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24. June 2006, 19:20   #1
Sacki
Dummschwätzer
 
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Ja sind wir denn schon Weltmeister ?

Die Deutsche Elf hat ein Fußballspiel gewonnen: 2:0 gegen die Firmenmannschaft von Ikea.
Was sich aber momentan hier in Berlin abspielt ist eigentlich kaum noch steigerungsfähig:
Hupende Autokarawanen in schwarz-rot-gold, Menschenmassen die auf den Straßen tanzen und johlen und Feuerwerkskörper, die recht wirkungslos in den sonnigen Himmel geschossen werden.

Was feiern die da eigentlich ? Schön, wir sind mal wieder unter den besten acht Mannschaften dieser Welt und haben die Übermannschaft aus Schweden besiegt, aber uns trennen noch einige Spiele davon, Weltmeister zu sein.
Oder sind die feiernden Menschen auf den Straßen einfach nur realistsich und nutzen die letzte Gelegenheit, einen Deutschen Sieg zu feiern ? Denn der nächste Gegner dürften wohl die Argentinier sein...

Egal wie auch: ich drücke den Jungs die Daumen.

In eigener Sache: Als bekennender Klinsman-Gegner muß ich offen zugeben, daß der dauergrinsende Schmiernippel wohl tatsächlich alles richtig macht.
Menschlich so richtig mögen, tue ich ihn allerdings immer noch nicht. Das wird sich auch nicht ändern, sollte er im Endspiel die Brasilianer mit 6:0 schlagen.
 
24. June 2006, 20:14   #2
Ben-99
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... in Hamburg war es genauso: Überall laut grölende Fans, darunter auch auffällig viele junge Frauen, was mir bei früheren Fußball-Veranstaltungen noch nicht so aufgefallen war. Und alle friedlich und gut gelaunt. Allerdings stören mich die vielen Deutschland-Fahnen. In der DDR und im Nazi-Reich mußte man sie aus dem Fenster hängen, heute machen es die Leute freiwillig. Allerdings muß man als bekennender Fahnenloser aufpassen, daß man nicht denunziert wird, da ja die BILD-Zeitung akribisch darüber wacht, daß jeder Deutsche auch äußerlich seinen "Patriotismus" zur Schau stellt.

Das geht so weit, daß Ballack in seiner Freizeit kein T-Shirt in den Farben eines anderen Staates tragen darf und findet dann sein Foto in einem Artikel mit der Überschrift "Was soll das?". Aber auch andere Promis werden an den Pranger gestellt, wenn ihnen das "Deutschland"-Gegröle übertrieben vorkommt. Für mich ist das kein "gesunder Patriotismus" mehr, falls es so etwas überhaupt gibt, sondern hat bereits die Grenzen zu einem nicht ungefährlichen Nationalismus überschritten – angeheizt von einem verlogenen rechtskonservativen Massen-Blatt.

In einem Land, in der sich die Parteien der Neonazis über einen immer stärkeren Zulauf freuen können, halte ich dieses aufdringliche "National"-Gehabe der größten deutschen Boulevard-Zeitung für unverantwortlich.

Gruß Ben
 
24. June 2006, 21:08   #3
Sacki
Dummschwätzer
 
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Zitat:
Für mich ist das kein "gesunder Patriotismus" mehr, falls es so etwas überhaupt gibt, sondern hat bereits die Grenzen zu einem nicht ungefährlichen Nationalismus überschritten
Dem muß ich energisch widersprechen.
Ich habe keine Ahnung, wo Du in HH wohnst und wie hoch dort der Ausländeranteil ist.
Ich war heute in Kreuzberg und dem Nachbarbezirk Neukölln unterwegs; zwei Bezirke, in denen bekanntlich der Ausländeranteil am höchsten ist.

Was sich dort momentan abspielt läßt nicht nur mich sprachlos sein:
Türkische und arabsiche Restaurants, Dönerbuden, Autos, die zweifelsfrei mit hier wohnhaften Ausländern unterwegs sind: alle sind zumindest mit einer Deutschen Flagge geschmückt, zu der des eigenen Landes. Und das, obwohl die Türkei garnicht bei der WM dabei ist.
Der (postive) Wahnsinn geht noch weiter: Auf der Fanmeile sieht man ausländische Mitbürger, die gemeinsam mit Deutschen jedes Deutsche Tor bejubeln und sich im Erfolgsfalle in den Armen liegen. Kein Streit, kein Patriotismus, einfach nur Lebensfreude pur und ein unvermutetes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Heute selbst auf dem Hermannplatz gesehen: eine türkische junge Frau mit Kopftuch, die ihr Kind auf der Schulter trug, das seinerseits eine Deutsche Fahne schwenke. Auf den Wangen der beiden: die Deutschen Farben gemalt. Und das ist kein Einzelfall.

