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5. December 2005, 03:51   #1
Enfried
 
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Ort: Skagerrak (Fische fürchten feuchte Fürze)
Beiträge: 25
Also.

Als ich an jenem kalten Abend 1989, ich war erst acht und deswegen schon zu Bett gegangen (und hatte wahrscheinlich schon angefangen, mit der Taschenlampe unter der Bettdecke meinen literarischen Heißhunger zu stillen) nochmal aus den Federn gerufen wurde (Sis und ich guckten uns verdutzt an) und ich mich plötzlich auf einem Spaziergang irgendwo in die dunkelste Wallachei wiederfand, begriff ich nicht viel. Ich war schon drüben gewesen, bei Freunden, Bekannten und Verwandten, fast jedes Jahr tief ins dunkelste Westsibirien. Aber zu Fuß? Die Grenzscheinwerfer blendeten, ich mußte aufpassen, auf dem "Streifen" nicht zu stolpern. Es war spät, doch damals noch unendlich fernen Nachbardorf füllten sich die Strassen mit Menschenmassen, alle waren versammelt in den Kneipen und Restaurants und feierten und beschenkten sich und tranken ekelpatzige Cola und trafen entfernte Verwandte wieder.

Was ich in den darauffolgenden Tagen sah, waren kilometerlange Kolonnen von Wartburgs und Trabbis, die sich in unsere Stadt quälten, um unsere Aldis und Lidls zu plündern. Wir selber fuhren für einige Zeit nach Hamburg zu Verwandten, um die sich erstmal austoben zu lassen und nicht um Bananen kämpfen zu müssen. Aber krass: Gorbatschow setzte der Breschnew-Doktrin die von Schewardnadse so genannte "Sinatra-Doktrin" entgegen. Der Warschauer Pakt fiel. Zu einem hohen Preis, denn entgegen der Wünsche einiger blieb die NATO bestehen. Der Westen hatte gesiegt, Kapitalismus Hurra (ich erinnere an die Szene aus "Austin Powers"). Der kalte Krieg war vorbei, denn DIE MAUER ist gefallen, danach sind sie alle gefallen, zuletzt die Ukraine.

Na, und wie gut sich dabei doch die deutschen Kanzler und die russischen Präsidenten (für alle nochmal zum Mitzählen, ich hoffe, ich habe keinen vergessen: Kohl, Schröder, Gorbatschow, Jelzin, Putin, Zaranoff und Moskowskaya, Merkel mußma seh'n) jener Zeit miteinander verstehen. Und dann lassen wir uns am besten noch gleich die Ehrendoktorwürde vom Parteirat der Chinarestaurantköche in Deutschland e.V. verleihen und werden Papst.

Naja, und die Amis, mein Gott, die und ihre Terroristen... haaaben wir doch alles selber.

Ich meine, was für Abkommen hat'n jetzt der Westen mit dem Osten geschlossen? Anders: glaubt einer wirklich, daß die solange geredet haben, bis einer gesagt hat: "Okay, wir geben auf, wir wollen auch Coca Cola und McDonald's"? Neenee, det Kapitel mi'm Kommunismus ist noch lange nicht an seiner letzten Seite angelangt. In der Bibel steht's. Einer der Köpfe wird fast abgeschlagen, doch die Wunde heilt wieder, und dann ist die Kacke am Dampfen. Was macht zum Beispiel Frankreich, oooder was macht Polen oder Großbritannien ooder D... änemark, sagen wir, Europa, wenn sich nun, ihrer alten Werte wieder besinnend, die roten Flaggen Asiens unter dem fünfstrahligen Stern wiedervereinigen - Fragezeichen?

Soeben lese ich auf Spiegel Online, daß irgendein unbedeutender Politiker, ich vergeß' immer seinen Namen, der hat gesagt, am besten mal Angriff auf Atomanlagen im Iran. So. Ordentlich.

Ey.

Der Stilbruch der USA mit sämtlichen völkerrechtlichen und sonstigen Abkommen (übrigens in erschreckender Deutlichkeit im aktuellen Stern nochmal geschildert von einem UN-Botschafter) und ihre Sonderfunktion als besonders vom Aussterben bedrohte Märtyrernation hat eine neue Kultur geschaffen. Plötzlich darf man foltern, wir nennen es nur nicht so. Natürlich führen wir gerne rund um den Globus Krieg, aber wir tun es doch für den Frieden. Und meine Oma hat schon immer gesagt: "Angriff ist die beste Verteidigung".

Nach 1945 haben sich ganze Nationen das Hirn ficken lassen. Was ist passiert? Im Westen war plötzlich alles frei. Jeder war reich und glücklich. Massenproduktionen wurden möglich, es folgte der Massenkonsum und Massen an Abfall. Plötzlich ist alles wegwerfbar, was früher heilig aufbewahrt wurde, und sei es nur zum Feuern im Ofen. Wir sahen Ende November 2005 im Münsterland, wozu das führen kann: kaum ist eine scheinbare Ubiquität wie Strom weg, kann es schnell um ganze Existenzen gehen. Früher? Unmöglich.

