Skats

Datenschutzerklärung Letzten 7 Tage (Beiträge) Stichworte Fussball Tippspiel Sakniff Impressum
Zurück   Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben
Registrieren Hilfe Benutzerliste Kalender


 
 
15. November 2007, 09:02   #351
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
15. November 1907: Claus Schenk Graf von Stauffenberg geboren

20. Juli 1944, 12.30 Uhr: Lagebesprechung in der "Wolfsschanze", dem "Führer"-Hauptquartier in Ostpreußen. Adolf Hitler steht über eine Landkarte gebeugt. Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg betritt den Raum. Er soll den "Führer" über neue Truppenaufstellungen informieren. Seine Aktentasche deponiert er unter dem Kartentisch. Unter dem Vorwand, telefonieren zu müssen, verlässt er den Raum. Um 12.42 Uhr explodiert die in der Tasche versteckte Bombe. Hitler überlebt. Attentäter Stauffenberg und drei andere an dem Umsturzversuch beteiligte Offiziere werden wenige Stunden später erschossen.

Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg wird am 15. November 1907 im bayerischen Jettingen geboren. Die Stauffenbergs sind eine adelige Familie von Rang. Aus seinem Standesbewusstsein leitet schon der 16-jährige Claus eine besondere Verantwortung ab: "des Vaterlandes und des Kampfes fürs Vaterland würdig zu werden und dann sich dem erhabenen Kampf für das Volk zu opfern." 1932 diskutiert Stauffenberg mit Freunden heftig darüber, ob man bei der Reichspräsidentenwahl Hindenburg oder Hitler wählen soll. "Er votiert eindeutig für Hitler, das sei die Zukunft", sagt Autor Thomas Karlauf, Experte der Geschichte des deutschen Widerstands.

Stauffenberg stellt die nationalsozialistische Ideologie zunächst nicht in Frage. Stauffenberg empfindet die Demokratie als Übel, glaubt an den Führungsanspruch einer geistigen Aristokratie und träumt von der Wiederherstellung eines wahren deutschen Reichs - als Gegenmodell zur verhassten Weimarer Republik. Er orientiert sich dabei an den Ideen des Dichters Stefan George. Dieser geht davon aus, dass das "geheime Deutschland" eines Tages wieder zur Herrschaft gelange, so wie es unter Friedrich II. von Hohenstaufen existiert habe. George hat Stauffenberg darin bestärkt, sich als ein legitimer Nachfahre des mittelalterlichen Stauferkaiser zu sehen. Lange denkt Stauffenberg, dass Hitler derjenige wäre, der dieses neue deutsche Reich herbeiführen könne. Erst 1943 habe Stauffenberg beschlossen, dass Hitler weg muss - sagt Autor Karlauf: "Solange Deutschland siegreich war, hat er akzeptiert, dass die Leute an der Spitze furchtbare Verbrecher sind, und erst, als er merkte, dass dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen war, hat er sich zum Handeln entschlossen."

Klick
 
16. November 2007, 08:43   #352
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
16. November 1797: Todestag von König Friedrich Wilhelm II.

Ein Jahr vor seinem Tod prophezeit Friedrich II. Preußen eine rabenschwarze Zukunft. "Mein Neffe wird den Schatz verschwenden, die Armee ausarten lassen. Die Weiber werden regieren und der Staat wird zugrunde gehen.""Friedrichs Neffe und mangels eigener Kinder auch sein Thronfolger ist der bereits 40-jährige, zum zweiten Mal verheiratete Friedrich Wilhelm II.. Über die Aufgaben eines Königs weiß der lebenslustige Kronprinz in der Tat nichts. Dafür ist der in Härte erstarrte Alte Fritz jedoch selbst verantwortlich. Zwar lässt er dem aufgeweckten Friedrich Wilhelm eine tadellose Erziehung angedeihen, doch von Staatsgeschäften hält er den in seinen Augen unfähigen Thronerben fern. Von Spitzeln überwacht, verbringt der Kronprinz sein Leben in erzwungener luxuriöser Nutzlosigkeit, die er aber genießt.

Als der ehedem gertenschlanke, inzwischen aber rundliche Friedrich Wilhelm II. 1786 den Thron besteigt, atmet das an Strenge gewöhnte Volk zunächst erleichtert auf. Der neue König, als Bonvivant und Frauenheld bekannt, strahlt Güte aus und liebt es, die Menschen mit Gnaden und Geschenken zu gewinnen. Meist sind es Frauen, wie etwa seine lebenslange Favoritin Wilhelmine Encke, die sich in des Königs Gunst sonnen dürfen. Seine durchaus mit Elan verfolgten politischen Absichten kann Friedrich Wilhelm II. jedoch nur mit Mühe gegen den vom großen Vorgänger installierten Staatsapparat durchsetzen. Für Preußens Elite bleibt Friedrich Wilhelm der Lüstling, der Faulpelz, der Nichtsnutz, als den ihn sein Onkel gebrandmarkt hat. Selbst der vom König hochgeschätzte Bildhauer Gottfried von Schadow lästert später: "Ganz Potsdam war ein Bordell."

Unter der sinnenfrohen Herrschaft des immer dicker werdenden Monarchen hält der Klassizismus Einzug im rauen und militaristischen Berlin. Als erster Preußenkönig fördert Friedrich Wilhelm II. die Musik, die Sprache, das Theater und gibt Bauwerke wie das Brandenburger Tor und das Potsdamer Marmorpalais in Auftrag. Je mehr sich aber die Staatskasse leert, umso argwöhnischer verfolgen die Untertanen das Lotterleben und die Mätressenwirtschaft ihres Königs, der nur noch respektlos "der dicke Lüderjahn" genannt wird. Die letzten Jahre seiner elfjährigen Regierungszeit zieht sich der unter etlichen Krankheiten leidende Monarch mehr und mehr zurück. Wilde Gerüchte über Champagner-, Fress- und Sexorgien am Potsdamer Hof machen die Runde. Als Friedrich Wilhelm II. am 16. November 1797 nur 51-jährig mit wassergefüllten Lungen qualvoll erstickt, hält sich die Trauer seiner Untertanen in Grenzen. Ein Charlottenburger Pfarrer notiert: "Alles im Jubel über den Tod des Königs."

Klick
 
19. November 2007, 08:55   #353
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
17. November 1982: "Oberster Rat" (SCIRI) wird gegründet

Irak im April 2003: Saddam Hussein ist gestürzt. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung können die irakischen Schiiten wieder zu ihren heiligen Stätten pilgern. Die Schiiten machen mit etwa 55 bis 60 Prozent die Mehrheit der irakischen Bevölkerung aus. Einer ihrer wichtigsten spirituellen Anführer, Ajatollah Mohammed Bakr al Hakim, kehrt aus dem iranischen Exil zurück. Er ist Chef des "Obersten Rats der Islamischen Revolution im Irak" (SCIRI). Bakr möchte eine islamisch geprägte Demokratie verwirklichen. Seine Partei, der SCIRI, hat den Einmarsch der Amerikaner begrüßt. Diese Nähe zu den USA bezahlt Bakr mit dem Leben. Wenige Wochen nach seiner Rückkehr in den Irak wird er Opfer eines Bombenanschlags, für den vermutlich Al-Qaida verantwortlich ist.

Über 20 Jahre ist Mohammed Bakr al Hakim der uneingeschränkte Kopf des SCIRI gewesen. Am 17. November 1982 hat er die Partei im iranischen Exil gegründet. Die ursprünglichen Ziele des SCIRI sind der Sturz Saddam Husseins und die Errichtung einer "Islamischen Republik Irak" nach dem Vorbild des iranischen Gottesstaates. Nach dem Sturz Husseins emanzipiert sich der SCIRI vom Iran und wandelt sich zu einer demokratischen schiitischen Bewegung. Die Führung des SCIRI bleibt nach der Ermordung des Ajatollah in der Familie. Sein Bruder Abdel Asis al Hakim wird sein Nachfolger und unterhält exzellente Beziehungen zum Iran. Dennoch wird er vom US-Präsidenten George W. Bush als verlässlicher Partner im Irak hofiert - nach dem Motto: Die ehemaligen Feinde Saddam Husseins sind die Freunde der USA.

Seit den Wahlen 2005 ist der "Oberste Rat" im irakischen Parlament vertreten. Er gehört zum schiitischen Parteibündnis "Vereinigte Irakische Allianz". Vom Ziel eines islamischen Gottesstaates im Irak hat sich der Rat inzwischen verabschiedet. Im Mai 2007 hat die Partei das Wort "Revolution" im Namen gestrichen, nennt sich nun "Oberster Islamischer Rat im Irak" (SIIC) und bekennt sich zur parlamentarischen Demokratie.

Klick
 
19. November 2007, 08:58   #354
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
18. November 1987: Tod der Radsportlegende Jacques Anquetil

Kaum ein Radrennfahrer hat so viel Siege, Ruhm und Geld erstrampelt wie Jacques Anquetil, der kühle Blonde aus der Normandie. Mehr als zehn Jahre lang beherrscht der Modellathlet die Radsportszene, gewinnt die Tour de France als Erster fünf Mal und kassiert dafür wie kein anderer Fahrer zuvor. "Maitre Jacques" wird der 1934 bei Rouen geborene Anquetil von seinen Landsleuten genannt - wegen seines scheinbar mühelosen Fahrstils, seiner taktischen Intelligenz und seines distanziert-elitären Charmes. "Wenn man Anquetil heißt, kommt man nicht, um die Tour kennen zu lernen, sondern um sie zu gewinnen", verkündet er schon 1957 als 23-jähriger Newcomer nach seinem ersten Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt.