Mir gefällt das und ich finde es toll.
Bleibt nur die Hoffnung, ob das auch nach der WM so bleibt, mit diesem "Wir-Gefühl"
Und wenn es nur ein klein wenig geholfen hat, ist das schon ein Riesenschritt.

Mußt nicht immer alles so skeptisch sehen Ben...
 
24. June 2006, 21:16   #4
Irata
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Die WM im eigenem Lande und das bisherige sehr positive Aufspiel der Nationalelf sind die besten Voraussetzungen für Partystimmung. Das Präsentieren der Bundesfarben im Gesicht, auf dem Kopf und eben auch in der Hand gehören dabei dazu wie das ausgelassene Herumgehupe beim sinnlosen Verheizen des teuren Treibstoff.

Mich stört es nicht. Laßt doch die - meist jüngeren Leute - Party machen und sich dabei einmal den Kopf freimachen von den Alltagsproblemen. Im Viertelfinale, spätestens jedoch nach dem Endspiel, wird der Alltag einkehren und die Party wird wieder im Technokessel unter Mithilfe ein paar Glücklichmacher stattfinden.

Ich erinnere mich an das Endspiel 1974 und die Nacht in der Bonner Altstadt. Auch zu dieser Zeit wurden Nationalfahnen geschwenkt und Deutschland war Stolz auf seine triumpfhafte Elf. Ich konnte jedoch nicht erkennen, dass danach (oder nach 1990) ein Ruck in Richtung gefährlichem Nationalismus stattgefunden hat.

Ich empfinde die derzeitige manchesmal in Hysterie tendierende Stimmung als positiv und angenehm. So sieht es auch die Welt, die derzeit in ihrer Berichterstattung auf Deutschland foccusiert ist. Überall sind positive Verlautbarungen festzustellen und so mancher Auslandsschreiber ist angenehmt überrascht von der Stimmung im WM-Land.
 
24. June 2006, 21:21   #5
Irata
Junge mit Mundharmonika
 
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@sacki, deine Schilderungen kann ich in kleinem Rahmen nachvollziehen. Die heutige Besetzung im WM-Studio meines Sohnes bildete sich aus folgenden Nationalitäten: deutsch, türkisch, polnisch, iranisch, griechisch, armenisch und französisch. Die Jungens waren einheitlich teutonisch kostümiert.
 
24. June 2006, 21:41   #6
Glühwürmchen
 
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Zitat:
Zitat von Sacki
Schön, wir sind mal wieder unter den besten acht Mannschaften dieser Welt...
Sind wir jetzt nicht unter den 4 besten?

Hier ist auch der Teufel los. Ich wusste gar nicht, dass wir so viele Einwohner haben.
Ob nun wegen der WM, oder wegen sonst irgendeiner Jubelfeier - mir gefällts, dass sich die Leute endlich mal einig sind und vor Freude um den Hals fallen

Ich hoffe nur, dass nach der WM die blöden Autofähnchen wieder verschwinden, denn 2 davon sind mir auf der Autobahn gegen die Windschutzscheibe geflogen und das ist nicht lustig
 
24. June 2006, 21:44   #7
Irata
Junge mit Mundharmonika
 
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Achtelfinale = 8 Paarungen mit 16 Teilnehmern
Viertelfinale = 4 Paarungen..... usw.

Sacki scheint wohl Recht zu haben

Schön geschrieben Wer ist dieses rätselhafte, lebenslustige und gastfreundliche Volk?
 
24. June 2006, 22:07   #8
Glühwürmchen
 
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Ja nü, aber die deutsche Mannschaft hat doch gewonnen und ist somit im Viertelfinale = 4 - oder nicht?
 