Denkt mal nach. Das gesamte Publikum ist auf Aldi und Media-Markt getrimmt. McDonald's. Hinter allem mußt Du irgendwelche Konzerne vermuten. Der aktuelle Phillip-Morris-Skandal, die Skrupellosigkeit von Ölfirmen und anderen Ackermännern ist nur ein Beispiel. Alles ist billig, und das mußt Du alles konsumieren. Handys. Und Klingeltöne mit optional serienmäßiger Spendenfunktion für die besonders bedrohte Borkenkäfergattung mit wissenschaftlicher Tokio-Hotel-Patenschaft dazu. BILLIG!

Nein, das ist alles geschenkt, und es sind Bestechungsgeschenke. Kaufe Fleisch in Plastik von gequälten Tieren, aus Kadavern, Wurst und Döner aus verdorbenem Fleisch, nimm hin, daß es dir gut geht und anderen nicht so. Den Leuten in Afrika zum Beispiel. Wir hungern die gerade systematisch aus, schau nur. Hab' ich'n Bild von. Auf mei'm Fotohandy.

Mit dem kann ich auch ins Netz, egal, wo ich bin, und ich hab' echt jede Menge Kollegen so, inne janze Welt, verstehste. Komm ja so auch eigentlich mit jedem gut klar, auch so anner Supermarktkasse oder so, wenn ich halt unterwegs bin, glaub' ich schon... äh, mein Nachbar? Wie der heißt?

Früher, als es noch nicht diese großen Städte gab, war es - denke ich - unmöglich, seinen Nachbarn nicht zu kennen. Man war aufeinander angewiesen, und da erzähl' mir mal keiner, ich stell' mir das zu rosig vor. Wenn's Stress gab, dann vielleicht wegen der umtriebigen Nachbarin. Aber was wußte mein Vorfahr 1531 wohl groß von Afrika oder Amerika? Ob er Hollywood so vermißt hätte wie ich jetzt?

Die Gesellschaft, also - wir schaffen es irgendwie, unserem Gewissen etwas abzuringen. Wir fordern Freiheit. Selbstbestimmtes Denken, Emanzipation, Demokratie, Fortschritt und Traditionsbewußtsein, Friede, Freude, Eierkuchen und Glühwein für alle. Hauptsache, die Kasse stimmt.

Hauptsache, MEINE Kasse stimmt. Ich. Mir. Meins. Schließlich bin ich doch ein Individuum. Höhö, summt der Waldgeist: Du glaubst, in Dividuum zu sein. Willkommen auf Gaia. Sechs Milliarden Menschen auf einem Planeten, der lockerst zwölf Milliarden Menschen ausreichend und gut und lecker ernähren könnte, und in Afrika, dieser Menschenvernichtungsmaschine, krepieren Säuglinge an Aids und Hunger und essen Mütter ihre Kinder. Geh', kauf' noch nen Kasten Krombacher zur Rettung der Erde und tu das Kupfer vom Wechselgeld in die Spardose für diesen kurzen Moment vom leisen, heimlichen Glücksrausch, etwas lobenswertes getan zu haben. Die Erde hat eine riesige Wunde, aber Du bist nicht schuld daran. Auch Du bist nur ein Teil des Ganzen

und willst überleben solange Du kannst

heile Dich, kaufe ein neues Auto.

Arbeite schwarz und sei dem Fiskus nicht allzuguter Freund, dein Alphatierchen macht's doch auch so. Und hinfort mit allem Glauben, der nur hinderlich beim Lauf der neuen Religion, der Wissenschaft. Vergiß all die alten nützlichen, aber lästigen Rituale. Alles ist erklärbar - moment, wir arbeiten zwar noch dran, aber ehrlich, sie müssen uns glauben, unsere Zukunft sieht -

unsere Zukunft sieht...


wie sieht sie denn aus? Globaler Nuklearer Holocaust? Rendezvous mit extraterrestrischen Lebensformen? Wiederbelebung und Reinthronisierung von Elvis Presley? Oder - demnächst in aller Munde: H5N1!?

SOLLTE der Mensch den Schritt ins Weltall wagen, folgt er der Logik aller Tierarten: neues Terrain erkunden, am liebsten, wenn es eigenen Biosphäre irgendwie ähnelt. Reproduzieren. Ausbreiten.

Nicht?

Wenn das ganze Universum - wie das Selbstähnlichkeitsprinzip von Fraktalen nahelegt - einer ähnlichen Logik, einem vergleichbaren Logarithmus wie die uns bekannte Evolutionstheorie unterliegt, man sogar von einem Hyperwesen sprechen kann (einem irgendwie vernetzten Organismus, ähnelnd den Mehrzellern oder auch Kulturen und Spezies der Erde, bloß halt ein Level höher), liegt es nahe, daß es gut möglich ist, daß das Universum den kranken Planeten Erde einfach abstößt wie wir eine Hautzelle beim Trockenrubbeln mit dem Perwoll-gewaschenen und superweichspülerdurchwalkten Frotteehandtuch. So sehe ich die Sache.

