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1. August 2002, 10:18   #26
quentin
 
Registriert seit: April 2002
Beiträge: 1.693
unscheinbar!

mfg
 
5. August 2002, 16:41   #27
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Ein Wochenende ging ins Land, an dem die "Bonusmeilen"-Affäre nicht nur die politischen Talkshows beschäftigte, sondern auch der unheimlich dreiste Versuch Franz Münteferings, mittels Strafanzeige Einfluß auf die Berichterstattung zu nehmen, gut ein Dutzend Chefredakteure der etwas "seriöseren" Medien dazu brachte, sich hinter BILD zu stellen.

Daß BILD nicht unbedingt als Speerspitze eines investigativen Journalismus gelten kann, versteht sich von selbst - eine der jüngeren Fehlleistungen auf diesem Gebiet war sicherlich die Berichterstattung zum Tod des "kleinen Joseph", der in Sebnitz angeblich in einem Freibad unter den Augen Hunderter Gäste von Neo-Nazis ermordet worden sein sollte.

Doch bei der "Bonusmeilen"-Affäre liegen die Dinge anders - ganz offenkundig haben ja einige der enttarnten Privatisierer von Dienstflügen wirklich getan, was ihnen vorgeworfen wird. Wenn da ein egozentrischer Jürgen Trittin, dem von BILD wirklich übel mitgespielt wurde, bei (der gewohnt unfähigen) Christiansen in den seltsamsten körperlichen Verrenkungen immer wieder darauf herumreitet, um BILD grundsätzlich der Lüge zu beschuldigen, wirkt das lächerlich; es gibt in Deutschland wohl keine Zeitung, die nicht schon einmal einer Falschmeldung aufgesessen wäre, lügen sie deshalb immer und - vor allem - bewußt?

BILD wird zudem eine "Kampagne" vorgeworfen, eine einseitige Berichterstattung, die Union und FDP schont. Aber taugt dieser Vorwurf wirklich zur Entlastung der selbsternannten "Opfer"? Wenn Gerhard Schröder und sein General Müntefering diese Vermutung äußern, die sie indes auch nicht belegen können, dann scheinen sie von sich auf das Verhalten anderer zu schließen. "Bei uns gibt es schwarze Schafe, also muß es sie auch bei der politischen Konkurrenz geben", scheinen sie zu denken - und merken dabei nicht einmal, welch schlechtes Zeugnis sie damit der politischen Klasse insgesamt ausstellen. Das könnte man vielleicht sogar noch als üble Nachrede bezeichnen.

Und selbst wenn BILD (oder ein anderes Medium) eine "Kampagne" gegen die "Neue Mitte" fahren sollte - wenn die Meldungen dennoch korrekt sind, dann ist eine "Kampagne" keine Entschuldigung für offenkundiges Fehlverhalten von Abgeordneten.

MfG
tw_24
 
8. August 2002, 01:05   #28
quentin
 
Registriert seit: April 2002
Beiträge: 1.693
Moin,

Schlammschlacht um Bonusmeilen
Staatsanwälte ermitteln gegen "Bild"

Die Schlammschlacht zwischen der "Bild"-Zeitung und
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering um die
Bonusmeilen-Affäre hat ein strafrechtliches Nachspiel. Die
Staatsanwaltschaft Hamburg leitete ein Ermittlungsverfahren
gegen Verantwortliche der "Bild"-Zeitung ein.
Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger bestätigte einen
entsprechenden Bericht der "Tageszeitung".

Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
"Bild" hatte in seiner Print- und Onlineausgabe den Text der Strafanzeige
veröffentlicht, die Müntefering gegen das Blatt gestellt hatte. Die
Staatsanwaltschaft prüft nun, ob die Zeitung damit gegen den Paragrafen 353
des Strafgesetzbuches verstoßen hat. Danach wird mit einer Geldstrafe oder
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wer "die Anklageschrift oder andere
amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens (...) ganz oder in wesentlichen
Teilen im Wortlauf öffentlich mitteilt".

"Überragendes öffentliches Interesse"
"Wir werden alle eventuellen Vorwürfe sorgfältig prüfen und Stellung nehmen,
sobald wir Akteneinsicht erhalten haben", erklärte Chefredakteur Kai
Diekmann. Die Anzeige Münteferings sei "ein Dokument der Zeitgeschichte".
Sie zeige den "Versuch eines führenden Politikers, die Presse mit Hilfe der
Staatsanwaltschaft zu gängeln, das Redaktionsgeheimnis auszuhöhlen und
künftige Informanten einzuschüchtern". so Diekmann. Insofern bestehe ein
"überragendes öffentliches Interesse" an der Veröffentlichung. Müntefering hatte
wegen der Berichterstattung in der Bonusmeilen-Affäre vergangene Woche
Strafanzeige gegen die "Bild"-Zeitung, den Steuerzahlerbund sowie einen
Mitarbeiter der FDP-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen gestellt, der zuvor
für den Steuerzahlerbund gearbeitet hatte.
__________________________________

mal sehen, was dabei rumkommt

mfg
 
8. August 2002, 13:36   #29
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Ist es nicht eigentlich auch verdammt auffällig, daß das Schicksal bisher noch keinen SPD-Politiker beim Privat-Dienstfliegen erwischt hat? Also, wäre ich CDU-Mitglied würde ich jetzt von einer Kampagne der SPD gegen PDS, Grüne und CDU sprechen ...