Der Maitre wird geachtet in Frankreich, geliebt aber wird sein großer Rivale Raymond Poulidor, der als ewiger Zweiter in die Sportgeschichte eingeht. Legendäre Duelle fechten die beiden aus, doch der Sieger heißt dank psychologischer Überlegenheit jedes Mal Jacques Anquetil. Besonders auf den von ihm mathematisch genau geplanten Rundfahrten und bei Rennen gegen die Uhr ist "Monsieur Chrono" nicht zu schlagen. "Er war der Größte", erkennt später auch Anquetils Freund und Teamgefährte an, die deutsche Radlegende Rudi Altig. Das Karriere-Ende für den Playboy im Rennsattel naht 1966, als Radsportler erstmals per Urinprobe auf Doping getestet werden. "Ich bin doch kein Hund, der öffentlich pinkelt", lässt Anquetil die Kontrolleure wissen, verweigert weitere Tests und rechtfertigt die Einnahme leistungsfördernder Mittel.

Als Anquetil 1967 einen neuen Stundenweltrekord aufstellt, wird dieser ebenso wenig anerkannt wie zuvor sein zweiter Platz hinter Rudi Altig bei der Weltmeisterschaft auf dem Nürburgring. 1969 stellt der Maitre das Rennrad endgültig weg, widmet sich seinem großen Gut in der Normandie und kommentiert alljährlich die Tour de France in Presse und Fernsehen. Im Alter von nur 53 Jahren erkrankt Anquetil an Magenkrebs, dem er nach kurzer schwerer Krankheit am 18. November 1987 in Rouen erliegt. Bis heute wird vermutet, dass der bedenkenlose Umgang mit Dopingmitteln wie Strychnin den Krebs hervorgerufen hat. 2004 wirft die Biografie der 32-jährigen Anquetil-Tochter Sophie ein letztes grelles Schlaglicht auf den eigenwilligen Lebensstil ihres Vaters. Sie enthüllt, dass das Radsport-Idol jahrelang in Bigamie mit Ehefrau Jeannie und Stieftochter Annie gelebt und sowohl mit Annie als auch einer Schwiegertochter Kinder gezeugt hat.

Klick
 
19. November 2007, 09:01   #355
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
19. November 1942: Sowjetische Offensive bei Stalingrad beginnt

Stalingrad - für die Russen verbindet sich damit ein historischer Sieg, für die Deutschen ist es eine entscheidende Niederlage im Zweiten Weltkrieg. Die Schlacht um die Stadt, die heute Wolgograd heißt, hat Legenden produziert, die mit der historischen Wirklichkeit nur wenig zu tun haben. Schon zu Beginn steht eine Lüge: Die Wehrmacht kommt mit ihrem Russlandfeldzug im Sommer 1941 einem geplanten Angriff der Bolschewisten zuvor - das verkündet die Nazi-Propaganda. "Es gehört zu den langlebigen Mythen bis heute, dass es sich um einen Präventivkrieg gehandelt habe - das ist falsch", sagt der Kölner Geschichtsprofessor Jost Dülffer. KPdSU-Generalsekretär Stalin sei vielmehr überrascht worden.

Die Wehrmacht überrennt die sowjetischen Linien und vernichtet große Teile der Roten Armee in riesigen Kesselschlachten. Sofort beginnt in den eroberten Gebieten die Ausrottung: Planmäßig lassen die Deutschen einen Großteil der etwa drei Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen und hundertausende Zivilisten verhungern oder erfrieren. Bei der Vernichtung arbeiten SS, SD und die deutschen Truppen eng zusammen - entgegen der Nachkriegsmär von der "sauberen Wehrmacht". So beteiligt sich zum Beispiel die später in Stalingrad kämpfende Sechste Armee am Massaker von Babi Jar, als bei Kiew 33.000 Juden ermordet werden.

Bis heute gilt die Schlacht um Stalingrad Ende 1942 als Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges. Doch auch das ist eine Legende. Denn schon im Dezember 1941 fällt die Entscheidung: Vor Moskau wird der deutsche Vormarsch von der neu formierten Roten Armee gestoppt. Zum ersten Mal ist die "Blitzkrieg"-Strategie gescheitert. Ausreichend Nachschub und Winterausrüstung hat beim deutschen Generalstab niemand eingeplant. Dennoch will Hitler mit einer neuen Großoffensive den Sieg erzwingen. Trotz zunehmender Verluste - ein Drittel der ursprünglich drei Millionen deutschen Angreifer ist bereits tot, verwundet oder gefangen - gelingen im Sommer 1942 noch einmal große Geländegewinne. Im August erreicht die Sechste Armee unter General Friedrich Paulus Stalingrad. Gemäß "Führer"-Befehl werden 40.000 russische Männer liquidiert, Frauen und Kinder deportiert.

Am 8. November 1942 erklärt Hitler im Münchner Bürgerbräukeller den Sieg in Stalingrad. Doch elf Tage später, am 19. November 1942, beginnt, was er für unmöglich erklärt hat: die Gegenoffensive der Roten Armee nördlich und südlich der Stadt. Wenige Tage später sind 250.000 deutsche und verbündete Soldaten eingeschlossen. Hitler befiehlt, die Stadt um jeden Preis zu halten und verbietet einen Ausbruch aus dem Kessel. Eine militärische Befreiung von außen scheitert. Die Versorgungslage ist katastrophal. Verzweiflung, Kälte und Hunger führen zu unvorstellbaren Szenen. Zahlreiche Fälle von Kannibalismus, Selbstmord und Wahnsinn sind belegt. Anfang Februar 1943 kapituliert Generalfeldmarschall Paulus. Mit ihm gehen die 110.000 überlebenden deutschen Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Insgesamt kosten die Kämpfe um Stalingrad fast zwei Millionen Menschen auf beiden Seiten das Leben.

Klick
 
20. November 2007, 08:49   #356
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
20. November 1947: Queen Elizabeth II. und Prinz Philipp heiraten

Ihre Liebe beginnt im Sommer 1939. Gemeinsam mit ihrem Vater, dem britischen Monarchen George VI., machen Elizabeth und ihre Schwester Margaret einen Familienausflug mit der königlichen Jacht. Sie reisen nach Darthmouth in Devon, wo George VI. einmal Kadett der königlichen Marine-Akademie gewesen ist. Bei einer Vorführung in der Turnhalle entdeckt die damals 13-jährige Elizabeth einen fünf Jahre älteren griechischen Prinzen namens Philipp. Wenn man der monarchistischen Geschichtsschreibung Glauben schenkt, ist es die große Liebe auf den ersten Blick.

Die Schwärmerei entwickelt sich zur Romanze weiter - kritisch beäugt von der britischen Öffentlichkeit. Denn der Prinz, der kein Wort Griechisch spricht, hat deutsche Wurzeln: kurz nach dem 2. Weltkrieg für die Briten kein Attribut, das adelt. Trotzdem gibt das Königshaus im Juli 1947 offiziell die Verlobung der Kronprinzessin mit "Leutnant Philipp Mountbattan, Royal Navy", bekannt. George VI. soll die Ankündigung mit Widerwillen verlesen haben - Philipp gilt als raubeinig, ungebildet und als notorischer Frauenheld. Am 20. November 1947 wird Hochzeit gefeiert. In die Seidenrobe und die vier Meter lange Schleppe sind 10.000 Perlen und Kristalle eingestickt. Millionen Menschen verfolgen die Zeremonie am heimischen Radio.

Nicht alles geht glatt bei der Märchenhochzeit in der Westminster Abbey. Das diamantenbesetzte Diadem für den Brautschleier wird in letzter Sekunde vom Juwelier geholt. Ansonsten können Elisabeth und Philipp bei ihren späteren Untertanen punkten: Im Nachkriegsengland, in dem viele Lebensmittel rationiert sind, verschenken sie 500 Kisten Ananas, ein Hochzeitsgeschenk aus dem australischen Queensland, an Schulen und Krankenhäuser. Überhaupt übersteht die Ehe seit 60 Jahren alle Krisen meisterlich - und dies, obwohl die Öffentlichkeit alle Tiefen mitverfolgt und vermeintliche Seitensprünge des Prinzgemahls penibel kommentiert. "Wir haben gelernt, dass das Wichtigste für eine glückliche Ehe Toleranz ist", lüftet Philipp, der immer einen Schritt hinter seiner Frau zurückbleiben muss, das Geheimnis. "Und Sie können mir glauben, die Königin hat Toleranz in Hülle und Fülle."

Klick
 
21. November 2007, 08:52   #357
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
21. November 1942: Der Alaska Highway wird eröffnet

Zum Schnäppchenpreis von knapp einem Vierteldollar pro Quadratkilometer verkauft Russland 1867 die Eiswüste Alaskas an die USA. Kaum ist der kurz darauf einsetzende Goldrausch am Yukon abgeflaut, gerät Alaska bei seinen neuen Besitzern für Jahrzehnte fast in Vergessenheit. Forderungen der rund 60.000 Einwohner, ihre riesige Enklave durch eine Straße mit dem Rest der USA zu verbinden, finden in Washington kaum Gehör. Erst nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbour 1941 ändert sich die Lage schlagartig.