Und jetzt kommt mir nicht mit Gott ;-)
 
5. December 2005, 08:53   #2
Ben-99
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... ich nehme erfreut zur Kenntnis, daß Aka, was die inhaltlichen politischen Aussagen betrifft, nach einem kurzen Ausflug ins Denklager der Rechten, wieder zu seinen vertrauten Wurzeln zurückgefunden hat ;-)

Zitat:
Zitat von Enfried

Soeben lese ich auf Spiegel Online, daß irgendein unbedeutender Politiker, ich vergeß' immer seinen Namen, der hat gesagt, am besten mal Angriff auf Atomanlagen im Iran. So. Ordentlich.
Diese Dreistigkeit ist tatsächlich kaum noch zu toppen. Denn der frühere israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagt quasi: "Klar, unsere amerikanischen Freunde haben Atomwaffen, und wir besitzen sie auch. Aber wenn ein anderes Land auf dieselben Rechte pocht, machen wir es platt. Warum? Weil wir es dürfen und die nicht. So einfach ist das – zumindest für uns Israelis. Und was unsere muslimischen Nachbarn dazu sagen, kümmert uns wie immer einen Dreck."

Diese abstoßende Arroganz ist es, mit der sich Israel immer wieder international unbeliebt macht. Und genau das ist auch das Wasser auf die Mühlen der Neonazis in der Welt, die dann wieder behaupten können: Ja, so sind sie nun mal, "die Juden".

Radikalkonservative wie Netanjahu erweisen ihrem Land nicht wirklich einen Dienst, wenn sie dadurch Israel immer weiter in die Isolation treiben. Und versucht mal ein mutiger Politiker wie Rabin einen zeitgemäßen Kurs, wird er von Leuten aus den eigenen Reihen umgelegt.

Mein "Sohn" tw_24 wird zwar vor Entsetzen zusammenzucken, aber ich behaupte trotzdem, daß man die Politik Israels nicht unterstützen sollte, solange dort noch immer jederzeit Leute an die Spitze kommen können, die nicht mal die Gefahr eines 3. Weltkriegs davon abhält, immer wieder mit dem Feuer zu spielen und den verständlichen Haß der gesamten muslimischen Welt auf sich zu ziehen.

Gruß Ben

Zitat:
Israel sollte nach Auffassung des führenden konservativen Politikers Benjamin Netanjahu iranische Atomanlagen aus der Luft angreifen, um Teherans Atomprogramm zu zerstören. "Israel sollte Iran nicht erlauben, zur nuklearen Bedrohung zu werden", erklärte Netanjahu, der bei der vorgezogenen Parlamentswahl im März gegen Regierungschef Ariel Scharon antritt.

(...)

Mit diesem Vorschlag stehe er in der Tradition des ehemaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin, der vor 24 Jahren einen israelischen Luftschlag gegen einen im Bau befindlichen Reaktor im Irak Saddam Husseins anordnete, sagte Benjamin Netanjahu weiter. Israelische Kampfjets hatten im Sommer 1981 einen irakischen Atomreaktor in Osarik bombardiert.

Ausdrücklich lobte Netanjahu die Wirkung des damaligen Militärschlags. Mit diesem "gewagten" Schritt habe Begin seinerzeit für Israel "20 Jahre Ruhe" bewirkt. "Ich glaube, dass wir das machen sollten", sagte Netanjahu weiter.

http://www.spiegel.de/politik/auslan...388479,00.html
 
5. December 2005, 11:38   #3
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Enfried
Der Stilbruch der USA mit sämtlichen völkerrechtlichen und sonstigen Abkommen (übrigens in erschreckender Deutlichkeit im aktuellen Stern nochmal geschildert von einem UN-Botschafter) und ihre Sonderfunktion als besonders vom Aussterben bedrohte Märtyrernation hat eine neue Kultur geschaffen.
Es geht in Deutschland wohl kein Rückblick ohne die USA als treibende Kraft des Westens darzustellen, die - im Gegensatz zu Deutschland - nur überaus schlimme Dinge im Schilde führt. Daß dafür ein paar Fakten zurechtgebogen oder weggelassen werden müssen, die das geliebte Deutschland gar nicht mehr als so unschuldig erscheinen lassen, wie es gern sein will, entgeht wohl auch dem Vorvorredner.

Die USA, heißt es, hielten sich nicht an "Völkerrecht", das freilich ungefähr kein Staat einhält, Deutschland schon gar nicht. Während bei Eingeborenen die Kindheit neuerdings, haben sie kein eigenes Einkommen, erst mit 25 Jahren enden soll, gelten schon Sechzehnjährige, die um Asyl bitten, als Erwachsene und werden als solche behandelt - ein klarer Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention.

Aber halt, Deutschland hat das entsprechende völkerrechtliche Abkommen ja gar nicht unterzeichnet, ist also fein raus und behandelt weiter Minderjährige, die oftmals traumatisiert sind und schon mangelnder Sprach- und Bürokratiekenntnisse wegen nicht wissen, wie sie ihre Interessen dennoch durchsetzen können, als rechtlose Objekte und niemand skandalisiert die Völkerrechtsignoranz des lieben Vaterlands.

