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21. December 2005, 10:58   #1
Ben-99
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Die USA auf dem Weg zum Bush-Faschismus.

... nun ist das eingetreten, was ich seit langem befürchtet hatte: George W. Bush hat im Zusammenhang mit der Abhöraffäre unverblümt erklärt, daß für ihn die Verfassung bzw. die amerikanischen Gesetze nicht mehr gelten und kündigte an, amerikanische Bürger auch weiterhin ohne richterlichen Entschluß bespitzeln zu lassen. Das gilt für das heimliche Abhören von Telefongesprächen, aber auch für das Mitlesen des privaten E-Mail-Verkehrs.

Sein Argument: Er dürfe das, weil die "besondere Situation" es erlaube. Und er allein wird auch in Zukunft darüber entscheiden, was "gut" für die amerikanischen Bürger ist.

Damit argumentiert er exakt so, wie es auch schon andere spätere Diktatoren gemacht haben, als sie die Verfassung zum ersten Mal mißachteten. Nun wäre es auch kein großer Schritt mehr für ihn, durch ein "Ermächtigungsgesetz", das natürlich eine andere Bezeichnung erhalten würde, die Demokratie aus den Angeln zu hebeln, wie es 1933 auch die NSDAP gemacht hat. Auch Bush könnte dann theoretisch so lange an der Macht bleiben wie er will.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich setze den gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten nicht auf eine Stufe mit Adolf Hitler. Und trotzdem könnte es der Beginn der Abschaffung der Demokratie in den Vereinigten Staaten sein. Entsprechend entsetzt reagieren die Bürgerrechtsorganisationen, und es ist auch schon ein Bezirksrichter aus Protest von seinem Amt zurückgetreten.

Ob es der demokratischen Opposition gelingen wird, Bush noch früh genug zu stoppen, damit es auch in Zukunft freie Wahlen in Amerika geben wird, steht in den Sternen. Aber es sollten sich auch die europäischen Verbündeten verantwortlich zeigen, indem sie dabei mithelfen, die Gefahr für Amerika abzuwenden. Das gilt auch für unsere neue Bundeskanzlerin, die sich hoffentlich daran erinnern wird, daß die Abgeordneten der damaligen "Zentrumspartei" als Vorläufer der CDU ausdrücklich für die Ermächtigungsgesetze gestimmt und somit die alleinige Herrschaft der Nazis besiegelt haben.

70 Jahre später wird man hoffentlich klüger geworden sein. Wer aber auch jetzt noch dem Amok laufenden US-Präsidenten in den Hintern kriecht, darf sich nicht wundern, wenn der neue, diesmal amerikanische Faschismus irgendwann auch nach Europa überschwappt.

Gruß Ben
 
21. December 2005, 12:23   #2
tw_24
 
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In der Tat, es droht schlimmster Faschismus im Land der unbegrenzten Abhörmöglichkeiten. Und weil George W. Bush ein so übler Diktator ist, kann er es sich auch leisten, in einer Ansprache an die geknechteten Untertanen zu verkünden, daß er ein paar Abhörmaßnahmen am eigentlich dafür existierenden Gesetz vorbei genehmigt hat.

Und weil der Heimatschutz jeden gnadenlos umlegt, der es wagt, auch nur eine kritische Frage zu stellen, muß der Diktator Bush sich auch nicht vor ihm untreu werdenden Anhängern fürchten oder gar Bürgerrechtsfreunden, denn die werden vom bedauernswert dummen "Amerikaner an sich" sowieso nicht wahrgenommen, dafür sorgt die Zensur.

Komisch nur, daß all die vom "Bush-Faschismus" wohl in ihrer Existenz bedrohten Organisationen, die nun aufschreien, all die von der Zensur gemaßregelten munteren Zeitungs- und TV-Redakteure noch nicht um Asyl im Ausland gefleht haben, etwa im geläuterten Deutschland, wo noch kein Kanzler sich an die Bevölkerung wenden mußte, um für Spitzeleien seiner Sicherheitsdienste um Verständnis zu werben.