US-Militärstrategen fürchten nun eine Invasion Japans auf dem amerikanischen Festland. Die größte Angriffsfläche bietet Alaska: fast fünf Mal so groß wie Deutschland und doch nur von einer Handvoll Soldaten geschützt. Im Februar 1942 beschließen die Regierungen der USA und Kanadas deshalb den Bau einer Militärstraße quer durch die fast menschenleeren kanadischen Provinzen Alberta, British Columbia und das Yukon Territory. Noch im gleichen Monat werden die ersten von bald 11.000 Soldaten nach Alaska verlegt, um mit völlig unzureichender Ausrüstung bei Temperaturen von minus 30 Grad mit dem Bau zu beginnen.

Dawson Creek wird zum Nullpunkt der Route, die dem alten Winterpfad von Trappern und Indianern folgt und 2.288 Kilometer nördlich in Delta Junction enden soll. In den kommenden Monaten führen die Bautrupps einen oft unerträglich scheinenden Kampf gegen das Eis, die Nässe, den Permafrostboden und die Gefahren der von Sümpfen durchzogenen Wildnis. Neu gebaute Brücken werden vom Eis zerdrückt, Arbeiter frieren an ihren Maschinen fest, verirren sich in den endlosen Wäldern oder ertrinken in reißenden Flüssen. Trotzdem gelingt es der Armee bereits nach acht Monaten, die letzte Lücke in der Schotterstrecke zu schließen. Am 21. November 1942 eröffnen offizielle Vertreter der USA und Kanadas die Pionierstraße, deren Bau 138 Millionen Dollar und mindestens 50 Menschen das Leben gekostet hat.

Sechs Jahre später wird der Alaska Highway auch für den zivilen Verkehr freigegeben und schnell von Touristen erobert. Heute gilt eine Tour durch die Einsamkeit auf der inzwischen durchgehend asphaltierten Traumstraße als unverzichtbarer Bestandteil jeder gelungenen Nordamerika-Reise.

Klick
 
22. November 2007, 09:22   #358
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
22. November 1767: Andreas Hofer in Passeier geboren

Als der französische Revolutionskaiser Napoleon Bonaparte im Dezember 1805 bei Austerlitz den russischen Zaren und den österreichischen Kaiser besiegt, wird man im südtiroler Passeiertal zunächst kaum etwas davon erfahren haben. Was mochte das Ereignis einen Bergbauern angehen, wie etwa den vom Sandhof? Der heißt zu dieser Zeit Andreas Hofer. Er ist am 22. November 1767 hier geboren und betreibt eine Umladestation: Sein Hof ist eine Gastwirtschaft, hier werden die Pferde gewechselt, Waren werden von Kutschen auf Saumtiere und Träger umgeladen, die sie über die Alpenpässe bringen. Hofer ist ein wichtiger Mann in der Gegend, gewählter Hauptmann der Schützenkompanie von St. Martin - denn die Tiroler organisieren ihr Militär selbst.

Bald nach der Dreikaiserschlacht müssen die Bergbauern erkennen, dass Napoleon auch ihr Leben verändert: Österreich muss Tirol an Bayern abtreten. In München regiert Maximilian von Monteglas. Der Fürst von Napoleons Gnaden will in Tirol die Aufklärung per Verordnung einführen und tritt einen Kulturkampf los: Er reformiert nicht nur die Währung und die Verwaltung, er tauscht auch die Priester aus, verbietet Totenglocken und Prozessionen, Rosenkranzgebet und Christmette. Außerdem soll das Alpenland jetzt "Südbayern" heißen. Die frommen und konservativen Tiroler ertragen die Unterdrückung nicht. Der hitzköpfige Pater Joachim Haspinger predigt gegen die Bayern, und der Bauer Hofer ruft zu den Waffen.

Im Januar 1809 reisen beide nach Wien und sprechen ihren Aufstand mit dem Kaiserhof ab. Im April erklärt Österreich Bayern und Frankreich den Krieg. Danach gewinnt die ortskundige Armee der Einheimischen mehrere Gefechte gegen die Truppen des Herrschers Europas. Der Sieg der Tiroler Schützen im Eisacktal und am Berg Isel bei Innsbruck machen Andreas Hofer zur Legende. Trotzdem geraten die Tiroler auf Dauer in die Defensive. Kaiser Franz I. entzieht ihnen die Rückendeckung: Im Oktober 1809 erkennt Wien ein zweites Mal Tirol als Teil Bayern an. Hofer will daraufhin aufgeben. Aber Pater Haspinger und einige seiner Anführer drängen ihn in den Alleingang. Die Tiroler wehren sich nun auf eigene Faust - und ohne Chance. Hofer wird im Dezember gefangen genommen und auf Befehl Napoleons am 20. Februar 1810 in der Festung Mantua erschossen.

Klick
 
23. November 2007, 08:37   #359
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
23. November 912: Geburtstag von Kaiser Otto I.

Seit wann sind die Deutschen eigentlich deutsch? Lange Zeit steht in den Geschichtsbüchern: seit Otto dem Großen, dem ersten deutschen Kaiser. Ein Volk, ein Reich, ein Kaiser - kein Wunder, dass gerade Historiker zur Nazizeit den Sachsen-Herzog im Jahr 1936, pünktlich zur Tausendjahr-Feier seiner Königserhebung, zum Stammvater des deutschen Volkes hochjubeln. Johannes Laudage, Düsseldorfer Professor für Mediävistik und Autor einer maßgeblichen Otto-Biografie, stellt dagegen klar: Ein deutsches Nationalbewusstsein war den verschiedenen Stämmen des zerfallenen Reichs von Karl dem Großen absolut unbekannt. Und doch beginnt mit Otto aus dem Geschlecht der Liudolfinger ein neues Zeitalter europäischer Geschichte, nämlich die Wiedergeburt des untergegangenen Cäsarentums, die Neubegründung des Heiligen Römischen Reichs.

Über Ottos frühe Jahre ist so gut wie nichts bekannt; lediglich seine Geburt am 23. November 912 in Wallhausen (heute Sachsen-Anhalt) gilt als gesichert. In die Geschichte tritt der Sohn von Heinrich der Vogler, erst 936 ein, als er in Aachen zum König des ostfränkischen Reichs gekrönt wird. Fortan zieht Otto I. als Nomade mit Gefolge und Klappthron durch die Lande, denn nur durch persönliche Anwesenheit in allen Reichsteilen kann er seine Herrschaft durchsetzen. Zunächst bricht Otto die Macht des Reichsadels und schlägt die Herrschaftsansprüche diverser Familienmitglieder nieder. 952 erwirbt er durch einen Feldzug jenseits der Alpen die Herrschaft über das Regnum Italiae. Seine hinzu gewonnene Macht sichert Otto ab durch die Heirat mit Adelheid, der Witwe des verstorbenen Königs von Italien.

Krieg ist der Normalzustand während Ottos Regierungszeit und Otto ist ein überaus erfolgreicher Krieger. Seinen größten Sieg erringt er über die Ungarn, die seit Jahrzehnten überfallartig das Reichsgebiet heimsuchen. Trotz immenser zahlenmäßiger Überlegenheit werden die Reiter-Horden am 10. August 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg vom königlichen Heer vernichtend geschlagen. Dieser Sieg über die heidnischen Ungarn versetzt Otto als Verteidiger des Glaubens in die Position, sich 962 von Papst Johannes XII. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (noch ohne den Zusatz "deutscher Nation") krönen zu lassen. Kurz vor seinem Tod gelingt es Otto - erneut durch eine klug eingefädelte Hochzeit -, den Kaisertitel auch außenpolitisch abzusichern: Er verheiratet seinen Sohn und designierten Nachfolger Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu und erreicht so die Anerkennung durch den oströmischen Kaiser in Byzanz. Von schwerer Krankheit gezeichnet kehrt Otto I. in seine heimatliche Pfalz im sächsischen Memleben zurück und stirbt dort am 7. Mai 973. Seine letzte Ruhe findet der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reichs im Dom von Magdeburg.

Klick
 
24. November 2007, 10:37   #360
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
24. November 1642: Abel Tasman findet Tasmanien

Im 17. Jahrhundert beherrscht die niederländische Ostindien-Compagnie die Schifffahrt im Pazifik. Von der Zentrale in Batavia, dem heutigen Jakarta aus, schickt die Gesellschaft im August 1642 eine Expedition in den Süden, um die "Terra Australis" zu erkunden, deren Ausdehnung noch völlig unbekannt ist. Zwei Schiffe, die "Zeehaen" und die "Heemskerck", stechen mit insgesamt 110 Mann Besatzung in See, kommandiert werden sie von Abel Tasman. Der Farmersohn aus Ljutegast bei Groningen hat schon Japan und China erkundet. Jetzt segelt er so weit nach Süden wie vor ihm noch kein Europäer.

Tasman steuert die australische Westküste an, aber ein Sturm lässt seine Schiffe vom Kurs abkommen. Am 24. November 1642 sichtet er eine bergige, von dichten Wäldern bewachsene Küste. Vergeblich sucht er nach einer Anlegestelle. Nur einmal lässt er den Schiffszimmermann schwimmend eine holländische Fahne samt Mast ans Ufer bringen. Kontakt zu Eingeborenen in ihren Kanus, die Tasman später zeichnet, ergibt sich nicht. Tasman nennt das Land zu Ehren des General-Gouverneurs seiner Gesellschaft "Van Diemen's Kand". Die Schiffe segeln weiter und entdecken noch Neuseeland, Tonga und die Fidschi-Inseln. Im Juni 1643 kehren sie nach Batavia zurück.