Derlei wirft man, Nestbeschmutzer mag man hierzulande nicht, lieber und mit Verve den USA vor, dafür schwänzen sogar Schüler, die sonst demonstrativ sich nicht um Politik kümmern, die Schule; ein schönes Beispiel für diese deutsche Selbsgerechtigkeit lieferte am Wochenende erst die Süddeutsche Zeitung unter der ressentimentgeladenen Überschrift "Amerikas Rambo gegen Annan".

Die USA wollten, so die SZ, zwar immerhin "durchaus sinnvolle" Reformen der Vereinten Nationen durchsetzen, jedoch ist ihr UN-Botschafter ein "Rambo", da "keine einzige Regierung der übrigen 190 Mitgliedsländer" John Boltons "brachiale Methode", nämlich die Drohung mit der Verweigerung von Mitgliedszahlungen, "unterstützt". Nicht das Festhalten am Status Quo kritisiert die SZ, sondern den unbedingten Willen, Reformen einzuleiten, macht damit - ungewollt - freilich erst recht deutlich, wie notwendig die "Erpressung" der UN ist.

Und daß das "Völkerrecht" seinen Namen nicht verdient, zeigt schon der Blick auf zwei der letzten größeren Kriege der Vereinigten Staaten, jenen in Jugoslawien einerseits und den im Irak andererseits. Ersteren hätte es, Deutsche vergessen es gern, ohne deutsches Engegement nie gegeben: Erst die deutsche Anerkennung Kroatiens, die 1991 im Alleingang gegen den erklärten Willen der EU erfolgte, sorgte für die Formierung einer antijugoslawischen Kriegskoalition, die Jugoslawien und - gegenwärtig - Serbien nach völkischen Gesichtspunkten zerlegte.

Die Vereinigten Staaten waren für die europäischen Balkan-Kriege willkommener Lieferant militärischen Personals und Ausrüstung, der offene Bruch des Völkerrechts indes geht auf deutsche Initiative zurück. Im Fall des Irak unterdessen wollte Deutschland mal wieder brav sein, die "Friedensmacht" geben, weil ein wahrer Regime Change, den sich die irakische Bevölkerung sehnlichst herbeiwünschte - blutig niedergeschlagene Aufstände belegen es -, ökonomische Interessen Old Europes gefährdete.

Was das Völkerrecht, auf die es sich gegen die USA berief, wert ist, mögen ein paar Zahlen belegen, vor denen gutmenschelnde Friedensfreunde ihre Äuglein verschließen. In den letzten zwölf Monaten vor dem Beginn des Krieges (02/2002-02/2003) gab das Bath-Regime für ihren nach innen gerichteten Repressionsapparat 1.9 Milliarden Dollar aus, für das Bildungswesen - Gehälter bleiben dabei unberücksichtigt - 3.5 Millionen und für das Gesundheitswesen ganze 6.5 Millionen - bei 25 Millionen Menschen.

Völkerrecht ließ es zu, daß ein faschistisches Regime seine Mittel also praktisch nicht in Bildung investierte oder die medizinische Infrastruktur, sondern beinahe ausschließlich in einen Unterdrückungsapparat, den - und das wußten sie - zu wahrlich nicht geringen Teilen die Handels-Partner des Irak, darunter Frankreich und Deutschland, finanzierten - die Vereinigten Staaten boykottierten das Bath-Regime, was ihnen wiederum zum Vorwurf gemacht wurde.

Dankbar dafür sollte Old Europe den USA und ihren Verbündeten sein, daß sie die Diktatur beendeten, statt einem in der Tat veralteten "Völkerrecht" hinterherzujammern, das noch jedem Despoten einen Freibrief ausstellt, Millionen Menschen von der Partizipation am vielleicht vorhandenen Reichtum des Landes auszuschließen, statt sie, wie es in einigen arabischen Staaten auch üblich ist, wenigstens durch eine finanzielle Teilhabe zu korrumpieren.

Den USA an dieser Stelle einen Völkerrechtsbruch vorzuwerfen, den es vielleicht gegeben hat, ist angesichts dessen was es erlaubt, schlicht heuchlerisch. Der vorwurfsvoll unterstellte Völkerrechtsbruch ist gegenwärtig der einzige Weg, genau das durchzusetzen, was es verspricht. Deutschland ist dafür nicht zu haben, die USA sind es jedenfalls in Einzelfällen.

Zitat:
Zitat von Ben-99
Mein "Sohn" tw_24 wird zwar vor Entsetzen zusammenzucken, aber ich behaupte trotzdem, daß man die Politik Israels nicht unterstützen sollte, solange dort noch immer jederzeit Leute an die Spitze kommen können, die nicht mal die Gefahr eines 3. Weltkriegs davon abhält, immer wieder mit dem Feuer zu spielen und den verständlichen Haß der gesamten muslimischen Welt auf sich zu ziehen.
Der liebe Papa irrt, wenn er bei mir Entsetzen befürchtet, seine Sorge indes ehrt ihn ;-). Einmal hat Israel mit dem Ausschalten eines (im Bau befindlichen) Kernreaktors in einem Staat, der die "Endlösung der Judenfrage" propagierte, es war der Irak, durchaus gute Erfahrungen gemacht (es existiert nämlich noch) und keinen Weltkrieg ausgelöst, sondern nur weltweite Empörung über den schlimmen Völkerrechtsbruch.