MfG
tw_24
 
21. December 2005, 13:15   #3
Ben-99
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... das war mir schon klar, daß Du den Trend in Richtung Faschismus verharmlosen wirst. Nicht anders wurde auch damals auf die Kritiker der NSDAP reagiert – zunächst noch mit Hohn und Spott, weil man doch angeblich Hitler zu dieser Zeit noch nicht richtig ernst genommen hat. Doch schon wenig später wurde so etwas dann beim Gestapo-Verhör "geklärt".

Es geht mir auch nicht speziell um die heimlichen Bespitzelungen, sondern um die erstaunliche Begründung des Herrn Bush. Wer ihn gestern im Fernsehen gesehen hat, wie er lächelnd erklärte, daß er sich an keine richterlichen Beschlüsse und eben auch nicht an die Verfassung halten muß, sondern selbst entscheidet, wann und wie er seinen Bürgern "hilft", der wurde an einen Politiker erinnert, der anscheinend nicht mehr Herr über seine fünf Sinne ist.

Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der beinahe täglich über Verschleppungen ausländischer Bürger berichtet wird und man die USA getrost als Folter-Staat bezeichnen kann. Dabei spielt es keine Rolle, daß die "Verhöre" bis jetzt "nur" in den amerikanischen KZs außerhalb der USA stattfinden, von denen die Öffentlichkeit bis jetzt nur einige wenige kennt.

Im Grunde sind das alles Dinge, die auch Dich normalerweise auf die Palme bringen würden. Aber solange die USA den Beschützer von Scharon spielen, würdest Du es wohl sogar für in Ordnung halten, wenn demnächst auch noch 90jährige hingerichtet werden, nur weil sie einen Bush-Witz erzählt haben.

Oder anders gefragt: Gibt es für einen "Antideutschen" überhaupt irgendeine Grenze, bei der er seine blinde, unterwürfige Einstellung gegenüber der gefährlichen und für den Weltfrieden bedrohlichen Bush-Politik vielleicht doch mal überdenken würde? Angenommen, der Präsident würde seine politischen Gegner aus den Reihen der demokratischen Opposition kaltblütig töten lassen – wäre das auch noch in Ordnung für Dich? Ich fürchte beinahe: ja. Und wenn Deutschland und andere europäischen Länder irgendwann von den US-Truppen überrollt werden, steht der liebe tw_24 glücklich mit seiner Israel-Fahne am Straßenrand und freut sich, daß nun auch unser Land endlich "befreit" worden ist ;-)

Gruß Ben
 
21. December 2005, 15:11   #4
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
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Beiträge: 1.018
Faschismus beginnt nicht damit, daß sich ein Präsident durch in einer Rede angesprochene Themen öffentlicher Kritik aussetzt, die es doch gerade in den USA gibt. Gäbe es solche Kritik nicht, dann - aber eben nur dann - stimmte etwas mit der amerikanischen Demokratie nicht. George W. Bush hat kein Medienimperium a la Hugenberg hinter sich, und auch die politische Konkurrenz wird nicht durch irgendwelche Regelungen kaltgestellt. Institutionell ist also doch alles in bester Ordnung.

George W. Bush hat erklärt, er habe persönlich Abhörmaßnahmen angeordnet, der NSA erlaubt, Kontakte verdächtigter US-Bürger ins Ausland zu überwachen. Damit hat er in den USA geltendes Recht gebrochen, denn genau für solche Fälle gibt es schon gesetzliche Regelungen, nach denen ein Richter entsprechende Maßnahmen hätte anordnen müssen. Und für diesen Regelverstoß, den er nicht hätte öffentlich machen müssen, wird George W. Bush nun - berechtigt - politisch und medial geprügelt, ein Watergate wird daraus aber wohl nicht werden.

Faschismus jedenfalls sieht anders aus, ein Duce oder Führer hätte sich zunächst wohl kaum öffentlich zu seiner Tat bekannt, noch hätten sich Medien oder selbst Parteifreunde kritisch geäußert. Und selbst wenn George W. Bush durch schon existierende Berichte zu seinem 'Geständnis', das durchaus noch juristische Folgen haben kann, gezwungen worden sein sollte, so belegte auch dies, daß die amerikanische Demokratie sich nicht auf dem Weg der Selbstauflösung befindet.

