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20. March 2007, 13:45   #1
Ogino
 
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Wo beginnt Antisemitismus ?

In den Berliner Medien bahnt sich momentan ein mächtiger Polizei-Skandal an.
Und dieser Skandal scheint immer weitere Kreise zu ziehen, zumal sich nun auch der Moralprediger No 1 Michel Friedman völlig empört in die Diskussion eingeschaltet hat.
Friedman sollte aber mal lieber bei seinem eigenen Personenschützer-Skandal bleiben, denn in diesem Falle regt er sich völlig zu recht auf.

Anders liegt m.E. der angebliche antisemitischen Vorfall bei der Berliner Polizei.
Quellangabe: B.Z.Berlin
Zitat:
Berlin (dpa/bb) - An der Berliner Polizeischule in Ruhleben soll es nach einem Bericht der «Berliner Zeitung» (Dienstag) einen antisemitischen Vorfall gegeben haben. Eine Klasse angehender Polizisten hat der Zeitung zufolge im Unterricht über die Zeit des Nationalsozialismus erklärt, sie wolle «nicht dauernd an den Holocaust erinnert werden». Außerdem sollen Äußerungen gefallen sein, «dass Juden reiche Leute» seien. Die Zeitung bezieht sich auf einen als Zeugen des Vorfalls benannten Holocaust-Überlebenden. Polizeipräsident Dieter Glietsch hat eine Untersuchung eingeleitet und mögliche Konsequenzen angekündigt, heißt es in dem Bericht.
Gegen Leugner des Holocaust sollte man unbedingt mit aller juristischen Härte vorgehen. Ebenso gegen die rechte Brut, die diese unvorstellbaren Nazi-Verbrechen leugnen, verharmlosen oder ins lächerliche ziehen.

Aber wo bitte ist Antisemitismus zu erkennen, wenn junge Polizeischüler, die fast ausnahmslos ein Gymnasium besucht haben, zum Ausdruck bringen, nicht ständig mit dem Holocaust konfrontiert werden zu wollen ?
Die jungen Polizeibeamten gehören den Jahrgängen 1985 an und haben aufgrund ihrer schulischen Ausbildung sicher schon ausreichend Aufklärung über dieses schreckliche Thema erhalten, selbst in dem Hauptfach der Polizei, der politischen Bildung.
Ist man automatisch Antisemit oder gar jemand, der als rechtsradikal eingestuft werden muss, nur weil er von diesem Thema meint, alles gehört zu haben und er es einfach nicht mehr hören will, weil selbst ihre Eltern Kinder der Nachkriegsgeneration sind?

Ich sehe auch keinen Antisemitismus darin zu behaupten, die meisten Juden wären reiche Leute, zumal diese, natürlich dümmliche Behauptung, keinerlei Abwertung eines jüdischen Menschen beinhaltet.

Natürlich muss und sollte man angehende Polizeibeamte wesentlich kritischer auf ihre Gesinnung überprüfen und beurteilen, als andere Auszubildende.
Aber wo will man damit anfangen.
Meine persönliche Meinung ist die, dass man in diesem Fall den Bogen mächtig überspannt und offensichtlich ein Exempel statuieren will.
Polizeipräsident Dieter Glietsch, der für dieses politische Amt ohnehin eine absolute Fehlbesetzung ist, wird in diesem Fall kaum eine andere Entscheidung treffen können, als die betreffenden Polizeischüler zu entlassen.
Mit der Jüdischen Gemeinde und vor allem Michel Friedman im Rücken hat er wohl keine andere Wahl.

Würde man mit gleicher Konsequenz gegen einige Polizeibeamte vorgehen, die, um es gelinde zu sagen, für ihre allgemeine konservative Einstellung bekannt sind, würden sich die Reihen der Polizeibeamten schnell lichten.
 
20. March 2007, 14:09   #2
Ben-99
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... habe auch davon gelesen und warte erst mal ab, bis man Näheres darüber erfährt. Kommt darauf an, in welcher Art die Polizeischüler während des Vortrags ihren Unmut zum Ausdruck gebracht haben. Sollte es zu Pöbeleien gegenüber dem 83jährigen Holocaust-Überlebenden gekommen sein, dann würde ich das schon als antisemitische Geste empfinden.

