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7. July 2005, 12:53   #1
Glühwürmchen
 
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Anschläge auf Londoner Verkehrssystem

In mehreren Londoner U-Bahnhöfen und in Bussen hat es während der Rushhour am Donnerstagmorgen sechs fast zeitgleiche Explosionen gegeben, wie die britische Polizei mitteilte. Es gebe Hinweise auf einen koordinierten Terroranschlag. Der gesamte U-Bahn- und Busverkehr wurde eingestellt.

al-Qaida?
G-8-Gipfel und die gestrige Entscheidung, dass die Olympischen Spiele 2012 in London ausgetragen werden?



Hauptsache der Freedom Tower steht als bombensichere "Siegessäule" am Ground Zero
 
7. July 2005, 13:06   #2
Maggi
 
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Ich glaube kaum, dass französische Terrorzellen Anschläge in London ausführen, weil das Hüpf-und-Spring-Fest in London und nicht in Paris statt findet :haeh:

Mittlerweile haben sich allerdings zwei Dutzend Terrororgansiationen zu dem Anschlag bekannt, dementsprechend durchsichtig ist im Moment auch die Berichterstattung. Aber abwarten, bald wissen wir mehr.

Ciao,
Maggi
 
8. July 2005, 02:55   #3
Ben-99
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... Istanbul, Madrid, London - der Krieg kommt immer näher. Und in Anbetracht der vielen Toten und Schwerverletzten fällt es wieder mal schwer, den neuesten Anschlag sachlich und nüchtern zu betrachten. Immerhin war es der schwerste, von dem London seit dem Zweiten Weltkrieg erschüttert wurde.

Aber, seien wir doch mal ehrlich: Noch vor ein paar Jahren mußte niemand in Europa Angst haben, auf dem Weg zur Arbeit in Bus oder Bahn in die Luft gesprengt zu werden. Die Leute, die wir "Terroristen" nennen, haben uns zufrieden gelassen. Sie waren mit ihren eigenen Problemen in der islamischen Welt beschäftigt.

Doch dann begannen die USA, sich in die Angelegenheiten souveräner fremder Länder einzumischen. Irgend jemand kam auf die Idee, mißliebige Staaten namentlich zu benennen, sie mit dem törichten Begriff "Achse des Bösen" zu bezeichnen und sie allein dadurch massiv zu bedrohen. Anfang der 90er ließ Bush senior Bagdad großflächig bombardieren und richtete in wenigen Tagen ein Blutbad unter der Zivilbevölkerung an. Später wurden in Afghanistan Menschen von US-Soldaten verschleppt, gefoltert und massakriert. Kurzum: Die USA hatten der islamischen Welt den Krieg erklärt und betonten das auch in den nächsten Jahren immer wieder.

Doch wie in jedem Krieg, den man anzettelt, muß man auch mit Gegenwehr rechnen. Dafür sorgte Amerikas Erzfeind Bin Laden, der immer mehr Anhänger fand, ihn bei der Verteidigung zu unterstützen. Und weil auch die USA keine Rücksicht auf Zivilisten nimmt und den Tod von Hunderttausenden (im vorletzten Golf-Krieg) einkalkulierten, war es das erklärte Ziel von Bin Laden, auch die Amerikaner einmal genau an der Stelle zu treffen, an der sie am empfindlichsten sind: im Herzen von Manhattan. Und so ließen sie am 11.9.01 die beiden Türme des protzigen World Trade Center, seit Jahrzehnten Symbol und Inbegriff des amerikanischen Raubtier-Kapitalismus, wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen und bewiesen zeitgleich an anderer Stelle, daß auch das Pentagon nicht unverwundbar ist. Bilanz: 3.000 Tote.

So geht es nun mal zu im Krieg. Und wer den anzettelt, kann sich hinterher nicht darüber beschweren, daß dabei auch eigene Bürger zu Schaden kommen. Und wenn Vater und Sohn Bush das vorher nicht bedacht haben sollten, sind sie halt noch dümmer und gefährlicher, als man immer schon von ihnen annahm.