Weil für den Handel uninteressant, bleibt "Van Diemen's Land" lange von den Europäern unbeachtet. Erst Ende des 18. Jahrhunderts besiedeln die Engländer die Insel: Zunächst kommen Sträflinge, dann Robbenjäger und Viehzüchter. Die Engländer nennen das Land nach seinem Entdecker Tasmanien. Für die Ureinwohner, die als Jäger und Sammler leben, beginnt ein langes Sterben: Die Weißen dezimieren die Wildtiere, von denen sie leben und drängen sie in die unwirtlichsten Regionen zurück. Wenn die Eingeborenen sich wehren, werden sie gefangen, gehängt oder deportiert. Weiße Jäger rauben Frauen und Missionare deren Kinder, um sie zu erziehen. Krankheiten und Hunger vollenden den Genozid. Lange behauptet die tasmanische Geschichtsschreibung, die letzte Aborigine sei 1876 gestorben. Gegen ihren erklärten Willen wird ihre Leiche obduziert und das Skelett im Museum ausgestellt. Noch heute kämpfen etwa 7.000 Nachkommen von Ureinwohnern um ihre Rechte.

Klick
 
25. November 2007, 11:49   #361
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
25. November 1952: Uraufführung von Agatha Christies "Mausefalle"

Bestsellerautorin Agatha Christie hat viele Fans. Einer der einflussreichsten ist Queen Mary, die englische Königin. 1947 bestellt sie bei Christie einen deftigen Hörspielkrimi für das Festbankett zu ihrem 80. Geburtstag. Ergebnis ist die "Mausefalle": ein Kammerspiel, bei dem ein Kommissar zusammen mit acht Mordverdächtigen auf dem eingeschneiten Landhaus Monkswell Manor zusammenhockt.

Das Hörspiel wird ein Erfolg und so schreibt die damals 57-jährige Christie die "Mausefalle" zum Roman und später zum Theaterstück um. Am 25. November 1952 hat der Zweiakter im St. Martin's Theatre im Londoner Westend Premiere - und läuft seitdem ununterbrochen täglich vor ausverkauftem Haus. Mehr als zehn Millionen Menschen haben in 55 Jahren die weit über 20.000 Londoner Aufführungen der "Mausefalle" gesehen. Zu den Rekorden gehört auch, dass David Raven, der bestbeschäftigte Schauspieler aller Zeiten, in elf Jahren 4.575 Mal in derselben Rolle auf der Bühne steht. Nancy Seabrook dagegen wartet in 15 Jahren 6.240 Mal als Ersatzbesetzung auf ihre Chance und kommt nur 72 Mal zum Einsatz. Auch das Bühnenbild ist immer noch das gleiche - es wurde einzig im Jahr 2000 gegen eine identische Kulisse ausgetauscht.

Ein Grund für den Erfolg mag sein, dass die "Mausefalle" für das Publikum nicht überall zu sehen ist. Testamentarisch hat Christie zum Beispiel verfügt, dass das Stück erst dann am New Yorker Broadway oder andernorts in den USA gezeigt werden darf, wenn über der Londoner Inszenierung der letzte Vorhang gefallen ist. Auch eine Verfilmung des Stoffs ist so lange verboten. Wohl auch deshalb laufen andere Inszenierungen des Stücks so erfolgreich - im kanadischen Toronto etwa hielt sich die "Mausefalle" 26 Jahre.

Klick
 
26. November 2007, 17:05   #362
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
23. November 1987: Tod des Mediziners Willibald Pschyrembel

Verkauft sich ein 1894 erstmals erschienenes Fachbuch immer noch jährlich rund 250.000 Mal, muss es sich schon um einen besonderen Stoff handeln. Auch in der aktuellen 261. Auflage kann dieser Long-Best-Seller fest auf zwei Käufergruppen vertrauen: Vertreter der Heilberufe und deren beste Kunden, die Hypochonder. Die Rede ist vom Klinischen Wörterbuch, allgemein besser bekannt als "der Pschyrembel". Auch für Laien verständlich, erklärt der 2.160 Seiten starke Wälzer alle Begriffe, die zum Fachchinesisch der Mediziner gehören. "Man blättert durch Seiten voller Fotos mit bösen Tumoren, gefährlichen Sporen und entzündeten Ohren", witzelt der Berliner Chansonnier Pigor.

Namensgeber des klinischen Lexikons ist Professor Dr. med. Dr. phil. Willibald Pschyrembel. 1901 in Berlin geboren, promoviert er zunächst in Physik und wechselt dann als Schüler des berühmten Ferdinand Sauerbruch zur Medizin. Schon früh erwirbt sich Pschyrembel einen hervorragenden Ruf als Hochschullehrer und Gynäkologe. 1931 übernimmt er die Betreuung und Herausgabe des "Wörterbuchs der klinischen Kunstausdrücke", das 1894 erstmals von Otto Dornblüth aufgelegt wurde. 50 Jahre lang betreut der bei Kollegen und Patienten überaus beliebte Mediziner das zunächst noch schmale Bändchen und formt es als alleiniger Redakteur zum allumfassenden Nachschlagewerk.

Seine weit über die Welt der Mediziner hinaus reichende Bekanntheit verdankt das Lexikon Pschyrembel nicht zuletzt "Petrophaga Lorioti", der gemeinen Steinlaus. 1983 schleicht sich das putzige Fabelwesen, das Loriot einst in einer Parodie auf den Zoologen Bernhard Grzimek auftreten ließ, heimlich in die 255. Auflage ein - ein Spaß humoriger Verlagsmitarbeiter - und genießt dort seither akademischen Artenschutz. Pschyrembel selbst, der 1982 die Weiterarbeit an seinem Werk einer vielköpfigen Redaktion übergeben hat, ist vom Nagerbefall seines Werkes wenig begeistert. Zutiefst getroffen über die "unseriöse" Kinderei, spricht Pschyrembel bis zu seinem Tod am 23. November 1987 kein Wort mehr mit seinem Verleger.

Klick
 
27. November 2007, 09:01   #363
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
27. November 1942: Jimi Hendrix wird geboren

"Wenn ich gewusst hätte, wie aufgewühlt meine Frau sein würde, dann hätte ich sie wohl nicht so bereitwillig mitgenommen", sagt Pete Townshend, Gitarrist der Gruppe "The Who", nach einem Besuch eines Jimi-Hendrix-Konzerts 1967 in London. "Es war sehr sexuell." Die Bühnenpräsenz des Rockgitarristen Jimi Hendrix ist legendär: Er spielt sein Instrument mit den Zähnen, hinter dem Rücken, zwischen den Beinen. Er macht Salti, reitet auf der Gitarre, rammt sie gegen die Verstärker. "Wir machen eine Art elektrische Kirchenmusik, die man im Herzen trägt, die euch auch ein körperliches Feeling gibt", sagt Hendrix.

Geboren wird Jimi Hendrix am 27. November 1942 in Seattle im US-Bundesstaat Washington als Abkömmling schwarzer, weißer und indianischer Vorfahren. Sein Vater ist bei der Armee, seine 17-jährige Mutter mit der Erziehung überfordert. Jimi wächst bei Verwandten und Pflegeeltern auf. Das Gitarrespielen bringt er sich selbst bei. Seine alkoholkranke Mutter stirbt, als er 15 Jahre alt ist. Drei Jahre später meldet sich Hendrix bei der US-Army, wird aber bald ausgemustert, weil er vortäuscht, homosexuell zu sein. Ab 1962 tingelt er mit Little Richard, Ike und Tina Turner und zahlreichen anderen Bands durch die USA. Bis ihn 1966 der englische Manager Chas Chandler in New York entdeckt und mit nach London nimmt. "Hey Joe" ist seine erste Single, die im Dezember 1966 die Hitparaden erobert.

Am 4. Juni 1967 gibt Hendrix ein Konzert in London. Drei Tage, nachdem das "Beatles"-Album "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" erschienen ist und auf Platz eins der Charts steht. Auf Platz zwei ist das Debütalbum "Are you experienced?" der "Jimi Hendrix Experience". Eine halbe Stunde vor dem Auftritt stürmt Hendrix mit einem tragbaren Plattenspieler in die Garderobe und spielt seinen Musikern das Titelstück vom Sgt. Pepper-Album vor. Anschließend eröffnet er das Konzert mit diesem Stück, im Publikum die staunenden "Beatles". Im selben Monat spielt Hendrix auch im kalifornischen Monterey beim ersten Pop-Festival der Geschichte. Mit einem furiosen Auftritt, bei dem er zum Schluss seine Gitarre anzündet, wird Hendrix endgültig zum Superstar. Die als Meisterwerk bezeichnete Doppel-LP "Electric Ladyland" erscheint 1968. Auf dem Woodstock-Festival zerlegt Hendrix die amerikanische Nationalhymne musikalisch - sein Statement zu Studentenunruhen, Vietnamkrieg und Protesten der schwarzen Bevölkerung. "Dieser kleine, schmutzige Krieg in Vietnam ist bloß eine Vorübung für das, was noch kommen wird", sagt Hendrix. Zwar schreibt er ständig neue Songs und hat viele Pläne. Aber Drogen, Aufputsch- und Schlafmittel setzen Hendrix zu. Er ist körperlich und seelisch am Ende. Am 17. September 1970 stirbt er in London - erstickt an Erbrochenem.

