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7. January 2006, 15:20   #1
Ben-99
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Der Tagesschau-Skandal.

... ich kann die Leute nicht verstehen, die behaupten, daß das einstmals angesehene Hamburger Nachrichten-Magazin zu einer geschwätzigen Illustrierten verkommen sei, deren "investigativer" Journalismus nur noch darin besteht, die tollen Eigenschaften unser inzwischen allseits so beliebten Kanzlerin "aufzudecken". Aber das stimmt überhaupt nicht.

Denn die selbstlosen, mutigen "Spiegel"-Redakteure decken, wie in alten Augstein-Zeiten, noch immer welterschütternde Skandale auf und fürchten sich nicht einmal vor den einflußreichen Machern der ARD, ein, wie man seit langem weiß, kommunistisch unterwanderter Saddam-freundlicher TV-Sender, in dessen täglicher Hetzsendung, die sich "Tagesschau" nennt, es nach Ansicht des Magazins am Donnerstag erneut zu einem "Eklat" gekommen sei.

http://www.spiegel.de/kultur/gesells...393855,00.html

Dort hatte sich nämlich ein Reporter erlaubt, das irakische Terroristen-Gesindel als "Regimegegner" zu bezeichnen. Ja, in welcher Welt leben wir denn, wenn nicht einmal mehr die Leute vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen zwischen Gut und Böse unterscheiden können?

Dabei ist es nach Ansicht der empörten "Spiegel"-Redakteure doch ganz einfach: "Regimegegner", läßt man "Fachleute" erklären, könne es nur in einem bösen Land geben, weil "Regimegegner" grundsätzlich gute Absichten verfolgen. Aber weil die neue irakische Regierung nicht böse sein kann, nachdem die guten Amerikaner das Land "befreit" haben, dürfe man eben auch nur von bösen Terroristen und eben nicht von "Regimegegnern" reden.

Und nächste Woche erklärt uns der "Spiegel" dann, was gute und was schlechte Bomben sind. Obwohl auch das für jeden einleuchtend sein sollte, besteht doch der Unterschied zwischen guten Bombenwerfern und bösen Bombenlegern schon mal in der Art der verwendeten Transportmittel. So benutzt der böse Bombenleger im allgemeinen nur alte rostige Autos oder oft auch nur einen billigen Rucksack, während der gute Bombenwerfer dafür schicke Kampfhubschrauber oder sündhaft teure Großraumflugzeuge verwendet. Schon mal dadurch sind seine Einsätze sehr viel "wertvoller" und dürfen eben keinesfalls mit den mickrigen Aktionen der bösen Terroristen auf eine Stufe gestellt werden. Außerdem bringen diese Hunderte Zivilisten nur aus purem Egoismus um, weil sie es nicht abwarten können, in den Himmel zu kommen, während die guten US-Bomber Zehntausende aus rein "humanitären" Gründen töten.

"Bezeichnungen wie Freiheitskämpfer, Widerständler oder Regimegegner passen nicht zu terroristischen Aktionen", heißt es in dem Artikel. Das stimmt. Denn in einem von guten Amerikanern besetzten "freien" Land kann es gar keine Freiheitskämpfer geben, und die meisten "Widerständler" sitzen sowieso in den Folter-Zellen des CIA oder werden von den neuen Machthabern ganz offiziell in den staatlichen Gefängnissen gequält.

Und wenn das US-Militär, wie im letzten Jahr, in wenigen Tagen nicht 160, sondern 1600 Iraker umlegt, dann waren das eben auch alles nur böse Terroristen, weil sich gute Iraker doch gar nicht erst in dem Stadtteil aufgehalten hätten. Wo man doch weiß, daß die Amerikaner ihren guten Befreiungskrieg noch immer weiterführen, weil sich der böse Feind einfach nicht an die Regel halten will, daß ein Krieg immer dann zu Ende zu sein hat, wenn George Bush den "Sieg" in den Abendnachrichten verkündet.

Zwar sind seitdem viel mehr amerikanische Soldaten getötet worden als während des eigentlichen "offiziellen" Krieges, aber wer solche Kleinigkeiten für erwähnenswert hält, offenbart damit nicht nur einen plumpen Antiamerikanismus, sondern macht sich auf diese Art zum schäbigen Gehilfen der bombenlegenden Banditen. Eben so, wie man es von den Terroristenfreunden bei der Tagesschau kennt.

