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3. June 2002, 23:47   #1
quentin
 
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Scharons Operationsbefehl

Moin,

Scharons Operationsbefehl

Ziele und Methoden der israelischen Kriegsführung. Von Uri Avnery (Israel)


Den neuesten Artikel von Uri Avnery* hat Ellen Rohlfs ins Deutsche übersetzt. Er erschien am 31. Mai 2002 in der "jungen welt". Wir dokumentieren den Beitrag.

Wenn Ariel Scharon seine Absichten als militärischen Operationsbefehl formulieren sollte, wie er es in der Armee zu tun pflegte, statt sich hinter einer künstlichen Nebelwand zu verstecken,
dann würde dies so lauten:

1. Ziele: Die zionistische Revolution zur Vollendung bringen, indem ganz »Erez Israel« vom Meer bis zum Jordan in einen jüdischen Staat verwandelt wird - mit einem Minimum von
nicht-jüdischen Bewohnern - wenn überhaupt welchen.

2. Information: Der Unabhängigkeitskrieg von 1948 war abgebrochen worden, bevor er sein Ziel erreicht hatte. Der Staat Israel war nur auf 78 Prozent des Landes errichtet worden, so daß nur
64 Prozent der palästinensischen Bevölkerung entfernt wurden. Im Sechstagekrieg von 1967 wurden die restlichen 22 Prozent des Landes erobert. Den folgenden israelischen Regierungen
fehlte es aber an der nötigen Willenskraft, die zionistische Revolution abzuschließen, die Gebiete zu annektieren und die übrige Bevölkerung zu entfernen.
Im Augenblick gibt es eine günstige Gelegenheit, um dieses Werk zu vollenden. Es gibt nur eine Großmacht - die USA. Die andern Mächte - die UNO, Europa, Rußland und andere - sind in
der Tat praktisch irrelevant.
Die USA gewähren uns grenzenlose und unbeschränkte Unterstützung. Man kann nur hoffen, daß dies auch fortgesetzt wird, wenn wir bei der Verfolgung unserer Ziele harte Methoden
anwenden. Die Erfahrung zeigt, daß selbst wenn sich in der US-Verwaltung jemand der Erfüllung unserer Ziele widersetzt, sein Widerstand zusammenbricht, wenn er mit unserm festen Stand
(z.B. »Operation Schutzschild«) konfrontiert wird. Unsere Kontrolle über beide Häuser des Kongresses und unser ausschlaggebender Einfluß auf den größten Teil der amerikanischen Medien
garantiert uns Handlungsfreiheit.

3. Methoden: Mit folgenden Methoden werden wir vorangehen, die gleichzeitig ausgeführt werden:

Militärische Operationen, um den palästinensischen Widerstand zu brechen.
Wirtschaftlicher Druck, um eine massive arabische Auswanderung zu verursachen.
(Vermehrte) Siedlungstätigkeit, um die Gebiete zu zerteilen und sie für die Annexion durch Israel vorzubereiten.
Politische Aktionen, um die palästinensischen politischen und sozialen Institutionen zu zerstören

4. Ausführung:

a) Militärische Operationen: Diese werden ohne Unterbrechung durchgeführt. Die ganze Armee, einschließlich der Reserveeinheiten, wird für diese Aufgabe eingesetzt, selbst dann, wenn dies
eine Schwächung unserer Abwehrbereitschaft gegenüber den arabischen Staaten und eingeschränktes Training zur Folge hat.

Die IDF (Israelische Verteidigungsarmee) wird die palästinensischen Gebiete besetzen, wenn nötig für längere oder kürzere Zeit, um alle militanten Palästinenser, die Widerstand gegenüber
unserer Politik organisieren könnten, gefangenzunehmen oder zu exekutieren. Zu diesem Zweck wird kein Unterschied zwischen Terroristen und politischen Führern gemacht, auch nicht
zwischen bewaffnetem und zivilem Widerstand oder zwischen Hamas und Fatah. Maximale Zerstörung von Eigentum wird Abschreckung verursachen. Das wird solange wiederholt, bis jedes
Aufflackern von Widerstand erlischt.