24. June 2006, 22:15   #9
Irata
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Achtelfinale: Es spielen 16 Mannschaften, 8 verbleiben
Viertelfinale: Es spielen 8 Mannschaften, 4 verbleiben
Halbfinale: Es spielen 4 Mannschaften, 2 verbleiben
Finale: Deutschland : Ghana
 
24. June 2006, 22:54   #10
Glühwürmchen
 
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Kapiert!
Jetzt sieht man, warum ich den Fußballtipp nicht übernommen hab


Bei uns wirds wieder ruhig auf der Straße. Ein Dorf bleibt eben doch ein Dorf
 
24. June 2006, 22:56   #11
Ben-99
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... ich war die letzten Wochen aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse fast jeden Tag gezwungen, quer durch Hamburg mit der U-Bahn zu fahren, weil man für die Strecke zu dieser Zeit mit dem Auto fast doppelt so lange unterwegs sein würde. Es war also nichts mit meinem Vorhaben, während der Wochen der WM lieber die Parkbänke meines Stadtteils zu genießen und die Innenstadt und vor allem öffentliche Verkehrsmittel zu meiden.

Statt dessen saß ich nun ständig in einer überfüllten Bahn bzw. mußte sogar oft stehen und die Bierfahnen und den Schweiß von Leuten einatmen, die sich teilweise von Kopf bis Fuß in eine überdimensionale deutsche Fahne eingehüllt hatten und auch akustisch dafür sorgten, daß man sie weder übersieht noch überhört. Und ich mag nun mal nicht die körperliche Nähe fremder Menschen. Meist schloß ich während der Fahrt die Augen und versuchte, an andere Dinge zu denken, da ich mich in solchen Situationen vor Panik-Attacken fürchte, die ich auch tatsächlich schon mal, allerdings vor vielen Jahren, erlebt habe. Zur Not kann man sich auch vorher einen Tranquilizer reinziehen. Das tue ich zwar nicht, aber es ist trotzdem ein gutes Gefühl, wenn man weiß, daß man auf die Pillen zurückreifen könnte.

Zum Glück ist der Spuk auch meist bei der Station "Messehallen" vorbei, weil dort die Schwarz-Rot-Gelb-Gekleideten und wie Indianer in den selben Farben Geschminkten aussteigen, um auf dem Heiligengeistfeld, wo auch das Pauli-Stadion liegt, mit Tausenden Fußball-Begeisterten beim "Fifa-Fan-Fest" die Spiele auf einer Großleinwand zu verfolgen.

Im Prinzip habt Ihr recht, da auch ich bisher noch keine einzige bedrohliche Situation erlebt habe und die Leute wirklich alle sehr friedlich sind. Am Tag des Spiels gegen Polen sah ich allerdings keinen einzigen Fan, der mit einer polnischen Fahne unterwegs war, dabei leben eine ganze Menge von ihnen in Hamburg. War es nur Zufall? Oder ist es nicht wohl eher so, daß sich diese Landsleute einfach nicht trauen, auch ihren Patriotismus so offen zu zeigen? Wenn ja, sind wir Deutschen es, die sich mal überlegen sollten, warum das über 60 Jahre nach Kriegsende noch immer so ist.

Und einmal fuhr ich gerade die Rolltreppe hinab, als ich unten am Bahnsteig eine Gruppe Jugendlicher sah, die wie Bekloppte immer wieder "Deutschland, Deutschland" grölten und dazu ihre gigantischen, mehrere Meter langen Deutschland-Fahnen schwenkten. Ich dachte unwillkürlich an Aufmärsche im 3. Reich, und mir war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, mit diesen Leuten in einem Abteil sitzen zu müssen.

Doch als ich ihnen dann näher kam, sah ich, daß es sympathisch aussehende Schüler waren, die überhaupt nichts mit dem braunen Pack zu tun haben und von denen auch während der Fahrt nicht die geringste Gefahr ausging. Aber warum muß man heute solchen Jugendlichen schon wieder "antrainieren", daß es angeblich etwas Tolles sei, mit solchen Riesen-Fahren durch die Gegend zu ziehen und dabei ständig "Deutschland, Deutschland" zu grölen?

Bisher fühlte ich mich nur ein einziges Mal wirklich wohl auf meinem Platz in der U-Bahn und lächelte auch sogar mal zu den aufgekratzen Fans hinüber, die mir gegenüber saßen: Es war ein junges, sehr gepflegt wirkendes Ehepaar mit zwei bildhübschen Kindern, die wie Ihre Eltern eine dezente kleine Papier-Fahne schwenkten und immer wieder überglücklich "Olé!" durch das Abteil riefen. Sie waren aus Ecuador angereist, und gerade eben hatte ihre Mannschaft das Spiel gewonnen.