Gruß Ben
 
7. January 2006, 16:18   #2
tw_24
 
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Regimegegner scheint mir eine doch eher wertneutrale Bezeichnung zu sein, denn daß islam- und bathfaschistische Kriminelle etwas gegen das im Irak bald herrschende und demokratisch gewählte Regime haben, also dessen Gegner sind, dürfte selbst beim SPIEGEL, dem Terroristen ja sonst auch gern als "Aufständische" durchgehen, nicht bestritten werden.

Insofern kann ich gut nachvollziehen, daß der Papa - wer mag ihm diesmal seine Zahlen eingeflüstert haben? - richtiggehend entsetzt über den Bericht des SPIEGEL gewesen sein muß, denn derlei Bewußtsein für die richtige oder falsche Wortwahl ist, kommt es von den Hamburgern, doch sehr unglaubwürdig, hatten sie ihrerseits vermittels Hausmitteilung Bagdad bekanntlich schon zur verwüsteten Trümmerlandschaft erklärt, die es nicht ist.

Aber wunderbar ist auch anzusehen, wie sich irgendein "DDR-Dissident", der noch dazu Mitarbeiter jener Behörde war, deren Chefin - natürlich rein zufällig - im letzten Wahlkampf das später von ihr nicht belegte Gerücht streute, eine gewisse Partei schicke haufenweise MfS-Spitzel in den Reichstag, für einen kurzen Augenblick Aufmerksamkeit sich prostituiert.

Man fragt sich bei solchen Gelegenheiten immer staunend, wie dieser und andere "Dissidenten" es mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten und können, bei einer Behörde zu arbeiten, die einem Innenministerium unterstellt ist, das heute seinen Verfassungsschutz damit beauftragen will, die Teilnehmer und Mitarbeiter eines privatwirtschaftlichen Großereignisses, das die Fußball-WM ist, zu durchleuchten.

Wenn das diese Moralprediger nicht auf die Barrikaden bringt, aber eine nach neuester SPIEGEL-Lesart politisch-unkorrekte Bezeichnung von Terroristen in einer Tagesschau, dann sind sie wahrlich eine Schande für die Begriffe, deren sprachliche Reinhaltung sie einfordern - und so lächerlich wie SPIEGEL und Tagesschau zusammen.

MfG
tw_24
 
7. January 2006, 17:45   #3
Ben-99
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... dann bin ich beruhigt, daß wir zumindest in diesem Punkt einer Meinung sind. Denn genau das stieß mir sauer auf: Nicht etwa die konservative "FAZ", auch nicht die dröge "Welt", sondern ausgerechnet der "Spiegel", der jahrzehntelang berüchtigt für seine sarkastisch-saloppen Formulierungen war, spielt jetzt auf einmal den Moralapostel und will auch noch bestimmen, ab wann ein, zumindest nach Duden, bisher noch wertneutraler Begriff wie "Regime" auf einmal negativ besetzt sein soll.

Mal ganz abgesehen, daß man wohl in jeder Ausgabe mindestens 20 Beispiele finden könnte, bei denen die Hamburger in ihrer laxen Art auch solche "verharmlosenden" Begriffe gewählt haben, ohne sich dabei etwas zu denken, hat das Ganze aber wohl noch einen anderen Hintergrund. Denn daß sich "Bild" und "Spiegel", was die die Richtung ihrer Kritik anbelangt, in letzter Zeit sehr ähnlich geworden sind, mag vielleicht auch mit dem Gerücht zusammenhängen, daß Aust auf einen Chefposten spekuliert, falls das Kartellamt doch noch die Übernahme der privaten TV-Sender durch den Springer-Verlag erlaubt.

Und da die ARD bekanntlich einer der größten Gegner dieser Monopol-Pläne ist, schießt BILD alle paar Wochen auf Sendungen des Ersten oder der Dritten und hat natürlich auch den Schleichwerbung-Skandal und die Bestechlichkeit der Sport-Redakteure genüßlich ausgewalzt. Und auch beim "Spiegel" fiel neulich ein groß aufgemachter Schmäh-Bericht über "Brisant" im Ersten auf, obwohl auch das ZDF solche dümmlichen Boulevard-Magazine im Programm hat.

