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19. June 2002, 00:15   #1
quentin
 
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Beiträge: 1.693
Blüm, neuer Antisemitismus - Streit

Moin,

Neuer Antisemitismus-Streit
Scharfe Kritik an Ex-CDU-Minister Blüm

Mit scharfer Kritik hat der Zentralrat der Juden die
Behauptung des CDU-Politikers Norbert Blüm
zurückgewiesen, in Deutschland werde der
Antisemitismus-Vorwurf teilweise als "Knüppel" gegen
Israel-Kritiker eingesetzt. Zentralrats-Präsident Paul
Spiegel nannte Blüms Äußerungen ungeheuerlich. Blüm
warf in einem Interview mit dem Magazin "Stern" der
israelischen Regierung bei ihrem Vorgehen gegen die
Palästinenser erneut auch Missachtung des Völkerrechts
vor. Der CDU-Vize Jürgen Rüttgers widersprach seinem
Parteifreund energisch.

Blüm spricht von "Vernichtung"
Der Vorwurf des Antisemitismus werde "auch als Knüppel benutzt, um jeden
Hinweis auf die Missachtung der Menschenrechte totzumachen", sagte Blüm im
"Stern". "Ich kann in den Aktionen der israelischen Militärs keinen
Abwehrkampf gegen den Terrorismus sehen - sondern nur Vernichtung."
Zugleich verurteilte der frühere Bundesarbeitsminister die palästinensischen
Anschläge gegen Israel.
____________________

Und! Zentralrat zum 3.
 
19. June 2002, 15:33   #2
tw_24
 
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Beiträge: 1.018
Glaubt man der Süddeutschen von gestern, interviewt Michel Friedman heute um 23:00 in der ARD Ariel Scharon, der Videotext meint allerdings, der Wolfgang Schäuble sei das Opfer Friedmans ...

Wie auch immer, mir scheint eher die Überschrift sensationell zu sein als der Inhalt: "Blüm mischt sich in den XXXXX-Streit ein!".

Das tut er doch nicht wirklich. Er kritisiert die israelische Politik, mehr nicht. Aber auch nicht weniger. Und das darf er.

Wenn das Paul Spiegel als unernanntem Botschafter Israels nicht paßt, kann ich mit dessen Empörung leben - die begonnene Ghettoisierung der Autonomiegebiete durch Zäune und Todesstreifen hat ihn ja auch nicht weiter interessiert ...

MfG
tw_24
 
19. June 2002, 19:57   #3
quentin
 
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Beiträge: 1.693
Du hast die BR gründlich gelesen , wenn du mal auf`s gEb reingeschaut hast, kannst du feststellen, das es ein Test der Laienspielschar ist, nichts erstrebenswertes derzeit, dumme Jungs streiten über Dinge, von denen sie nichts verstehen.
_______________________

Blamabel ist die Reaktion der CDU, die nichts eiligeres zu tun hatte, als sich davon zu distanzieren.
Nicht Möllemann, sondern ein hochangesehener Minister, der 16 Jahre im Amt war. Viele die bei Möllemann noch krakeelt haben, kommen ins Grübeln.

Jeden Tag ein Attentat,ich kann es nicht mehr hören. Entweder die Palästinenser sind so dämlich, oder sie werden von Israel dafür bezahlt und das kommt der Wahrheit ziemlich nahe. Nicht umsonst hätten sie fast den Verteidigungsminister von Syrien gestellt. Ein paar Tage her.

mfg
 
19. June 2002, 22:32   #4
tschubbl
 
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Obwohl Blüm recht hat,ist es nichts weiter,als der Versuch,durch derartige Äußerungen,die Stimmen von dem äußersten rechten Rand zu erhaschen.
Es ist doch sehr verwunderlich,daß diesen Leuten, Blüm wie auch Möllemann,dies nicht während ihrer Regierungszeit einfiel,sondern erst jetzt.
 
19. June 2002, 23:28   #5
quentin
 
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Beiträge: 1.693
So einfach ist das nicht, tschubbl. Sharon und seine Politik gibts so lange noch nicht und das ist der eigentliche Initiator, zumindest kann man alles daran aufhängen. Egal was Möllemann oder Andere aus welchen Gründen auch immer sagen, wenn es den Kern trifft, waren andere einfach zu dumm, die zu erkennen.

mfg
 
20. June 2002, 14:10   #6
tschubbl
 
Beiträge: n/a
Zuvor gabe es genügend UN-Ressolutionen,ca.1000 Stück,die die israelische Regierung nicht interessierte.
 
20. June 2002, 15:05   #7
quentin
 
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Beiträge: 1.693
Richtig tschubbl, sie waren aber nie Gegenstand einer Auseinandersetzung der deutschen Politik mit diesem Problem und auch die Presse war mehr als zurückhaltend.
Auf dem NIB(glaube ich ) hat tw 24 auf die Irrsinnigkeit Sharons hingewiesen, aus dem Palästinensergebiet ein riesiges Freiluftgetto zu machen. Hörst du irgend etwas? Hörst du die Presse gegen Blüm? Ich höre nichts und nenne das Zensur der schlimmsten Art.
Hier in Deutschland werden Leute einfach durch Nichtinformation dumm gehalten.