Und weil sie in ihren gelben T-Shirts, die den dunklen Teint ihrer Haut noch mehr betonten, nicht zu übersehen waren, rissen sie das ganze Abteil mit, und fast alle Fahrgäste stimmten im Chor mit ein, und wir riefen zusammen "Olé" und freuten uns mit ihnen. Das klang eben so ganz anders als dieses dumpfe "Deutschland, Deutschland", und ich habe gelernt, daß Patriotismus durchaus sympathisch und unaufdringlich sein kann, wenn er nicht gerade von Deutschen durchs Land gebrüllt wird.

Gruß Ben
 
24. June 2006, 23:01   #12
Loddarnewyork
 
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1/4-Finale = 4, 1/2-Finale = 2.

Also wäre der Gewinner eines Halbfinales nach der Einstei...äh Glühwürm'schen Theorie Weltmeister

Zu den ersten beiden Achtel-Finals:
"Unsere Mannschaft überrascht von Spiel zu Spiel mehr, war den Schweden eindeutig überlegen. 40 Minuten auf fast höchstem Niveau reichten, um den blonden Nordlichtern den Zahn zu ziehen.

Das 2. Spiel gewinnt Argentinien durch ein eigenes Tor innerhalb der Nachspielzeit. Spielen sie so auch am nächsten Freitag gegen Klinsi's Mannen, braucht denen weder Angst noch Bange zu sein.

Zu der Fahnen-Hysterie in DE:
Ich bin nicht so der Fahnenträger, gebe Sacki aber Recht, daß alles im grünen Bereich ist. Verstehen kann ich diese Hysterie und Verkleidung in dem Umfange allerdings nicht.
Allein ein Großteil der Autobeflagger und der Buntbemalten interessieren sich normalerweise nicht für Fußball. Es sind einfach Mitläufer, die diese "Ich-will-auch-dabeisein"-Stimmung benutzen und jubeln und feiern.

Denn obwohl sie sich eigentlich für Fußball normal nicht begeistern können, bevölkern sie millionenfach die Straßen. Schön wäre, wenn sie auch mal für ihre nationalen und europäischen Rechte so auf die Straße gehen würden, wenn die Politiker in unverständlicher Weise Entscheidungen treffen, wie: Mehrwertsteuer-Erhöhung, Vorratsdatenspeicherung, Urheberrecht uvm.
Aber dabei hockt der Deutsche lieber im Kämmerlein und macht einen auf Opferlamm.
 
24. June 2006, 23:06   #13
Irata
Junge mit Mundharmonika
 
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OT
Zitat:
Das tue ich zwar nicht, aber es ist trotzdem ein gutes Gefühl, wenn man weiß, daß man auf die Pillen zurückreifen könnte.
Völlig falsche Strategie. Das Gefühl, ich kann wenn ich will führt zu einer Konditionierung in Verbindung mit besonderen Ereignissen oder Erlebnissen. Wenn Du zu Panikanfällen neigst, musst Du diese ausstehen. Soll heißen, Du must über die Angstschwelle gehen und einen Panikattacke bis zum Schluss überstehen.
Ergo, führ die Pillen oder Tropfen nicht mehr mit Dir , sonder entsorge sie schleunigst. Dies durchzustehen kann zur Qual werden, wird Dich aber mit der Zeit von deiner Agoraphobie befreien.
 
25. June 2006, 00:24   #14
Ben-99
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... auch wenn es offtopic ist, will ich noch kurz auf Iratas Beitrag eingehen: Mit Agoraphobie, also der wirklichen "Platzangst", habe ich nichts am Hut, sondern genieße es im Gegenteil sogar, große, leere freie Plätze zu durchqueren. Dagegen zähle ich in einem vollbesetzten Fahrstuhl schon mal schweißgebadet die Sekunden und fühle, wie mein Hals immer enger wird. Es geht bei mir um Klaustrophobie, Angst vor der Enge in geschlossenen Räumen.

Und ich wollte auch auf keinen Fall Werbung für Diazepam ("Valium"), Oxazepam ("Adumbran", etc.) oder andere Benzodiazepine machen, denn von dem Teufelszeug, womit sich auch gern Hausfrauen häufig ihr Dasein versüßen und das von Ärzten viel zu leichtsinnig verschrieben wird, sind schon genug Menschen abhängig. Und der Entzug gestaltet sich oft sehr viel schwieriger als bei Alkoholikern oder Heroin-Abhängigen. Aber wenn man mal alle 8 Wochen so eine Pille nimmt, ist es kein Problem.