Dieser war allerdings nichts anderes als sehr berechtigte Verteidigung, wie sich 1991 zeigte, als der Irak mit Giftgas-Angriffen Israel bedrohte, das überhaupt nicht sich in den seinerzeitigen Konflikt um Kuwait einmischte, also gänzlich unbeteiligt war. Hätte der Irak über Kernwaffen - auch "schmutzige Bomben" reichen ja - verfügt, müßten sich die iranischen Mullahs wahrscheinlich heute nicht mehr um das "Krebsgeschwür" Israel sorgen.

Nun denkt also ein israelischer Politiker laut darüber nach, ob die 'Methode Osiraq' noch einmal zur Anwendung kommen solle. "Diese Dreistigkeit ist tatsächlich kaum noch zu toppen." meint der Papa dazu und sieht schon einen Dritten Weltkrieg drohen, den freilich die Islamistische Internationale gegen den Westen schon längst ausrief. Die "Dreistigkeit" ist zu übertreffen, nämlich mit der Vernichtungsdrohung gegen Israel, die der iranische Präsident Achmadinedschad aussprach.

Wer nach dieser Drohung, die übrigens durch nichts provoziert wurde - vielmehr gibt es gegenwärtig sogar wissenschaftliche Kontakte zwischen dem Iran und Israel - noch an das Märchen einer friedlichen Nutzung der Kernenergie durch das [i]Regime[/] in Teheran glaubt, glaubt auch an den Osterhasen. Und wer in Israel die antisemitische Hetze des Iran ignoriert, kann nicht bei Trost sein. Israel will den Iran nicht angreifen, es will nur in Frieden existieren - ohne die latente Bedrohung durch eine Kernwaffe in den Händen durchgeknallter Frauenhasser.

Es ist freilich auch der iranische Präsident noch zu toppen, nämlich durch den deutschen "Experten" Peter Scholl-Latour, der Verständnis hat für ihn, dabei jedoch verrät, daß Israels Befürchtungen sehr wohl berechtigt - und nötig - sind: "Ahmadi-Nedschad ist ein 'Überzeugungstäter' und ohne außenpolitische Erfahrung. Vor allem aber war seine Botschaft, die im Ausland soviel Aufmerksamkeit gefunden hat, eigentlich ans Inland gerichtet." (Junge Freiheit, 04.11.2005, S.1) Also alles wieder gut, weil nur nach innen gerichtetes Geplapper, Papa, und Israel - wie üblich - böse?

MfG
tw_24
 
5. December 2005, 12:39   #4
Ben-99
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Zitat:
Zitat von tw_24

Dankbar dafür sollte Old Europe den USA und ihren Verbündeten sein, daß sie die Diktatur beendeten
... wie bitte? Dafür sind ja nicht mal die meisten Iraker dankbar. Kein Wunder bei dem Gemetzel, das die amerikanischen Invasoren unter der Zivilbevölkerung angerichtet haben.

Und in einer anderen Diskussion hattest Du kürzlich den verbrecherischen Überfall auf den Irak sogar als "Befreiungskrieg" bezeichnet. So kann man sich natürlich auch das Grauen schönreden.

Nur mal ein Beispiel: Bei uns in Deutschland regierte 12 Jahre lang das Nazi-Regime. Hitler ließ Millionen Menschen ermorden. Wer sich regimekritisch äußerte, wurde von der Gestapo abgeholt und gefoltert oder gleich ins KZ geschickt. Bis die Alliierten 1945 der Schreckensherrschaft des Diktators ein Ende machten.

So, und fühlten sich die Deutschen dadurch etwa "befreit"? Ach wo, die meisten von ihnen hatten bis zuletzt darauf gehofft, daß ihr geliebter Führer doch noch den Krieg gewinnt. So und nicht anders war die Realität. Daß danach niemand unserer sauberen Großeltern ein Nazi gewesen und die NSDAP gewählt haben will, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Und für die, die in den KZs tatsächlich auf eine Befreiung hofften, interessierte sich von den Alliierten keine Sau. Heute weiß man, daß zwar fleißig Luftaufnahmen von Auschwitz gemacht worden sind, auf denen sogar der Rauch der Krematorienschlote zu erkennen war, aber man schickte die Bomberpiloten lieber nach Magdeburg, Dresden und Hamburg, anstatt die Infrastruktur im Umkreis der KZs zu zerstören, so daß Hitlers Tötungsmaschinerie bis zum Schluß auf vollen Touren weiterlaufen konnte.

Kein Staat führt Kriege, um die Einwohner eines anderen Landes zu "befreien". Das war noch nie so und wird auch nie so sein. Daher greife ich gern das von tw gebrauchte Bild des "Osterhasen" auf, an den er wohl selbst auch glaubt, wenn er so brav die verlogenen Propaganda-Parolen von Bush übernimmt, an die inzwischen nicht mal mehr die Amerikaner selbst glauben.

Gruß Ben
 
5. December 2005, 13:19   #5
Ben-99
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... was heute im Hamburger Abendblatt zu lesen ist, paßt auch ganz gut zu den Methoden, wie die USA die Iraker und überhaupt die Welt verdummen wollen.