Leider ist es ja so, daß der Anteil an rechten Dumpfbacken bzw. NPD-Wählern bei Bundeswehr- und Polizei-Angehörigen traditionell nicht gerade gering ist.

Gruß Ben
 
20. March 2007, 19:21   #3
Sacki
Dummschwätzer
 
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Zitat:
Sollte es zu Pöbeleien gegenüber dem 83jährigen Holocaust-Überlebenden gekommen sein, dann würde ich das schon als antisemitische Geste empfinden.
Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, daß junge Polizeibeamte während des Vortrags eines 83 jährigen Holocaust-Überlebenden antisemitisch rumpöbeln, zumal sicher Vorgesetzte anwesend waren.

Aber andererseits wäre ich auch niemals auf den Gedanken gekommen, daß ausgerechnet Friedman von Personenschützern der Polizei umgeben war, die sich in ihrer Freizeit mit SS Uniformen "schmücken" und diesen Horst-Wessel-Scheiß hören.

Aber eines ist sicher, nachdem sich der Zentralrat der Juden schockiert gezeigt hat, wird dem Dienstherren nichts anderes übrig bleiben, als das ganze lückenlos aufzuklären, was bei dem Corps-Geist innerhalb der Polizei nicht ganz einfach werden wird.
Egal, wie die Sache auch immer ausgehen mag, eine versöhnliche Geste, bzw. offene Entschuldigung gegenüber dem Anzeigenden wäre ganz sicher angebracht, denn ein wenig mehr Sensibilität dürfte man von heranwachenden Abiturienten und Polizeibeamten schon erwarten.

Was allerdings die Aussage
Zitat:
«nicht dauernd an den Holocaust erinnert werden»
betrifft, denke ich persönlich ebenso.
Ich wurde in der Schule, Elternhaus und Gesprächen genügend über diese unsäglichen Verbrechen aufgeklärt und habe mich selbst weiter darüber informiert.
Nachdem ich die Gedenkstätte Auschwitz besucht hatte, war die Grenze des Vorstellbaren für mich erreicht und bedarf keiner weiteren Erklärungen mehr.
Ich werde für mich diese unfaßbaren Verbrechen sicher niemals vergessen und sie haben mich und meine politische Einstellung geprägt.
Wenn ich mich zukünftig mit diesem Thema auseinandersetze, dann aus meiner freien Entscheidung heraus.
 
20. March 2007, 19:59   #4
Ben-99
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... wir sollten aber auch immer daran denken, daß Jahr für Jahr die Zahl der noch lebenden Zeitzeugen immer geringer wird. Schon in 10 Jahren wird es kaum noch jemand geben, der über den von Deutschen begangenen schlimmsten Massenmord in der Geschichte der Menschheit berichten kann.

Ich wäre als Polizeischüler froh gewesen, die persönlichen Erfahrungen eines alten Mannes zu hören, der als einziger seiner Familie die Verbrechen des 3. Reichs überlebt hat. Und daß man hier in Deutschland besonders sensibel auf das Leid von Nazi-Opfern reagieren sollte, hat ja auch Sacki schon erwähnt. Das hat aber nichts damit zu tun, wie alt ein Polizeischüler ist oder ob er auch ein Gymnasium besucht hat.

Ich persönlich trenne rigoros zwischen den beiden Themen "Holocaust" und "Israel" und reagiere auch meinerseits sehr empfindlich auf Antisemitismus, wenn er sich vorurteilbeladen pauschal gegen "die Juden" richtet und kann auch Bestrebungen vieler meiner Landleute nicht verstehen, doch endlich mal den (Sarg-) Deckel zuzumachen, was die Leichen angeht, die noch im Keller unserer Geschichte liegen. Bei 6 Millionen Opfern geht das einfach nicht. Jedenfalls nicht für mich.

