7. October 2003, 21:58 | #1 |
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Für immer fort
In unserer Nachbarschaft verunglückte vor 4 Monaten ein Mann (37) mit seinem Motorrad.
Er war verheiratet, kinderlos und beruflich sehr erfolgreich. Jeden Morgen fuhren wir beide mit den Rädern, damit unsere Hunde den nötigen Auslauf bekamen. Jeden Mittag ging ich mit seiner Frau gemeinsam mit den Hunden in den Wald. Man schwatzte über dieses und jenes, persönliches oder auch Tratsch. Am Sonntag den 08.06. fuhr er gegen mittag an mir vorbei, grüßte freundlich und verschwand...von jetzt auf gleich...für immer. Ich gebe zu, ich konnte mit dieser Situation nicht umgehen. Die Frau, die nun alleine dastand, war zwar eine Bekannte, aber nicht wirklich eine Freundin im Sinne des Wortes. Gestern habe ich das erste Mal den Mut aufgebracht und bin Ihr bewusst begegnet. Ein paar schweigende Schritte, dann ein paar Dinge über Dorfgeschehen. Ihre Doberhündin raste wie wild hin und her, was ich lachend bemerkte. Dann fing die Frau an zu erzählen... Habt Ihr Euch schon einmal Gedanken gemacht, oder ist es Euch selber passiert, dass von jetzt auf gleich der Lebenspartner fehlt? Mal abgesehen von der Leere, sind es viele kleine Dinge, die man gar nicht zu schätzen weiß. Er machte die Abrechnung des Geschäftes per PC, sie hat das Passwort nicht und keine Ahnung von Buchführung Er mähte den Rasen, sie weiß nicht, wie das Ding angeht Er erzog den Hund, für sie ist eine Belastung neben dem Job Er hielt das Haus instand, sie muss dafür bezahlen Bei kinderlosen Paaren erbt die Verwandtschaft mit, wenn sie nicht binnen 6 Wochen verzichtet. Das Liebhabermotorrad steht nun in der Garage, keiner hilft ihr bei dem Verkauf, sie hat keine Ahnung von dem Wert Ihr Auto (Zweisitzer) muss nun weg, wegen der Hunde, der Kombi ist ein Firmenwagen Ihr Geschäft war ein Hobby, jetzt muss es wirtschaftlich werden Im Haus sind 2 leere Einliegerwohnungen, wen nimmt sie als Mieter? Das Geld braucht sie. usw. Hat man bei diesem Stress überhaupt noch Zeit zum trauern? Wenn die Liebe einen Weg zum Himmel fände und Erinnerung zu Stufen würden, dann würden wir hinaufsteigen und Dich zurückholen... |
7. October 2003, 22:47 | #2 |
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Ich kenne diese Situation auch sehr gut.
Wie Du weißt, habe ich ja früh meinen Vater verloren. Ich war grad 18. Meine Mutter stand auch da und wusste erst nicht ein noch aus. Alles hatte Papa gemacht. Es kam die Zeit, in der man zwar trauern wollte, aber oft ging dies gar nicht. Man hatte echt die Zeit nicht darum. Man musster lernen, sich selbst um alles zu kümmern. Wie Du schon geschrieben hast. Fängt ja schon beim Rasen mähen an. Bankgeschäfte, einfach alles. Mein Vater war sehr engagiert in Sachen Karneval. Wir hatten den ganzen Speicher voll Kostüme, die wir immer verliehen habe. Dann wurde er krank, die Leute getrauten sich nicht, ihn zu besuchen. Danach kam auch erst mal keiner und die verliehenen Sachen haben wir bis heute nicht mehr wieder bekommen. Das schon seit 1985. Ist zwar keine besondere Geschichte. Soll aber nur mal zeigen, wie es ist, wenn man denjenigen nicht mehr fragen kann, wer die Sachen hat. Viele Dinge, die man gerne wissen möchte kann man nicht mehr erfragen. Er ist ja nicht mehr da. Alleine die Vorstellung, dass er niemals mehr wieder kommt ist für mich noch heute schwer zu verstehen. Es folgten dann noch immer mehr Leute, die einfach so starben, auch junge Leute. Einfach weg. Erst im Sommer hat sich ein Bekannter vom Campingplatz das Leben genommen. Das war eine dermaßen harte Geschichte, dass es mir noch heute kalt über den Rücken schaudert. Man hat immer im Gedanken, dass der "tote" Mensch irgendwann wieder kommt. Nur das tut er nicht. Und da dies so ist, sollte man echt das Leben in vollen Zügen genießen. Leider konnte ich das bisher selbst auch noch nicht, aber ich raufe mich immer wieder auf. Das Leben hat freudige Momente, nur leider kommt bei uns darauf ja auch immer wieder ein Schlag auf dei Stirn. Aber auch damit habe ich gelernt zu leben. Vielleicht nicht immer in dem Moment des Schlages, aber man lernt, damit umzugehen. Was anderes bleibt einem ja auch nicht übrig. Aber das Thema "TOD" ist schon nicht einfach. Man kann es sich nicht vorstellen, wenn einfach einer plötzlich verschwindet und nie nie wieder kommt. |