Gruß Ben

Zitat:

Empörung über "gekaufte Pressefreiheit"


Von Cornel Faltin

WASHINTON - Die US-Armee hat bestätigt, für Beiträge in irakischen Zeitungen bezahlt zu haben. Drei Tage nach der Aufdeckung des Medienskandals hat das amerikanische Verteidigungsministerium sein Schweigen gebrochen.

Mitte vergangener Woche hatte die "Los Angeles Times" gemeldet, daß das Pentagon Artikel, die die USA und die Entwicklung im Irak durchweg positiv darstellen, über eine PR-Firma "für Millionenbeträge" an zahlreiche irakische Zeitungen verkauft habe. Die Texte seien von Militärvertretern auf englisch verfaßt und dann ins Arabische übersetzt worden. Die Enthüllung hatte in den USA sowohl bei Bürgern als auch bei Politikern Empörung ausgelöst. In einem Statement erklärte das US-Militär im Irak nun, daß es sich bei den fraglichen Artikeln um "deutlich gekennzeichnete Anzeigen" gehandelt habe oder um Nachrichten, die aus "Sicherheitsgründen" für die Autoren unter fiktiven Namen erschienen seien.

Besonders die erste Erklärung stimmt jedoch nicht mit den Recherchen der "Los Angeles Times" überein. Nach den Angaben der Zeitung gab es bei keinem der weit mehr als hundert gekauften Artikel eine Kennzeichnung, die darauf hingedeutet hätte, daß es sich um Anzeigen handelt. Die "Lincoln Group", eine vom Pentagon mit der Werbung beauftragte PR-Firma, kann die ganze Aufregung und Entrüstung nicht verstehen. Laurie Adler, eine Sprecherin des Unternehmens: "Es handelt sich dabei um eine legitime Kampagne, die den gezielten Mißinformationen der Aufständischen im Irak entgegenwirken soll. Wir enttarnen nur Lügen, Einschüchterungen und das uneingeschränkt Böse der Terroristen und heben den Heroismus des irakischen Volkes und der US-Truppen hervor."

Mit Demokratie und Pressefreiheit hat das jedoch auch für die meisten Abgeordneten der Republikanischen Partei von US-Präsident George W. Bush nichts zu tun. So erklärte Virginias Senator John Warner, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses: "Die ganze Angelegenheit gibt Anlaß zu großer Sorge und muß genauestens geklärt werden." Sein demokratischer Kollege Edward Kennedy forderte einen Untersuchungsausschuß in dem Skandal und nannte es "schändlichen Betrug, Propagandaartikel an irakische Zeitungen zu verkaufen, der dem Ansehen der USA sehr schade". Bush selbst hatte vom Verkauf positiver Artikel an irakische Medien angeblich nichts gewußt und versprochen, daß man "die Sache aufklären" werde.

http://www.abendblatt.de/daten/2005/12/05/510090.html
 
5. December 2005, 16:33   #6
Enfried
 
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Zitat:
Zitat von Ben-99
... ich nehme erfreut zur Kenntnis, daß Aka, was die inhaltlichen politischen Aussagen betrifft, nach einem kurzen Ausflug ins Denklager der Rechten, wieder zu seinen vertrauten Wurzeln zurückgefunden hat ;-)
Ist doch schon wieder Unsinn. Erstens hat es bei Aka nie einen Ausflug ins Denklager der Rechten gegeben, zweitens könnte man interpretationstechnisch gerade den letzten Absätzen ein faschistisch orientiertes Selektionsdogma abringen.

Wenn man wollte.

Ich will doch auf was ganz anderes hinaus.

Viel zu spät checkten die Verantwortlichen in jenem Oktober lange vor meiner Geburt, daß sie gerade ganz, ganz hauchfein an der möglichen totalen Vernichtung allen höheren Lebens auf diesem Planeten vorbeigeschrammt waren - und es lag nicht an ihrem diplomatischen Geschick oder ihrer militärischen Überlegenheit; es war pures Glück. Kuba wurde nicht mit Atomwaffen bestückt, und aus der Türkei wurden die Mittelstreckenraketen wieder abgezogen.

Und wie ein Pfau sein Rad schlägt, um zu beeindrucken, überbot man sich fortan erstmal mit sportlichen und technischen Meisterleistungen. Guckt mal, wir sind im All. Haha, wir sind aber schon auf dem Mond, ätsch. Und da haben wir gleich noch ein Foto vom Urknall gemacht, guckt mal.

Bei aller Euphorie über ferne Planetensysteme, die Erkundung anderer Planeten und Monde und das Verständnis vom Aufbau des Universums vergessen wir dann gerne, daß wir nichtmal über unsere eigene Biosphäre genügend wissen; unsere Erkenntnis über die Lebensformen im Meer sich trotz intensiver Forschung und genauer Kartographierung eigentlich im Promillebereich bewegt.