Doch wie ein dummes Kind, das partout nicht hören will, überfiel George Bush junior dann noch ein zweites Mal den Irak. Diesmal sogar, indem er und sein Speichellecker Tony Blair vorher die Welt monatelang eiskalt belogen hatten, indem sie wilde Räubergeschichten erfanden und behaupteten, Saddam würde durch sein angebliches Arsenal an "Massenvernichtungswaffen" die westliche Welt bedrohen.

Was dann folgte, ist bekannt: Bush und Blair haben den Irak in ein Chaos gestürzt, das sich bis heute immer mehr ausweitet und täglich neue Opfer unter der Zivilbevölkerung fordert. Nicht nur durch die amerikanischen Besatzer, sondern weil dort inzwischen auch ohne Saddam "mit behördlicher Genehmigung" wieder gefoltert und getötet wird. Wie dumm muß man eigentlich sein, um zu glauben, daß Bin Laden und seine zum Äußersten entschlossenen Mitstreiter das auf Dauer hinnehmen würden?

Also wurde heute in Bekennerschreiben erklärt, daß man gerade England immer wieder gewarnt habe, und der überführte Lügner Blair bei einer weiteren Teilnahme am Krieg gegen die islamische Welt damit rechnen müsse, daß in diesem Krieg auch Bürger seines eigenen Landes getötet werden.

Genau das wurde gestern in die Tat umgesetzt. Und zwar wie schon am 11.9.01 in einer extrem präzisen Weise, indem man nicht nur einen besonders symbolträchtigen Tag auswählte, an dem sich unter dem Vorsitz von Blair die Regierungschefs der mächtigsten Länder der Welt zum G-8-Gipfel trafen, sondern die Ziele wurden mit Bedacht auch so ausgewählt, daß man den gesamten Innenstadt-Bereich der Millionen-Metropole London innerhalb von wenigen Minuten lahmlegte.

Wobei man eigentlich sogar noch "froh" sein sollte, daß "nur" konventioneller Sprengstoff verwendet wurde, der nicht mit dem leicht zu beschaffenen radioaktiven Cäsium versetzt wurde, so daß die Kriegsgegner von Bush und Blair diesmal noch auf den Einsatz der gefürchteten "Dirty Bomb" verzichtet haben, die das Zentrum von London sonst für Jahre, vielleicht sogar für Jahrzehnte, unbewohnbar gemacht hätte.

Möglicherweise ist der Verzicht darauf als eine letzte Warnung zu verstehen, von nun an nicht mehr länger leichtfertig mit dem Weltfrieden zu spielen.

Daß Tony Blair diese Botschaft, die für uns alle im wahrsten Sinn des Wortes "lebenswichtig" ist, verstanden hat, glaube ich eher nicht. Statt dessen konnte man ihn gestern mittag live erleben, wie er Krokodilstränen vergoß, weil ja 30, 50 oder 100 tote Londoner angeblich mehr wert sein sollen als Tausende von seinen Truppen getöteter irakischer Bürger, darunter Frauen, Kinder und Greise, die beim Bombenhagel auch nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Und genau das begreife ich nicht. Denn in einem Krieg, den man auch noch selbst angestiftet hat, darf man keinen Unterschied machen, ob Zivilisten "irgendwo" in Afghanistan oder im Irak krepieren oder im feinen New York oder London getötet werden.

Auf jeden Fall waren die blutigen Anschläge in Madrid und jetzt auch in London ein bitterer Vorgeschmack auf das, was auch uns Deutschen in nächster Zeit bevorsteht. Denn durch Schröders mutigen Verzicht auf die Teilnahme am verbrecherischen Angriffskrieg auf den Irak hat er dafür gesorgt, daß deutsche Städte bis jetzt nicht zu den Zielen von Bushs und Blairs Kriegsfeinden gehörten.

Das könnte sich aber schon ab Herbst sofort ändern, wenn die deutschen Wähler tatsächlich ihre Ankündigung wahrmachen und Angela Merkel als Kanzlerin wählen, von der man weiß, daß sie den Amis so tief in den Arsch kriechen wird, daß auch bald deutsche Soldaten an jedem von Bush befohlenen Angriffskrieg teilnehmen werden. Und spätestens dann kann auch niemand von uns mehr ruhigen Gewissens öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Egal, ob in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt oder Köln - die Angst wird unser ständiger Begleiter sein.