Tja, man muß sich wohl damit abfinden, daß es den "Spiegel" in der gewohnten Form nicht mehr geben wird – jedenfalls nicht, solange der gewendete Herr Aust dort noch das Sagen hat, der anscheinend tatsächlich darauf hofft, aus den Resten des ehemaligen anspruchsvollen Nachrichten-Magazin mit einer Mischung aus "Stern" und "BamS" eine weitere bunte Illustrierte für die ganze Familie zu kreieren. Ob aber seine Rechnung aufgeht, wage ich zu bezweifeln. Denn bevor sich der typische Spiegel-Leser daran gewöhnt, ständig platte Hofberichterstattung über Angela Merkel oder irgendwelche Promi-Scheidungen zu lesen, bestellt er wohl eher das Blatt ab.

Und in der Hamburger Redaktion brodelt es sowieso schon seit langem, weil der Herr von Anfang an nicht gerade beliebt war, als er von Augstein gegen die Mehrheit der Redakteure auf den Chefsessel gepreßt wurde. Die kürzlich erfolgte Attacke der Augstein-Tochter Franziska konnte er zwar noch abwehren. Wenn es seine Gegner das nächste Mal aber etwas geschickter anstellen, könnte ihm schon bald das überhebliche Grinsen vergehen. Denn ich bin überzeugt davon, daß sich im Falle seines Falles die Redaktion dann für einen Chefredakteur aussprechen würde, der das Blatt wieder zu dem macht, was es immer war: Ein klug gestaltetes, "im Zweifel linkes" Nachrichten-Magazin, das selbstverständlich Verblödungs-Blätter wie "Bild" nicht als Konkurrenz ansieht und schon gar nicht deren Themen kopiert.

Gruß Ben
 
7. January 2006, 20:18   #4
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Ben-99
... dann bin ich beruhigt, daß wir zumindest in diesem Punkt einer Meinung sind.
Mein Weltbild bräche doch auch gründlich zusammen, bezeichnete etwa die Junge Welt plötzlich den "irakischen Widerstand" als Terrorismus ;-). Wenn man schon der Tagesschau einen Vorwurf machen kann, dann nur den, daß sie Terroristen nicht als solche bezeichnet und sich statt dessen - von "Aufständische" und "Widerstand" kommend - nur um eine neutrale Bezeichnung müht, die also nicht gleichzeitig kommentiert. Doch da ist der SPIEGEL, wie gesagt, ein denkbar unglaubwürdiger Ankläger, die Tagesschau schon eher auf dem Weg einer Besserung, wenn sie von Regimegegnern spricht.

Besonders lächerlich macht der SPIEGEL als Sprachpolizei sich auch noch durch seinen Kronzeugen Jaroslaw Walesa, der meint: "Die Regel meines Vaters war, das Regime mit friedlichen Mitteln zu bekämpfen." Als was würden dann die SPIEGEL- und sonstigen dissidenten Sprachhüter eigentlich den sehr bewaffneten und dadurch letztlich auch nicht gerade demokratischen Aufstand der noch verbliebenen Juden im Warschauer Ghetto im April 1943 bezeichnen? Fühlten sie sich - der Waffen, nicht des bekämpften Regimes wegen - dann wohl auch "beleidigt" oder daß "jeder demokratische Widerstand desavouiert" wäre, nennte man, was 1943 passierte, Widerstand?

MfG
tw_24
 
8. January 2006, 15:30   #5
Maggi
 
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Hätte die Tagesschau nur mal im Duden nachgeschaut. Oder hätte der Spiegel infolgedessen einfach auf den Duden verwiesen; die Dudenredaktion braucht nämlich weniger als 100 Zeilen, um die Bedeutung des Wortes "Regimegegner" zu erklären:

Re|gime|kri|ti|ker, der: jmd., der seiner kritischen Haltung gegenüber dem [totalitären] Regime seines Landes Ausdruck verleiht: Die R. sind nahezu verstummt; manche aufgrund der Repression, andere, weil sie das systematische Bombardement der Nato in die Arme Milosevics treibt (Zeit 31.3. 99, 15).