Und was oberhalb der Wellen abgeht, will eigentlich auch keiner wissen. Wir verließen das Wasser, schauten uns um, brannten die Wälder nieder, zapften alles Öl und jeden anderen verwertbaren Rohstoff aus der Erdkruste und sind jetzt eigentlich an einem Punkt angelangt, wo alle mal kurz innehalten sollten:

was läuft eigentlich schief? Es geht hier eigentlich gerade um das Überleben der gesamten menschlichen Spezies, nichts sollte uns wichtiger sein als ein Plan zur Rettung all dessen, worauf wir als Menschen so stolz sind; unsere Fähigkeit zur Selbsterkenntnis, all unser Wissen, unser Fortschritt. Nichts sollte uns wichtiger sein als friedliche Koexistenz und ein gemeinsamer Wille zur Rettung unseres Planeten.

Die Erde ist ein Patient im Endstadium, er keucht und hustet und pißt sich in die Unterhose.

Doch anstatt den besten Arzt aufzusuchen, sagen wir: es gibt keinen Arzt. Stattdessen schauen wir gleichgültig zu, wie unsere Gliedmaßen verfaulen und unser Körper zerfällt.

Wir haben Gott abgeschafft. Zurecht, wenn man annimmt, daß Gott nur ein Produkt unseres Geistes, unser innerten Wünsche nach etwas höherem und verständigerem als uns beschränkten Menschlein war. An seine Stelle traten wir selber: war Gott nicht immer bei und in und Teil von uns, war seine Existenz nicht schon immer von uns abhängig? Wenn jeder Gott ist, ist alles richtig; wir müssen es nur noch erklären.

Die Wissenschaft hat nicht die Religion ersetzt; sie trägt selber die Züge einer Religion. Es gibt Gesetze und Erklärungen zu allem, doch der Laie hat dem Quarksprech zu glauben wie einst der Gläubige am Fuße der Kanzel des allein selig machenden Wissens über Gott und die Gefüge der Weltordnung. Früher wollte Gott den Frieden und befahl den Krieg, heute, da wir Gott ersetzt haben, sind wir es selber: eine höhere Macht, auf die wir keinen Einfluß haben, ein evolutorischer Trieb. Sorry.

Unser neuer Glaube geht über diffuse Vorstellungen über ein Dasein nach dem individuellen Tod nicht hinaus. Wichtig ist diese Spanne von ein paar irdischen Jahrzehnten, diese Zeit will wohl und individuell genossen sein. Alles, was die Existenz des Individuums nicht unmittelbar bedroht, kann gar nicht "schlecht" oder "böse" sein. Diese Kategorisierung haben wir mit unserem archaischen Gott ohnehin gleich mitentsorgt.

Friede, Abrüstung, gegenseitige und selbstlose Hilfe beim Streben nach einem einigermaßen würdigen Leben jedes einzelnen Menschen, die Wiederherstellung so wichtiger Ressourcen wie grüner Lungenflügel und ein knallhartes Entzugsprogramm von der planetaren Droge Erdöl - kurz: ein globales Interesse am Fortbestehen der Menschheit und die Zurückstellung sämtlicher monetären und überzogen individualistischen Vorstellungen braucht und wird es deshalb nicht geben.

Gaia wird krepieren.
 
5. December 2005, 17:12   #7
Bandwurm
Erde, Wind & Feuer
 
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Ohne nun diese Diskussion zu stören werde ich morgen den Enfried-Nick mit dem Akareyon-Nick zusammenführen, bei solchen "alten" Hasen wie dies in diesem Falle ist, fühle ich mich schon leicht ....
 
5. December 2005, 17:37   #8
Sacki
Dummschwätzer
 
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Zitat:
Zitat von Enfried
Und jetzt kommt mir nicht mit Gott ;-)
Genau, laßt mich hier aus dem Spiel.
Mir geht Eure Scheiß-Endzeitstimmung am Hintern vorbei.

Amen
 
5. December 2005, 19:54   #9
Ben-99
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Zitat:
Zitat von Akarenfried

Es geht hier eigentlich gerade um das Überleben der gesamten menschlichen Spezies (...) Die Erde ist ein Patient im Endstadium, er keucht und hustet und pißt sich in die Unterhose.
... hast Du's nicht vielleicht 'ne Nummer kleiner? Daß die Menschen nur befristet auf der Erde sein werden, ist seit langem klar. Aber andere Lebewesen werden noch Millionen Jahre weiterleben.

Und das Bißchen, das wir in der kurzen Zeit unseres Besuches kaputt gemacht haben, ist kaum der Rede wert. Zumindest dann nicht, wenn man fähig ist, in wirklich großen Dimensionen zu denken.

Deshalb befindet sich natürlich auch nicht die Erde als "Patient im Endstadium", sondern wir Menschen sind es, die, unheilbar erkrankt, schon bald "keuchend und hustend" den letzten Weg gehen werden. Aber daran ist nicht die Natur schuld, sondern wir haben uns selbst krank gemacht. Und am Ende wird es keinen mehr von uns geben. Weil die Menschheit erstickt ist an ihrer Gier, immer reicher, immer mächtiger zu werden. Nur wird es irgendwann nichts mehr auszubeuten geben. Weder andere Völker noch die letzten Rohstoffe und Energie-Ressourcen

Davon geht aber die Welt nicht unter. Nur wir Menschen in unserer typischen dummen Überheblichkeit bilden sich so etwas ein. Dabei ist es doch gar nicht so schwer zu begreifen: Wer die Natur und diesen Planeten wirklich liebt, der sollte nicht quengeln, sondern sich darüber freuen, daß die Erde schon bald wieder frei von menschlichem Schädlingsbefall sein wird.

