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13. June 2001, 21:44   #1
Happy
 
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Koss nix? Von wegen!

<FONT face="comic sans ms"><FONT COLOR="gold">Verwunderlich, wieviel selbstlose Gestalten es doch auf dieser unserer bösen Welt gibt. Da landeten zum Beispiel täglich Briefe in meinem Briefkasten, deren Autoren mich mit einer unglaublichen Menge an Gratis-Geschenken überhäufen wollen. Und täglich wurden es mehr! Zum einen staunte ich nicht schlecht, weil in den Nachrichten und Aktenzeichen XY Ungelöst ja immer berichtet wird, es gäbe nur noch Böse auf der Welt, die einem ans Leder (das eigene oder das der Geldbörse) wollen. </FONT f></FONT c>

Doch da hatte ich es schwarz auf Weiß:

Es gibt doch noch Wohltäter auf der Welt! Und sie alle wollten nur mein Bestes.

Ach und wie wunderbar waren die Offerten. Der eine bot mir an, meine Finanzen auf Vordermann zu bringen – und sollte ich gar keine Finanzen haben, schrieb er in weiser Voraussicht dazu, solle ich mir gar keine Sorgen machen. Er zeige mir Wege, wie ich einfach und ohne großes Eigenkapital zu eben solchen Finanzen kommen könne. Ist das nicht eine weltmännische Großtat von karitativem Kaliber?

Mein Glück gar nicht fassen könnend; tränenüberströmt ob solch samaritischer Einstellung in dieser grausamen und herzlosen Zeit konnte ich ja gar nicht anders, als alle Angebote einfach anzunehmen, und wie ein wilder alle Gratismarken und Geschenkplaketten auf die dafür vorgesehenen Plätze zu kleben! Da kamen meine Tränen der Rührung gerade recht, denn ich hasse den Geschmack von gummierten Glücksmarken.

Tja, und da saß ich dann. Zufrieden mit mir und meiner Arbeit. Dutzende von Mercedessen, Geldsäcke und Traumvillen warteten nur darauf, mir übergeben zu werden. Wie ich mich freute!

Und siehe da: Eine Woche später schon kam ein unter dem Gewicht seiner Ladung ächzender Postbote die Treppe heraufgehechelt. Ich rieb mir schon die Hände. Das konnten ja nur meine Gratis-Hüfthalter aus original westfälischen Lammfell sein, oder war es vielleicht das absolut kostenlose Buch "1 Million Tips für ein besseres Leben von Madame Kotzlotzis"?

Ich wußte es nicht, aber mit großer Erwartung unterschrieb ich die Empfangsbestätigung, und machte mich daran, die vielen kostenlosen und absolut unverbindlichen Schätze zu ergründen.

Bis ich mich durch den Haufen gearbeitet hatte, war es schon spät nachts. Ich stellte fest, daß ich nun stolzer Besitzer diverser Mitgliedschaften in Bücherclubs war, und daß mein Leben in Zukunft viel einfacher sein würde, weil ich die 1000 Tips zur Selbsterforschung von Rene Staudamm (14 Tage kostenlos zur Ansicht) zu meinen Schätzen zählen durfte.

Außerdem dabei: Dutzende von fast-schon-Gewonnen-Zertifikaten, Anrechtsscheine auf einen Gewinn von mindestens 1 Milliarde Mark, und Plastikschlüssel für diverse Nobelkarrossen deutscher Autobaukunst.

Ich staunte nicht schlecht. Denn mein Glück wollte offenbar kein Ende nehmen! Ich sah mich schon täglich meine siebzehn Porsche polieren, und rubbelte mittels der "Glücksmünze des Lao-Tse" die drei Kleeblätter des Tsung-Tung auf einem Gewinnzertifikat frei. Mann, welch ein Glück! Auf dem Schein stand nämlich, daß wenn ich drei Kleeblätter freirubbeln würde, mir der Gewinn eines nagelneuen Porsche Carrera 911 Targa schon so gut wie sicher sei! Und schließlich seien drei Kleeblätter so gut wie unwahrscheinlich. Obwohl ich den leisen Verdacht hatte, daß ich zwei der absolut einmaligen Glückszahlen auf einem anderen Brief schon mal in einem anderen Gewinnzertifikat gesehen hatte, schickte ich weiter arglos alles ab.

Ich wußte es! Das Leben meinte es doch noch gut mit mir! Inzwischen saß ich in einem Haufen fertig eingetüteter Gratis-Anforderungsscheine und Gewinnlose. Ich verkaufte meinen Lada Samara, um mir das Porto für die Briefe leisten zu können. Mit blitzenden Augen und einem gespielten Lächeln auf den Lippen gab ich die Briefe bei meinem Postamt ab, und sagte dem Postangestellten, er solle sich mit dem Zustellen beeilen. Denn wenn ich innerhalb einer Woche antworten würde, bekäme ich noch eine Ausgabe "Mundmalen leichtgemacht" zugeschickt. Sicher etwas, wovon ich in Zukunft Gebrauch machen konnte, denn meine Hände waren schon ziemlich wund, vom vielen Felderrubbeln und Markenpappen.