mfg
 
20. June 2002, 15:12   #8
tschubbl
 
Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von quentin
Richtig tschubbl, sie waren aber nie Gegenstand einer Auseinandersetzung der deutschen Politik mit diesem Problem und auch die Presse war mehr als zurückhaltend.
Auf dem NIB(glaube ich ) hat tw 24 auf die Irrsinnigkeit Sharons hingewiesen, aus dem Palästinensergebiet ein riesiges Freiluftgetto zu machen. Hörst du irgend etwas? Hörst du die Presse gegen Blüm? Ich höre nichts und nenne das Zensur der schlimmsten Art.
Hier in Deutschland werden Leute einfach durch Nichtinformation dumm gehalten.

mfg
Weil die CDU schon immer der Schuhputzer der Amerikaner und dem jüdischen Kapital war.
Bei Blüm wirst Du deshalb von der Presse nichts hören,weil die nicht auf ihre rechten Leser verzichten will und der CDU die rechte Wählerschicht vergraulen würde.
Aber trotzdem kommt es so langsam bei der CDU/CSU/FDP an den Tag,schwarze Schale,brauner Kern.
 
20. June 2002, 18:01   #9
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von quentin
Entweder die Palästinenser sind so dämlich, oder sie werden von Israel dafür bezahlt und das kommt der Wahrheit ziemlich nahe.
Sie, die sich in die Luft jagen, sind nicht dämlich. Sie sind Opfer der Umstände, in denen sie leben (müssen) - Lenin würde sie "nützliche Idioten" nennen. Sie werden mißbraucht von religiösen Befehlshabern und Besserwissern, und sie werden, wenn sie denn "Erfolg" hatten, mißbraucht von der israelischen Regierung, der sie einen Vorwand nach dem anderen liefern, auf Verhandlungen zu verzichten. Sie werden dafür nicht von Israel bezahlt, sondern ihre Hinterbliebenen aus dem Irak (15.000 - 25.000 $), aber am Ende sind sie dennoch Opfer, die von alledem nicht mehr viel haben.

Zitat:
Zitat von quentin
Blamabel ist die Reaktion der CDU, die nichts eiligeres zu tun hatte, als sich davon zu distanzieren.
Nun, ich kann dieses Verhalten der Union nachvollziehen - man will ja politisch korrekt sein ;-).

Ich glaube, daß Paul Spiegel sich nicht so sehr über die Kritik als solche aufgeregt hat, sonderrn über die Wortwahl, ganz speziell über den Begriff "Vernichtung". Der ist, bezogen auf den Holocaust, inhaltlich natürlich unheimlich negativ besetzt - aber angesichts der aktuellen Situation wirkt eine solche Auseinandersetzung über die richtigen Begriffe wirklich wie ein Ablenkungsmanöver. (Vor zwei, drei Wochen hätte ich das vielleicht noch anders gesehen, aber langsam ist mir der theoretische Streit um Begriffe ziemlich lästig, denn in der Realität werden Menschen in die Luft gejagt oder verrecken, weil ihre zivile Infrastruktur zerstört wurde.)

Zitat:
Zitat von tschubbl
Obwohl Blüm recht hat,ist es nichts weiter,als der Versuch,durch derartige Äußerungen,die Stimmen von dem äußersten rechten Rand zu erhaschen.
Das kann sein, bei Blüm würde ich, auch wenn ich ihn nicht mag, jedoch davon ausgehen, daß er es ehrlich meint. Er hat es nicht mehr nötig, auf Stimmenfang zu gehen, er gehört ja nicht einmal mehr dem "Kompetenzteam" des inkompetenten (?) Kanzlerkandidaten an.

Zitat:
Zitat von tschubbl
Zuvor gabe es genügend UN-Ressolutionen,ca.1000 Stück,die die israelische Regierung nicht interessierte.
Eine - in Zahlen: 1 - UN-Resolution hat Israel anerkannt. Dieser verdankt es seine Existenz. Alle weiteren Resolutionen wurden und werden ignoriert. Doch daraus würde ich nicht unbedingt der israelischen Administration einen Strick drehen, sondern eher den "Bessermenschen", die diese Resolutionen verfassen und beschliessen, um sich dann blaue Augen zu holen - und zu verstummen. Für diese Kaltschnäuzigkeit verdient Scharon beinahe schon Respekt.

Zitat:
Zitat von tschubbl
Weil die CDU schon immer der Schuhputzer der Amerikaner und dem jüdischen Kapital war.
Wer, meinst Du, ist das "jüdische Kapital"? Das Kapital, dem hier die gewählten Volksver(t)räter hinterherhecheln, ist meistens durch und durch deutsch.

MfG
tw_24
 
21. June 2002, 09:35   #10
tschubbl
 
Beiträge: n/a
Zitat:
Wer, meinst Du, ist das "jüdische Kapital"? Das Kapital, dem hier die gewählten Volksver(t)räter hinterherhecheln, ist meistens durch und durch deutsch.
Ich meine natürlich auch oder vor allem das amerikanische jüdische Kapital,was ich dazu bringen muß,in dem ich es hofiere,daß es mir wohlwollend gegenüber steht,was dann auch mit der US Regierung der Fall sein wird.
Daß die dem deutschen Kapital hinterherhechheln bleibt unbestritten.
 