Schön wäre allerdings, wenn man den "Antisemitismus"-Vorwurf nicht so inflationär auch auf Kritiker anwenden würde, die die oft überhebliche und rücksichtslose Politik der heutigen Atom-Macht Israel beklagen. Tut man es dennoch, verharmlost man dadurch den wirklichen Antisemitismus, dumpfer "Juden"-Haß, den es vereinzelt leider immer noch nicht nur in Deutschland, sondern fast überall auf der Welt gibt, der aber meist überhaupt nichts mit der legitimen Kritik am heutigen Israel zu tun hat.

Gruß Ben
 
30. March 2007, 03:33   #5
Amanda Grayson
 
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Ich hatte das auch dreimal in der Schule als Unterrichtsstoff. In der 9., 10. und 12. Klasse. Und wir waren in der Oberstufe nicht, wie es üblich ist, 3 Tage in London oder Paris, sondern 4 Wochen in Israel. Das hat unsere engagierte Geschichtslehrerin organisiert. Wir mußten da 3 Wochen auf dem Feld arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Reise war mit 800 D-Mark nicht teurer als die sonst üblichen Luxus-Reisen der Oberstufen.

Lange Rede, kurzer Sinn... ich hätte mich niemals getraut zu sagen, ich bräuchte nichts mehr darüber zu hören. Ich habe mich viel zu sehr geschämt, obwohl ich persönlich ja gar nicht diese Verbrechen begangen habe. Nicht mal meine Großeltern haben die Nazis gewählt, und sie haben heimlich BBC gehört, damals. Meine Eltern waren noch Kinder.

Geschämt habe ich mich trotzdem. Ich war nicht in Auschwitz, ich habe in der Schule nur einen Dokumentarfilm gesehen. Man sah dort Rollen von Stoffen, die aus Menschenhaaren gewebt worden waren, und Container voll mit Schmuck, den man Menschen abgenommen hat, bevor man sie ermordet hat. Im Vorführraum war es dunkel, und als ich hinterher aus der Schultür hinausging, habe ich mich gewundert, daß die Sonne noch scheint und draußen alles normal und friedlich war und auf der Straße Menschen gelacht haben.

In Israel war ich in einem Museum, in dem Ausstellungsstücke aus dem 3. Reich gezeigt wurden. Karikaturen und Ausschnitte aus Lesebüchern für Grundschüler... "Wie es Inge bei einem Judenarzt erging" z. B. Neben mir stand ein orthodoxer Jude mit seinem Sohn, beide komplett mit Hut und Schläfenlocken und sehr ernst. Ich habe mich gefragt, ob sie diesen Text lesen können, und ob sie wissen, daß ich ihn lesen kann, weil ich Deutsche bin.

Ich habe mich in dem Moment gefühlt, als hätte ich dieses ernste Kind ermordet.

Vielleicht klingt das dramatisch und larmoyant - ich war ja erst 17, und ich schreibe, was ich damals gefühlt habe -, aber ich habe diese Kollektivschuld empfunden.

Ich verstehe nicht wirklich, wenn jüngere Leute sagen, man solle sie damit in Ruhe lassen. Ben, vielleicht hat das doch mit dem Alter zu tun. Die Leute haben Eltern eher so in meinem Alter, die sagen wirklich: Betrifft mich nicht, ist lange her, will ich nicht hören. Und es hat schon damit zu tun, ob sie auf dem Gymnasium waren, einfach, weil sie das wahrscheinlich in der Schule schon öfter gehört haben. Weil die Schulzeit länger war.

Das, was Du, Sacki, schreibst, verstehe ich aber... daß Du Auschwitz gesehen hast und keine weiteren Erklärungen mehr brauchst.

Ja, das stört mich auch, wenn man, sobald man das heutige Israel kritisiert, als Antisemit bezeichnet wird. Wenn ich eine Politik kritisiere, ist das kein undifferenziertes rassenfeindliches Statement - zumal Israelis und Araber und Inder gar keine andere Rasse sind als Deutsche - sondern eine Kritik an einem bestimmten Handeln.

Wenn ich sage, daß ich gegen das kriegerische Verhalten Israels bin, dann sage ich damit, daß ich Krieg hasse und nicht, daß ich Juden hasse.