Klick
 
28. November 2007, 10:01   #364
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
28. November 1987: Wolfgang Liebeneiner stirbt in Wien

"Er ist jung, modern, strebsam und fanatisch", schreibt Joseph Goebbels 1938 in seinem Tagebuch über den Schauspieler und Regisseur Wolfgang Liebeneiner. Hitlers Propagandaminister macht ihn zum Leiter der Reichsfilmakademie Babelsberg und zum Produktionschef der Ufa. Der am 6. Oktober 1905 im schlesischen Liebau geborene Liebeneiner wird einer der einflussreichsten Filmemacher der Nazizeit. Wer einen Film machen will, kommt an ihm nicht vorbei. Neben Komödien mit Heinz Rühmann dreht Liebeneiner auch historische Epen voll nationalsozialistischer Ideologie. So wird in "Bismarck" (1940) der Reichskanzler als ein Führer dargestellt, der sich nicht um Parlamente und Demokratie schert. Ausgezeichnet wird das Werk von der Filmprüfstelle mit dem höchsten Prädikat: "staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll". 1941 wird Liebeneiners Euthanasie-Film "Ich klage an" uraufgeführt. Vordergründig geht es um eine Tötung auf Verlangen. Tatsächlich rechtfertigt der Film den Mord an Behinderten. Goebbels notiert: "Großartig gemacht und ganz nationalsozialistisch."

Nach dem Krieg wird Liebeneiner rasch entnazifiziert. Aussagen jüdischer Mitarbeiter entlasten ihn. Sie geben an, Liebeneiner habe ihnen still und diskret geholfen. Bereits 1947 inszeniert er an den Hamburger Kammerspielen Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrer-Drama "Draußen vor der Tür". Später dreht er davon die Filmversion "Liebe 47", die zwar ausgezeichnet wird, an den Kinokassen aber ein Flop ist. Doch Liebeneiner will den Erfolg. Seine Ziele formuliert er 1959 in einem Leserbrief an den "Spiegel": "Die Kunden gut zu bedienen und das Kapital gut zu verzinsen." Kein Stoff ist ihm zu seicht. Liebeneiner wird zum Garanten pflegeleichter Unterhaltung: "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" (1954), "Die Trapp-Familie" (1956), "Königin Luise" (1957). In den 60er Jahren wechselt er zum Fernsehen und produziert unter anderem den Vierteiler "Die Schatzinsel". Mit Harald Juhnke dreht er "Ein Mann für alle Fälle" (1979) und "Leute wie du und ich" (1980).

Liebeneiner ist ein Workaholic. Erst mit 78 Jahren, vier Jahre vor seinem Tod am 28. November 1987 in Wien, beendet er seine Karriere. Über die Widersprüche seines Lebens hat sich Liebeneiner kaum geäußert. Nur seiner Tochter Johanna, die selbst Schauspielerin und Regisseurin ist, hat er sich ein wenig geöffnet: "Er hat mal gesagt, dass seine Eltern ihn in den Kadettenchor geschickt haben mit knapp acht Jahren, das hat seine Seele zerstört." Er sei "ein Meister des Verdrängens" gewesen, sagt Johanna Liebeneiner: "Ein Chamäleon im Geiste wie im Leben. Und auch ein großer Widerspruch in sich."

Klick
 
29. November 2007, 09:09   #365
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
29. November 1982: "Spiegel" veröffentlicht Vernehmungsprotokolle

"Wohin flossen die Flick-Millionen?" titelt der "Spiegel" am 29. November 1982. Das Nachrichtenmagazin veröffentlicht staatsanwaltschaftliche Vernehmungsprotokolle über die Schmiergeldzahlungen des Flick-Konzerns und nennt Namen von Zahlungsempfängern: Franz Josef Strauß, bayerischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender, 950.000 Mark; Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP), 165.000 Mark; Ex-Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs (FDP), 365.000 Mark; Helmut Kohl, CDU-Vorsitzender, 50.000 Mark; Bundesfinanzminister Hans Matthöfer (SPD), 40.000 Mark. Aus schwarzen Kassen hat der Flick-Konzern jahrelang Millionen an Parteistiftungen, Parteien und Politiker bezahlt. Der "Spiegel" bezeichnet das Geschehen als eine Staatsaffäre ohne gleichen. Der CDU-Abgeordnete Philipp Jenninger hingegen behauptet: "Dieses Gemeinwesen ist keine gekaufte Republik."

Begonnen hat die Affäre mit einem Aktiengeschäft: 1975 verkauft der Flick-Konzern Anteile der Daimler-Benz AG an die Deutsche Bank. Der Wert des Geschäfts beläuft sich auf 1,9 Milliarden Mark. Die zu zahlende Steuern hätten knapp eine Milliarde betragen. Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch beantragt beim Bundeswirtschaftsministerium eine Steuerbefreiung, weil mit dem Geld eine angeblich förderungswürdige Investition getätigt werden soll. Diese Ankündigung wird aber nicht umgesetzt. Statt dessen erhalten Politiker aller etablierten Parteien Zahlungen aus schwarzen Kassen des Konzerns. Von Brauchitsch nennt diese "Spenden"-Praxis später "Pflege der Bonner Landschaft".

Im so genannten Flick-Verfahren erhebt die Bonner Staatsanwaltschaft 1983 Anklage "wegen fortgesetzter Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit". Verantworten müssen sich unter anderem von Brauchitsch, Friderichs und Graf Lambsdorff. Der Prozess zieht sich bis zum Februar 1987 hin. Von Brauchitsch erhält eine dreijährige Bewährungsstrafe. Bei Friderichs und Graf Lambsdorff wird der Vorwurf der Bestechlichkeit fallengelassen, weil die Zahlungen des Flick-Konzerns als Spenden an die FDP weitergeleitet wurden. Beide Politiker werden jedoch wegen Steuerhinterziehung zu Geldstrafen verurteilt, weil sie als Bundeswirtschaftsminister mit ihrer Ministererlaubnis den Flick-Konzern nach dem Verkauf der Daimler-Aktien bei der Steuerzahlung begünstigt hätten. "Ich selber habe mich, unter Hinzuziehung von, wie ich glaubte, fachmännischen Rat so verhalten", sagt Lambsdorff später. "Nur an das Steuerstrafrecht habe ich in der Tat bei diesen Überlegungen nicht gedacht."

Klick
 
30. November 2007, 08:33   #366
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
30. November 1987: Institut du Monde Arabe in Paris eröffnet

Der Tunesier Tahar Bekri lebt seit 1976 in Paris. In seinem Lyrik-Band "Wenn die Musik sterben muss" dichtet der liberale Muslim gegen den religiösen Fanatismus. Eine Bühne für Lesungen bietet ihm das Institut du Monde Arabe (IMA), das Institut der arabischen Welt in Paris. Was in den 22 Ländern der Arabischen Liga tabu oder sogar unter Strafe verboten ist, findet hier in Kino- und Theateraufführungen sowie in der 85.000 Bände umfassenden IMA-Bibliothek sein Publikum. Zu übersehen ist das riesige, zentral am Seine-Ufer gelegene Institutsgebäude nicht. Geometrische Elemente aus der arabischen Architektur und moderne westliche Metall- und Glaskonstruktionen bilden einen Aufsehen erregenden symbolischen Brückenschlag zwischen Orient und Okzident.

Die Idee zum IMA entsteht nach der ersten Ölkrise in den 70er Jahren. Frankreich will seinen Einfluss in der arabischen Welt verstärken; die arabischen Staaten wollen ihr angekratztes Image aufpolieren. Nach seinem Wahlsieg 1981 gibt Staatspräsident Francois Mitterand dem eher bescheiden angedachten Projekt deutlich größere Dimensionen. Sechs Jahre später, am 30. November 1987, kann der für seinen Hang zum Monumentalen bekannte Mitterand das von einer französisch-arabischen Stiftung getragene Institut eröffnen. Die Statuten sehen vor, dass Frankreich 60 Prozent und die arabischen Staaten 40 Prozent des IMA-Etats aufbringen. Schon nach wenigen Jahren türmen einige säumige Länder jedoch Schulden auf, die sich derzeit auf rund 35 Millionen Euro summieren.

Über mangelndes Publikumsinteresse kann sich das Institut du Monde Arabe indes nicht beklagen. Mit jährlich über einer Million Besucher erwirtschaftet es nach eigenen Angaben 47 Prozent seines Jahresetats von 23 Millionen Euro selbst. Trotzdem fallen die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des IMA gedämpft aus. Die doppelköpfige Führungsspitze - französischer Präsident, arabischer Generaldirektor - muss 2007 eingestehen, dass im Lauf der Zeit fast ein Zehntel der hauseigenen Kunstwerke spurlos verschwunden ist. In die Kritik geraten ist auch die sich weitgehend im Historisch-Kulturellen erschöpfende Arbeit des Instituts. Einer Auseinandersetzung mit der aktuell eskalierenden Konfrontation von westlicher und islamischer Welt verweigert sich das IMA weitgehend. Lieber versteht man sich als Großinvestition in den friedlichen Kontakt mit einer fremden Welt, als Großinitiative gegen die Säbelrassler auf beiden Seiten.

