Erste Weltkrieg setzt der Auseinandersetzung vorerst ein Ende. Ein Teil der Suffragetten wandelt sich zu begeisterten Patriotinnen, die ihr Engagement aufgeben und sich in die Heimatfront einreihen. Darunter ist auch Emmeline Pankhurst. Ihre Tochter Sylvia hingegen gehört zu den Kriegsgegnerinnen und schließt sich der internationalen Frauenfriedensbewegung an. Nach dem Krieg kommt die Wende: Ab 1918 dürfen in England auch die Frauen wählen - wenn sie über 30 Jahre alt sind. Erst 1928 wird diese Altersbeschränkung aufgehoben.

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10. February 2007, 11:57   #72
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10. Februar 1932: Todestag Edgar Wallace

Mit angstverzerrtem Gesicht fährt ein potenzielles Opfer durch die vom Scheinwerfer seines Autos erleuchtete Allee. London liegt im Nebel, im Gutsschloss knarren die Dielen. Wenn eine Person in einer Tür verschwindet, betritt eine andere den Flur. Joachim Fuchsberger oder Heinz Drache ist der Kommissar, Eddi Arent der spleenige Polizeifotograf, Klaus Kinski der finstere Geselle. So einfach - und doch so verworren - präsentiert sich dem deutschen Publikum zwischen 1959 und 1972 im Kino die Welt des Edgar Wallace: ein Riesenerfolg, der immer wieder neue Produktionen nach sich zieht.

Einfach gestrickt, nebulös und verworren sind auch die Kriminalromane von Wallace selbst. Insgesamt schreibt der Autor, der 1875 in Greenwich geboren wird, ab seinem 30. Lebensjahr 173 Romane, 17 Theaterstücke und rund 1.000 Erzählungen. Alle sieben Wochen entsteht ein neuer Krimi. Aber eigentlich schreibt Wallace seine Bücher nicht. Denn er gilt als erster Autor, der seine Bücher in ein voluminöses Diktiergerät spricht - vorwiegend nachts oder früh am Morgen, im bequemen Hausmantel und wach gehalten von Dutzenden Zigaretten und Kannen überzuckerten Tees. Mit Titeln wie "Der grüne Bogenschütze", "Der schwarze Abt", "Der Zinker" und "Der Hexer" ist Wallace in den zwanziger Jahren in Deutschland der meistgelesene Autor. Als er 1928 Leipzig besucht, stehen Hunderte am Bahnhof, um ihn zu begrüßen. Nach dem Krieg ist die Bibliothek von Bundeskanzler Konrad Adenauer angefüllt mit seinen Büchern.

"Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu sein" druckt der Goldmann-Verlag jahrelang auf die Rückseite seiner Taschenbuchausgaben. Selbst eine Geistesgröße wie Ernst Bloch kann dies nicht verhindern - obwohl er angibt, es sei sogar überaus "leicht möglich, von Wallace nicht gefesselt zu sein". Der rastlose Krimi-Autor stirbt am 10. Februar 1932 auf einer Amerikareise, stark übergewichtig und diabeteskrank, eines natürlichen Todes. Als seine Leiche an Bord eines Dampfers in Southampton ankommt, läuten die Glocken. In London ist auf Halbmast geflaggt. Ob sich die Stadt ihm zu Ehren in Nebel hüllt, ist nicht überliefert.

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11. February 2007, 09:29   #73
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11. Februar 1847: Geburtstag von Thomas Alva Edison

Was passiert, wenn ...? Das ist die Frage, die Thomas Alva Edison ein Leben lang bewegt. Die Lösungen, die der erfinderische Pionier des Industriezeitalters in oft wochenlanger, unermüdlicher Laborarbeit ertüftelt, bewegen die Welt. Neben der verbesserten Glühbirne, dem modernen Stromnetz, der elektrischen Eisenbahn, neben Filmkameras, Diktiergeräten, Mikrofonen, Phonographen und dem modernen Telefon hinterlässt der 1931 verstorbene Autodidakt 1.093 Patente und an die fünf Millionen Blatt Papier. Seit knapp dreißig Jahren katalogisiert eine Forschergruppe im "Edison Papers Projekt" die Hinterlassenschaft eines Genies ohne höhere Schulbildung, das stets nach der Methode "Versuch und Irrtum" forschte, dem die theoretischen Wissenschaften ein Gräuel waren, und der zur amerikanischen Ikone des Self-made-Millionärs wurde.