Ich erwarte ja gar nicht, daß Juden bessere Menschen sind als andere. Das ist, wie ich in Israel gehört habe, eine ganz besonders subtile Form des Antisemitismus - das verstehe ich auch. Aber sie müssen auch nicht einen "Wir-sind-verfolgt-und-ermordet-worden-Bonus" "einklagen", um sich wie ein Barbarenstamm zu verhalten.

Obwohl, es gibt etwas, das ich nicht verstehe. Wieso gibt es muslimisch geprägte Staaten, die Israel als Staat nicht anerkennen wollen? Wieso sagt jemand sogar, Israel solle doch einen Staat in Europa aufbauen?

Ich wundere mich... wenn die so religiös sind, dann sollten die doch wissen, daß die Wurzel ihrer als auch unserer Religion im Alten Testament beruht, und daß es ohne die Juden ihre eigene Religion gar nicht gäbe. Wieso können sie dann nicht die Tradition achten und Israel dieses Stückchen Land gönnen, das vor 2.000 Jahren auch Israel war?

Mir fehlt da die Achtung vor den eigenen Wurzeln.

Ja, vielleicht ist es dumm und naiv von mir. Und 2.000 Jahre sind 'ne lange Zeit.

Ich würde aber auch den Neanderthalern einen Stadtteil von Berlin gönnen, wenn es noch welche gäbe. Wie wäre es mit Spandau? *SCHÄHÄÄÄÄÄÄÄÄÄRZ*
 
30. March 2007, 07:55   #6
jupp11
 
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Klar macht es betroffen wenn man mal ein Konzentrationslager besucht und auf einmal feststellt, dass diese Geschehnisse damals zur Vita des eigenen Gemeinwesens gehören. Unfassbar - aus heutiger Sicht.

Ich fände es gut, wenn es zum Pflichtprogramm der Abschlusssklassen in diesem Lande gehören würde, einmal ein solches Lager zu besuchen - es gibt ja genug - und sich damit auseinander zu setzen.

Aber, auch meine Eltern waren Kinder, als der 2. Weltkrieg begann und ich fühle mich die NaziZeit absolut nicht verantwortlich. Deshalb bin ich es auch ziemlich leid, dass sie in den letzen Jahren derart vermarktet wird. Man hat das Gefühl, dass diese Scheiß-Jahre ein deutscher Ersatz für die "Wild-West-Hype" der Amis werden. Immerhin ist hier die Botschaft immer dieselbe, denn dort wurde jahrzehntelang sogar die Ausrottung der Ureinwohner in Filmen glorifiziert.

Allein wenn ich dran denke was für ein widerlicher "Bohei" um Alamo gemacht wird. Ein ungerechtfertigter Krieg gegen Mexiko, dessen tatsächlicher Grund das Verbot der Sklaverei in Mexiko war und nicht, wie noch heute in weiten Teilen der USA geglaubt wird, der unbändige Freiheitsdrang der Texaner.

Ansonsten halte ich es wie Ben in seinem letzen Beitrag hier in diesem Thread.

Das aktuelle Israel und seine Politik haben durch die Geschehnisse in der Nazizeit keinen Freibrief für alle Zeiten. Erlittenes Unrecht berechtigt nicht dazu selbst Unrecht zu tun.

Oder?

tschao

jupp11
 
19. April 2007, 20:22   #7
Sacki
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Zitat:
Bei einer Schülergruppe der Landespolizeischule gibt es keine antisemitischen Einstellungen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten eines unabhängigen Expertenteams der Freien Universität....

...Die FU-Psychologen hatten die angehenden Polizisten nach Angaben des Sprechers in freiwilligen Einzelinterviews nach dem Vorfall und ihren Wahrnehmungen befragt. Auch ihre generelle Einstellung zum Rechtsextremismus und Holocaust sei untersucht worden.
Quelle: Tagesspiegel Online

Was mir mein normales Rechtsempfinden sagt und eigentlich schon vorher auf der Hand gelegen hat, müßen "Experten" der FU Berlin erst durch ein Gutachten belegen ? Soll das ein Witz sein ?
Besser kann man Steuergelder wohl kaum verschwenden.

Und wie reagiert der Zentralrat der Juden in Deutschland ?
Er wird wie immer entsetzt sein...
 