Klick
 
1. December 2007, 12:32   #367
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
01. Dezember 1957: Mit "Hier und Heute" beginnt Regionalfernsehen

"Von hier und heute geht eine Epoche der Weltgeschichte aus", notierte Goethe 1792 anlässlich des Sieges französischer Revolutionstruppen bei der Kanonade von Valmy, "und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen". Der Moderator des "Internationalen Frühschoppens", Werner Höfer, gibt sich bescheidener: Ein "kleines Kaleidoskop" soll seine Sendung "Hier und Heute" sein, die am 1. Dezember 1957 um Punkt 19 Uhr für 30 Minuten auf Sendung geht.

Beim Titel hat sich Höfer vom Goethe-Zitat inspirieren lassen. Trotzdem steht nicht Welt-, sondern Lokalgeschichte aus Nordrhein-Westfalen auf dem Programm: Nachrichten und Reportagen aus dem Land zwischen Aachen und Siegen, zwischen Bonn und Bielefeld. Trotzdem ist auch der Startschuss für "Hier und Heute" eine kleine Revolution. Denn mit der Sendung, der 11.012 folgen werden, startet in Deutschland das Regionalprogramm.

Von Anfang an setzt "Hier und Heute" auf Aktualität und Geschwindigkeit - und wird schon bald zur festen Institution für die Bürger von NRW. Rasende Motorradboten bringen die Filmrollen in der Regel noch am Tage des Geschehens vom Drehort ins Kölner Funkhaus. Die erste Sendung jedoch, die zu den Klängen von Robert Schumanns Rheinischer Symphonie über den Äther geht, sorgt auch für empörte Zuschauerreaktionen. Höfer hat sich mit einem Mädchen verplaudert, das im Studio alle Strophen eines Adventsgedichts rezitieren darf. Am Ende ist zu wenig Zeit für Ernst Hubertys Zusammenfassung des Oberligaspiels von Köln gegen Düsseldorf. "Es war ein wundervolles Spiel", sagt Höfer, "die Kölner haben gewonnen, und die Tore sehen Sie morgen".

Im Mai 1993 geht die letzte Folge von "Hier und Heute" in alter Form auf Sendung. Heute gibt es im WDR-Fernsehen "Hier und Heute unterwegs", mit gänzlich anderem Konzept: Ein Ort im Lande, ein Thema, ein Reporter. Nur die "Rheinische" von Schumann ist geblieben.

Klick
 
3. December 2007, 09:21   #368
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
02. Dezember 1932: Kurt von Schleicher wird Reichskanzler

Ende Juni 1934 beginnt auf Befehl von Adolf Hitler in Deutschland eine Mordserie, die unter dem irreführenden Namen "Röhm-Putsch" in die Geschichte eingeht. Tatsächlich werden neben dem SA-Stabschef Ernst Röhm noch andere Menschen umgebracht, die am internen Machtkampf der Nazis nicht beteiligt sind. Darunter ist auch der ehemalige Reichspräsident Kurt von Schleicher. Die Morde sollen als Niederschlagung eines Putschversuchs vertuscht werden. Aber im Fall von Schleicher unterläuft eine Panne. Die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt und kommt zum Schluss: Es ist eindeutig Mord gewesen. Mit ihm hat sich Hitler an dem Mann gerächt, der ihm beinahe den Weg zur Macht versperrt hätte.

Kurt von Schleicher gehört zu einer alten preußischen Offiziersfamilie. Er wir am 7. April 1882 in Brandenburg geboren. Als Chef des Ministeramtes im Reichswehrministeriums hat er großen Einfluss, vor allem auf Reichspräsident Paul von Hindenburg. Das bringt ihm den Ruf als Intrigant und Zyniker ein. Die drei letzten Reichskanzler - Hermann Müller, Heinrich Brüning, Franz von Papen - sind zunächst von Schleicher unterstützt und dann praktisch gestürzt worden. Der Grund: Es gelingt ihnen nicht, Schleichers "Zähmungskonzept" umzusetzen und die Nazis durch Regierungsbeteiligung in die so genannt kontrollierte Verantwortung zu ziehen.

Am 2. Dezember 1932 wird Kurt von Schleicher selbst Reichskanzler. Er wagt ein riskantes Experiment: Die Politik der so genannten Querfront. Durch die politischen Lager hindurch will er einen Stoßkeil bilden, der sich gegen die Nazis richtet. Dabei sucht er unter anderem die Unterstützung der Gewerkschaften - und des links anmutenden Flügels der NSDAP: Schleicher möchte Gregor Strasser, den Reichsorganisationsleiter der NSDAP, zum Vizekanzler machen. Doch Strasser wagt den offenen Aufstand gegen Hitler nicht, bricht zusammen und verlässt Berlin. In wenigen Tagen wird sein Machtapparat innerhalb der Partei zerschlagen. Hitler selbst übernimmt Strassers Parteiämter. Von Schleicher ist mit seiner Querfront gescheitert. Am 28. Januar 1933 tritt er als Reichskanzler zurück. Damit machen die Konservativen den Weg für Hitler frei. "Wichtiger als alles andere war es ihnen, der parlamentarischen Demokratie den Garaus zu machen", sagt der Historiker Heinrich August Winkler. Kurt von Schleicher ist nur 57 Tage lang im Amt des Reichskanzlers. Aber auch eineinhalb Jahre später sieht Hitler in ihm offenbar immer noch einen potenziellen Rivalen. Am 30. Juni 1934 schickt er ein SS-Kommando zu Schleichers Villa in Neubabelsberg und lässt ihn erschießen.

Klick
 
3. December 2007, 09:23   #369
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
03. Dezember 1967: Barnard gelingt die erste Herzverpflanzung

Der Eingriff dauert nur fünf Stunden, dann ist die Sensation perfekt. Am 3. Dezember 1967 gelingt dem 31-köpfigen Operationsteam rund um den Chirurgen Christiaan Barnard in Kapstadt die erste Transplantation eines menschlichen Herzens. Auf dem Operationstisch liegt der 55-jährige Luis Washansky, der mit einem neuen Herzen im Körper aus der Narkose aufwacht. "Washy wohlauf - Ärzte erschöpft", titelt kumpelhaft die Bild-Zeitung. Und wenig später: "Washy sonnte sich auf dem Balkon".

Aber so glücklich, wie die Boulevardblätter das "Wunder von Kapstadt" schildern, verläuft es nicht. Während dem 45-jährigem Barnard 50.000 Dollar für seine OP-Handschuhe geboten werden, stirbt Washansky 18 Tage nach dem chirurgischen Eingriff an einer Lungenentzündung. Der Patient der ersten deutschen Herzverpflanzung an der Münchner Universitätsklinik 1969 überlebt nicht einmal den Tag nach der Operation. Die erste Euphorie verfliegt, in den siebziger Jahren geht die Zahl der Transplantationsversuche merklich zurück. Auch die erste Verpflanzung eines Pavianherzens in einen menschlichen Körper 1984 in den USA, die eine weltweite Ethikdebatte auslöst, verläuft nicht erfolgreich. Heute ist die Wahrscheinlichkeit des Überlebens dank neuer Medikamente und weiter entwickelter Technik weitaus größer. Immer weniger Organe werden vom neuen Körper abgestoßen. Von den 412 im Jahr 2006 allein in Deutschland transplantierten Herzen haben rund 75 Prozent gute Chancen, länger als fünf Jahre weiterzuschlagen.

"Im nächsten Jahrhundert, glaube ich, werden wir Herzen und Nieren nicht mehr transplantieren, sondern Gene", prophezeit Christiaan Barnard. "Weil wir wissen, welche Gene erforderlich sind, eine bestimmte Krankheit zu heilen oder die Krankheit daran zu hindern, überhaupt auszubrechen." Bis dahin allerdings ist es noch ein weiter Weg. Und so hilft die Pioniertat des Chirurgen weiterhin, Menschenleben zu retten. Für Barnard allerdings, der das Jetsetleben eines Meisterchirurgen führt, kommt 2001 jede Hilfe zu spät. Er stirbt 2001 im Alter von 78 Jahren.

Klick
 
4. December 2007, 08:55   #370
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
04. Dezember 1977: Bokassa krönt sich zum Kaiser von Zentralafrika

Als Jean-Bedel Bokassa sich 1966 in der Zentralafrikanischen Republik an die Macht putscht, gehört er zu den am besten ausgebildeten Militärs des Kontinents. 20 Jahre lang hat er in der Armee des einstigen Kolonialherrn Frankreich Karriere gemacht, ist zum Mitglied der Ehrenlegion und Träger höchster militärischer Orden aufgestiegen. Kaum an der Macht, beginnt General Bokassa mit der brutalen Unterdrückung jeglicher Opposition und der hemmungslosen Ausbeutung des bitterarmen, aber an Bodenschätzen reichen Landes. Er ernennt sich zum Präsidenten auf Lebenszeit, einzigen Minister für alle Ressorts, zum "Obersten Bauern" und 1970 gar zum "Großmeister der internationalen Ritterbruderschaft der Briefmarkensammler". Schließlich verliert der glühende Napoleon-Verehrer jegliche Bodenhaftung und kündigt seine Krönung zum Kaiser der Zentralafrikanischen Republik an.

