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14. August 2005, 11:16   #1
Maggi
 
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Registriert seit: April 2002
Beiträge: 3.915
Gründe, nach München zu reisen

… ja, da kann man lange suchen. Warum sollte ein normaler Mensch wie du und ich nach München reisen? Okay, ich wohne praktisch in München, deswegen kaufe ich normalerweise dort ein. Allerdings wohnen auch noch Menschen außerhalb von München, und die gilt es, herzulocken, um den siechenden Tourismus wiederzubeleben.

Ein Versuch dieses Jahr ist ja die Buga. Die findet dieses Jahr in München statt. Das Buga-Gebiet wurde deswegen extra eingemeindet, heißt jetzt Neu-Riem und befindet sich in der Messestadt (richtig, auf dem Gelände des alten Flughafens München Riem). Man kann wirklich nicht sagen, dass sich die Veranstalter keine Mühe gegeben haben. Jeder Besuch der Buga grenzt an Abenteuer-Schrägstrich-Erlebnistourismus und es ist geradezu erstaunlich, was für paradiesische Landschaften die Veranstalter geschaffen haben - oberstes Prinzip war wohl die Landschaft Pakistans, Westsaharas, Australiens und die der Anden über 5000 Metern. Dieses Thema wird bereits auf dem Parkplatz eindrucksvoll aufgegriffen.

Was, du warst noch nicht auf der Buga? Dann spare dir die Fahrt und das Geld. Kaufe deiner Freundin zwei rote Rosen, damit hast du nämlich schon die Hälfte der Blüten gekauft, die du auf der Buga zu sehen bekommen würdest. Ich war schon da, ich weiß, wovon ich rede. Ein typischer Rundgang über das Gelände geht so.
Bevor du dein Auto abstellst, warte, bis sich der aufgewirbelte Staub vom Auto deines Vordermanns verzogen hat. Experten sehen es als ein Wunder an, dass der Staub sogar bei strömenden Regen aufgewirbelt wird. Wahrscheinlich wirbelt er auch unter einer 30 Zentimeter dicken Schneedecke. Jedenfalls ist dieses Warten sehr wichtig, denn niemand fährt in einer undurchsichtigen Staubwolke gerne gegen Baufahrzeuge oder Schutthaufen – und von beiden gibt es auf dem Parkplatz genug.
Stelle dein Auto ab, merke dir deinen Parkplatzsektor, klettere den Schutthaufen im Südosten des Geländes hoch, löse ein Ticket und tritt ein in die Gartenwelt.

Lass dir deine Enttäuschung nicht anmerken. Das rechts neben dir waren Tulpen. Das links neben dir war Zierlauch (nicht essen!). Das Staubige vor dir ist nicht Down Unders Outback, sondern der rollstuhlfahrerfreundliche Spazierweg, den man leicht mit einer Pistenraupe überwinden kann (zu mieten gegen eine geringe Gebühr im Informationshäuschen hinter dir). Bevor du im Kies versinkst, laufe über die Beete auf den asphaltierten Hauptweg. Laufe nicht nach rechts, dort kommst du in die schönen Wassergartenlandschaften. Laufe lieber nach links, wo du bald auf einige verblühte Blumen treffen wirst. Wenn du dich nun nach wieder nach rechts wendest (die Mauer, über die du grad geklettert bist, war ein Blumenbeet), triffst du bald auf einen künstlichen See (der Buga-See). Hier lassen sich blütenlose Seerosen und ebenfalls nicht blühende Plastikflaschen bewundern. Tüten aller Art werden sofort von den einheimischen Enten zum Nestbau verwendet. Gehe nicht über die Brücke. Da hinten ist nichts. Gehe lieber wieder zurück und laufe zur Seilbahn. Lass dich nicht von den 30 € für drei Minuten Seilbahnfahrt abschrecken, sondern gönn’ dir einfach mal was.

Hast du die Fahrt sicher überstanden? Willkommen in diesem Teil der Buga, auch genannt die „Steinwüste“. Wie du siehst, wächst hier nichts. Schlimmer auf einem Friedhof mit gepökelten Indianern, nichts. Kein Grashalm, keine Brennnessel, nicht mal Spinifex. Auch keine rollenden Grasballen. Alles, was mit diesem Boden in Berührung kommt, geht ein innerhalb von Minuten.
Schau mal in die Mitte. Siehst du das große, widerliche Holzgestell? Das ist das Vogelnest. Künstlich, versteht sich, und 15 Meter hoch. Versuche gar nicht erst, dort hin zu gelangen, denn durch die Steinwüste führt eine unbeschreibliche Anzahl von Wegen, von denen keiner ans Ziel führt. Wenn du es versuchen willst, kontrolliere zur Sicherheit deinen Wasservorrat, geh noch mal aufs Klo und gib deinen Angehörigen telefonisch Bescheid.