19. April 2007, 21:50   #8
Ben-99
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Zitat:
Auch bei der Formulierung, Juden seien reiche Leute gewesen, handele es sich nach Einschätzung der Experten nicht um eine eigene Überzeugung der Schüler. Vielmehr hätten sie die Vermutung geäußert, dass ein solches Vorurteil antisemitischen Einstellungen zu Grunde liegen könnte.

Hätte die Untersuchung Anhaltspunkte für Antisemitismus ergeben, wären die Schüler für die Berliner Polizei "untragbar" gewesen, betonte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Polizeibeamte müssten "aus tiefster Überzeugung gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus antreten".

Antisemitismus-Vorwürfe: Experten entlasten Polizeischüler
... ja, natürlich! Wer würde auch wagen, daran zu zweifeln?! Höchstens vielleicht all jene, die schon mal versucht haben, vor einem deutschen Gericht einen Polizisten zu verklagen. Hat man nicht mindestens 10 Zeugen, die alle bestätigen, daß sich die Beamten auf schäbige Weise durch Falschaussagen gegenseitig entlasten, sollte man sich die Prozeßkosten und den Zeitaufwand lieber gleich sparen.

Schade, daß (bis jetzt noch) kein Video über den Vorfall ins Netz gestellt wurde, weil natürlich auch die Art und Weise, wie jemand Kritik gegen den Gastredner ausdrückt, ob er zum Beispiel hämisch dabei gelacht hat, Aufschluß darüber geben könnte, ob hier vielleicht nicht doch dumpfer Antisemitismus zugrunde gelegen hat, was mich nicht verwundern würde.

Aber "offiziell" ist es ja nun klar: Da hat sich wieder mal nur einer dieser nachtragenden alten Säcke über die Nazi-Zeit aufgeregt, meckert hinterher auch noch über die, die ihn zu dem Vortrag eingeladen haben und wollte sich anscheinend die ganze Zeit sowieso nur wichtig machen.

Ja, so sind sie eben – "die Juden". Haben wir ja schon immer gewußt. Aber gut, daß das jetzt auch endlich mal von einem ordentlichen deutschen Polizeisprecher bestätigt wurde.

Gruß Ben

PS: Wie Ihr merkt, bin ich längst noch nicht davon überzeugt, daß das Urteil der "unabhängigen Experten" der FU einen Schlußstrich unter die Angelegenheit setzen wird. Warten wir also ab.
 
20. April 2007, 06:58   #9
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Sacki Beitrag anzeigen
Und wie reagiert der Zentralrat der Juden in Deutschland ?
Er wird wie immer entsetzt sein...
Und das ist sein gutes Recht. Peinlich für die postnazistischen Eingeborenen ist doch gerade, daß es der ach so mächtige Zentralrat ist, der ihnen auf das Maul schaut und nicht sie selbst. Das durfte auch und gerade bei der Oettinger/Filbinger-Affäre beobachtet werden. Es waren nicht die nicht-jüdischen Deutschen, denen aufging, welchen Schwachsinn einer ihrer MPen verbrach, sondern ausgerechnet der Zentralrat, was Dir Dein Ressentiment aber wohl nur bestätigt.

MfG
tw_24
 
20. April 2007, 10:12   #10
Ben-99
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... das kann man aber auch nicht verallgemeinern, denn gerade von Frau Charlotte Knobloch hat man nach ihrer Amtseinführung viel Mist gelesen, den man von ihren Vorgängern Ignatz Bubis und Paul Spiegel nicht gewohnt war. So verbreitete sie etwa den Unfug, daß die Deutschen immer noch generell "judenfeindlich" seien, was sie allen Ernstes mit der berechtigten Kritik in bezug auf den nicht nur meiner Meinung nach verbrecherischen israelischen Überfall auf den Libanon begründete.

Am schärfsten wurde sie dafür aus den eigenen Reihen kritisiert und mußte sich von Evelyn Hecht-Galinski, der Tochter des früheren Vorsitzenden des Zentralrats, belehren lassen, daß sie nicht das "Sprachrohr der israelischen Regierung in Deutschland" sei, sondern es ihre Aufgabe sei, "sich um die sozialen Belange der Gemeindemitglieder in den jüdischen Gemeinden in Deutschland zu kümmern".

