Skats

Datenschutzerklärung Letzten 7 Tage (Beiträge) Stichworte Fussball Tippspiel Sakniff Impressum
Zurück   Skats > Interessant & Kontrovers > Kulturelle Unterhaltung
Registrieren Hilfe Benutzerliste Kalender


 
 
9. January 2003, 14:25   #1
Phantasia
 
Benutzerbild von Phantasia
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Hamburg
Beiträge: 1.094
Gedichte

Seltsam genug
Eugen Roth

Ein Mensch erlebt den krassen Fall,
Es menschelt deutlich, überall -
Und trotzdem merkt man, weit und breit
Oft nicht die Spur von Menschlichkeit.
 
9. January 2003, 14:33   #2
Phantasia
 
Benutzerbild von Phantasia
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Hamburg
Beiträge: 1.094
Zivilcourage
Eugen Roth


Ein Mensch erfährt, daß unsere Zeit
Voll sei von Rücksichtslosigkeit.
Doch sieht aus Feigheit, aus bequemer,
Er ringsum lauter Rücksichtnehmer.
Die Freiheit geht doch wohl im Grunde
Aus solcher Rücksicht vor die Hunde.
 
9. January 2003, 14:42   #3
Akareyon
 
Registriert seit: November 2001
Beiträge: 2.823
Begegnung
Erika Meyer-Bothling

Irgendwoher
kommend -
von entlegenen
Punkten im All -
irgendwoher
kommend
laufen zwei Bahnen
aufeinander zu.

Leuchtfunken
sprühen auf,
blühen auf zu nie-
geahnten himmlischen Rosen
und - fallen zusammen.
Kaskaden flimmernder
Goldsterne
sinken hinab,
im Verglühen noch schön.

Zwei Bahnen,
irgendwohin
gehend -
verlieren sich im Dunkel.
 
9. January 2003, 14:48   #4
Phantasia
 
Benutzerbild von Phantasia
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Hamburg
Beiträge: 1.094
Irrtum
Eugen Roth

Ein Mensch meint, gläubig wie ein Kind,
Daß alle Menschen Menschen sind
 
24. January 2003, 00:44   #5
Phantasia
 
Benutzerbild von Phantasia
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Hamburg
Beiträge: 1.094
Die Entwicklung der Menschheit
Erich Kästner


Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt
bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon
und es herrscht noch genau der selbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit, sie sehen fern,
sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne, sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehen die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome, sie heilen Inzest,
und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.
 
24. January 2003, 13:49   #6
DJEddy
 
Beiträge: n/a
Augen in der Großstadt
Kurt Tucholsky

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück...
vorbei, verweht, nie wieder.


Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang, die
dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast's gefunden,
nur für Sekunden...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück...
Vorbei, verweht, nie wieder.


Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Er sieht hinüber
und zieht vorüber ...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.
-----------------

Es ist eines meiner Lieblingsgedichte.


Gruss DJEddy
 
24. January 2003, 21:39   #7
miaou
Ungültige E-Mail Angabe
 
Benutzerbild von miaou
 
Registriert seit: January 2003
Beiträge: 146
selbstkritik


die selbstkritik hat viel für sich.
gesetzt den fall, ich tadle mich:
so hab ich erstens den gewinn,
daß ich so hübsch bescheiden bin;
zum zweiten denken sich die leut,
der Mann ist lauter redlichkeit;
auch schnapp ich drittens diesen bissen
vorweg den andern kritiküssen;
und viertens hoff ich außerdem
auf widerspruch, der mir genehm.
so kommt es denn zuletzt heraus,
daß ich ein ganz famoses haus.

eugen roth (?)
 
Antwort

  Skats > Interessant & Kontrovers > Kulturelle Unterhaltung




Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 18:33 Uhr.


Powered by vBulletin, Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Online seit 23.1.2001 um 14:23 Uhr

Die hier aufgeführten Warenzeichen und Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.