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21. November 2002, 15:06   #1
tw_24
 
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Stalingrad - Deutschland feiert seine Helden

Am vergangenen Sonntag trafen Volkstrauertag und der Beginn der sowjetischen Gegenoffensive in und um das von der deutschen Wehrmacht belagerte Stalingrad zusammen, weshalb im Reichstag, in dem immerhin schon zwei Weltkriege abgenickt wurden, eine Gedenkveranstaltung stattfand, in deren Rahmen gedacht werden sollte an allerlei Tote eines wohl außerirdischen Phänomens, das von Wolfgang Thierse verschämt als "Krieg und Gewalt" bezeichnet wurde.

Und wie das in Deutschland mittlerweile üblich ist, geht man mit keinem Wort auf eine eventuelle deutsche Verantwortung ein - dem schon mehr als peinlichen Auftritt des Parlamentszausels Thierse folgte ein Musikstück, bei dem Briefe deutscher Soldaten aus dem "Kessel von Stalingrad" verlesen wurden - da wurde von Hunger berichtet, von Erschöpfung und dem hereinbrechenden Unheil, dem Russen, der da kommen werde, um anzugreifen.

Emotionslos - oder sollte es nach Pathos klingen? - trug ein dummes Blondchen vor, was der deutsche Soldat erleiden mußte, noch dümmere Kommentatoren berauschten sich daran, daß von rund 91.000 deutschen Soldaten, die sich in Gefangenschaft begaben, nur 5.000 - 6.000 diese überlebten. (Daß der körperliche und gesundheitliche Zustand der meisten schon zum Zeitpunkt der Gefangennahme mehr als miserabel war - ihre Briefe künden davon -, wird heldenhaft verschwiegen und dem Russen angelastet ...) Die Opfer des deutschen Aggressionskrieges, der ein Vernichtungsfeldzug war, kamen gar nicht vor - nicht das Leid der überfallenen sowjetischen Zivilbevölkerung, nicht die ungeheuren Verluste der Roten Armee.

Die Deutschen feierten sich als eigentliche Opfer, was nach dem Musikstück - übrigens aufgeführt von Soldaten und -innen -, noch der neue Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und gegenwärtige Bundesratspräsident Wolfgang Böhmer (CDU) mit seinen abschließenden Bemerkungen deutlich machte, mit denen er Holocaust-Opfer gleichstellte mit im Verlauf des sowjetischen Verteidigungskrieges gegen die faschistische Aggression getöteten deutschen Soldaten.

Aus Angehörigen einer Aggressionsarmee mit Vernichtungsauftrag wurden betrauernswerte Opfer, die sie in der Tat sind, doch keiner der Redner - Thierse, Böhmer - erwähnte auch nur mit einem Nebensatz, wieso deutsche Soldaten eigentlich in und um Stalingrad frieren, hungern, sterben mußten. Und genau das macht die Verlogenheit dieser Inszenierung im Reichstag aus, der zahlreiche Abgeordnete auch noch in Uniform beiwohnten. Stalingrad - beinahe schien es, als hätte genau dort der 2. Weltkrieg begonnen.

Erich Kuby schrieb 1943 in einem Feldpostbrief: "Wenn Dein Blick auf Stalingrad von Mitleid getrübt ist, so meiner von Scham - schließlich: ein Volk, ein Reich ..."

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

MfG
tw_24
 
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