Eine konsequente, systematische Arbeitsweise, gepaart mit einer ausgezeichneten Nase für gute Geschäfte beweist Edison schon in jungen Jahren. Obwohl der am 11. Februar 1847 in Milan, Ohio geborene Sohn eines Kleinunternehmers als lernschwach gilt und von seinem Lehrer als "Hohlkopf" beschimpft wird, verschlingt Thomas alle technischen Texte, die er in die Finger bekommt. Mit zwölf verkauft er Getränke in der Eisenbahn und richtet sich im Gepäckwagen ein kleines Labor für chemische Experimente ein. Dabei ereignet sich ein Unfall, infolge dessen er sein Gehör nahezu vollständig verliert. Dieses Handicap konzentriert Edisons Interesse auf die technische Weiterentwicklung der menschlichen Kommunikation. Bereits mit 20 Jahren verdient er mit der Verbesserung des Telegrafen-Systems, der Erfindung des Börsen-Tickers und einer funktionsfähigen Schreibmaschine ein kleines Vermögen.

In kurzen Abständen folgt das Telefon mit Kohlemikrofon und, 1877, der erste brauchbare Phonograph, der als "die größte Erfindung unserer Zeit" gerühmt wird. Mit der von ihm entwickelten Kohlefaden-Glühbirne gibt Edison den Startschuss für das Elektrizitäts-Zeitalter. Außerordentlich geschäftstüchtig vermarktet der Serien-Erfinder das elektrische Licht als komplettes Monopol-System, vom Stromwerk, über Leitungen, Schalter und Glühlampen, bis hin zum Stromzähler. Erfindungen, die keinen kommerziellen Nutzen versprechen, ignoriert Edison. Zum größten Fehlschlag des mit Gleichstrom arbeitetenden Erfinder-Unternehmers gerät seine Fehleinschätzung der Vorzüge des Wechselstroms. Obwohl er diese Technologie seines Konkurrenten Westinghouse mit allen nur denkbaren schmutzigen Tricks bekämpft, kann Edison den Triumphzug des Wechselstroms nicht verhindern. Menschlich gesehen gilt der "Zauberer" schon seinen Zeitgenossen nicht als leuchtendes Vorbild. Allen Ruhm, auch fremden, verbucht er stets auf das eigene Konto. In seinem Tagebuch vergleicht sich Thomas Alva Edison mit Leonardo da Vinci. Eintrag im Juli 1877: "Glorreich - Telefon um fünf Uhr perfektioniert."

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12. February 2007, 09:39   #74
Jules
 
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12. Februar 1947: Christian Dior präsentiert seine erste Kollektion

Der zweite Nachkriegswinter ist hart. Auch in Paris trotzen die meisten Einwohner in schäbigen Kleidern und gestopften Strümpfen dem Frost. Mitten in der Stadt, die sich erst allmählich vom Besatzung und Krieg erholt, laufen am 12. Februar 1947 Frauen in perlenbestickten Glockenröcken und pelzbesetzten Kostümjacken über den Laufsteg. Der bis dahin weithin unbekannte Modeschöpfer Christian Dior präsentiert seine erste Kollektion.

Diors Mode ist revolutionär, obwohl sie nostalgisch daher kommt. Sie verleugnet nicht nur die Not im Nachkriegseuropa, sondern setzt sich auch über die neue Sachlichkeit der zeitgenössischen Haute Couture hinweg. Diors Frauen erscheinen als romantische Märchenfeen, ihre Vorbilder sind anscheinend Adelige des 18. Jahrhunderts, die nichts zu tun haben, als sich drei Mal am Tag umzuziehen. Aber Dior gestaltet das Altertümliche ganz neu. Die amerikanische Modejournalistin Carmel Snow schreibt deshalb von seinem "New Look ". Der Ausdruck gibt dem Modetrend der kommenden Jahre den Namen.