21. June 2002, 09:57   #11
quentin
 
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@tw, ich meine nicht die dummen Selbstmörder, ich meine die verantwortlichen, die, die die Selbstmörder losschicken derzeit.
Die Welt schaut zu, kuscht vor Amerika, vor dem von Juden gekauften Kongress ( s. Seligman ). Sharon kann schlachten wie er will, der israelische Kaltenbrunner/Heydrich ist noch perfider als die Österreicher/Deutschen, er hat die Weltpresse im Sack.
Das dürfte den rel. Führern der Palästinenser bekannt sein, auch die Reaktion Sharon und der westl. Welt, die dann wieder das Verteidigungsrecht Israels bemüht. Also warum machen sie es, sie spielen Sharon für sein Großisrael nur in die Hände. Mich macht das stutzig.

ps: hast du gestern den fidelen Josef Fischer bei Maybritt gesehen?


mfg
 
21. June 2002, 17:44   #12
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von quentin
Die Welt schaut zu, kuscht vor Amerika,
Wir nähern uns der ewigen Verschwörungstheorie ...

Aber dieser Teil des Befunds stimmt, das ist leider wahr. Wo früher wenigstens noch gegeneinander wett- und/oder hochgerüstet wurde, mühen sich die ach so selbstbewußten europäischen Nationen durch die vermehrte "Übernahme von Verantwortung" sich gegeneinander auszuspielen und meinen, nur durch verstärkte Aufrüstung von Gottes eigenem Land als "Partner" wahrgenommen und vielleicht konsultiert zu werden.

Zitat:
Zitat von quentin
vor dem von Juden gekauften Kongress
Das sehe ich nicht so, aber ich kann diese Argumentation nachvollziehen.

Zitat:
Zitat von quentin
Sharon kann schlachten wie er will, der israelische Kaltenbrunner/Heydrich ist noch perfider als die Österreicher/Deutschen, er hat die Weltpresse im Sack.
Naja, den Heydrich/Kaltenbrunner und Co. sollten wir erstmal lieber aus dem Spiel lassen, denn die waren doch noch um einiges brutaler und totaler als Scharon und Anhang. Vor allem konnten sie sich nicht ernsthaft darauf berufen, sich gegen Terroristen verteidigen zu müssen. Sie machten Zivilisten nieder. Ganz bewußt und auch mit Vorsatz. Die israelische Armee verursacht bei ihrem kriegsverbrecherischen Vorgehen prozentual weitaus weniger "Kollateralschäden" als zum Beispiel die heldenhaften US-Truppen in Afghanistan.

Und die Weltpresse ist auch nicht unbedingt so schweigsam, wie das manchmal scheint. Natürlich gibt es da zunächst auch einmal eine israelische Militärzensur, aber Meldungen über das Vorgehen der israelischen Soldateska erscheinen dann ja doch - und sei es in Form eines Stern-Interviews mit Norbert Blüm.

Zitat:
Zitat von quentin
Das dürfte den rel. Führern der Palästinenser bekannt sein, auch die Reaktion Sharon und der westl. Welt, die dann wieder das Verteidigungsrecht Israels bemüht. Also warum machen sie es, sie spielen Sharon für sein Großisrael nur in die Hände. Mich macht das stutzig.
Die Bilder zerstörter palästinensischer Siedlungen, die es ja ebenfalls gibt, werden auf der anderen Seite von den fanatischen arabischen Judenhassern auch für ihre Propaganda mißbraucht. Ich glaube nicht, daß - wie Du vorsichtig andeutest - die israelische Regierung in der einen oder anderen Form selber für die Terror-Anschläge sorgt, die ihr als Begründung für immer skurilere "Vergeltungsmaßnahmen" dienen. Diese Vorwände liefern in meinen Augen diverse religiöse Fanatiker durchaus aus eigenem Antrieb, da muß der israelische Geheimdienst (noch) nicht "nachhelfen".

Es wäre allerdings eine Überlegung wert, die Rolle der Geheimdienste Israels hinsichtlich ihres offenbar überhaupt nicht vorhandenen Erfolgs bei der Verhinderung von Terroranschlägen zu hinterfragen.

Zitat:
Zitat von quentin
ps: hast du gestern den fidelen Josef Fischer bei Maybritt gesehen?
Ja, aber bei diesem vom Straßenkämpfer zum Botschaftsbombardierer aufgestiegenen Opportunisten kann ich meist nicht lange zuschauen. Der Mann ist, deutlicher noch als seine Partei, die Personifizierung einer machtgeilen institutionalisierten Lüge.

Doch zurück zu Norbert Blüm. Der gehörte auch schon vor Beginn der Karsli/Möllemann vs. Friedman-Debatte zu den Leuten, die in ihrer Wortwahl nicht ganz so zurückhaltend waren. Warum er deshalb bisher relativ verschont wurde, weiß ich nicht. Trotzdem gibt es im Moment halt wichtigeres als die haarspalterische Debatte, welcher Begriff denn nun verwendet werden darf und welcher nicht. Gerade weil Israel am vergangenen Wochenende mit einem Zaunbau begonnen hat, der in der jüngeren Historie wohl einzigartig sein dürfte, scheint mir die Aufregung Paul Spiegels über die durchaus kritisierbare Wortwahl Norbert Blüms nichts als ein Ablenkungsmanöver zu sein.