Die am 4. Dezember 1977 in der Hauptstadt Bangui veranstaltete Krönungszeremonie übertrifft alles, was das an bizarrem Potentatengehabe wahrlich nicht arme Afrika je erlebt hat. Aus Paris lässt Bokassa 100 Tonnen Feuerwerkskörper, 1,5 Tonnen Orden und 5.100 Galauniformen einfliegen; dazu eine Großraummaschine mit Blumen, Staatskarossen und 35 Pferden. Die kaiserliche Krone kann die Diamantenfülle kaum fassen. Die mit den Insignien Napoleons bestickte Schleppe aus Purpur und Hermelin ist zehn Meter lang und Bokassas Adlerthron hat eine Spannweite von fast vier Metern. Finanziert wird der rund 30 Millionen Dollar teure Cäsaren-Wahn von Bokassas Schutzmacht Frankreich. Präsident Giscard d'Estaing vermacht seinem treuen Vasallen und Jagdgefährten sogar ein Schwert Napoleons.

Die Terror-Monarchie Kaiser Bokassas I. dauert nur zwei Jahre. Um seine Herrschaft über das völlig ausgeblutete Volk zu wahren, schreckt der schwarze Monarch sogar vor Massakern an Schulkindern nicht zurück. Schließlich sieht sich selbst Frankreich genötigt, den von aller Welt boykottierten und "völlig durchgeknallten" Bokassa, so der Berliner Afrika-Historiker Andreas Eckert, fallenzulassen. Im September 1979 wird Bokassa von seinem Vorgänger und Cousin David Dacko für abgesetzt erklärt. Nach sieben Jahren Exil kehrt der Ex-Diktator - trotz eines in Abwesenheit verhängten Todesurteils - in die Zentralafrikanische Republik zurück. In einem spektakulären Tribunal wird das Todesurteil 1987 zunächst bestätigt, dann in Zwangsarbeit umgewandelt. 1993 kommt Bokassa durch eine Generalamnestie frei. Drei Jahre lang bezieht der ehemalige Kaiser noch eine Kriegsveteranenrente des französischen Staates. Als Jean-Bedel Bokassa am 3. November 1996 in Bangui stirbt, hinterlässt er - konservativ geschätzt - mindestens 40 Kinder von 19 Ehefrauen.

Klick
 
5. December 2007, 17:55   #371
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
05. Dezember 1997: Rudolf Bahro stirbt in Berlin

Mit 18 Jahren SED-Mitglied, Marxismus-Studium, Partei-Funktionär - Rudolf Bahro ist Anfang der 1960er Jahre ein linientreuer DDR-Kommunist. Seine enge Bindung an die Partei erklärt Bahro später als eine Form des Mutterersatzes. "Die Suche nach Liebe ist sozusagen meine psychologische Schwachstelle", sagt er 1995. Er macht ein traumatisches Kindheitserlebnis dafür verantwortlich, dass Liebe und Erlösung seine Lebensthemen sind. Der am 18. November 1935 geborene Bahro wird während einer Evakuierung im letzten Kriegsjahr von seiner Mutter getrennt. Er sieht sie nie wieder. Nach langer Irrfahrt findet Rudolf seinen Vater und lebt bis 1954 bei ihm. Dann geht er nach Ost-Berlin und studiert an der Humboldt-Universität Philosophie. Er liest Marx, Engels, Lenin und Mao. Doch lesen allein genügt Bahro nicht. Bei einem Arbeitseinsatz ist er der Eifrigste, wie sich Schriftsteller Volker Braun erinnert: "Er übertrieb mit seinem Arbeitselan so weit, dass er nicht warten wollte, bis die Lokomotive die Lore fortzog, sondern wollte sie eigenhändig bewegen."

Als Bahro 1967 das Theaterstück "Kipper Paul Bauch" von Volker Braun in der FDJ-Studentenzeitschrift "Forum" abdruckt, gerät er ins Visier der SED-Führung. Das Stück wendet sich gegen Sattheit und Selbstzufriedenheit beim Aufbau der neuen Gesellschaftsordnung. Bahro verliert seinen Job als stellvertretender Chefredakteur: "Dort erst habe ich gesehen, dass das Schwindel ist mit der Herrschaft der Arbeiterklasse im Arbeiter- und Bauernstaat." Als 1968 der Prager Frühling aufblüht, ist Bahro begeistert. Doch russische Panzer stoppen die Reformen in der Tschechoslowakei. "Das war die Stunde des Hasses gewesen", sagt Bahro später. Er schreibt seine Abrechnung, die 1977 unter dem Titel "Die Alternative - Zur Kritik des realexistierenden Sozialismus" im Westen erscheint. Dafür wird der Dissident zu acht Jahren Haft verurteilt. Doch nach anderthalb Jahren wird er aus dem Zuchthaus Bautzen entlassen und reist in die Bundesrepublik aus.

Bahro ist 1980 Gründungsmitglied der Grünen. Bald kehrt er aber der Politik den Rücken und taucht ins Spirituelle ab. Er pilgert zu Bhagwan und wandelt sich zum esoterischen Guru. 1987 veröffentlicht er das Buch "Logik der Rettung - Wer kann die Apokalypse aufhalten?", das ohne große Resonanz bleibt. Bahro schwärmt von einem "Fürsten der ökologischen Wende", ein bisschen "Ökodiktatur" sei angebracht: "Kein Gedanke verwerflicher als ein neues anderes 1933?" Als erste deutsche Volksbewegung seit den Nazis müsse die Ökopax-Bewegung "Hitler miterlösen". Nach der Wende geht Bahro in die DDR zurück und hält Vorlesungen an der Humboldt-Universität. In einem Interview sagt er 1990: "Eigentlich ruft es in der Volkstiefe nach einem grünen Adolf." In sächsischen Pommritz gründet er eine landwirtschaftliche Kommune als Keimzelle einer neuen Gesellschaft. Bahro erkrankt an Blutkrebs und stirbt am 5. Dezember 1997 in Berlin.

Klick
 
6. December 2007, 10:36   #372
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
06. Dezember 1912: Büste der Nofretete in Tell el-Amarna gefunden

"Etwa in Kniehöhe vor uns im Schutt wurde ein fleischfarbener Nacken mit aufgemalten Bändern bloß. Mit den Händen behutsam weitergearbeitet. Die Farben, als hätte der Bildhauer sie gerade aufgetragen. Beschreibung zwecklos, muss man gesehen haben." Als Ludwig Borchert dies in sein Tagebuch notiert, hat der 49-jährige Architekt und Ägyptologe den Fund seines Lebens gemacht: Aus dem Sand von Tell el-Amarna zieht er die nur 47 Zentimeter hohe Büste einer Königin. Als Borchert später vertragsgemäß seine Funde mit den ägyptischen Behörden teilt, bringt er die Büste geschickt auf seine Seite. So erhält sie James Simon, der reiche Sponsor der Expedition. Er schenkt sie den Preußischen Museen in Berlin. Dort ist sie auch heute noch zu sehen - obwohl sich ägyptische Altertumsverwalter immer noch betrogen fühlen.

Die Identität der Königin ist so unumstritten wie ihre zeitlose Schönheit: Die Büste zeigt die Pharaonin Nofretete, zu deutsch: "Die Schöne ist gekommen". Sie ist die Frau des Pharao Amenophis IV., der 1372 v.Chr. den Thron besteigt. Weltpolitisch eher unbedeutend, löst der Herrscher eine Kulturrevolution aus, die ihn in der ägyptischen Geschichtsschreibung lange zu einem Geächteten macht: Amenophis nennt sich Echnaton - Sohn des Sonnengottes Aton. Er gründet eine neue Residenz- und Tempelstadt: Achet-Aton, das heutige Tell el-Amarna, in dem Borchert über 3.000 Jahre später Nofretete wieder ausgräbt. Alles ist unter Echnaton auf den Sonnengott zugeschnitten. Er soll die traditionelle Göttervielfalt verdrängen. Für Echnaton gibt es nur einen wirklichen Gott: die Sonne, die Lebensquelle.

Echnatons Religions-Revolution verändert auch die ägyptische Kunst. Sie wird natürlicher und ausdrucksstärker. Und Nofretete wird ihr Star: In zahlreichen Reliefs wird sie mit Echnaton zusammen als Paar unter den Strahlen der Sonne dargestellt, häufig auch als eine Art "Heilige Familie" mit ihren Kindern, in ungewöhnlicher Zärtlichkeit. In diesem expressiven Stil schafft der Oberbildhauer von Amarna, Tutmoses, auch die Nofretete-Büste. Doch Echnaton und Nofretete können ihre Ansichten gegen die ägyptische Tradition und Priesterschaft nicht durchsetzen. Nach dem Tod des Pharaonen-Paars um 1347 v.Chr. wird der Amarna-Stil wieder aufgegeben, die Aton-Allein-Verehrung beendet, das Andenken an seine Urheber geächtet. Erst die neuzeitlichen Ägyptologen entdecken es neu. Seit Friedrich Schiller wird immer wieder die Vermutung geäußert, Echnatons und Nofretetes Glaube habe einen Religionsstifter beeinflusst, der aus Ägypten kam: Moses.