© 2000 Dudenverlag


Oder man sagt es kurz und knapp:

Zum Abschluss des anmaßenden Gewäschs kommt noch "DDR-Dissident" (der im Zuge des modernen Sprachgebrauchs Ex-DDR-Dissident heißen sollte oder wenigstens Alt-Dissident) Erhart Neubert zu Wort: "Wir müssen aufpassen, dass wir den modernen Terror nicht verharmlosen." Ich hingegen bin ja der Ansicht, dass solche Leute aufpassen müssen, morgens nicht ohne Hosen aus dem Haus zu gehen. Das traue ich ihnen nämlich zu.

http://www.doctorofstyle.de/


Aber was soll man den Spiegelredakteuren denn auch vorwerfen; es ist Januar, es ist noch nicht viel passiert dieses Jahr, und vielleicht wird es ja ein bisschen zu auffällig, wenn auch das Spiegel-Ressort "Kultur" beginnt, der Regimechefin Merkel die Stiefelchen zu lecken. Oder war das jetzt wieder falsch ...?

Ciao,
Maggi
 
8. January 2006, 18:02   #6
tw_24
 
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Zitat:
Doof also, dass die Terroristen nicht zuerst beim Spiegel nachgefragt haben, ob die von den USA in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg eingesetzte Regierung unrechtsmäßig und willkürlich genug sei.
Es irrt freilich auch der Doctor of Style mit seiner Annahme einer kriegerisch eingesetzten Regierung, denn letztere wurde im Januar des vergangenen Jahres demokratisch gewählt und ist somit alles andere als eine "eingesetzte" Marionette fremder Mächte. Der Unfug des SPIEGEL-Sprachwächterrates bleibt indes trotzdem eben solcher.

MfG
tw_24
 
24. January 2006, 18:51   #7
tw_24
 
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Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Der SPIEGEL hat, wahrlich kaum zu fassen, entdeckt, daß es im Irak nicht nur "Widerstand" gibt und "Aufständische", sondern - ganz schlimme - "Geiselgangster", obwohl noch gar nicht abzusehen ist, ob es sich bei ihnen nicht vielleicht doch um den in SPIEGELDeutschland sonst so beliebten "Widerstand" handelt oder gar um solch "ehrbare" Leute wie jene, die Susanne Osthoff bei ihrer Entlassung netterweise noch ein Taschengeld mit auf den Weg gaben.

Wahrscheinlich hat man sich jetzt beim SPIEGEL darauf versprachregelgeeinigt, daß Kriminelle, die Deutsche entführen, nicht mehr "Widerstand" genannt werden, sondern "Geiselgangster" zu sein haben. Ob das ein Fortschritt ist?

MfG
tw_24
 
25. January 2006, 11:52   #8
Ben-99
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... hübsch ist auch die Bezeichnung "Verhörspezialist", die gern benutzt wird. Allerdings greift die US-Justiz jetzt knallhart durch, wenn wieder einmal einer dieser amerikanischen "Verhörspezialisten" einen Häftling zu Tode gefoltert hat. Dafür gibt es eine Geldstrafe und 60 Tage lang eingeschränkte Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz.

Ich denke mal, daß es nach einer derart abschreckenden Strafe in den amerikanischen KZs nun auch wieder etwas "zivilisierter" beim täglichen Foltern zugehen wird ;-)

Gruß Ben

Zitat:
US-Verhörspezialist kam davon

General erstickt

Der Oberfeldwebel der US-Armee, der bei einem Verhör einen irakischen General erstickt hat, muß nicht ins Gefängnis. Er kommt mit einem Verweis davon. Die Militärjury in Fort Carson (US-Staat Colorado) entschied, 6000 Dollar (4890 Euro) seines Gehalts zu beschlagnahmen. Darüber hinaus darf sich der Soldat 60 Tage lang nur in Ausnahmefällen von Arbeitsplatz und Unterkunft wegbewegen.

(dpa)
http://www.abendblatt.de/daten/2006/01/25/526627.html
 
25. January 2006, 12:16   #9
tw_24
 
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Zitat:
Darüber hinaus darf sich der Soldat 60 Tage lang nur in Ausnahmefällen vo[m] Arbeitsplatz [..] wegbewegen.
Wieso glaube ich nur, daß diese Formulierung im Zusammenhang mit der Arbeit des Verurteilten nichtmal nach einer Bewährungsstrafe klingt ;-)?

MfG
tw_24
 
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