Zum Glück habe ich schon als in jeder Hinsicht experimentierfreudiger junger Mann meine eher schlechten Erfahrungen mit Aufputsch- und Beruhigungsmitteln gemacht, kenne die Wirkung des Zeugs also genau und würde mich heute nicht mehr so leicht damit in Gefahr bringen.

Wieder zum Thema: Auch der von Loddar angesprochene Aspekt geht mir oft durch den Kopf, und ich denke dann: Nett, wenn sich Menschen zu Tausenden oder gar Millionen aufmachen, um wegen Fußball mit irgendwelchen Fahnen durch die Straßen zu ziehen. Würden sie das auch für wichtigere Dinge tun, wäre vielleicht "Hartz-IV" schon längst wieder abgeschafft, Guantanamo geschlossen und einige blutige Kriege früher beendet worden. Man kann durch Demos zwar Menschenleben retten, aber "wir" sind nun mal so und kriegen unseren Arsch nur dann hoch, wenn es um so wahnsinnig "wichtige" Dinge wie Fußball oder einen "Love-Parade"-Karnevalsumzug für debile Teenies geht.

Natürlich ist Fußball Pipifax im Vergleich zu wirklich wichtigen Dingen, für oder gegen sich die Menschen solidarisch auf den Straßen zeigen sollten. Genau deshalb geht es mir ja auch gegen den Strich, wenn man wegen läppischer Fußballspiele gleich zum überzeugten Fahnenträger wird. Natürlich ist auch das Politik, nur in diesem Fall gänzlich fehl am Platz. Denn irgendwann kommt es noch so weit, daß die Menschen tatsächlich zu Tausenden auf die Straße gehen und endlich mal politisch aufbegehren. Und dann schaut man aus dem Fenster und bekommt von der Revolution gar nichts mit, weil man die Fahnen sieht und denkt: Es wird sich wohl nur wieder um irgendein Fußball-Ereignis handeln ;-)

Gruß Ben
 
25. June 2006, 01:39   #15
BigGonZo
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Moin Moin,
tztztztz das einige immer alles politisieren müssen.
kann man sich nicht einmal an einer sache nur freuen,ohne dabei gleich nationalistische hintergründe zu sehen.
in meinen kleinen städchen habe ich mir viele spiele in einer pinte angesehen dort waren immer sehr viele nationalitäten vertreten(auch polen)alle haben jeweils ihr land angespornt und keiner hat in diesem moment an was anderes als fussball gedacht.und danach haben wir alle gefeiert die verlierer hat man ein wenig getröstet ,aber am ende haben wir alle nur gefeiert.
ich habe noch nie mit soviel verschiedenen leuten aus verschiedenen ländern geredet.
es ist doch momentan eine irre stimmung hier in deutschland,vielleicht bleibt ja nach der wm etwas davon hängen.
auf alle fälle sind wir gerade dabei unser miespetriges und nationalistisches image aufzupolieren,und da sind die die hinter DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND was schlimmes vermuten doch wirklich fehl am platze.

Ciao Big
 
25. June 2006, 09:55   #16
Maggi
 
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Registriert seit: April 2002
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Seh ich eigentlich ähnlich wie Gonzo.

Ich glaube gar nicht, dass das politisch motviert ist. Wenn man sich nämlich mal den typischen Fußballfan anschaut (also nicht die Leute, die Karten fürs Finale bekommen haben), sieht man, das diese besondere Spezies meist nicht zu umfassenden politischen Überlegungen über Nationalismus oder zum Philosophieren über das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Flagge nachzudenken. Das ist einfach Fußball, nichts weiter.

Ich bin gestern in die Stadt gefahren, als in München Deutschland gegen Schweden gewann. Es war beeindruckend. Schon vor dem Spiel wurde der Marienplatz, Zentrum Münchens, von einem Farbenmeer beherrscht. Neben den schwarz-rot-goldenen Farben (eine Kombination, die mir eigentlich gut gefällt), natürlich viele gelb-blaue Schweden, aber eben auch Spanier, Brasilianer, Franzosen, Engländer, und, und, und. Und alle fröhlich, (gut, alle mit Bier in der Hand), alle feiernd. Die Stimmung ist großartig, und nachdem zu urteilen, was man über die momentane Party lesen kann, scheint es der Welt, schließlich zu Gast in Deutschland, auch zu gefallen.