Oder wir wachen doch noch vorher auf und trauen uns, die wahren Schuldigen zu benennen, die durch ihre menschenverachtende, raffgierige Politik jetzt auch Europa immer unsicherer gemacht haben: George Bush und Tony Blair haben jedenfalls keinen Grund zu jammern, wenn es zur Abwechslung auch mal die eigene Bevölkerung trifft.

Gruß Ben
 
8. July 2005, 23:33   #4
Shadow
 
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in der tat, kann man sich jetzt bereits ausmalen, wie es wäre, wenn wir eine bundesangie hätten, die einem george bush um den bart geht. dann habe wir zur fussballweltmeisterschaft 2006 schon eine bombenstimmung vor dem beginn der WM. ohne den nostradamus zu geben, denke ich, dass der terrorismus 2006 nach deutschland kommt.
 
9. July 2005, 17:41   #5
Ben-99
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... äußerst lesenswert dazu auch die Gedanken des Schriftstellers A.L. Kennedy ("Für viele sind wir die Terroristen") die von der FAZ ins Deutsche übersetzt und online gestellt worden sind. Dagegen ist mein ach so schlimmer angeblicher "Anti-Amerikanismus" ja noch richtig harmlos ;-)

http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF41...~Scontent.html

Gruß Ben

Zitat:
Tony Blair erschien im Fernsehen und sah aus wie ein Mann, dem gerade eine Erkenntnis gekommen war: daß nämlich, wenn man auf genügend Menschen schießt, einige vielleicht zurückschießen könnten.

Er sprach sehr langsam und mit großer Sorgfalt. Man meinte wieder einmal, er sei am Rande der Tränen - sein Markenzeichen, das er sonst eher Staatsbegräbnissen vorbehält. Aber vielleicht dachte er auch an Aznar, der sich bei den Anschlägen von Madrid so ungeschickt verhalten hatte. Ganz sicher war da auch etwas Berechnendes: Würde diese Sache gut für ihn ausgehen oder schlecht?

Wie stets bei solchen Anlässen verfielen die Medien in ihren chauvinistischsten Tonfall. Man holte ältere Londoner aus ihren Wohnungen, die über den „Blitz” redeten, und ich erwartete schon, den alten Spruch aus Kriegszeiten zu hören: „London Can Take It.” Vielleicht weil die Fernsehleute keinen Zugang zu pittoresk hilflosen Angehörigen hatten, verschob sich der Brennpunkt in merkwürdiger Weise auf die Führer der G-8-Staaten.

Fernab in ihren Luxushotels waren sie vollkommen sicher, aber es schien, als sollten wir Mitgefühl mit ihnen haben wegen des Schocks, den sie erlitten haben mußten, da sie doch gerade noch einmal davongekommen waren. Ein Gipfel, der eigentlich den Fortbestand der Armut und der Umweltzerstörung sichern sollte, erschien plötzlich als Treffen von Giganten, die sich aufgemacht hatten, die Welt zu retten, nun aber vielleicht etwas zu abgelenkt waren, um damit Erfolg zu haben. Das Mitgefühl mit den tatsächlichen Opfern der Anschläge wirkte merkwürdig dünn.

Niemand erwähnte, daß die Zahl der Opfer, so schrecklich sie war, in Bagdad an den meisten Tagen als recht gemäßigt gelten würde. Niemand erwähnte, daß Blair mit seinem Entschluß, unsere Soldaten für Profite in den Krieg zu schicken, auch sein Land in Gefahr gebracht hat, und zwar das ganze Land und zu jeder Zeit. Niemand erwähnte, was alle Einschätzungen unserer Sicherheitslage seit Beginn des Krieges gegen den Terror ergeben haben: daß unsere Aktionen die Häufigkeit und Intensität der Terroranschläge und die Gefahr weiterer Anschläge nur erhöht haben.