Zitat:
Zitat von Evelyn Hecht-Galinski

"Jetzt kommen heute wieder in den Zeitungen die Antisemitismusvorwürfe von Frau Knobloch und Herrn Korn. Nicht diejenigen, die Israels Politik kritisieren, fördern den Antisemitismus, sondern diejenigen, die schweigen und damit zulassen, dass das Bild von hässlichen Israeli und inzwischen auch von hässlichen Juden, was ja nicht gleich ist, weil Jude gleich Israeli, das muss einmal ganz scharf getrennt werden, das wird leider vom Zentralrat alles kaputt gemacht."

Deutschlandfunk - Interview - "Sprachrohr der israelischen Regierung"
Ich halte Frau Knobloch daher nach wie vor für denkbar ungeeignet für das wichtige Amt, und man sollte vielleicht doch wieder jemanden an die Spitze wählen, der den schwierigen Aufgaben gewachsen ist. Doch zumindest im Fall Oettinger/Filbinger hat sie richtig reagiert. Und ich empfand die Empörung der in Deutschland lebenden Juden über die Skandal-Rede eines CDU-Polikers und amtierenden Ministerpräsidenten auch keinesfalls für überzogen.

Gruß Ben
 
20. April 2007, 12:59   #11
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Ben-99
Am schärfsten wurde sie dafür aus den eigenen Reihen kritisiert und mußte sich von Evelyn Hecht-Galinski, der Tochter des früheren Vorsitzenden des Zentralrats [..]
..., die es zu mehr nicht gebracht hat und deshalb nicht ganz unberechtigt auch (von Dir) liebevoll "die Tochter" genannt wird.
Zitat:
Zitat von Ben-99
So verbreitete sie etwa den Unfug, daß die Deutschen immer noch generell "judenfeindlich" seien, was sie allen Ernstes mit der berechtigten Kritik in bezug auf den nicht nur meiner Meinung nach verbrecherischen israelischen Überfall auf den Libanon begründete.
Womit sie, Charlotte Knobloch, völlig richtig lag, denn es gab keinen "verbrecherischen israelischen Überfall auf den Libanon", sondern es überfiel eine von Iran und Syrien unter den Augen der Vereinten Nationen aufgerüstete klerikal-nazistische Bande, die an der libanesischen Regierung beteiligt war, Israel, das sich daraufhin - leider nicht konsequent genug - wehrte, verteidigte, was eigentlich normal sein sollte. Deutsche sehen das, wie Du durchaus bestätigend anmerkst, anders.

Wie auch immer, meine These ist, daß die Deutschen sich den Zentralrat der Juden in Deutschland doch nur leisten, um einerseits ihr Gewissen zu beruhigen - er meldet sich quasi stellvertretend, wenn sie es tun sollten -, und um andererseits stets die eigentlichen Opfer geben zu können, die unter (s)einer "Auschwitzkeule" zu leiden hätten.

Dabei ist der Zentralrat in der Tat und wegen Charlotte Knobloch und Stephan Kramer leider eher eine Lachnummer, wie Henryk M. Broder zutreffend beschloß.

MfG
tw_24
 
20. April 2007, 13:20   #12
Ben-99
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... nun ja, als Deutscher "amerikanischer" als die USA und "jüdischer" als der Zentralrat der Juden zu sein – das ist schon eine beachtliche Leistung von Euch und Herrn Broder, die durchaus Respekt verdient ;-)

Gruß Ben
 
20. April 2007, 22:25   #13
Akareyon
 
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Zitat:
Zitat von tw_24 Beitrag anzeigen
Wie auch immer, meine These ist, daß die Deutschen sich den Zentralrat der Juden in Deutschland doch nur leisten, um einerseits ihr Gewissen zu beruhigen - er meldet sich quasi stellvertretend, wenn sie es tun sollten -, und um andererseits stets die eigentlichen Opfer geben zu können, die unter (s)einer "Auschwitzkeule" zu leiden hätten.
Interessante These. Konsequenterweise sollte man vielleicht den Zentralrat der Juden in Deutschland abschaffen, damit die Deutschen nicht immer Opfer spielen können und endlich mal das schlechte Gewissen kriegen, das sie eigentlich schon die ganze Zeit verdienen.