Klick
 
7. December 2007, 09:12   #373
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
07. Dezember 43 v.Chr.: Marcus Tullius Cicero in Formiae ermordet

Als Marcus Tullius Cicero noch ein Kind ist, zieht seine Familie nach Rom. Der Hochbegabte soll eine erstklassige Ausbildung erhalten: Philosophie, Rhetorik, Gerichtspraxis. Doch Cicero gehört nicht zur römischen Elite: Seine Eltern sind Ritter, keine Senats-Adligen. Er ist im Jahr 106 v.Chr. in der Provinz geboren, in dem Appenin-Städtchen Arpinum. Zur Karriere braucht er also Erfolge - und Mut. Im Jahr 80 v. Chr. verteidigt der junge Anwalt einen Mordverdächtigen: Sextus Roscius soll seinen Vater ermordet haben. Cicero weist nach, dass die Täter Günstlinge des Diktators Sulla sind. Roscius wird freigesprochen und Cicero begibt sich aus Vorsicht auf eine Bildungsreise nach Griechenland.

Zurück in Rom, macht Cicero eine steile Karriere. 64 setzt er sich als Kandidat für das Konsulat gegen den Adligen Catilina durch. Als der ein Jahr später eine Art Putsch plant, treibt ihn Cicero mit öffentlichen Reden in die Enge und erreicht Catilinas Hinrichtung. Diesen Sieg verewigt der eitle Cicero in zahlreichen Briefen und Schriften. Seine Aussprüche gegen Catilina werden zu geflügelten Worten: "Quousque tandem" (Wie lange noch?), "O tempora, o mores" (Was für Zeiten, was für Sitten!). Doch je mehr Rom zur Weltmacht wird, desto stärker herrschen die Militärführer. Bald sind es Pompeius und Caesar, die den Republikaner Cicero ins Exil aufs Land drängen. Der Redner verlegt sich aufs Schreiben: In seinen Werken formuliert er sein Ideal eines moralischen Rechtsstaates und prägt die lateinische Schriftsprache. Die neuen starken Männer verachtet Cicero: "Erbärmliche Subjekte" seien sie, denen Gewaltherrschaft und persönliche Interessen mehr gälten als das Wohlergehen des Staates.

Als Caesar Alleinherrscher wird, geht er mit Cicero gnädig um. Der Schriftsteller hat kein politisches Gewicht mehr. Auch an der Verschwörung gegen Caesar ist er nicht beteiligt. Als Caesar im März 44 v.Chr. ermordet wird, hofft Cicero auf die Widerherstellung der Republik - vergebens. Caesars Thronerben, Antonius und Octavian, stehen schon als Rivalen bereit. Wieder wird Cicero der italienische Boden zu heiß. Er verzieht sich auf ein Landgut bei Formiae am Meer. In der Nacht zum 7. Dezember 43 v.Chr., auf dem Weg zu einem Schiff, das ihn nach Griechenland bringen soll, überfallen ihn Soldaten des Antonius. Hauptmann Herennius versetzt Cicero den Todesstoß. Antonius lässt Hände und Kopf seines Opfers auf dem Forum in Rom zur Schau stellen. Die Republik ist endgültig untergegangen.

Klick
 
8. December 2007, 18:27   #374
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
08. Dezember 1987: INF-Vertrag wird in Washington unterzeichnet

"Wir haben mit dem Vertrag, der auf dem Tisch liegt, heute die große Chance, eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen für unsere Kinder und Enkel", sagt der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow am 8. Dezember 1987 in einer Ansprache im Weißen Haus in Washington. Wenige Minuten später unterzeichnet er gemeinsam mit US-Präsident Ronald Reagan den so genannten INF -Vertrag. Das Abkommen sieht vor, die in Europa stationierten nuklearen Mittelstreckenwaffen vollständig zu verschrotten. Deren Reichweite umfasst 500 bis 5.500 Kilometer. Damit verständigen sich die Supermächte zum ersten Mal in der Geschichte darauf, eine ganze Gattung von Atomwaffen zu vernichten. Ein Entwicklung, die noch wenige Jahre zuvor nicht absehbar war.

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges herrscht zwischen Ost und West der Kalte Krieg. Die USA und die Sowjetunion bedrohen sich gegenseitig mit Atomwaffen. Die Logik dieser so genannten Abschreckung: Wer als erster schießt, ist als zweiter tot. Mal wird verhandelt, mal aufgerüstet. Mitte der 70er Jahre stationieren die Sowjets neue Mittelstreckenraketen "SS 20". Die Nato will nachrüsten. Im November 1979 verkündet das westliche Militärbündnis einen Doppelbeschluss: Einerseits sollen vor allem in der Bundesrepublik amerikanische "Pershing II"-Raketen aufgestellt werden. Andererseits werden Rüstungskontrollverhandlungen angeboten, die in einer so genannten Nulllösung enden sollen. Anfang der 80er Jahre kommt es zu Gesprächen auf neutralem Boden - mal in Genf, mal in Reykjavik. Doch die Verhandlungen scheitern. Im November 1983 werden im baden-württembergischen Mutlangen die ersten "Pershing II"-Raketen stationiert. Hunderttausende gehen auf die Straße. Die Friedensbewegung fordert "Petting statt Pershing". Die Fronten scheinen unverrückbar.

Die entscheidende Veränderung bringt ein Machtwechsel im Kreml. Michail Gorbatschow wird Generalsekretär der KPdSU und will die Sowjetunion reformieren. Dafür braucht er einen freien Rücken. Er geht deshalb auf das alte Angebot des Westens ein und akzeptiert die Nulllösung. Nach der Unterzeichnung des INF-Vertrages werden ab 1988 fast 2.700 Mittelstreckenraketen verschrottet. Die USA zerstören 846, die Sowjetunion 1.846 Atomwaffen. Die letzte wird im Mai 1991 demontiert, zwei Jahre nach dem Fall der Mauer.

Klick
 
9. December 2007, 18:27   #375
Jules
 
Benutzerbild von Jules
 
Registriert seit: September 2002
Ort: Nähe Düsseldorf
Beiträge: 2.352
09. Dezember 1212: Friedrich II. wird zum deutschen König gekrönt

Kein Herrscher des Mittelalters hat die Fantasie der Menschen so beflügelt wie der letzte Kaiser aus dem Staufergeschlecht. Schon seine Zeitgenossen bewundern Friedrich II. als Weltenkönig, als "stupor mundi", das Staunen der Welt. Jahrhunderte später nennt Friedrich Nietzsche ihn "den ersten Europäer nach meinem Geschmack". Seine Feinde hingegen sehen im Enkel des großen Kaisers Barbarossa den Antichristen schlechthin. Nach Friedrichs überraschendem Tod im Dezember 1250, wenige Tage vor seinem 56. Geburtstag, vermerkt eine päpstliche Chronik: "Ebenso flohen, als Friedrich starb, viele Übel aus der Welt."

Dieser Friedrich, 1194 als Sohn des Staufer-Kaisers Heinrich VI. und der normannischen Prinzessin Konstanze geboren, schlägt völlig aus der Art. Kindheit und Jugend verbringt der künftige Herrscher des Abendlandes in der muslimisch geprägten Welt des Königreichs Sizilien. Mit 17 Jahren zieht Friedrich - nach dem frühen Tod seiner Eltern schon König von Sizilien - Richtung Norden. Es gilt, seine Ansprüche auf den Thron des deutschen Königs gegen den herrschenden Welfen Otto IV. geltend zu machen. Mit dem Papst als Verbündetem und einer klugen Bestechungspolitik gelingt es Friedrich, sich die deutschen Fürsten gewogen zu machen. Am 9. Dezember 1212 ist er am Ziel. Der Mainzer Erzbischof krönt den von Papst Innozenz III. zuvor schon zum Kaiser erhobenen Friedrich zum römischen-deutschen König.

Auf seine Untertanen wirkt Friedrich wie eine mythische Heldengestalt. Der christliche Herrscher verehrt die islamische Kultur, umgibt sich mit einer Sarazenen-Leibgarde, zählt Schwarzafrikaner wie Juden gleichberechtigt zu seinem Gefolge und zieht mit zuvor nie gesehenen Tieren wie etwa einer Giraffe durch die Lande. Ebenso staunen die Menschen über die naturwissenschaftlichen Interessen des Kaisers, denen er mit Eifer nachgeht: warum etwa der Vesuv Feuer speit, das Meerwasser salzig schmeckt oder wo die Vögel im Winter bleiben. Neben einem epochalen Werk über die Falknerei und einer präzisen Gesetzessammlung zur Schaffung von Rechtssicherheit verblüfft Friedrich auch durch die wohl ältesten Vorschriften zur Reinhaltung der Umwelt.

Politisch erreicht Friedrich seine größten Erfolge durch geschickte Diplomatie statt auf dem Schlachtfeld. Doch der Kaiser verfängt sich zunehmend im Machtkampf mit dem Papsttum. Als er einen Kreuzzug nicht durch blutige Vernichtung der Ungläubigen, sondern durch einen politischen Kompromiss beendet, ist das Tuch zwischen Kaiser und Papst endgültig zerschnitten. Mitten im Streit um die Vormachtstellung im Abendland erkrankt der Kaiser plötzlich, vermutlich an Typhus oder Ruhr. Auf dem Sterbebett kehrt der zuvor zweimal exkommunizierte Friedrich in den Schoß der Kirche zurück.

Klick
 
Antwort

  Skats > Interessant & Kontrovers > Das Leben

Stichworte
stichtage




Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 19:08 Uhr.


Powered by vBulletin, Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Online seit 23.1.2001 um 14:23 Uhr

Die hier aufgeführten Warenzeichen und Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.