Niemand erwähnte, daß wir selbst das Foltern von Gefangenen mit der Behauptung gerechtfertigt haben, dadurch könnten Anschläge wie diese verhindert werden. Niemand erwähnte, daß unsere Folterpraxis nicht nur moralisch unentschuldbar ist und nur weitere Terroristen hervorbringt, sondern auch Fachleuten des Geheimdienstes zufolge gar nichts bringt, weil die Gefolterten am Ende genau das sagen, was wir von ihnen hören wollen. Niemand erwähnte, daß für weite Teile der Welt wir die Terroristen sind.

(...)

George Bush sprach nun von denen, „die so Böses in ihrem Herzen tragen, daß sie dafür unschuldigen Menschen das Leben nehmen”. Neben dem üblichen Ekel, den der amerikanische Präsident mir einflößt, erinnerte er mich damit an einen Brief, den ihm Cindy Sheehan, die Mutter des Soldaten Casey Austin Sheehan, einmal geschrieben hat. Casey kam wegen Bushs Ölkrieg im Irak ums Leben. Cindy Sheehan schrieb ihm: „Einen politischen Pflock in Ihr schwarzes Herz zu schlagen wird die Erfüllung meines Lebens sein...”

Das erinnerte mich daran, daß Habsucht nicht alles ist. Sie ist mächtig, sie kann Leben und ganze Kontinente zerstören, aber sie ist nicht mächtig genug. Denn die Liebe zu Macht und Geld wird niemals so lange und so heiß brennen wie die Liebe zwischen Menschen, die Liebe einer Mutter für ihren Sohn, eines Mannes zu einer Frau.

Wer die Welt mit Trauer und Verlust füllt, der wird bald keinen Ort mehr finden, an dem er sich verbergen kann. Und am mächtigsten von allem ist die Art von Liebe, die Cindy Sheehan empfindet. Eine Liebe, die nicht Auge um Auge, Blut für Blut fordert, sondern lediglich Gerechtigkeit verlangt. Cindy und all die anderen in der Welt, die wie sie fühlen, und alle, die stolz darauf sind, ihr zur Seite zu stehen, fordern Gerechtigkeit. Und ich habe das Gefühl, damit werden wir nicht aufhören.
 
31. July 2005, 16:53   #6
tw_24
 
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Wenn die, die wohl nicht ganz unberechtigt als Täter gelten, in Großbritannien ihren Lebensmittelpunkt und darüber hinaus pakistanische - mindestens keine irakischen - Wurzeln hatten, dann kann die völkerrechtlich mittlerweile abgesegnete "Besatzung" des Irak für sie nur dann Grund dafür gewesen sein, sich durch jene beleidigt oder herausgefordert zu fühlen, wenn ihnen Landesgrenzen oder eben staatliche Souveränität, auch ausgedrückt durch eine recht hohe Wahlbeteiligung trotz deren terroristischer Bedrohung, nichts gelten, ihr Irrglaube an wen auch immer also mindestens ebenso imperialistisch oder meinetwegen diktatorisch-totalitär daherkommt wie jener, der den antifaschistischen Alliierten im Irak immer wieder unterstellt wird.

Was, kürzer formuliert, geht Briten der Irak an? Sollte die Antwort, wie sie in diversen Pamphleten der Selbstbezichtigung suggeriert wird, 'Nichts!' lauten, dann muß sie ebenfalls für die Todesanbeter, die das Blutbad in London anrichteten, so lauten. Sie - oder eben jene, die sich mühen, ihnen irgendwelche edlen Motive herbeizufabulieren - können sich jedenfalls nicht überzeugend auf eine angebliche Schändung ihres Aberglaubens im Irak berufen, den ungestört (friedlich) zu leben erst die Befreiung vom Bath-Faschismus ermöglichte; tun sie es, outen sie sich als Imperialisten, die der irakischen Bevölkerung ihre Weltsicht diktieren wollen, die in demokratischen Wahlen indes dieser mordenden 'Hilfe' bereits eine Absage erteilte, was auch sehr vernünftig war und ist, denn so, wie sich der "Widerstand" selbst präsentiert, kann er kaum positiv überzeugen.