Ciao,
Maggi
 
25. June 2006, 10:07   #17
Lili
 
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Beiträge: 296

Zitat:
Zitat von Irata

Ich erinnere mich an das Endspiel 1974 .
Ich erinnere mich auch da war ich 6 monat alt

Liebe Gruße Lili
 
25. June 2006, 10:46   #18
Akareyon
 
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Im Spiegel ist ein Gespräch zwischen Döpfner und Grass abgedruckt, gewissermaßen das letzte Gefecht zwischen Springer und der 68'er-Intelligenzia. Da las ich das Wort "Verfassungspatriotismus". Fand ich toll.

"Unsere Jungs" spielen super Fußball, wir haben das geilste Grundgesetz der Welt, wir haben einen nationalen Sack voll Probleme am Arsch und - überhaupt: wer ist "wir"? Egal: Partyalarm! Oléééééoléoléoléoléééééé!

Der Kater kommt früh genug.

*/me reißt Lili Fahne aus der Hand, um damit schwenkend übers Board zu hüppen*
 
25. June 2006, 11:45   #19
Ben-99
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Registriert seit: June 2003
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... das Leben würde fade sein, wenn die Menschen alle gleich wären. Was die einen lieben, müssen nicht auch alle anderen gut finden. Und wenn jemand seine persönlichen Eindrücke schildert, hat das nichts mit "Miesepeterigkeit" zu tun, nur weil nicht alle Leute Massenveranstaltungen und kollektive Jubel-Orgien lieben.

Jeder so, wie er es mag. Mich stört der Rummel nicht, nur möchte ich nicht mittendrin sein. Und daß ich mir zumindest alle Spiele im Fernsehen anschaue, bei denen unsere Mannschaft mitwirkt, zeigt, daß sogar mir auch Fußball mal für eineinhalb Stunden Spaß machen kann. Aber zu mehr lasse ich mich nicht verpflichten. Weder von der BILD-Zeitung, noch von irgend jemand anderen, der mir vorschreiben will, was mir gefälligst Spaß zu machen hat.

Ich fordere doch kein Verbot solcher Großveranstaltungen und behaupte auch nicht, daß alle blöd sind, die sich daran erfreuen. Aber es darf auch nicht so weit kommen, daß man Menschen, die sich nun mal nicht so sehr dafür begeistern können, immer gleich als "Miesmacher" tituliert. Und ich bin sicher, daß es auch noch andere Männer gibt, die Besseres zu tun haben, als sich Spiele zwischen Mannschaften exotischer Länder anzuschauen, deren Namen sie vorher nicht mal korrekt schreiben und wohl auch nicht auf dem Globus zeigen konnten. Nur trauen sich in solchen Zeiten viele nicht, ihr Desinteresse auch offen zuzugeben.

Ich hatte auch noch nie etwas für Karneval übrig und wundere mich immer wieder, wie sich wildfremde Menschen besoffen in die Arme fallen können, nur weil sich das im Rheinland an bestimmten Tagen im Jahr so gehört. Aber ist man deshalb gleich ein schlechter Mensch? Ist es etwa Pflicht für einen "guten Deutschen", sich vom Fieber der Massenbegeisterung anstecken zu lassen?

Und was bedeutet "Geselligkeit"? Ich bin lieber mit 3 Freunden in einer gemütlichen Kneipe als mit 3000 Fremden bei einer Großveranstaltung. Im übrigen freue ich mich wie alle anderen darüber, wenn unsere Mannschaft gewinnt. Und ich freue mich besonders für Jürgen Klinsmann, daß seine Rechnung aufgegangen ist und nicht die einer Zeitung, die eine monatelange Hetzkampagne gegen ihn geführt hat.

Aber in Deutschland kann ja nicht sein, was nicht sein darf. Und ein Trainer taugt natürlich nichts, wenn er mal endlich alte Zöpfe abschneidet und einen neuen, seinen eigenen, Stil kreiert, wie man das Beste aus den Spielern herausholt und sie optimal motiviert. Und vor allem darf ein Nationaltrainer auch nicht im Ausland wohnen. Denn so etwas gestattet man nur blondgelockten Showmaster – vor allem, wenn sie einen Vertrag mit dem Springer-Verlag haben, den ein Klinsmann eben nie unterschreiben würde.