MfG
tw_24
 
21. June 2002, 19:18   #13
jupp11
 
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Mir gefällt zunächst mal absolut nicht, dass bei der Bewertung der Politik Israels und Sharons immer und immer wieder auch hier im Thread die deutsche Vergangenheit bemüht wird.

Das ist der gleiche Fehler, den auch die politischen Akteure der letzen Wochen hier im Lande machen. Und genau damit bekommen wir hier Töne rein, die eigentlich draussen bleiben sollten.

Das Sharon und Israel im Besonderen eine Lobby in den USA hat, ist, wie ich denke unbestritten. Und nun überlegt mal, wenn es die nicht gäbe - diese Lobby sichert Israel die Existenz.

Ich frage mich allerdings, was in den Köpfen der Drahtzieher dieser Selbstmordattentate vorgeht, was wollen sie erreichen? Mit jedem, den sie losschicken, töten sie eigene Leute und zerstören ein weiteres Stück Palästina.

-----------schnipp------

zu Blüm: Ich nehme ihm schon ab, dass er seine Meinung sagt. Insbesondere, wenn er und seine Freunde sich ausrechnen, dass Leute, die darauf anspringen, sich auch in der CDU vertreten sehen und nicht zwingend zur FDP gehen müssen.

Aber das ist ja nicht schlecht.
 
21. June 2002, 22:15   #14
quentin
 
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Es geht hier nicht in erster Linie um Sharon. Es geht um den Antisemitismusvorwurf gegen Blüm und das hängt ursächlich mit unserer Geschichte zusammen. Ein französischer Politiker würde mit diesem Attribut nicht belegt.
Dann hat sich der Thraed entwickelt, auch nichts neues bei dem Thema, zumal täglich neues hinzukommt.
Mit Verlaub, aber dunkel ist deiner Rede Sinn.

mfg
 
22. June 2002, 00:33   #15
tschubbl
 
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Zitat:
Das Sharon und Israel im Besonderen eine Lobby in den USA hat, ist, wie ich denke unbestritten. Und nun überlegt mal, wenn es die nicht gäbe - diese Lobby sichert Israel die Existenz.
Würde diese Lobby nicht existieren,so hätte sich Israel,schon vor dreißig Jahren einigen müßen.
 
22. June 2002, 00:52   #16
quentin
 
Registriert seit: April 2002
Beiträge: 1.693
Vor 30 noch nicht, glaube ich, da gab es noch die beiden großen Blöcke, aber in den 80ern schon, zumal unter Gorbatschow. Die Frage ist nur, ob das überhaupt gewollt war, auch von amerikanischer Seite. Clinton hat es m.E. ernsthaft versucht, die Frage ist nur, ob der CIA und die Israelis dies auch wollten. Der harte Kern der Palästinenser, ca. 15%, wohl auch nicht, aber was will man davon erwarten, die leben seit 55Jahren in Lagern.

mfg
 
22. June 2002, 03:21   #17
jupp11
 
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Um den "dunklen Sinn" meiner Rede zu erklären...

...stelle ich fest, dass jeder, der der den Uno-Resolutionen folgt, die Existenzberechtigung Israels anerkennt. Das tue ich. Allerdings bin ich überzeugt davon, dass es Israel nicht mehr geben würde ohne die Protektion der USA über die letzten 50 Jahre.

Daraus folgt allerdings, dass man die Existenzberechtigung eines palästinensischen Staates ebenso anerkennt, denn ohne dies, setzt man sich, meiner Meinung nach, ins Unrecht.

Und mir stinkt es langsam gewaltig, dass Spiegel & Co. praktisch ein eigenes Wörterbuch kreieren, speziell für erlaubte Kritik an Israel und dem Zentralrat der Juden.

Das den Vorfahren Unrecht getan wurde, macht aus den Nachkommen nicht automatisch Gutmenschen. Aber genau das wird versucht zu vermitteln.
 
22. June 2002, 11:06   #18
tschubbl
 
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Hi Jupp
 
24. June 2002, 17:04   #19
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von jupp11
Und mir stinkt es langsam gewaltig, dass Spiegel & Co. praktisch ein eigenes Wörterbuch kreieren, speziell für erlaubte Kritik an Israel und dem Zentralrat der Juden.
Von Thomas Rotschild erschienen im Wochenblatt Freitag zwei in meinen Augen lesenswerte Aufsätze, bei deren erstem ich manches zwar anders formuliert und/oder begründet hätte (Zum Beispiel vermisse ich eine Darstellung der arabischen Motivationslage, und auch das alleinige Rückführen der Staatsgründung Israels auf zionistischen Terrorismus halte ich für eine zu verkürzte Darstellung.), dennoch finde ich, daß Rotschilds Ausführungen trotz ihrer Länge ;-) zur Pflichtlektüre gehören sollten.

Zitat:
Zitat von Thomas Rotschild
Es gibt kein richtiges Argument im falschen

DEN EIGENTLICHEN ANTISEMITISMUS BEKÄMPFEN
Anmerkungen zu Israel, den Juden und Möllemann


von Thomas Rotschild

Es gibt gute Gründe, Herrn Möllemann nicht sonderlich zu mögen. Es gibt noch bessere Gründe, die Selbstdarstellung und die Politik der gegenwärtigen FDP abzulehnen. Aber die aktuellen Angriffe auf Möllemann sind maßstablos und zielen daneben.