Unsere Aktionen werden unvermeidlich die Motivation für Terroristen, Selbstmordattentate in Israel auszuführen, wachsen lassen. Genau dies wird uns - in der internen wie in der internationalen
Arena - die Gründe für unsere militärische Aktion liefern, die dann als Re-Aktion angesehen wird.
Die IDF wird eine zentrale Rolle bei der Ausübung des wirtschaftlichen Druckes - wie folgt - übernehmen.
Man muß sicher gehen, daß kein Offizier, der nicht mit voller Überzeugung diese Aufgabe unterstützt, einen führenden Posten erhält. Um diese historische Mission zu erfüllen, sind Härte und
Grausamkeit nötig. Hier ist kein Platz für Weichlinge.

b) Wirtschaftlicher Druck: Eine Massenvertreibung wie 1948 kann nur unter bestimmten Umständen geschehen, wie z.B. bei einem in vollem Gange befindlichen Krieg oder bei einem
ungewöhnlichen internationalen Ereignis, das alle Aufmerksamkeit auf sich lenkt.
Bis dies geschieht, müssen die Palästinenser auf Grund des wirtschaftlichen Druckes, der ihr Leben unerträglich macht, dahin gebracht werden, das Land zu verlassen.
Die IDF-Aktionen werden die Palästinenser in kleine Enklaven einschließen, wo sie eine Art begrenzte lokale Selbstverwaltung erhalten, die uns von jeder formellen Verantwortung für ihre
Situation befreit.

c) Siedlungsaktivitäten: Dies ist ein zentrales Mittel, um die historische Aufgabe zu erfüllen. Trotz der Tatsache, daß alle Regierungen seit 1967 dies verstanden und danach gehandelt haben,
ging es zu langsam voran.
Die bestehenden Siedlungen müssen erweitert und neue mit allen nur möglichen Mitteln erstellt werden. Das Netzwerk von Umgehungsstraßen muß schnell erweitert werden, um
palästinensische Städte und Dörfer voneinander zu trennen, mehr Land den Siedlungen einzugliedern und unsere Kontrolle über den Boden abzusichern. All dies muß nach dem bestehenden
Strategieplan ausgeführt werden, damit palästinensische territoriale Kontinuität verhindert und die wirtschaftliche Blockade enger gezogen wird.

d) Politischer Druck: Die palästinensische Führung zu brechen, ist ein Hauptanliegen der ganzen Kampagne. Um die Widerstandsfähigkeit der Palästinenser zu zerstören, muß die zentrale
Führung, besonders Yassir Arafat, die einigende Symbolfigur und der starke Führer, eliminiert werden. Deshalb müssen alle Propagandabemühungen auf Arafat persönlich konzentriert werden.
Arafat wird physisch ausgeschaltet, sobald es die internationale Situation erlaubt.
Zur selben Zeit müssen Machtkämpfe zwischen palästinensischen Führern zweiten Ranges ermutigt werden, damit ein Führungsvakuum entsteht, wie es 1948 bestand.
All dieser Druck - sei er militärisch, wirtschaftlich, politisch und durch die Siedlungen - muß verstärkt werden, bis die Situation der Palästinenser so unerträglich wird, daß sie es vorziehen,
nach Jordanien zu gehen. Falls sich eine historisch günstige Gelegenheit für eine Massenvertreibung anbietet, werden wir schnell handeln.

Die israelischen Araber sind ein besonderes Problem, da man ihnen - irrtümlicherweise - die israelische Staatbürgerschaft gegeben hat. Dieses Problem erfordert eine besonders gut überlegte
Lösung, entsprechend unseren Hauptzielen.

* Der Autor ist Träger des Carl-von-Ossietzky-Preises der Stadt Oldenburg und aktiv in der israelischen Friedensbewegung Gush Shalom.
http://www.uni-kassel.de/fb10/friede...t/avnery2.html

mfg
 
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