Als solche jedoch müßten sie sich, um überhaupt glaubwürdige Anti-Imperialisten abzugeben, die sie ja wohl darstellen wollen, erstmal selbst ins Jenseits befördern, bevor sie auch nur vorsichtig daran denken dürfen, noch möglichst viele Zivilisten auf die Reise mit ungewissem Ausgang mitzunehmen, die ihrerseits ja gerade nicht im Irak etwas anstellen, was die bedauernswerten Abergläubischen hätte beleidigen oder so sehr aufbringen können, daß sie für sich nur noch die Flucht in ihr spezielles Paradies als Ausweg sehen wollten, zumal sie, die Attentäter ja selbst offenbar ganz gut inmitten all dieser Anders- oder Ungläubigen, inmitten all ihres dekadenten Verfalls, leben konnten. Und so verkommen wie diese schlimme "westliche Welt", in der sie leb(t)en, in ihren Augen sein muß, kann der Irak (oder ein beliebiges anderes 'islamisches' Land mit 'Westkontakt') noch gar nicht sein.

Mithin geht auch aus diesem Grund fehl, wer Mördern als Motiv ihres Handelns ausgerechnet die tatsächlichen oder auch nur herbeihalluzinierten Zustände moralischen Verfalls zubilligt, für die der Westen durch sein Engagement außerhalb der eigenen Grenzen verantwortlich sein soll. Hätten die, die sich zu den Anschlägen in London, Madrid oder New York bekannten, dizidiert britische, spanische oder amerikanische Zustände als Grund ihres wahnsinnigen Mordens benannt und nicht etwa die "Besatzung" des Irak oder die bloße Existenz Israels, dann, aber auch nur dann, könnten sie vielleicht als eine art Revolutionäre ernstgenommen werden; wollen sie aber u.a. Saudi-Arabien vor westlichem Einfluß retten, dann müßten sie ihn genau dort angreifen, denn auch nur dort hätten sie eine Chance und möglicherweise auch die Gerechtigkeit auf ihrer Seite.

So aber berufen sie sich auf Zustände irgendwo, die sie selbst gar nicht kennen, da sie nie vor Ort waren, mindestens jedoch gar nicht mal als Beleidigung präsentieren können, wenn sie sie praktisch in schönster Reinform und nicht verfälscht durch die (Noch-)Existenz ihrer 'Kultur' - also etwa in Großbritannien, Spanien oder den USA - erlebten und sich nicht gegen sie wehrten, sondern erst sich zum Handeln aufrafften als eine 'Verwestlichung' fern ihres Lebensmittelpunktes 'drohte'. Was sind das für 'Märtyrer', die sich zunächst prächtig mit den Verhältnissen arrangieren, um genau sie dann, sollten sie auch anderen 'drohen', zu bekämpfen? Zumal sie, wie exemplarisch der in Deutschland wohl als Haßprediger nicht lange geduldete Yassir Sirri bekennt, in der verhaßten Diaspora sich ohnehin mehr erlauben dürfen als da, wo angeblich ihre Werte Alltag und bedroht sind: "Die ganze arabische Welt war zu gefährlich für mich geworden, deshalb ging ich nach London."

Offenbar also lebt es sich selbst für einen aus Ägypten stammenden bekennenden radikalen Islamisten im Westen besser als in jenen Gegenden, welche seine Kumpane und er durch genau diesen Westen in ihrem Bestand als islamistische Länder gefährdet sehen. Es ist eben schon eine seltsame Logik, wenn da durch Anschläge oder auch nur ziemlich verquere Freitags-Predigten der Westen verdammt wird, weil er den geheiligten Islam ärgere, wenn es den Wortführern des Heiligen Krieges ausgerechnet dort "zu gefährlich" wurde, wo es dem Westen mit all seinen schlimmen Erscheinungen noch gar nicht gelungen ist, sich wirklich zu etablieren. Selbst für die gemeinhin als "friedliebende Mehrheit" dargestellten Anhänger des Grünen Märchenbuchs scheint lustigerweise ein Leben im Westen attraktiver zu sein als da, wo der tapfere Turbanträger unangefochten noch wahrer Herr im (vielleicht eigenen) Haus sein kann und nicht auf Schritt und Tritt dem ungemein gefährlichen Anblick unkeusch-nackter weiblicher Geschöpfe widerstehen muß.