Und was soll ich sagen? Am nächsten Montag ging ich zu meinem Chef, und sagte ihm, er könne sich seinen billigen Arbeitslohn da hin stecken, wo die Sonne nicht scheint, und drückte ihm meine Kündigung in die Hand. In Zukunft würde ich von meinen Gratis-Angeboten in meiner 3-stöckigen Villa leben. Ja, so gut habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt!

In der Gewißheit, garantiert nie wieder arbeiten zu müssen, wartete ich auf die Post.

Doch statt den erwarteten Gewinnen und Geldboten erschienen tagtäglich mehr von den wahnsinnig selbstlosen Gratisangeboten. Die Post hatte mir inzwischen meine eigene Postleitzahl eingerichtet, um die Zustellung zu vereinfachen.

Ich muß zugeben, so langsam wurde ich suspekt, ob der vielen Offerten, die jeden weiteren Tag in mein Haus flatterten. Meine Finger schon dick eingebunden vom vielen Glücksfeld-freirubbeln fragte ich mich, wo denn nun die ganzen wunderbaren Gewinne blieben.

Doch ich machte weiter! Es war wie eine Sucht. Ich mußte einfach Gewinnen, schließlich hatte ich immer die richtige Glücksnummer! Ich war doch der mit den drei Goldenen Autoschlüsseln unter den Rubbelfeldern! Ich, Ich, ICH!

Meine Wohnung sah auch schon ziemlich unordentlich aus, mit diesem ganzen Gummiabrieb von tausenden Glücksfeldern und dem ganzen Altpapier. Aber was sollte ich machen, ich kam ja kaum noch zum schlafen, weil ich täglich 20 Stunden mit dem Ausfüllen von Gewinnzertifikaten und aufreißen von Glückstüten mit garantierten Gewinnen war! Immerhin hatte dieser ganze Streß mit dem Gewinnen einen Vorteil: Ich nahm zehn Kilo ab, und konnte mir so die ohnehin schon lange geplante Kur sparen. Das Gratis-Buch "Zwanzig Kilo in zehn Tagen" half mir dabei mit seinen Tips. Ich war sicher: Irgendwann würde der Geldbote vor der Tür stehen, und mich von meinem Leid erlösen.

Meine Nachbarn bekamen mich nur noch sporadisch zu Gesicht, und wenn, dann gingen Sie mir aus dem Weg. Warum, wußte ich nicht genau. Ich vermutete, daß es an meinem seltsamen Aussehen lag. Meine Mundwinkel mußten schon zugeklebt sein, von diesen schrecklichen Gummierungen der Gewinnmarken. Ich könnte bei "Wetten Daß" eigentlich mit der Wette an den Start gehen, ich würde alle Bücherclubs am Geschmack der Gummierung erkennen, verwarf aber den Gedanken wieder. Meine Fingernägel waren wohl total abgerieben, weil ich nur noch Glücksfelder aufrubbelte. Meine Haare waren ungekämmt, trotz des Gratishefs "Ein Schnitt, Tausend Frisuren" vom Starcoiffeur Marcel Schnippapo. Sogar der Zwergpinscher von Frau Heirich aus dem zweiten Stock knurrte mich an. Doch ich nahm diese Demütigung in der Gewißheit hin, daß ich bald aus diesem zwanzigstöckigen Wohnsilo raus sein würde! Eines Tages würde mich das Läuten der Türklingel erlösen! Und tatsächlich: eines Tages klingelte einmal nicht der Postbote an der Tür. Freudestrahlend machte ich auf.

Statt des erwarteten Geldboten allerdings stand vor der Tür der Gerichtsvollzieher, und starrte mich aus ungläubigen Augen an.

"Warum ignorieren Sie denn einfach diese vielen Rechnungen und Mahnungen?" fragte er mich mit einem ungläubigen Blick auf mein Aussehen im allgemeinen.

Ich erklärte ihm, daß ich Briefe ohne Rubbelfelder, Gewinnkarten und ähnliches einfach ignorierte, weil Sie durch das Sieb meiner Wahrnehmung fielen.

Er sagte nur "Hmmm, verstehe," und schüttelte ganz komisch und traurig mit dem Kopf.

Mit einem geringschätzigen Blick auf mein Wohnungsinneres, auf die vielen leeren und aufgerissenen Briefumschläge, kiloweise Gummireste und halbausgefüllte Glückskarten sagte er schließlich: "Sagen Sie mal, sind sie vielleicht verrückt?"

Nein, beteuerte ich. Etwas unsicher war ich mir allerdings dann doch selbst.