Ich sehe da schlicht keinen Grund, nachgerade hysterisch "Faschismus!" zu rufen, zumal in den vergangenen Wochen ja auch noch andere Dinge öffentlich wurden, die der US-Administration alles andere als angenehm sein dürften. Es war öffentlicher Druck, der die US-Regierung dazu brachte, ihre Haltung zu Folter oder unmenschlicher/harter Behandlung Gefangener zu präzisieren - hätte ein faschistischer oder sonstiger Diktator sich eine solche Einschränkung letztlich seiner Macht bieten lassen?

Zitat:
Zitat von Ben-99
Es geht mir auch nicht speziell um die heimlichen Bespitzelungen, sondern um die erstaunliche Begründung des Herrn Bush.
George W. Bush hat, so lächerlich oder vorgeschoben es auch klingen mag, wenn er sein Handeln mit der Terrorismusbekämpfung begründet, dennoch damit die Wahrheit erklärt. Zumindest gegen den islamistischen Terror, gegen diesen schmutzigen Heiligen Krieg, kann der herkömmliche Repressionsapparat noch weniger ausrichten als gegen normale Kriminalität, für die Gesetze gemacht wurden.

Ein Selbstmordattentäter, der sich ins Paradies bomben will, kann leider praktisch gar nicht durch eine hohe Haft- oder die Todesstrafe mehr abgeschreckt, Heilige Krieger können auch durch eine noch so vorbildliche Einhaltung demokratischer Spielregeln überzeugt werden, denn sie bekämpfen ja genau diese Demokratie und halten sich ganz nebenbei am wenigsten an deren Regeln - insofern ist das Argument, der Westen stärke erst durch Menschenrechtsverletzungen die Terroristen, nicht wirklich zutreffend.

Vor einem Staat wie etwa Syrien oder jenem von der PA kontrollierten korrupten System muß weder Israel, noch müssen sich die USA irgendwie rechtfertigen, sondern letzterer Regierungen höchstens tatsächlich vor der jeweils eigenen Bevölkerung oder auch der Wertegemeinschaft, der sie angehören. Aber daß Al-Kaida einen Waffenstillstand ausriefe, wenn der Westen sich nur brav an seine eigenen Werte hielte, können nur ziemlich ignorante Idealisten hoffen.

Wer also meint, die US-Regierung, die sich gerade von unmenschlicher Behandlung Gefangener verabschiedete und die auch keine KZs unterhält noch ein "Gulag-System" - ein polnischer Journalist berichtete neulich im TV, daß russische Gefangene darum baten, in Gitmo bleiben zu dürfen, statt nach Rußland überstellt zu werden -, gefährde den Weltfrieden dadurch, daß sie sich unter den kritischen Blicken einer freilich zu Übertreibungen neigenden Öffentlichkeit einige - teilweise gravierende - Gesetzesbrüche erlaubt, irrt gewaltig.

Die einzige Gefahr, die von derlei Tun ausgeht, besteht tatsächlich in einer Aushölung der westlichen Gesellschaften, doch hier zeigen ja die vergangenen Tage, daß die USA eher auf dem Weg einer Besserung sind, während hierzulande Grauzonen ausgeweitet werden, also gerade nicht dem Beispiel der US-Administration gefolgt wird. Daher bringt auch die jüngste Ansprache George W. Bushs mein Weltbild nicht zum Einsturz, denn es folgt doch gerade dem Eingeständnis von Fehlern der Versuch einer Besserung.

Und so kann ich auch die nun eingestandenen Abhörmaßnahmen als solche als Fehler bezeichnen, muß deshalb aber nicht gleich einen "Bush-Faschismus" erfinden, zumal nach solchen Maßstäben die Beschreibung Faschismus eher auf die deutsche Gegenwart zutrifft denn auf die der USA, die sich noch immer den Luxus einer auch veröffentlichten Meinungsfreiheit leistet, von dem hierzulande selbst erklärte Feinde der FDGO nur träumen können.