Warum heißt diese Institution eigentlich nicht "Zentralrat deutscher Juden"? Voll die separatistische Bezeichnung, eher eine Ortsangabe: "Juden in Deutschland". Ich denke, die wollen hier am kulturellen und sozialen Leben der Bundesrepublik teilhaben und mitgestalten und rein staatsbürgerlich sind's doch... ach, lassen wir das, ich schweife vom Thema ab.
 
20. April 2007, 23:44   #14
Ben-99
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Zitat:
Zitat von Aka

Warum heißt diese Institution eigentlich nicht "Zentralrat deutscher Juden"?
... darüber haben sich schon viele Leute Gedanken gemacht. Und wer von diesen straff organisierten "Vereins-Juden" (ich weiß, daß dies ein schrecklich klingender Begriff ist), auch heute noch, über 60 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs, meint, unbedingt betonen zu müssen, daß es sich bei den Mitgliedern lediglich um eine Glaubensgemeinschaft handelt, die sich scheinbar nur zufällig derzeit in diesem Land aufhält, tut der überwiegenden Mehrheit der Juden, die seit Jahrzehnten wieder unbehelligt unter uns leben kann und überhaupt keinen Bock darauf hat, schon wieder ohne Schuld in irgendeiner Form aufzufallen, weiß Gott keinen Gefallen. Die Mitglieder sollten daher den Mut aufbringen, endlich die längst überfällige Änderung der irreführenden Bezeichnung zu fordern und ihre Vereins-Bosse zu bitten, doch endlich damit aufzuhören, sie immer wieder für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren.

Für mich ist jeder in unserem Land Geborene ein "Deutscher". Egal ob er evangelisch, katholisch, Muslim oder Jude ist. Und wenn diese fürchterlichen Kopftuch-Fetischisten und überkoscheren Vereinsmeier nicht ständig so ein Trara um den unterschiedlichen Glauben machen würden, gäbe es an den Schulen auch keine Ausgrenzung, und es würde sich kein Kind darüber Gedanken machen müssen, daß es womöglich "anders" als die Mitschüler sein könnte.

Es handelt sich also nicht um "Juden in Deutschland", sondern um ganz normale Deutsche jüdischen Glaubens. Und wer das wie Frau Knobloch und andere Funktionäre partout nicht begreifen mag, handelt unverantwortlich und fördert bewußt eine Spaltung, die es bei uns bis vor 1933 auch nicht gegeben hat und die ich heute erst recht nicht tolerieren mag. Denn es ist schlimm genug, daß für die Deutschen als "Täter-Volk" die gerechte Strafe unter anderem darin bestand, daß nach dem Holocaust eine nicht auffüllbare Lücke entstanden ist, was diejenigen Menschen betrifft, auf die Deutschland in bezug auf die Bereiche Kunst, Wissenschaft, etc. immer besonders stolz sein konnte.

Heute fehlen uns nicht nur die begnadeten Einsteins, sondern es mangelt uns auch zum Beispiel an kreativen Drehbuchautoren, Komponisten und Regisseuren, die nach ihrer Flucht aus Deutschland Hollywood zum Maß aller Dinge im Filmgeschäft gemacht haben. Und auf anderen Gebieten wirkten sich die durch den Massenmord entstandenen, selbstverschuldeten Folgen ähnlich verheerend für uns aus.

Und deshalb sage ich: Nur wer dumm ist, treibt weiterhin einen Keil zwischen uns Christen und Andersgläubigen. Und zu diesen Dummen gehören nicht nur die üblichen Neonazis in Form von verblödeten NPD-Wählern, sondern auch fundamental-islamische "Gotteskrieger". Aber leider sind es oft auch die jüdischen Funktionäre selbst, die den Graben zwischen uns und ihnen am liebsten immer noch tiefer schaufeln würden.

Gruß Ben
 
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