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11. November 2002, 12:40   #1
tw_24
 
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Afghanistan: Germans to the Front!

Vor einem Jahr hatte Gerhard Schröder ein kleines Problem nicht nur mit ein paar Abgeordneten der SPD-Fraktion im Bundestag, sondern auch mit einigen aus den Reihen jenes Vereins, der sich fälschlicherweise noch immer als "Bündnis 90/Die Grünen" an der Spitze der deutschen Friedensbewegung wähnt.

Für die Zeit eines Jahres sollte die Deutsche Bundeswehr der demokratischen Kontrolle durch das Parlament entzogen werden, was einige Abgeordnete sich nicht bieten lassen wollten, ging es doch um ein militärisches Abenteuer über dessen Ziele und Ausmaß sie nur unzureichend informiert waren - und es noch sind.

Die Sturheit und Offenheit, mit der die etwas kritischeren Abgeordneten öffentlich angekündigt hatten, einer solchen Entmachtung ihrer selbst nicht zuzustimmen, verärgerte den Kanzler sehr, und so verknüpfte er als erster deutscher Bundeskanzler eine Entscheidung über eine Sachfrage - "Krieg gegen den Terror" - mit der Vertrauensfrage, worauf sich die Regierungsfraktionen bis auf eine SPD-Parlamentarierin, die die Fraktion verließ, und vier Abgeordnete von "Bündnis 90/Die Grünen" auf Kriegskurs bringen und erpressen ließen.

Verhindert wurde auf diese Weise nicht nur eine ernsthafte Debatte über Sinn oder Unsinn eines Krieges gegen Afghanistan, sondern es wurde - von einigen Umfallern - auch das "strategische Ja" erfunden, welches eigentlich ein "Nein" sein soll.

Mit knapper Mehrheit - die Opposition konnte ja nicht für eine Politik stimmen, die ihr insgesamt nicht paßte - wurde also das Mandat beschlossen, welches nun am 15. November ausläuft. Der Bundesregierung wurde es gestattet, bis zu 3.900 Soldaten in den Einsatz zu schicken, wobei ausdrücklich zugesichert wurde, diese würden sich nicht an Angriffsoperationen am Boden und aus der Luft beteiligen.

Eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Einhaltung dieser Versprechen blieb aus - die Bundesregierung verweigerte schlicht detaillierte Informationen, etwa über die bisher unter us-amerikanischem Befehl eingesetzten Spezialkräfte des KSK. Da war sogar die US-Militärführung auskunftsfreudiger als die deutsche Regierung, doch wenn nun in dieser Woche die Verlängerung des Mandats zur Teilnahme an der Operation Enduring Freedom ansteht, werden wohl die wenigsten Abgeordneten die Frage stellen, ob die Regierung das einst erpresste Vertrauen mißbraucht und das Parlament belogen hat. (Zumal ausgerechnet vor ein paar Tagen den KSK-Spezialisten - in Werbefilmen schleichen sie sich von hinten an ihre Opfer an und töten sie mit scharfer Klinge lautlos - ein eigenes Operationsgebiet anvertraut wurde.)

Und ob der Einsatz der Deutschen Bundeswehr überhaupt den gewünschten Erfolg - in Afghanistan gilt weiterhin die Scharia, eine Religionspolizei gibt es wieder und allnächtlich werden allein in Kabul zwei bis drei Dutzend Menschen hingemordet - gebracht hat, wird vermutlich nur von einigen Oppositionsabgeordneten hinterfragt werden - wenn überhaupt.

Immerhin, in der vergangenen Woche stellte bei der ersten Behandlung der Thematik im Reichstag der FDP-Abgeordnete Günther Friedrich Nolting die Frage, wo denn die als Schutzmacht am Horn von Afrika eingesetzte Deutsche Marine war, als dort vor wenigen Wochen der französische Tanker 'Limburg' wohl in terroristischer Absicht gerammt wurde.

Die Antwort ist zwar einfach - erfolgreich meilenweit entfernt -, doch da die FDP (wie auch die Union) sich nicht vor der "Verantwortung" zu drücken beabsichtigt, wie Nolting ebenfalls erklärte, kam er nicht selbst auf diese triviale Antwort.

Ernsthafte Terroristen sind mit Fuchs-Spürpanzern oder Kriegsschiffen ja wirklich nur schwerlich zu bekämpfen - 'Djerba', 'Bali', 'Moskau' u.a. belegen das -, doch dies können natürlich auch Union oder FDP nicht zugeben, und so werden sie der Mandatsverlängerung um ein Jahr nach einiger Regierungsschelte sicher zustimmen, eine wirkliche Debatte - auch über konkrete Ziele - wird es nicht geben.

Und so bleibt als Fazit mal wieder nur die Erkenntnis, daß für vorhersehbar völlig sinnlose militärische Abenteuer offenbar jede Menge Geld - Angaben über Kosten verweigert die Bundesregierung - verfügbar ist, während zugleich die letzten Reste des Sozialstaats geschliffen werden.

Immerhin, Söldner, denn Soldat kommt auch nur von Sold, könnte ein Beruf mit Zukunft sein - Heldenbegräbnis inklusive.

MfG
tw_24
 
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