"Sie haben etwa 15.879 Mark Schulden. Was meinen Sie, wie Sie die wohl bezahlen können?" fragte er mich mit einem ungläubigen Blick auf das, was einmal mein Flurboden war. Dieser war nun verdeckt von tausenden Werbebroschüren. Ich dachte plötzlich erschreckt an Minka, meine Katze - zuletzt hatte ich Sie im Wohnzimmer kläglich maunzen gehört - und fragte mich, wie lange wohl Katzen ohne Futter auskommen könnten. Ich kam zu dem Schluß, daß so wohl auch der komische Geruch hinter dem Haufen Briefe auf dem Wohnzimmersofa geklärt sei.

Ich wurde gewahr, daß der Mann vor der Tür mit mir redete. "... ist ja schrecklich. Sie haben ja absolut gar nichts, was von Wert wäre. Das ist ja die reinste Müllhalde!" sagte er in einem ruhigen aber kalkulierten Ton.

Ich meinte, daß ich all meine Schulden mit meinen ganzen Gewinnen bezahlen würde, die nun wohl jeden Tag eintreffen müßten.

Der Mann notierte noch etwas auf seinem Clipboard, und machte dann mit einem Kopfschütteln kehrt.

Zwei weitere Tage später klingelte es wieder an der Tür. Freudestrahlend riß ich die Tür auf. Nun mußte es einfach der Gewinnbote sein.

Ich prüfte die Männer draußen mit einem Blick durch den Türspion. Komisch, dachte ich, seit wann tragen denn Gewinnboten das selbe ekelhafte Blähgrün wie die Polizei? Nichtsdestotrotz machte ich die Tür auf, in der Annahme, daß Grün immerhin die Farbe des Glücks sei, und streckte erwartungsvoll die Hände aus. Und tatsächlich, einer der Männer legte etwas in meine Hände.

Ich war mir sicher, daß nun all meine Leiden vorbei sein würden! Endlich der lang ersehnte Brief mit dem Gewinn. Ich erblickte allerdings nur das fettgedruckte Wort "Haftbefehl" darauf.

Und zu spät – erst als mir einer der Männer meine Hände schmerzvoll auf den Rücken drehte und mir meine Rechte vorlas - wurde mir klar, daß ich wieder nicht gewonnen hatte.

Dann ging alles recht schnell. Ich wurde in Handschellen abgeführt, und im Präsidium verhört. Dort beschloß man, daß ich viel besser da aufgehoben wäre, wo ich heute bin.

Es ist wunderschön hier.

Ich bekomme jeden Tag drei Briefe mit dem Aufdruck: Gratulation! Sie haben Gewonnen!

Und die netten Frauen und Männer hier kümmern sich liebevoll um mich. Zugegeben, manchmal ist es langweilig in dem tristen Zimmer. Aber dann spiele ich meistens mit meinen Rubbelkarten und Plastikschlüsseln. Und wenn die Beruhigungsspritzen nachlassen, dann wummere ich zum Spaß an die Wände. Das tut überhaupt nicht weh, weil die nämlich aus Gummi sind. Das Essen hier ist gut, aber ich finde es immer recht schwierig, da ich kein richtiges Besteck dazu bekomme. Immer nur diese Plastikdinger. Aber dennoch geht es mir hier sehr gut, und jeden Tag besucht mich ein Mann, und spricht sehr viel und in ruhigen Tönen mit mir.

Ich sage ihm immer: "Wenn Sie keinen Gewinn dabei haben, können Sie gleich wieder abhauen, sie Arsch! Ich lasse mich doch von Ihnen nicht veräppeln! Immer nur diese Gratisangebote! Hahahahaaa! Ich habe Sie durchschaut!"

Dann gibt mir der nette Mann meistens eine Spritze, und ich werde ganz müde, und muß mich hinlegen. Wenn ich wieder aufwache, liegen meistens schon wieder frische Gewinnbriefe auf meinem Plastiktisch mit den abgerundeten Ecken.

Wie ich sie hasse, diese Gewinnbriefe und Glückszertifikate! Und doch ziehen sie mich mit einem unheimlichen und unwiderstehlichen Sog an, wie ein Ventilator eine Fliege. Ich weiß es einfach: Eines Tages bekomme ich den Hauptgewinn! Ich starrte durch die vergitterten Fenster die fahle Sonne an, als ich erneut einen Brief öffnete, und die Glücksfelder freirubble. Dieses Mal ist es der Hauptgewinn, da bin ich sicher!


<FONT COLOR="gold"><FONT size="2">ciao mandraxde</FONT s>


<center><IMG SRC="http://buerger.metropolis.de/mandraxde/linie14.gif" border=0></center>

<center><FONT size="1">Moderator: Skats-Board , Administrator: Vallum-Board </FONT s></center></FONT c>

<FONT COLOR="blue"><center>man ist nicht perfekt - aber man kann perfekt werden</center></FONT c>
 
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