MfG
tw_24

P.S.: Dein Sohn steht nicht mehr mit einer Israel-Fahne irgendwo herum, sondern trägt einen kaum zwei Zentimeter großen Pin mit der israelischen Flagge, denn schon dieses kleine Zeichen der Solidarität entgeht den linksdeutschen Blockwarten nicht, die noch immer wie erwartet aufgeregt auf es reagieren, gegen das Kopftuch als wahrlich unübersehbares Zeichen islamistischer Unterdrückung von Frauen in ihren Reihen dagegen keine Einwände haben. Sie wissen eben, was sich für Antiimperialisten geziemt ...
 
21. December 2005, 16:16   #5
Ben-99
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Zitat:
Zitat von tw_24

George W. Bush hat kein Medienimperium a la Hugenberg hinter sich
... stimmt, zumindest noch nicht. Dafür könnte es aber schon bald in Deutschland so etwas geben, wenn nicht doch noch verhindert wird, daß Springer auch noch den größten Teil des Privatfernsehens beherrscht. Und was hier mit Hilfe rechter Politiker (Glos hat sich ja schon entsprechend geäußert) möglich zu sein scheint, würde in den USA auch klappen, wenn der neue "Führer" das wünscht.

Allerdings hat man ja bei der Berichterstattung während des letzten Irak-Kriegs gemerkt, daß das bei dem erbärmlichen vorauseilenden Gehorsam der meisten amerikanischen Fernsehsender und Zeitungen gar nicht nötig ist. Eine Schande, daß dabei sogar die "Post" und die "Times" mitgemacht haben, so daß sich die Chefredakteure hinterher bei ihren Lesern entschuldigen mußten.

Zitat:
Zitat von tw_24

Vor einem Staat wie etwa Syrien (...) muß weder Israel, noch müssen sich die USA irgendwie rechtfertigen
Und wie erklärst Du Dir, daß die Bush-Regierung die vom CIA auf verbrecherische Weise im Ausland gekidnappten Bürger ausgerechnet nach Syrien verschleppen läßt, um sie dort unter Anwendung von Folter zu verhören? Wie kannst Du die heuchlerische Politik eines Präsidenten verteidigen, der einerseits dieses Land als "Schurken-Staat" bezeichnet, aber gern die rüden Methoden dort für seine eigenen Interessen nutzt?

Zitat:
Zitat von FAZ

In das Gefangenenlager Guantánamo, das allen hiesigen rechtsstaatlichen Vorstellungen zuwiderläuft, hätte Deutschland niemals einen Ermittlungsbeamten entsenden dürfen, sondern allenfalls einen Botschaftsangehörigen, der sich der Rechte des dort gefangenen Türken aus Bremen hätte annehmen sollen. Und wenn deutsche Kriminalbeamte, die in Syrien den Gefangenen Zammar vernahmen, keine Anzeichen von Folter an ihm entdeckt haben, dann können sie nicht sehr intensiv hingeschaut haben.

Schon die ersten Versuche der Aufklärung dieser Episoden eines schmutzigen Kriegs haben den Schein der Rechtsstaatlichkeit sehr fadenscheinig werden lassen.

http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76...~Sspezial.html
Und was meinst Du damit, daß die USA "auf dem Weg der Besserung sind"? Willst Du etwa ernsthaft behaupten, daß es auch schon vor Bush amerikanische Folter-KZs im Ausland gegeben hat? Oder daß auch Clinton öffentlich behauptet hat, er müsse sich als Präsident nicht an Gesetze oder die Verfassung halten?

Nein, der "Schurke", um mal den Begriff des US-Präsidenten aufzugreifen, ist nicht "die USA", sondern der Schurke hat einen Namen und der lautet George W. Bush.

Im übrigen habe ich geschrieben, daß das Land "auf dem Weg" zu einem Bush-Faschismus sei. Erst wenn dieser Weg von der einflußreichen texanischen Dynastie erfolgreich zu Ende geführt worden ist und es keine freien Wahlen mehr in den USA gibt, was ich nicht hoffe, kann man den mächtigsten Staatschef der Welt getrost mit Mussolini, Franco, Salazar oder gar Hitler himself vergleichen.

Gruß Ben
 
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