20. December 2003, 12:26 | #3 | |
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Zitat:
Meine Oma ist diesen Sommer gestorben, ich trau mich nicht zu meinem Opa, weil sie nicht mehr da ist Ich trau mich nicht zum Grab weil ich Angst hab ich muss sehn das Sie nicht mehr mit mir Sprechen kann Immer wenn man dran Denkt schiessen einem die Tränen in die Augen.... Darum möchte ich nicht dran Denken was wäre ohne mein Mann |
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20. December 2003, 13:26 | #4 |
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mein cousin und bester freund ist für immer fort. ich war bis heute nicht an seinem grab auch nicht auf der beerdigung. ich denke er versteht mich, dass ich ihn vor meinem geistigen auge lebendig sehe und nicht einen kalten stein in einer reihe von gräbern vor augen habe.
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20. December 2003, 18:22 | #5 |
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Natürlich ist es schrecklich einen geliebten Menschen zu verlieren, aber mich hat es immer gewundert, dass die Angehörigen (ob es nun der Lebenspartner oder Kinder oder Eltern sind) damit allein gelassen werden - ja, sie werden sogar gemieden.
Sollte man nicht grade dann zur Stelle sein und helfen? Natürlich kann man niemanden zurück bringen, aber man kann wenigstens zeigen, dass der Betroffene nicht ganz alleine ist. Dabei stellt sich natürlich die Frage: Was sag ich bloß? Es tut mir leid? Mein Beileid? Das ist natürlich zu wenig, aber sind denn Worte in dem Zusammenhang soo wichtig? Weiß nicht der Andere selber, dass man sich nicht so ausdrücken kann, wie man vielleicht möchte? Also nicht kneifen, sonst läuft man mit schlechtem Gewissen herum und davon hat keiner was. Meine Mutter war in den letzten Jahren ihres Lebens sehr krank und mein Vater und ich haben sie rund um die Uhr gepflegt. Irgendwann konnten wir nicht mehr: mein Vater erlitt einen Schlaganfall (von dem er sich zum Glück gut erholt hat) und kam ins KH - meine Mutter war so schwer krank, dass ich sie auch ins KH bringen lassen musste und ich brach anschließend selber schwer krank zusammen. Meine Schwester, die weit weg wohnte und kleine Kinder hatte, setzte sich sofort in den Flieger und nahm die Sache in die Hand. Meine Mutter wurde für die letzten Wochen ihres Lebens in einem Hospiz untergebracht. Meine Schwester hatte damals ein schlechtes Gewissen, weil sie meinte, sie habe alles an sich gerissen obwohl wir uns doch die ganze Zeit gekümmert hatten. Aber wir waren dazu gar nicht mehr in der Lage und hatten unsere Grenzen lange überschritten, es aber nicht mehr bemerkt - wenn der Geist nicht mehr kann, kann auch der Körper irgendwann nicht mehr und streikt. Im Hospiz haben wir dann jeden Tag bei meiner Mutter gesessen und waren alle da als sie starb. Erst 1 Jahr später konnte ich wirklich trauern - ich war vorher wie erstarrt gewesen. Ich bin heute noch sehr dankbar für die Unterstützung durch meine Schwester, Nachbarn und Freunde die uns in dieser Zeit nicht allein gelassen haben. |
20. December 2003, 19:34 | #6 |
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An Glühwürmchens Aufzählung, erkennt man erst, was ein Mann alles leistet.
Nur finde ich es sehr schade, dass es den Ehefrauen erst nach dessen Dahinscheiden bewusst wird. |
21. December 2003, 18:50 | #7 |
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Mein Onkel ist auch vor kurzem gestorben es ist eine große lücke in mein leben gerißen worden es ist schwer über so etwas hinweg zu kommen allen den so etwas passiert ist haben mein herzlichstest beileid.
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