Aber mich würde wirklich interessieren, ob es auf dem Board auch noch andere Leute, egal ob Männlein oder Weiblein gibt, die sich schon vorher nicht viel aus Fußball gemacht haben und auch nicht wissen, warum sie jetzt in diesen Wochen, quasi "auf Kommando", in einen kollektiven Jubel-Rausch verfallen sollen.

Gruß Ben
 
25. June 2006, 12:34   #20
Lemmi
 
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Ich sehe das etwas anders. Es geht hier nicht nur um Fußball, sondern darum, dass wir den Fußball (bzw. die WM) zu Gast haben. Auch wenn einige diese Gäste oder deren Verhalten nicht mögen oder nichts mit ihnen am Hut haben, sollten wir weiterhin gute Gastgeber sein.

Ben's Frage beantwortet sich fast von selbst.
Zitat:
ob es auf dem Board auch noch andere Leute, egal ob Männlein oder Weiblein gibt, die sich schon vorher nicht viel aus Fußball gemacht haben und auch nicht wissen, warum sie jetzt in diesen Wochen, quasi "auf Kommando", in einen kollektiven Jubel-Rausch verfallen sollen.
Fürs Board kann ich sie nicht beantworten, aber fürs Land.

Mach das Fenster auf und schau raus. Wenn du nicht gerade in einem Dorf mit drei Einwohnern wohnst wirst du viele Menschen sehen, die mit Fußball nichts am Hut haben, aber feiern und glücklich sind........ Weiblein und Männlein. <- man beachte meine Reihenfolge

Ich denke aber dazu hast du keine Zeit...... wegen, na?

Du redest (schreibst) zu viel
 
25. June 2006, 14:01   #21
Glühwürmchen
 
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Es ist ein weltverbreitertes Gemeinschaftsspiel. Selbst dort, wo man sich keinen Ball leisten kann, wird irgendwas rund geformt und los gehts.

Fußball ist etwas, woran man sich auch in anderen Bereichen des Lebens ein Beispiel nehmen sollte:
Nur das Zusammenspiel führt zum Erfolg.

Selbst wenn einer davon alle Tore schießen sollte, wäre er ohne die Mitspieler dazu nicht in der Lage.
Jeder hat seine Stärken.
Der eine dribbelt sehr geschickt, der andere schießt besonders zielsicher, der nächste ist Kopfballkönig oder Eckschussmeister..., selbst der, der nur die Gegner aufhält trägt dazu bei, dass die anderen ihr Spiel durchziehen können.
Und tatsächlich bilden auch die Zuschauer ein Teil dieses Erfolgs, denn ohne deren Interesse hätte man nur halb so viel Spaß am Spiel.

Warum soll man nicht feiern, wenn man gemeinsam etwas besonderes erreicht?


Schade ist nur, dass der, der besonders herausragt, weil er die meisten guten Szenen bildet, heute noch König ist und morgen, wenn er mal einen Fehlpass schießt, ausgebuht wird.
 
25. June 2006, 15:22   #22
Ben-99
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... so, und Ihr meint, daß es zum "Feiern" unbedingt dazugehört, überall im Land fahnenschwenkend "Deuuuuuuuutschland" zu grölen? Na, gut.

Es feiern die Leute halt verschieden. Da gibt es nette Parties, auf denen man sich wohl fühlt, und es gibt halt auch die Feiern bei Familie Proll, auf denen es grundsätzlich laut zugeht und feuchte Rülpser noch wie zu Martin Luthers Zeiten als Zeichen gewertet werden, daß einem die Mahlzeit gemundet hat. Ist eben, wie so oft im Leben, alles Geschmacksache.

Ach, ja, und dem Feind von "langen Beiträgen" empfehle ich, sie wenigstens halb zu lesen, wenn er unbedingt dazu Stellung nehmen will. Denn dann, Lemmi, hättest Du zumindest gewußt, wo ich wohne und warum ich fast täglich, wenn auch unfreiwillig, hautnah mit Fußball-Fans und ihren Deutschland-Fahnen in Berührung komme. Vielleicht sollte ich für Dich etwas "lauter" schreiben, damit Du wenigstens das Wichtigste verstehst ;-)

Gruß Ben

PS: Und Glüwü, Du wirst es nicht glauben, aber ich war früher lange Zeit aktiv in einer Handball-Mannschaft. Muß ich deshalb aber auch Fußball lieben?
 