Ich finde es sympathisch, dass es in Deutschland quer durch die Parteien eine gerade wieder offenbarte erhöhte Sensibilität gegenüber jedem Anschein von Antisemitismus gibt. Ich wünschte mir einen Bruchteil davon in meiner österreichischen Heimat, die bekanntlich einen überproportional hohen Anteil unter den Vollstreckern des Holocaust gestellt hat und wo ein sozialdemokratischer Minister noch vor kurzem meine Rückkehr nach mehr als drei Jahrzehnten im deutschen Exil verhindert hat. Was die auflagenstärkste Zeitung dort regelmäßig an antisemitischem Gebräu verzapft, was ein Professor der Zeitgeschichte an der Universität Wien unbeanstandet und - auch von dem erwähnten Minister - durch keinerlei Disziplinarverfahren bedroht, von sich geben darf, wäre in Deutschland nicht denkbar. Die ÖVP schickte einst ihren Kandidaten gegen Bruno Kreisky mit dem Wahlspruch "Ein echter Österreicher" ins Rennen, und die Bildungseinrichtung der SPÖ trägt bis heute den Namen eines Politikers, der noch 1946, als Bundespräsident der Zweiten Republik, erklärte: "Sicherlich würden wir es nicht zulassen, dass eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etablierte, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen."

Wachsamkeit gegenüber dem Antisemitismus wie gegen jede Art des Rassismus ist erfreulich und keineswegs überflüssig. Aber im Falle Möllemann hat sie überreagiert. Jedenfalls soweit sie seine Kritik an Israel betrifft. Und wenn es stimmt, dass es, wie die Parteichefin der Grünen sagt, hierzulande einen antisemitischen Bodensatz gibt, dann muss der Kampf diesem Bodensatz gelten, nicht jenem, der ihn angeblich aufrührt. Man darf daran erinnern, dass auch dem Grünen Ströbele vor gut einem Jahrzehnt und ebenfalls zu Unrecht der Vorwurf des Antisemitismus gemacht wurde. Hatte etwa auch er Möllemanns Klientel im Visier?

Es muss möglich sein, die Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung zu verurteilen, ohne in den Verdacht des Antisemitismus zu geraten, wie man afrikanische oder asiatische Staaten verurteilt, ja unter Druck setzt, wenn sie gegen Menschenrechte verstoßen, ohne des Rassismus verdächtigt zu werden. Dieser Satz mag abgedroschen klingen: falsch ist er deshalb noch nicht. Es muss möglich sein, Scharon mit den gleichen Maßstäben zu messen wie Milos?evic´ (der im übrigen auch einem Volk angehört, das in seiner Geschichte schwer unter den Deutschen zu leiden hatte). Es besteht nicht einmal eine Ausgewogenheitsverpflichtung. Auch die albanischen oder tschetschenischen Terroristen sind keine Unschuldslämmchen. Aber die Prinzipien der Ursächlichkeit und der Verhältnismäßigkeit erlauben eine einseitige Verurteilung Israels wie Serbiens und Rußlands. Wenn ein Deutscher die Vertreibung der Palästinenser durch die Israelis kritisiert, so hat er ein Tabu gebrochen. Warum ist nicht die gleiche Empörung zu vernehmen, wenn Funktionäre die Vertreibung der Sudetendeutschen durch die von den Nationalsozialisten überfallenen Tschechen anprangern? Könnte das daran liegen, dass Sudetendeutsche, im Gegensatz zu Palästinensern, in Deutschland wählen?

Gewiss: das Unrecht an den Palästinensern ist ebenso wenig gegen Auschwitz aufzurechnen wie die Vertreibung der Sudetendeutschen gegen Lidice. Und weder die Sudetendeutschen, noch die Palästinenser wären vertrieben worden, wenn es nicht den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg gegeben hätte. Noch die Sudetendeutschen und die Palästinenser sind Opfer des Nationalsozialismus.

Die Herren Spiegel und Friedman müssten sich zu Israel nicht äußern. Sie sind dazu ebenso wenig verpflichtet, wie amerikanische oder europäische Muslime verpflichtet sind, zu den Taleban Stellung zu nehmen, und mit gutem Grund verlangt man von amerikanischen Chinesen keine Stellungnahme zur Volksrepublik China. Man hat aus den Verbrechen gegenüber amerikanischen Japanern nach Pearl Harbour gelernt. Wenn Spiegel und Friedman es aber tun, wenn sie zudem die Politik Israels verteidigen, dann tragen sie dazu bei, dass Juden mit Israel identifiziert und die Grenzen zwischen einer begründbaren antiisraelischen Haltung und einem gefährlichen Antisemitismus verwischt werden.

Nicht alle Juden freilich fühlen sich von Spiegel und Friedman repräsentiert. Es gibt zahlreiche Juden, die der humanistischen Tradition von Freud, Rosa Luxemburg, Einstein und Woody Allen, von Arthur Schnitzler, Joseph und Philip Roth, Erich Fried, George Tabori oder Uri Avnery mehr abgewinnen als den martialischen Bekundungen von Likud- und CDU-Politikern. Es gibt zahlreiche Juden, die die Politik Scharons nicht wesentlich anders beurteilen als - nun ja, Möllemann. Das inkriminierte Wort vom "Staatsterror" könnte immerhin Anlass sein, einmal darüber zu reflektieren, mit welchen ideologischen Implikationen wahlweise von "Terror" und von "Krieg", von "Terroristen" und von "Extremisten", von "Bedrohung" und von "Verteidigung" die Rede ist - nicht nur in Bezug auf den Nahen Osten.