Na, siehst du? Du hast es nicht geschafft. Ziemlich dunkel hier, oder? Das Ding, worin wir stehen, ist der große Maulwurfshügel. Atme tief ein, scheinbar stehen wir gerade in der Abortkammer des Maulwurfs. Gehe ein paar Schritte nach vorne und strecke die Hände aus, um nicht gegen Sachen zu rennen … Sachen hier drin sind widerlich. Gut so! Da vorne ist Licht, gleich hast du es geschafft.
Sieh an, du hast es auf die Plattform geschafft! Auf dem „Dach“ des Maulwurfhügels ist eine Plattform, die einen ausgezeichneten Blick bietet auf das Gelände der Buga. Vorne kannst du die Seilbahn sehen, wie sie gerade wieder mal stehen geblieben ist (Sicherheitsabschaltung?). Drehe dich um 90° und blicke in Richtung der beiden runden Gebäude. Dort findet der unterdachte gärtnerische Höhepunkt deines Ausflugs statt. Versuche dir den Weg zu merken, nimm gegebenenfalls einen Stift zur Hilfe. Springe danach über das Geländer, rolle den Hügel hinunter und lass dich auf den Weg gleiten. Kümmere dich nicht um die Spaziergänger, die schauen immer so.
Jetzt gilt es wieder, den richtigen Weg zu finden. Die Steinwüste ist ein Labyrinth, aber die Wege dürfen nicht verlassen werden (Rasen betreten verboten?).

Gratulation! Du hast die beiden runden Gebäude gefunden. Schaue in das eine hinein. Du findest es zwar toll, wie sich verschiedene Bäume in einen japanischen Stil schneiden lassen und bewundernswert, wie sich einige Menschen mit ihren Pflanzen beschäftigen. Vielleicht wirst du sogar neidisch, aber du findest auch, es rechtfertigt nicht die bisherigen Qualen und Strapazen deines Buga-Abenteuers. Wenn du das Gebäude verlassen hast, schau gar nicht erst in das andere. Es ist geschlossen.

Frische nochmals deinen Wasservorrat auf und mache dich langsam auf den Rückweg. Du willst nicht wieder 30 € für die Seilbahn blechen, also machst du dich zu Fuß auf den Weg. Gehe gerade aus und bewundere die Bäume, die es trotz diesen harten, halsbrecherischen Bedingungen geschafft haben, hier zu wachsen. Fasse sie ruhig an, sie scheinen echt zu sein – oder gut gefälscht.
Dieser Teil der Buga wird in einen Park umgewandelt werden, wenn die Buga vorbei ist. Der Buga-Park ist dann der zweitgrößte Park in München (nach dem Englischen Garten, einem der größten innerstädtischen Parks der Welt). Trotzdem fällt dir auf, dass das Gebiet (abgesehen von vereinzelten Bäumen) sehr leer ist. Zwar wächst hier Gras, aber doch: Weit und breit nichts! Laufe immer weiter geradeaus. Hier ist es erlaubt, sich von der Wegführung zu trennen. Laufe weiter geradeaus. Die Sonne scheint, es ist der heißeste Tag im Jahr. Die Sonne brennt, es gibt keinen Schatten mehr, nicht einmal Bäume. In der Ferne glitzert verheißungsvoll ein Sendemast – Zivilisation! Die Sonne brennt, du läufst über die Savanne, bewunderst die riesigen Gnu-Herden, erreichst den Zaun. Mit der letzten Kraft, die dir zur Verfügung steht, kletterst du über den Zaun.

Aufatmen! Du bist draußen. Schau nicht auf deine Seilbahnfahrkarte. Das könnte dir schlecht bekommen, ich weiß, wovon ich rede. Mir ging es auch so. Die Fahrkarte beinhaltet Hin- und Rückfahrt.

Vielleicht ein wenig übertrieben, aber nur wenig. Das mit den Gnus stimmt wohl nicht. Aber es spricht doch Bände, dass sich ein großer Teil der Buga mit Grabbepflanzung beschäftigt. Unter den eindrucksvollen Bepflanzungen liegen wohl auch vertrocknete Überreste von Buga-Besuchern, die einfach mal nur nach München reisen wollten.

Ciao,
Maggi
 
14. August 2005, 12:38   #2
Sacki
Dummschwätzer
 
Benutzerbild von Sacki
 
Registriert seit: February 2005
Beiträge: 3.365
Sehr unterhaltsam und amüsant geschrieben Maggi
 
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Stichworte
buga, muenchen




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