25. June 2006, 16:12   #23
Loddarnewyork
 
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Man kann das Ganze ja auch ein bissi dezenter machen. Es müssen ja nicht gleich 3 qm große Bettlaken sein die man schwenkt, sondern ein schwarz-rot-güldenes Fähnchen, gepiekst auf Mama's Apfelkuchen am Nachmittag, tut's doch auch, oder?
 
25. June 2006, 23:47   #24
Akareyon
 
Registriert seit: November 2001
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Zitat:
Zitat von Ben-99
PS: Und Glüwü, Du wirst es nicht glauben, aber ich war früher lange Zeit aktiv in einer Handball-Mannschaft. Muß ich deshalb aber auch Fußball lieben?
Schau, das ist doch ein feiner Vergleich.

Ich habe hier auch noch ein Original-Trikot vom damaligen Handball-Zweitligisten TV Jahn Duderstadt, blau und gelb ist es und auf Rücken und Brust prangt statt der Spielernummer ein fettes @, weil ich doch der Homepagemacher (und manchmal sogar Spielberichtschreiber) war. Naja, man kann mir jederzeit vorwerfen, daß ich nie DER Handball-Fanat war, aber natürlich: als wir beim Pokalspiel die Ligameisterschaftsanwärter aus Kiel bei uns zu Gast hatten, war ich ganz selbstverständlich (obwohl selber gebürtig aus Schleswig-Holstein) für meine "Heimatmannschaft" Duderstadt.

Und jetzt ist einfach mal Ausnahmezustand im Lande der "Teutschen". "Wir" haben "die Welt zu Gast bei Freunden", und was für Scheißgastgeberfreunde wären "wir" denn, wenn "wir" nicht ordentlich Party mit "unseren" Gästen und Freunden machen würden?

Mein Gott, eigentlich geht mir Fußball mittlerweile am A... vorbei, alles verkommerzialisiert, es geht nicht mehr um den Sport, sondern um Penunzen. Und der WM habe ich nun auch nicht gerade entgegengefiebert, bis zum Eröffnungsspiel, und da hat's mich halt doch gepackt; wann sieht man mal so schönen Fußball wie den der elf Klinsis? Ich bin nun nicht mehr oder weniger Patriot als vorher, ich verstehe mich grundsätzlich als Bewohner des Planeten Terra und Kind meiner Eltern - die restlichen Kollektive und Subkulturen, denen ich sonst noch so angehöre (gefragt oder ungefragt), sind da eher schmückender Natur (als Hamburger habe ich z.B. kein Problem mit weißer Burg auf rotem Grund, über unserem Dach weht die Jolly Roger und vor meinem Fenster aus Jux Schwarzrotgold, aber so schnell schwenke ich weder die EU- noch die NATO- noch die UNO-Flagge, 'ne Frage der Identifikation, wenn Ihr versteht, was ich meine). So. Aber das sind UNSERE Jungs, Ben, die spielen für Dich und für mich und für alle, die sich über ihren Erfolg freuen würden. Und weil die Mannschaften (grob) nach ihren Nationalitäten eingeteilt sind und nicht nach ihrer Haarfarbe oder ihrem Lieblingstier, ist es eine Nationalmannschaft, und also wird halt mit den Nationalfarben rumgewedelt. Sonst würden halt alle mit blonden Flaggen (mit roten Strähnchen) rumlaufen oder zum Beispiel "Orang-Utan, Orang-Utan!" brüllen. Aber das käme Dir in der Bahn bestimmt noch bekloppter vor, oder? :-)

Aber ich gebe Dir recht:
Zitat:
Zitat von Ben-99
... es darf ... nicht so weit kommen, daß man Menschen, die sich nun mal nicht so sehr dafür begeistern können, immer gleich als "Miesmacher" tituliert.








Andererseits darf es nicht so weit kommen, daß man Menschen, die sich halt auf ihre sehr eigene, urteutonische Weise begeistern, immer gleich als
Zitat:
Zitat von Ben-99
Familie Proll
tituliert.
 
26. June 2006, 01:13   #25
Ben-99
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... vielleicht wird ja die ganze Welt allmählich immer "prolliger" – dann würde auch der Affen-Zirkus, den man derzeit hierzulande und in 4 Jahren wieder woanders veranstaltet, gar nicht mehr so unangenehm auffallen ;-)

Gruß Ben
 
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