Aber um mal auf Gregor G. zurückzukommen: Den Abgesang auf den Vorzeige-Rhetoriker der PDS hat Wiglaf Droste schon vor gut zwei Jahren geschrieben, der mir heute - natürlich rein zufällig ;-) - über den Bildschirm flatterte:

Zitat:
Zitat von Wiglaf Droste
Ein schwerer Schmock für alle
von Wiglaf Droste

Die PDS, Stützstrumpf und Heulschulter der Entrechteten, ohne Gregor Gysi?

Was ist eigentlich passiert? Ein anwaltsglatter Mann mit Glatze, sehr medienkompatibel und wattiert, hat angekündigt, demnächst seinen Posten zu räumen.

Absichtserklärungen von Juristen soll man mit Skepsis begegnen; das gilt besonders dann, wenn sie ihr Heil in der Politik suchen. Dennoch schreit es aus dem medialen Mustopf unisono: Gysi geht - Krise bei der PDS!

Mehr als zehn Jahre lang war Gregor Gysi das Gesicht und der Mund der PDS, also quasi Schild und Schwert seiner Partei. Vielleicht will der kleine Mann mit dem großen Ehrgeiz in Zukunft ja wirklich etwas anderes tun. In Talkshows und Illustrierten über Schlipse reden und darüber, was für ein charmebolziger Frauentyp man doch sei, kann einen Mann möglicherweise doch stärker strapzieren, als man sich das vorzustellen vermag.

Da Gysi der Sprache weniger ohnmächtig ist als das Gros seiner Politikerkollegen und ihrer journalistischen Entourage, heißt man ihn einen brillanten Rhetoriker. Gysi glänzt, denn er ist lackiert. Er stammelt von "Aha-Effekten" und gilt für beredt. Ein ostdeutscher Verlag sammelt die Brosamen auf und vermarktet die kabarettreifsten Passagen als "Gysis freche Sprüche". In seinem eigenen Verein hat er ohnehin leichtes Spiel. Die PDS, Partei des Selbstmitleids und Partei der Spitzel, ist das ideale Gysi-Trampolin: Konkurrenz findet nicht statt. Lothar Bisky wirkt knuffig wie ein Bernhardiner auf Valium, Petra Pau hinterlässt stets den Eindruck, sie wolle unbedingt noch bei den Prinzen mitsingen, und Sahra Wagenknecht, einst die Hoffnung der Anhänger Stalins und des Schminkens mit dem Spachtel, kam tiefer im allesfressenden Westen an als viele, denen sie das vorwarf: Sie verkaufte ihre Hochzeitsfotos an Gala.

Gysi wollte seine Partei dazu überreden, dem Krieg mit einem unmissverständlichen Jein entgegenzutreten, aus dem im Fall einer Regierungsbeteiligung der PDS dann ein unter großem öffentlichem Tränenverguss geborenes Ja werden soll. Das fakultative Nein hätte man für weitere bittere Jahre in der Opposition parat, als Speck für Friedensmäuse.

Für dieses Lehrstück in Sachen Opportunismus aber wird die PDS nicht mehr gebraucht. Diese Planstelle haben die etwas schnelleren Grünen besetzt, und die haben sich das Spiel aus der Geschichte der Sozialdemokratie abgekuckt.

Die PDS ist Stützstrumpf und Heulschulter für die oft seltsam und fremd anmutenden Wesen, die man aus Pietätsgründen nicht Zonis nennen soll, aber jederzeit in schäbig verständnistriefendem, Behindertenfreundlichkeit simulierendem Singsang als "die Menschen aus den Neuen Ländern" diskriminieren darf. Einige von ihnen haben, ganz gegen ihre Gewohnheit und aus welchen falschen Gründen auch immer, ihrer ihnen weit entfleuchten Führung die Gefolgschaft verweigert. Gern hätte sich Gysis Stoßtruppe attestieren lassen, was allgemein "Politikfähigkeit" genannt wird: die Bereitschaft, den Leichen im Keller jede Menge humanitärinterventiös fabrizierte Tote hinzuzufügen.

Daraus ist vorläufig nichts geworden. Die PDS bleibt, was sie ist: ein Bewährungshilfeverein für Ostdeutsche, die sich seit der Zeit, als "Biografien zerstört" und "Identitäten weggebrochen" wurden wie nichts Gutes, von Staates Stecken und Stab nicht mehr genügend geleitet fühlen. Dieses Vakuum füllt die PDS; hier wird die verlorene Heimat gepflegt und der heimatlos Gewordene gepäppelt. Nichts davon ist interessant, aber dass Gregor Gysi verschnupft seinen Rücktritt verkündet, weil die Partei, in der er Karriere machte, seinem eigenen Fortkommen mittlerweile eher schadet als nutzt, das ist doch eine hübsche Fußnote.

(Quelle: taz, 11.04.2000, S. 20)
MfG
tw_24
 
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falsch, gysi




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