Hatte Coco Chanel die Frauen von engen Korsetts befreit, schnürt Dior sie wieder in Bustiers und Wespentaillen ein. Seine weibliche Mode hat für ihn durchaus mit Strenge zu tun. "Sich den strikten Regeln der Eleganz zu beugen, erlaubt es, Selbstdisziplin zu lernen", sagt er. Feministinnen in den USA gründen gegen den New Look den "Little-Below-the-Knee-Club". Aber Trendsetterinnen wie Ava Gardner und Grace Kelly legen ihre kurzen Röcke ab und lassen sich von Dior einkleiden. Die erste wird auch die erfolgreichste Modenschau von Christian Dior bleiben. In seiner Werkstatt in der Avenue Montaigne rattern bald 1.000 Nähmaschinen gleichzeitig. Die Fünfziger Jahre können kommen.

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13. February 2007, 08:55   #75
Jules
 
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13. Februar 1927: Sybil Gräfin Schönfeldt wird geboren

Handys, die selbst auf Beerdigungen klingeln; Ellenbogen auf dem Tisch; Radfahrer, die ohne Licht auf der falschen Straßenseite fahren - das sind für Sybil Gräfin Schönfeldt einige der größten Benimm-Sünden. Sie gilt als der "weibliche Knigge" aus Hamburg. Doch sie ist nicht nur Etikette-Expertin, sondern vor allem Übersetzerin, Schriftstellerin und Journalistin. Geboren wird sie am 13. Februar 1927 in Bochum. Ihr Vater ist ein österreichischer Reichsgraf, ihre Mutter ist die Tochter eines Plantagenbesitzers. Sie stirbt bei der Geburt von Sybil. "Ich bin als sechs Wochen altes Baby von einer Großtante in eine karierte Reisedecke eingewickelt und mit nach Nassau an der Lahn genommen worden", erzählt die Gräfin später. Die Schulzeit verbringt sie in Göttingen bei ihrer Großmutter mütterlicherseits. Noch in den letzten Kriegsmonaten wird sie zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. 1946 macht Sybil Abitur, studiert anschließend Germanistik und Kunstgeschichte in Wien, Heidelberg und Hamburg.

Neben dem Studium arbeitet die junge Gräfin: "Ich habe stundenweise Hemden gebügelt, ich habe Hunde ausgeführt, ich habe Hamburger Stadtpläne handkoloriert." Einer ihrer Jobs bringt sie zu ihrem Beruf als Journalistin: Für die neugegründete Frauenzeitschrift "Constanze" führt sie Interviews. Später schreibt sie unter anderem für "Die Zeit", den "Stern", die "Süddeutsche Zeitung", das "Hamburger Abendblatt", die "Petra" und "Essen und Trinken". In den 70er Jahren gründet sie gemeinsam mit Jochen Steinmayr das "Zeit-Magazin".

Ihre Benimm-Fibel "Einmaleins des guten Tons" wird 1987 zum Bestseller und macht die Gräfin zur deutschen Benimm-Prinzessin: "Das Benehmen ist eine Möglichkeit, besonders mit Leuten, die einem gleichgültig oder unangenehm sind, gesittet umzugehen. Das Benehmen ist eine Möglichkeit, den eigenen Egoismus zu zügeln." 2001 erscheint ihr Buch "Feinschliff - ein Knigge für Kinder". Außerdem übersetzt sie rund 120 Bücher von Autoren wie Edith Nesbit, Pearl S. Buck, Charles Dickens und Lewis Carroll. In ihren eigenen Büchern geht es meist um Kinder, Kochen und ums Alter. Sie wird unter anderem mit dem "Deutschen Erzählerpreis" und dem "Deutschen Jugendbuchpreis" ausgezeichnet. Sybil Gräfin Schönfeldt ist seit 1957 mit dem Hamburger Kaufmann Heinrich Schlepegrell verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.

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