Auch wenn die historisch bedingte gesteigerte Sensibilität von Deutschen (und Österreichern) gegenüber antisemitischen Erscheinungen zumindest erhofft werden darf: sie verpflichtet nicht zum Verschweigen von Wahrheiten, selbst dann übrigens nicht, wenn sich ihre Thematisierung zweifelhaften Motiven verdanken mag. Der unerwünschte Beifall von Neonazis, die Israel hassen, weil sie Antisemiten sind, eignet sich als Argument ebenso wenig wie die Bewunderung einer araberfeindlichen neonazistischen Fraktion für die militärische Stärke Israels oder auch eine Israelfreundschaft, die darauf beruht, dass man die Juden lieber in Palästina weiß als im eigenen Land. Und es kann - auch und gerade für die Juden - nicht von Nutzen sein, wenn sie sich blind stellen gegenüber Unrecht, wo es von Juden verübt wird, und wenn der Eindruck entsteht, die Kritik an solchem Unrecht werde verhindert. Solche Versuche bewirken in der Regel das Gegenteil.

Vielleicht ist Möllemann Antisemit. Seine Äußerungen zu Israel und auch zu Friedman beweisen es nicht. Es kann nicht zielführend sein, wenn man einen problematischen Politiker mit offensichtlich falschen Argumenten zum scheinbaren Opfer macht. Und auch palästinensischer oder islamistischer Terror wird nicht exculpiert, bloß weil nicht wenige, die ihn verurteilen, Rassisten sind.

Vieles spricht dafür, dass Möllemann sich bewusst als Populist profilieren und am rechten Rand im Trüben fischen möchte. Aber indem man seine Israelschelte als antisemitisch qualifiziert, treibt man ihm die Wähler bis weit diesseits des rechten Randes in die Arme: die Antisemiten, weil für sie, was als Vorwurf gemeint ist, eine Empfehlung bedeutet, und andere, weil sie den Vorwurf als ungerecht empfinden. Man sollte es sich mit einem möglichen deutschen Haider nicht zu leicht machen. Das ist schon in Österreich, Frankreich, den Niederlanden in die Hose gegangen.

Noch einmal: Spiegel und Friedman müssten sich zu Israel nicht äußern. Aber selbst wenn sie sich Israel in besonderer Weise verbunden fühlen, müsste das noch nicht bedingungslose Loyalität gegenüber der israelischen Politik bedeuten. Zu Recht stieß es auf heftigen Widerspruch, als der CSU-Politiker Franz-Josef Strauß Willy Brandt wegen dessen Exil und wegen dessen Widerstand gegen das Dritte Reich als vaterlandslosen Gesellen kennzeichnete. Zu Recht bewunderte meine Generation jene amerikanischen Deserteure, die sich gegen den von ihrer Regierung geführten Vietnamkrieg wandten. Politisches Verantwortungsgefühl, ja Patriotismus, wenn er denn Sinn macht, beweist sich in Grenzsituationen oft gerade darin, dass man die Politik jenes Landes bekämpft, dessen Staatsbürger man ist oder dem man sich, aus welchen Gründen auch immer, verbunden fühlt. Wer die Loyalität britischer Labourwähler mit Margaret Thatcher im Falklandkrieg für einen Irrsinn, die Unterstützung von Putins Tschetschenienpolitik durch Russen für kriminell hielt, wer im "Schulterschluss" der österreichischen Sozialdemokraten mit Haider gegenüber europäischen "Sanktionen" Opportunismus und einen weiteren Beleg dafür erkannte, dass die SPÖ im Zweifel national, nicht sozialistisch handelt, der darf sich von Juden wünschen, dass sie sich gegen Israels Politik stellen. "Right or wrong - my country" ist eine gefährliche Dummheit - umso mehr, als Israel nicht das Land der Juden ist, sondern das Land der in Israel lebenden Juden und Palästinenser. Was man von den Deutschen verlangt hat, dass sie mehr Widerstand hätten leisten sollen gegenüber dem Nationalsozialismus, muss als moralischer Grundsatz auch für deren Opfer gelten. Um nicht missverstanden zu werden: die Verbrechen Israels lassen sich in ihrer Dimension nicht einmal annähernd mit jenen der Nationalsozialisten vergleichen. Aber die Aufforderung zum Kampf gegen Unrecht beginnt nicht erst bei einer benennbaren Größe.

Wenn Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung schreibt "Gäbe es Scharon nicht - der Antisemitismus müßte ihn erfinden", so sagt er just das, was auch Möllemann sagt: Scharon nützt dem Antisemitismus. Doch es gibt Scharon, er ist keine Erfindung. Also: Scharon, nicht die Kritik an ihm, gibt dem Antisemitismus Nahrung, jedenfalls solange Antisemiten, der sich in sie hineindenkende Prantl sowie Spiegel und Friedman zulassen, dass man in Scharon den Juden und nicht den israelischen Kriegsverbrecher sieht. Nicht die Kritik an der Inquisition - die Inquisition hat den Katholiken Schaden zugefügt. Nicht die Kritik an der Sowjetunion - die Sowjetunion hat den Kommunisten Schaden zugefügt. Nicht die Kritik an McCarthy - McCarthy hat den Amerikanern Schaden zugefügt. Die Bevormundung israelkritischer Juden durch wohlmeinende Verächter des Antisemitismus spielt diesem paradoxerweise in die Hände. Zugespitzt formuliert: der antisemitischen Vorstellung von einer mächtigen jüdischen Lobby oder gar Verschwörung nützt, wer die jüdische Kritik an Israel und auch an Friedman unterschlägt. Und die Anhänger der israelischen Friedensbewegung täten gut daran, in den europäischen Gegnern Scharons ihre Verbündeten zu erkennen, statt in einem nationalen Reflex Scharons Politik "nach außen" zu relativieren.