Wer da also die Schuld für die Bluttaten in London oder anderswo, wo der Westen getroffen werden soll, wieder nur beim Westen sieht und dessen angeblichen Untaten, liegt schlicht falsch und belügt sich und die, die so naiv sind, sich belügen zu lassen, weil eine solche Argumentation natürlich wunderschön ins Weltbild linker, rechter und sonstiger Anti-Imperialisten paßt, für die die USA und deren "Vasallen" notorisch das Übel schlechthin darstellen und der Islam mit seiner reaktionären Praxis vor diesem Großen Feind wahrscheinlich noch als progressiv gilt, da vermeintlich antiimperialistisch, was er jedoch überhaupt nicht ist. Den weltweiten Terror islamistischer Banditen hat der Westen deshalb höchstens durch seine Schwäche gegenüber diesem totalitären Fundamentalismus mitzuverantworten; die Freiheiten, die er seinen erklärten Gegnern gewährt(e), müssen diese natürlich als Aufforderung, als Einladung sehen, noch mehr Unruhe zu stiften.

Es ist eben nicht ein Diktat des Westens, was gegen diesen vorgebracht werden könnte - selbst im Irak sieht der gegenwärtig diskutierte Verfassungsentwurf die Gewährung bürgerlicher Freiheiten bestenfalls in den Grenzen der Scharia vor, weshalb, die wahrscheinliche Annahme dieser Verfassung vorausgesetzt, der Irak wohl leider als ein gemäßigt islamischer Staat sehr weit von dem entfernt fortbestehen wird, was nach der Befreiung möglich (und gewollt) war, womit vor allem die Kurden indes ein Problem haben dürften, von Frauen mal ganz zu schweigen -, sondern tatsächlich die Großzügigkeit gegenüber seinen Feinden, die sich mit jedem neuen Anschlag als Fehler erweist. Selbst die Beliebtheit des Westens als Ziel der weniger 'suizidgefährdeten' Migranten aus den islamischen Staaten belegt dies doch anschaulich, wobei genau diese Migration zugleich zeigt, daß der Islam nach globaler Macht strebt.

Dies allerdings tut er - wie wahrscheinlich jeder Irrglaube - ganz unabhängig davon, was denn nun die zum Gegner Erklärten ganz konkret anstellen oder unterlassen. Es ist ihre bloße Existenz als Anders- oder Ungläubige, welche die Islamisten als Herausforderung empfinden (müssen), denen es natürlich als ausgesprochen gotteslästerlich vorkommen muß, wagen es Menschen, an einen anderen Gott zu glauben oder an gar keinen, und sie damit auch noch so hervorragend leben können, daß sie sogar den Zufluchtsort bieten für Leute, denen die "ganze arabische Welt [..] zu gefährlich" ward - und dies gerade nicht etwa, weil sie mangelnde Gottesfürchtigkeit zeigten, sondern eher ein Übermaß. Es muß besonders diese Wahnsinnigen mächtig kränken, daß ausgerechnet der verhaßte Westen selbst für sie weitaus attraktiver ist als vermutlich jedes Land, in dem die Gebote des Herrn noch mehr ge- und beachtet werden - freilich kann ja, wer sein Schicksal ganz dem Herrn anvertraut, wirtschaftlich auch kaum besondere Erfolge erzielen.