Schaut man auf die große Evolutionsuhr und vergleicht die Entwicklungsgeschichte der Menschen mit anderen Lebewesen, sind wir gerade erst ein paar Minuten auf dieser Welt. Und wenn es uns in ein paar weiteren Minuten nicht mehr geben wird, dann juckt das den Planeten überhaupt nicht. Und im Jahr 3 Millionen nach Christi weiß keine Sau mehr, daß es uns mal gab.

Vielleicht sollten wir einfach mal versuchen, uns Menschen nicht immer so schrecklich wichtig zu nehmen.

Gruß Ben
 
6. December 2005, 02:08   #10
Enfried
 
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Der Meinung war ich bis vor kurzem ja auch. Das beste, was dem Weltengefüge passieren kann, ist die Exterminierung der menschlichen Rasse. Und natürlich besitzt unsere Mutter Natür genügend Kraft, den durch Menschen verursachten Schaden schon innerhalb weniger Jahrtausende zu reparieren.

Und wenn irgendwann eine andere Intelligenz unter Wüstensand und den Wurzeln tropischer Baumriesen, im Meer und im Eis die Überreste unserer Metropolen ausbuddelt... attraktives Szenario, in der Tat.

Doch die Sichtweise ist fatalistisch. 'Na gut, springen wir halt alle vom Dach. Aber warum, solange es noch eine Chance gibt? Wir Linken hatten doch mal so einen Kampfspruch: wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Welche Lösungen bieten unsere Politiker? Natürlich gibt es national wie global Expertenkommissionen, Räte und Untersuchungsausschüsse, Fachtagungen und Sensibilisierungsbemühungen - doch all diese Einrichtungen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine globale Zusammenarbeit und die Einleitung wirklich dringender Maßnahmen keine besonders hohe Priorität hat, geschweigedenn überhaupt gewünscht sind.

Die Völker der Erde, wir alle spüren, daß das ganze System mit Karacho vor die Wand fährt und das unseren Vertretern scheißegal ist. Die Völker der Erde, wir alle wissen, daß unsere Vertreter (denen wir Auftrag, Macht und Befugnis gegeben haben, unsere Interessen zu vertreten) aus verschiedenen Gründen unfähig oder nicht willens sind, eine halbwegs gerechte Weltordnung zu errichten. Und die Völker der Erde, wir alle ahnen, daß es an eben jenen Konzernen liegt, die uns im gleichen Maße mit ihren funkelnden, begehrenswerten und eigentlich gar nicht teuren Luxusartikeln aus billigem Schrott käuflich machen wie sie unsere Politiker bestechen.

Es gibt unzählige Vorschläge für schöne neue Weltordnungen, und dies ist nicht der Platz für einen weiteren Gegenentwurf. Alle haben ihre Schwächen, kein System wird jemals perfekt sein. Doch dieses System ist Flickwerk, kaputtrepariert, hat sich heißgelaufen und droht zu implodieren. Wir sollten uns ernsthaft den Kopf zerbrechen, und schnell. Wenn es eine Notbremse gibt, ist jetzt der Zeitpunkt, sie zu ziehen, oder wie seht Ihr das?

Wenn wir argumentieren, daß das deutsche Volk Schuld an Auschwitz trägt, und wir unseren Großeltern vorwurfsvoll ins Gesicht schauen und fragen müssen, was sie gewußt haben - so trägt nun die gesamte westliche, "zivilisierte" Welt die Schuld für alles Leid in Afrika und dem Rest der "Dritten Welt", den Massenvernichtungslagern unseres Planeten. Und diese Schuld begleichen wir nicht mit gutgemeinten Spenden an gutmeinende Organisationen.

Was wir brauchen, ist 'ne Art friedliche Weltrevolution. Der Menschheit tatsächlich die totale Vernichtung zu wünschen (interessant finde ich die häufig im SciFi unterbreitete Vorstellung, daß ein paar Menschen dieses Harmagedon überleben und eine neue Zivilisation gründen) käme einer Verurteilung gleich; und doch wäre es ein zu hartes Gericht; es wäre hasserfüllt, übellaunig und rachsüchtig. Ich glaube fest daran, daß die Zahl der Menschen überwiegt, die sich ein zufriedenes, glückliches und halbwegs sicheres Leben wünschen und auch durchaus verdient haben, weil sie hart dafür arbeiten und gern auch kleine Einschränkungen an ihrem Individuum in Kauf nehmen würden. Kompromisse dürfen nicht mehr faul sein, Friede gewollt, der Verstand genutzt und das Herz eingebracht.

Doch es liegt nun an den Völkern, es liegt an uns, das Ruder herumzureißen, notfalls auf Kosten der großen Finanzscheffler. Unsere Vertreter packen's net. Doch dahinter dürfen wir uns nicht verstecken, das ist keine Entschuldigung. Es ist einfach unsere Pflicht, den folgenden Generationen die Schuld am Absterben unseres Planeten zu vererben.

Laßt uns die Welt retten.
 
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