Man muss genau hinhören. Es ist ein Unterschied zwischen der (in der Tat antisemitischen) Behauptung, die Juden seien selbst schuld am Antisemitismus, und der Feststellung, dass (einzelne) Juden mit ihrem Verhalten oder ihren Äußerungen die leider vorhandene antisemitische Prädisposition mancher Menschen bestärken. Wenn der Außenminister vor einer Ausweitung der Antisemitismusdebatte warnt, weil "das Eis dünn" sei, so bestätigt er, was FDP-Westerwelle und CDU-Schäuble bei Sabine Christiansen stellvertretend für viele bestritten: dass es diese antisemitische Prädisposition gibt. Sie wird jedoch durch Diskussionsverbot nicht verringert, sondern, im Gegenteil, aktiviert. Berechtigte Kritik an Israel muss stattdessen Hand in Hand gehen mit der kontinuierlichen Bekämpfung des wirklichen Antisemitismus. Es ist Moshe Zimmermann zuzustimmen, dass man sich im Bereich des Antisemitismus befindet, wenn "hinter dem deutschen Juden der Auslandsisraeli vermutet" wird. Aber zu dieser Vermanschung von Israelkritik und Antisemitismus tragen die Vertreter des Zentralrats der Juden bei, wenn sie sich wie Interessenvertreter Israels gerieren. Die Verwechslung von Juden und Israelis hat bereits begonnen, als Israel de facto zum Rechtsnachfolger der ermordeten, auch der antizionistischen Juden gemacht wurde und Palästinenser für die Schuld deutscher Mörder büßen mussten, während die Kinder dieser Mörder bis heute gut in den arisierten Wohnungen schlafen.

Es besteht Konsens unter zivilisierten Menschen, dass die Existenz Israels als Staat gesichert bleiben muss, eines Staats übrigens, dessen Gründung sich nicht zuletzt terroristischen Aktionen verdankte. Kann man sich nicht darauf einigen, dass der selbe Konsens auch für die Palästinenser gelten, dass auch ihr Recht auf einen Staat garantiert sein muss? Wer sich aus diesem Konsens ausklinkt - also zur Zeit der Likud-Block -, wäre demnach politisch anrüchig. Auch und gerade für Juden, die aus ihrer Verfolgung gelernt haben, muss gelten, über den Antisemitismus hinaus jedes Unrecht zu verhindern.
Zitat:
Zitat von Thomas Rotschild
Tabus

EINE FRAGE DER DEFINITION
Wer ist eigentlich ein Antisemit?


von Thomas Rotschild

Ist Kritik an Israel in Deutschland ein Tabu? Die einen sagen ja, die anderen sagen nein. Und das nun seit Wochen. Sie können sich nicht einigen. Klar: weil sie von Verschiedenem reden. Keiner macht sich die Mühe, zu definieren, wovon er spricht.

Wenn mit Tabu ein Gegenstand gemeint ist, dessen Erwähnung geahndet wird, dann ist die Kritik an Israel ein Tabu, wie es noch vor kurzem die kindliche Sexualität war. Wer in Deutschland Israel kritisiert, wird gerügt. Wer zum Beispiel zu Recht empört ist über Vergleiche Israels mit Nazideutschland, ergänzt deren Zurückweisung nicht etwa durch einen Vergleich mit anderen aggressiven Kolonialmächten, sondern verbietet sich und anderen in einem Aufwaschen jegliche Kritik an Israel. Ihm kommt gar nicht erst die Frage in den Sinn, welchen Anlass Palästinenser haben sollten, Teilungsbeschlüsse der ehemaligen Kolonialherren zugunsten neuer Kolonialherren, die nicht von ihnen, sondern von Deutschen und zuvor schon von Russen und Polen vertrieben worden waren, zu akzeptieren.

Wenn mit Tabu ein Gegenstand gemeint ist, der nicht erwähnt wird, dann ist die Kritik an Israel kein Tabu, wie es auch die kindliche Sexualität nicht war. Israel wird tatsächlich kritisiert, wenngleich - siehe oben - um den Preis einer voraussehbaren Rüge.

Gibt es also ein Tabu? Das ist eine Frage der Definition. Warum, wenn es kein Tabu gäbe, würde einem Juden, der Israel oder andere Juden kritisiert, von jungen Deutschen, die mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun hatten, immer wieder erklärt: "Ja du kannst so etwas sagen..." Wenn es denn dieses Tabu objektiv - also im Sinne von Sanktionen bei seiner Missachtung - nicht gibt, so wird es immerhin offenbar von vielen respektiert. Und das kommt aufs Gleiche raus. Tabus werden in der Regel nicht dekretiert. Sie beruhen auf einem gesellschaftlichen Konsens. Man erkennt sie als Tabus, wenn sie gebrochen werden.