Tage- und nächtelanges Anbeten irgendwelcher entrückter Götter schafft, und das ist eine wahrlich ziemlich banale Binsenweisheit, nur in den allerseltensten Fällen eine materielle, also sehr irdische, Basis für ein besseres Dasein schaffen; daß es religiösen Anführern meist besser geht als denen, die sie führen, bestätigt als Ausnahme die Regel. Aber relativer irdischer Wohlstand der Massen, der sehr wohl möglich ist, ließe eben diese ja erst ganz individuelle Wünsche entwickeln, letztlich vom Glauben abfallen, denn wer im Diesseits gut leben kann, zieht eben nicht für das Versprechen eines ungewissen reichen Lebens im Jenseits, das es vielleicht gar nicht gibt, in den Heiligen Krieg. Der Wohlstand, der im Westen natürlich ebenfalls alles andere als gerecht verteilt ist, bedroht daher ganz konkret den Islam und speziell die Stellung jener, die sich als seine Hüter ausgeben.

Spät, sehr spät, hat dies auch der Westen - allen voran die USA mit ihrer Initiative zum Schuldenerlaß für die ärmsten Länder des Planeten, den beispielsweise Deutschland zunächst (ähnlich wie im Fall des Irak) überhaupt nicht goutierte - durchaus begriffen und unternimmt ja erste Schritte, die "ärmeren" Staaten wirtschaftlich 'aufzurüsten', statt sie, wenn überhaupt, nur als Rohstofflieferanten zu sehen und in Abhängigkeit zu halten, was einhergeht mit einer Verunsicherung der Eliten in jenen Staaten, die um ihren Einfluß fürchten müssen - die gottgewollte Ordnung wird eben hinterfragt, läßt sich die Armut der Massen nicht mehr dem übermächtigen Norden (a.k.a. der Westen) in die kolonialen Stiefel schieben. Insofern brachten die vergangenen G8-Gipfel mehr (und dennoch finanziell kaum etwas) als diese jüngst über die Bühnen gegangenen Gratis-Konzerte irgendwelcher abgehalfterter oder drittklassiger Musikanten, deren Herz für Afrika so riesengroß war, daß sie auf die Einladung von Musikern dieses Kontinents verzichteten.

Doch immerhin, während sich in Edinburgh am Tag nach dem Konzert noch ganze 200 gutmenschelnde Leute zur beworbenen Demo gegen Armut einfanden, stieg der Absatz von Pink Floyds Best of nach Live-8 um 1.343 Prozent, und Madonnas Album-Verkäufe wuchsen immerhin noch um 200 Prozent (The Who: 863, Eurythmics: 500 Prozent). Die Freude in Afrika über diesen großartigen Erfolg der Armutbekämpfung dürfte schier grenzenlos gewesen sein. Im Live-8-Publikum, das weitgehend identisch ist mit dem, was sich 'Friedensbewegung' nennt, trifft dabei sehr wahrscheinlich die These, mit all den islamistischen Anschlägen bekomme der Westen nur, was er verdiene, sie seien eine Art "Verteidigung", auf breite Zustimmung - nur mit den Konsequenzen hapert es offensichtlich dann doch noch etwas, denn wer millionenschwere Klangartisten noch etwas schwerer macht, statt mit den paar Dollars, die ein Silberling kostet, zur Armutsbekämpfung direkt beizutragen, unternimmt damit selbstverständlich auch nichts gegen den islamistischen Terror und seine Ursache(n).

Im Grunde verschärft er sogar noch sehr aktiv den Gegensatz zwischen dem reichen, "dekadenten" Westen - Musik! Es gibt Prediger, die sich allein schon ihretwegen berufen fühlen, zu Heilige Kriege aufzurufen. - und ausgebeutetem Süden und liefert dadurch, Armut mit ihren Folgen, zu denen das Erstarken fundamentalistischer Heilsversprechen zählt, als eine Ursache vorausgesetzt, denen nur noch mehr argumentative Munition, die meinen, es sei im Heiligen Krieg kein Verbrechen, sehr gezielt auf weitgehend wehrlose Zivilisten - "soft targets" - loszugehen, etwas, das den Alliierten im Irak nicht ernsthaft als systematisch betrieben unterstellt oder vorgeworfen werden kann. Den Islam mit der von ihm ausgehenden Gewalt gegen zunächst alle, die an ihn glauben (müssen) und dann die, die nicht an ihn glauben, bekämpft jedenfalls niemand, indem er brav zu Live-8 sich begibt, dabei sich unheimlich gut fühlt, vielleicht hinterher noch eine CD sich kauft und nichtmal zur Demo für Friede, Freude & Eierkuchen für alle geht.