Gibt es in Deutschland Antisemitismus? Die einen sagen ja, die anderen sagen nein. Und das nun seit Wochen. Sie können sich nicht einigen. Klar: weil sie von Verschiedenem reden. Keiner macht sich die Mühe, zu definieren, wovon er spricht.

Wenn mit Antisemitismus gemeint ist, dass Juden anders betrachtet und behandelt werden als andere, dann gibt es Antisemitismus in Deutschland. Wenn als Antisemitismus gewertet werden kann, dass es Verwunderung und Diskussionen auslöst, wenn ein Jude für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert, dann gibt es Antisemitismus. Wenn Väter, die ihre Töchter lieber nicht mit einem Juden verheiratet sähen, antisemitisch sind, dann gibt es Antisemitismus.

Wenn Antisemitismus bedeutet, dass die Tötung oder auch nur die Ausweisung von Juden befürwortet, gebilligt, geduldet wird, dann gibt es in Deutschland keinen nennenswerten Antisemitismus. Das ist kein konstruiertes Denkspiel. Immerhin hat es genau diesen Antisemitismus vor sechzig Jahren in Deutschland gegeben, immerhin gab es ihn seit hundert Jahren immer wieder in Russland, immerhin gibt es eine nicht unbeträchtliche Zahl von Deutschen, die die Ausweisung von Türken befürwortet und die mörderischen Angriffe auf deren Wohnungen hingenommen hat.

Walter Mossmann hat kürzlich in der Badischen Zeitung auf jene von Benjamin Geissler entdeckten Fresken von Bruno Schulz im ukrainischen Drohobycz hingewiesen, von denen ein Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Yad Vashem einen Teil unter Umgehung der geltenden Gesetze aus der Ukraine nach Israel geschmuggelt hat - ein Umstand übrigens, der auch von Juden innerhalb und außerhalb der Ukraine kritisiert wurde. Ist nun ein Antisemit, wer den Mitarbeiter von Yad Vashem als das bezeichnet, was er ist, nämlich ein Dieb? Oder ist ein Antisemit, wer behauptet, Israel sei der legitime Erbe der ermordeten europäischen Juden und deren Nachfahren in der Ukraine hätten keinen Anspruch auf eine eigene Geschichte, die sich unter anderem in den Fresken des Bruno Schulz dokumentiert? Sind die verwahrlosten jüdischen Friedhöfe in Europa, sind die niemals bestraften Kollaborateure der Nazimörder in der Ukraine und anderswo ein hinreichender Grund, um mit ihnen zugleich die ukrainischen Juden - ein weiteres Mal - zu enteignen? Wäre antieuropäisch, wer die Entführung aller von den Nachfahren von Einwanderern in die USA produzierten Kunstwerke nach Europa kritisierte?

Man sollte endlich anfangen, zu definieren, wovon man redet, ehe man pauschale und apodiktische Urteile abgibt. Das gilt auch bei der Berufung auf Umfragen. Gewiss wäre es schön, wenn es einen wie immer definierten Antisemitismus nicht gäbe. Aber so ist die Welt nun mal nicht beschaffen. Bis sie es ist, macht es schon einen gewaltigen Unterschied, ob jemand Juden nicht mag, ob er ein unangenehmes Gefühl hat, wenn er ihnen die Hand gibt, oder ob er bedauert, dass es mit der Endlösung nicht ganz geklappt hat. Je nachdem, wie man Antisemitismus definiert, ist er - so bedauerlich und moralisch verwerflich er in jedem Falle sein mag - erträglich oder kriminell und daher mit allen Mitteln zu verfolgen. Undifferenziertes Dahergerede nützt niemandem, außer vielleicht den Medien, die damit ihre Seiten und Sendungen füllen.
MfG
tw_24
 
9. July 2002, 16:38   #20
tw_24
 
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So, und nun hat sich auch mal wieder ein Unionspolitiker zur israelischen Politik geäußert. Karl Lamers, aus dem Bundestag ausscheidender Politiker, gab der taz ein Interview (http://www.taz.de/pt/2002/07/09/a0127.nf/text), mit dem wir in den nächsten Tagen sicher noch viel Spaß haben werden, wenn ich mich nicht irre ;-).

"Man muss sehen, dass die israelische Regierung mit ihren Methoden objektiv den Terrorismus fördert, ebenso wie das die Russen in Tschetschenien tun. Man wird nicht umhin können, legitimen Widerstand - auch mit gewaltsamen Mitteln - gegen illegitime Herrschaft von illegitimem Terrorismus genau abzugrenzen. Gerade im Nahen Osten." erklärte er und lieferte dafür neue Munition für die ewige Auseinandersetzung über Antisemitismus. Mal schauen, wann es die ersten kritischen Kommentare gibt ;-). (Ich könnte natürlich auch loslegen ...)

MfG
tw_24
 
10. July 2002, 15:49   #21
quentin
 
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Hehehe, Lamer, soll man gar nicht meinen, sieht so unschuldig aus und nu? Das wird den Ölprinzen aber gar nicht freuen. Und Paulchen ist vom Podium gefallen, dies freut einen
Hehe, ich auch tw, ich auch.

mfg
 
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