Und der Islam ist eben nicht erst seit den Golf-Kriegen, jenem in Afghanistan, an dem Gerhard Schröder sich ja so überaus gern beteiligte und damit, stimmte denn die Behauptung, daß der Irak-Krieg Auslöser für die Anschläge in London war, Deutschland zum Ziel durchgeknallter Suizid-Bomber machte, die aber durch ihr auffälliges Fehlen diese Vermutung anschaulich falsifizieren, jene gewalttätige Religion, als die er heute sich präsentiert, wo man ihn läßt. Weil das aber so ist, bringt es überhaupt nichts, dem Islam etwa dadurch entgegenzukommen, daß man ihn da, wo er schon kräftig am Wirken ist und das glatte Gegenteil von Zivilisation brutal durchsetzt, ungeschoren läßt, ihm bestenfalls durch wohlklingende Appelle Zugeständnisse abzuringen versucht, die ungehört verhallen müssen, denn wenn Gott will, daß fünfzehnjährige "Ehebrecherinnen" gesteinigt werden, dann dürfen sie eben nicht durch den - etwas "humaneren" - Strick sterben.

Dem Westen sind zweifellos zivilisatorische Defizite vorzuwerfen, der Islam dagegen hat nicht einmal ansatzweise etwas mit Zivilisation zu tun, sondern ist eben blanker Terror - nach innen wie nach außen -, seine (auch bewaffnete) Bekämpfung daher sowohl notwendig wie alternativlos und unterstützenswert. Mit Zugeständnissen oder gar einem "Dialog" jedenfalls ist ihm nicht beizukommen, wenngleich es natürlich bestimmt ganz spannend wäre, etwa die "bündnisgrüne" Claudia Roth dabei zu beobachten, wie sie versucht, Teheraner Mullahs davon zu überzeugen, daß Frauen Rechte haben - sie würde den multikulturell politisch überaus korrekten und natürlich völlig gewaltfreien Versuch wahrscheinlich nicht lange überleben; und weil sie genau das weiß überläßt diese angebliche Menschenrechtsfreundin, die nur eine von vielen ist, die Geknechteten lieber ihrem Schicksal als sich tatsächlich aktiv für sie einzusetzen, kollaboriert lieber mit dem Islamfaschismus, wie es auch all die tun wollen, die im Rahmen dieser Auseinandersetzung mit dem Phänomen Terrorismus nicht etwa im Islam den Feind erkennen wollen, sondern in der USA.

MfG
tw_24
 
31. July 2005, 23:08   #7
Loddarnewyork
 
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Schade, ich hätte gern zu Deiner ausführlichen Stellungnahme zu diesem Thema eigene Gedanken angefügt, tw, und mich mit Deiner Einstellung auseinandergesetzt, aber nachdem ich bereits einige Zeilen fertig hatte, habe ich es wieder verworfen.

Verworfen aber nicht, weil jetzt die Live-Übertragung der Schwimm-WM in Montreal beginnt, sondern weil ich glaube, daß man hier nach wie vor nicht in aller Ruhe diskutieren kann. Denn ich rechne damit, daß spätestens in ein paar Stunden dieses aktuelle und brisante Thema nun wieder von der mexxikanischen Fraktion nachhaltig gestört werden wird, so daß es nicht wirklich lohnend ist, engagiert einzusteigen, solange hier ausgelaugte Hüpfdohlen und Würmer die nichtvorhande Boardpolizei spielen und sich im Nichtstun aalen.

Deshalb entferne ich lieber die zeitgesteuerten automatischen Hausschuhvorwärmer aus selbigen Schuhen und lasse es mir bei einem Pernöle gutgehen.
 
1. August 2005, 03:27   #8
Bandwurm
Erde, Wind & Feuer
 
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Gerne hätte ich hier meine Gedanken zu deinem "OffTopic" Beitrag angefügt, aber das wäre in der Tat nichts zum Thema dieses Threads gewesen, so lasse ich es lieber.
 
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